Strafgesetzbuch (Schweiz)

gesetzliche Bestimmungen zum Strafrecht
(Weitergeleitet von SStGB)

Das Schweizerische Strafgesetzbuch, kurz StGB (Aussprache meist als [ˈʃteˑɡeˑbeː]) (französisch Code pénal suisse, italienisch Codice penale svizzero, rätoromanisch Cudesch penal svizzer), bei nötiger Abgrenzung auch sStGB, chStGB oder StGB-CH, geht auf die Fassung vom 21. Dezember 1937 zurück. Es trat in Kraft am 1. Januar 1942. Davor war das Strafrecht eine kantonale Angelegenheit.

Basisdaten
Titel: Schweizerisches Strafgesetzbuch
Abkürzung: StGB
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Schweiz
Rechtsmaterie: Strafrecht
Systematische
Rechtssammlung (SR)
:
311.0
Ursprüngliche Fassung vom:21. Dezember 1937
Inkrafttreten am: 1. Januar 1942 (AS 54 1328)
Letzte Änderung durch: https://www.fedlex.admin.ch/eli/oc/2024/27/de
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Juli 2024
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Geschichte

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Expertenkommission für die Erarbeitung des Vorentwurfs zum StGB (um 1908). v.l.n.r: Emil Zürcher, Georges Favey, Carl Stooss, Alfred Gautier, Otto Kronauer, Ernst Hafter, Alexander Reichel

Das Schweizerische Strafgesetzbuch geht auf einen ersten Entwurf von Carl Stooss aus dem Jahr 1893 zurück, der als einer der Ersten überhaupt einen Dualismus aus Strafen und sichernden Massnahmen vorschlug. Die Vorlage wurde am 3. Juli 1938 mit 358'438 gegen 312'030 Stimmen in einem Referendum vom Volk angenommen. Mit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 1942 wurden sämtliche kantonalen Bestimmungen, die dem neuen StGB widersprachen, abgeschafft – insbesondere die Todesstrafe sowie die Strafbarkeit der Homosexualität abgeschafft (im Militärstrafgesetz wurden beide Regelungen bis 1992 beibehalten, vgl. auch unten). Zudem wurden die Kompetenzen für das materielle Strafrecht weitgehend von den Kantonen dem Bund übertragen. Die Kantone behielten lediglich die Kompetenz über die Regelungen der Verstösse gegen das kantonale Verfahrensrecht und gegen die kantonalen Steuergesetzgebungen sowie eine subsidiäre Zuständigkeit im Bereich der Übertretungen.

Verhältnis zum Militärstrafgesetz

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Neben dem Strafgesetzbuch existiert für den militärischen Bereich das Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1928 (MStG; SR 321.0). Dieses findet nur auf Personen Anwendung, die dem Militärstrafrecht unterstellt sind (Art. 218 Abs. 1, Art. 3 ff. MStG). Verübt eine dem Militärstrafrecht unterstehende Person eine Tat, die sowohl nach Strafgesetzbuch als auch nach Militärstrafgesetz strafbar ist, ist ausschliesslich das Militärstrafgesetz anwendbar (Art. 9 Abs. 1 StGB).

Das Schweizerische Strafgesetzbuch ist in drei grosse Teile, sogenannte «Bücher», gegliedert.

Allgemeine Bestimmungen (Art. 1–110 StGB)

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Erstes Buch: Im ersten Buch werden die allgemeinen Bestimmungen festgelegt, welche für die folgenden Bücher gelten («Allgemeiner Teil»). Das Erste Buch enthält Regelungen zum:

  • Geltungsbereich
  • Voraussetzungen der Strafbarkeit (Verbrechen und Vergehen, Vorsatz und Fahrlässigkeit, Rechtmässige Handlungen und Schuld, Versuch, Teilnahme, Strafbarkeit der Medien, Vertretungsverhältnisse)
  • Strafantrag
  • Strafen und Massnahmen (Geldstrafe, gemeinnützige Arbeit, Freiheitsstrafe, bedingte und teilbedingte Strafen, Strafzumessung, Strafbefreiung und Einstellung des Verfahrens, Therapeutische Massnahmen und Verwahrung, andere Massnahmen)
  • Vollzug von Strafen, Vollzugsunterbrechung wegen Hafterstehungsunfähigkeit, bedingte Entlassung
  • Bewährungshilfe, Weisungen und freiwillige soziale Betreuung
  • Verjährung
  • Verantwortlichkeit des Unternehmens
  • Regelungen zu Übertretungen
  • Begriffsdefinitionen

Besondere Bestimmungen (Art. 111–332 StGB)

