Der Sand-Hafer oder Rau-Hafer (Avena strigosa) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Hafer (Avena) innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae). Diese alte, kaum mehr angebaute Kulturpflanze wurde als Getreide in Gebieten angebaut, wo der Saat-Hafer (Avena sativa) nicht gedeiht.
Sand-Hafer | ||||||||||||
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Sand-Hafer (Avena strigosa), Illustration aus Flora Batava Volume 16 | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Avena strigosa | ||||||||||||
Schreb. |
Beschreibung
BearbeitenVegetative Merkmale
BearbeitenDer Sand-Hafer ist eine einjährige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen 40 bis 120, selten bis 150 Zentimetern. Die oberirdischen Pflanzenteile sind blaugrün und manchmal stark bereift. Die Halme sind kahl und mit drei bis fünf Knoten gegliedert.
Die wechselständig an den Halmen angeordneten Laubblätter sind in Blattscheide und -spreite gegliedert. Die Blattscheiden sind kahl, die unteren sind zerstreut behaart. Das Blatthäutchen ist ein häutiger Saum von 2 bis 5 Millimeter Länge. Die Blattspreite ist 8 bis 25, selten bis 40 Zentimeter lang, 5 bis 10 Millimeter breit, rau und flach ausgebreitet.
Generative Merkmale
BearbeitenDie Blütezeit reicht von Juni bis August. Der rispige Blütenstand ist 8 bis 30 Zentimeter lang sowie bis zu 10 Zentimeter breit, aufrecht, locker und meist einseitwendig. Die Ährchen sind zweiblütig, nur selten ein- oder dreiblütig. Ohne Grannen sind sie 16 bis 24 Millimeter lang, zur Reifezeit zerfallen sie nicht. Die Hüllspelzen sind fast gleich groß, haben sieben bis neun Nerven und sind so lang wie das Ährchen. Die untere Hüllspelze ist etwas kürzer als die obere. Die Hüllspelzen sind lanzettlich, spitz, kahl und häutig. Die Deckspelzen sind siebennervig. Bis zur Spitze der Seitenlappen, also ohne Seitengrannen, sind sie 12 bis 17 Millimeter lang, lanzettlich und am oberen Ende tief eingeschnitten. Die beiden Seitenlappen laufen je in eine 3 bis 9 Millimeter lange Granne aus. Sie sind kahl, teilweise in der oberen Hälfte leicht behaart, zur Reife werden sie bräunlich bis schwärzlich, glänzend und dick. Auf dem Rücken unterhalb der Mitte trägt sie eine Granne, die 20 bis 30 Millimeter lang ist, gekniet und im unteren Teil gedreht. Die Vorspelzen sind 10 bis 14 Millimeter lang. Die Staubbeutel sind 2,5 bis 4 Millimeter lang.[1]
Die Karyopsen sind 7 bis 8 Millimeter lang und behaart.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 14.[2]
Vorkommen
BearbeitenAvena strigosa ist ursprünglich nur in Südwesteuropa verbreitet,[3][4] wurde aber auch in Zentral- und Osteuropa angebaut.[5] Als Ursprungsländer gelten Portugal, Spanien, Frankreich und Korsika.[4]
Der Sand-Hafer wächst nach Aufgabe des Anbaus meist als „Unkraut“ in Saat-Hafer-Feldern, kommt aber auch auf Schuttplätzen und auf Wegen vor. Er kommt in Mitteleuropa in Pflanzengesellschaften des Verbands Aperion spicae-venti vor.[2] In vielen Gebieten seines früheren Anbaus ist er wieder verschwunden.
In Deutschland ist der Sand-Hafer in Schleswig-Holstein gefährdet, in Hessen ausgestorben, in den übrigen Bundesländern fehlend oder unbeständig. Sie wird als unbeständige Art, bzw. als Kulturart eingestuft.[6] In Österreich kommt der Sand-Hafer zerstreut bis sehr selten vor und ist für die Bundesländer Burgenland, Wien, Nieder- und Oberösterreich, Steiermark und Salzburg nachgewiesen.[7] Für die Schweiz gibt es keine ausreichenden Daten, hier gilt der Sand-Hafer als reine Kulturpflanze.[8]
Taxonomie
BearbeitenDie Erstveröffentlichung von Avena strigosa erfolgte 1771 durch Johann Christian von Schreber in Spicilegium Florae Lipsicae, Seite 52.[4]
Nutzung
BearbeitenDer Sand-Hafer wurde bis etwa Ende des 19. Jahrhunderts besonders im Westen Europas in Gebieten angebaut, die für den Saat-Hafer nicht mehr geeignet sind.[1] Beispiele sind die Berglandschaften von Wales oder die Inseln im Westen und Norden Schottlands.[5] Die Nutzung erfolgte wie beim Saat-Hafer.
Aktuell wird der Sand-Hafer oft als abfrierende Gründüngung im Acker- und Gemüsebau verwendet.
Trivialnamen
BearbeitenAls weitere deutschsprachige Trivialnamen werden bzw. wurden, zum Teil nur regional, auch die Bezeichnungen Eichelhafer, Flughafer, Purhafer (Mecklenburg), Raubhafer (Unterweser), Spitzhafer und Swarthafer (Unterweser) verwandt.[9]
Quellen
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Hans Joachim Conert: Pareys Gräserbuch. Die Gräser Deutschlands erkennen und bestimmen. Parey, Berlin 2000, ISBN 3-8263-3327-6, S. 192.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. S. 224–226. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1985, ISBN 3-489-52020-3.
- ↑ a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 246.
- ↑ Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Unsere Gräser. Süßgräser, Sauergräser, Binsen (= Kosmos-Naturführer). 10. überarbeitete und erweiterte Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1991, ISBN 3-440-06201-5, S. 114.
- ↑ a b c Datenblatt Avena strigosa. bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
- ↑ a b Charles Edward Hubbard: Grasses. A Guide to their Structure, Identification, Uses and Distribution in the British Isles. Revised by J. C. E. Hubbard. 3. Auflage. Penguin, London 1992, ISBN 0-14-013227-9, S. 235.
- ↑ Avena strigosa Schreb., Sand-Hafer. auf FloraWeb.de
- ↑ Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9.
- ↑ Avena strigosa Schreb. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 16. Mai 2015.
- ↑ Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 54, eingescannt.
Weblinks
Bearbeiten- Sand-Hafer. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel nach: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants 1986, ISBN 3-87429-263-0.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).