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Zweites Buch: Hier ist festgelegt, welche Handlungen strafbar sind. Das zweite Buch ist in 20 sogenannte Titel gegliedert, die die einzelnen Straftaten zusammenfassen («Besonderer Teil»):

  • Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben
  • Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
  • Strafbare Handlungen gegen die Ehre und den Geheim- oder Privatbereich
  • Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit
  • Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität
  • Verbrechen und Vergehen gegen die Familie
  • Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen
  • Verbrechen und Vergehen gegen die öffentliche Gesundheit
  • Verbrechen und Vergehen gegen den öffentlichen Verkehr
  • Fälschung von Geld, amtlichen Wertzeichen, amtlichen Zeichen, Mass und Gewicht
  • Urkundenfälschung
  • Verbrechen und Vergehen gegen den öffentlichen Frieden
  • Straftaten gegen die Interessen der Völkergemeinschaft
  • Verbrechen und Vergehen gegen den Staat und die Landesverteidigung
  • Vergehen gegen den Volkswillen
  • Strafbare Handlungen gegen die öffentliche Gewalt
  • Störung der Beziehungen zum Ausland
  • Verbrechen und Vergehen gegen die Rechtspflege
  • Strafbare Handlungen gegen die Amts- und Berufspflicht
  • Bestechung
  • Übertretungen bundesrechtlicher Bestimmungen

Einführung und Anwendung des Gesetzes (Art. 333–392 StGB)

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Drittes Buch: Im dritten Buch werden hauptsächlich die Zuständigkeiten der Gerichte geregelt und gewisse Prozessbestimmungen festgelegt.

Revisionen

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Seit seinem Inkrafttreten hat das StGB viele Revisionen durchlaufen. Per 1. Januar 2007 wurde der gesamte Allgemeine Teil (erstes Buch) überarbeitet. Die wichtigsten Änderungen dieser Revision sind die folgenden:

  • Die rein formelle Unterscheidung zwischen Zuchthaus-, Gefängnis- und Haftstrafe wurde durch eine einheitliche Freiheitsstrafe ersetzt;
  • Einführung des Tagessatz-Systems, bei dem die Geldstrafen proportional nach der Höhe des Einkommens des Verurteilten festgesetzt werden;
  • Faktisch wurden alle Freiheitsstrafen von weniger als sechs Monaten zugunsten der Geldstrafe abgeschafft;
  • Einführung der gemeinnützigen Arbeit als neue Strafart.

Per 1. Januar 2018 wurde das StGB im Bereich der Sanktionen wiederum angepasst. Wesentliche Änderungen:

  • Lockerung der Voraussetzungen für die Aussprechung einer kurzen Freiheitsstrafe unter sechs Monaten. In diesem Bereich hat zwar die Geldstrafe grundsätzlich immer noch Vorrang. Eine kurze Freiheitsstrafe kann neu aber auch dann ausgesprochen werden, wenn sie nötig erscheint, um den Täter oder die Täterin von weiteren Straftaten abzuhalten.
  • Die Vollzugsform des Electronic Monitoring wurde gesetzlich verankert.[1]

Siehe auch

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Literatur

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Zürcher Grundrisse des Strafrechts:

  • Andreas Donatsch, Brigitte Tag: Strafrecht I, Verbrechenslehre – 9. Auflage; Zürich/Basel/Genf 2013
  • Daniel Jositsch, Gian Ege, Christian Schwarzenegger: Strafrecht II, Strafen und Massnahmen – 9. Auflage; Zürich/Basel/Genf 2018
  • Andreas Donatsch: Strafrecht III, Delikte gegen den Einzelnen – 11. Auflage; Zürich/Basel/Genf 2018
  • Andreas Donatsch, Marc Thommen, Wolfgang Wohlers: Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgemeinheit – 5. Auflage; Zürich/Basel/Genf 2017

Günter Stratenwerth:

  • Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, Die Straftat – 4. Auflage, Bern 2011, ISBN 978-3-7272-8667-4
  • Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II: Strafen und Massnahmen – 2. Auflage, Bern 2006, ISBN 978-3-7272-0799-0
  • Günter Stratenwerth, Guido Jenny, Felix Bommer: Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen – 7. Auflage, Bern 2010, ISBN 978-3-7272-8658-2
  • Günter Stratenwerth, Felix Bommer: Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen – 7. Auflage, Bern 2013, ISBN 978-3-7272-8684-1

Basler Kommentar zum Strafrecht:

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Einzelnachweise

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  1. Neues Sanktionenrecht gilt ab 1. Januar 2018. Medienmitteilung des Bundesrates, 29. März 2016
  2. Fedlex. Abgerufen am 12. September 2021.