Bei Schneealgen handelt es sich um photoautotrophe Süßwasser-Mikroorganismen, die ausschließlich in langsam abtauenden Schneefeldern während des Sommers leben. Sie sind sowohl von den Polargebieten als auch vielen Bergregionen wie den Alpen bekannt.
Massenvorkommen („Blüten“) dieser Zellen führen zu lebhaften Verfärbungen des Schnees, wovon der rote Blutschnee aufgrund seiner Auffälligkeit und Häufigkeit am besten bekannt ist.[1] Der tatsächliche Farbton und die Intensität hängen sowohl von der Zellkonzentration als auch der individuellen Pigment-Zusammensetzung der vorherrschenden Art ab:[2]
- Grüner Schnee[3][4]
- In den Zellen dominieren die grünen Chlorophylle, die Verursacher gehören meist zu den Chlorophyceae. Zu finden meist in Altschnee an beschatteten Standorten (etwa unter Bäumen) oder in einigen Zentimetern Tiefe unter schützendem weißen Schnee.
- Gelber Schnee
- In den Zellen dominieren primäre Carotinoide der Photosynthese, z. B. Fucoxanthin bei in Schneebrei lebenden Goldbraunen Algen.
- Roter Schnee[4]
- Meist zu finden auf stark sonnenexponierten Standorten oberhalb der Baumgrenze. In den Zellen dominiert das sekundäre Carotinoid Astaxanthin (früher Haematochrom genannt) in hohen Konzentrationen. Die rote Pigmentierung mit ihren absorbierenden und antioxidativen Eigenschaften dient dem Schutz vor abiotischen Umwelteinflüssen, da die Algen durch die auf der Schneeoberfläche vorherrschenden Strahlung Schaden nehmen können. Bekanntester Vertreter von Blutschnee ist die Sammelart Chlamydomonas nivalis.[5] Nach neueren Untersuchungen ist die häufigste, den Roten Schnee verursachende Alge nicht der Gattung Chlamydomonas zuzuordnen, sondern wird in eine eigene Gattung, Sanguina, gestellt[6][7]. Von dieser Gattung verursachen zwei Arten entweder den roten Schnee (S. nivaloides)[7][8] oder orangefarbenen Schnee (S. aurantia).[6] Daneben können auch rote Haematococcus-Sporen[5] und Chloromonas-Arten[7] Blutschnee verursachen.
Schneealgen werden biologisch zur Kryoflora gerechnet. Neben den pflanzlichen Organismen kommen auch tierische Organismen, die Kryofauna, und bestimmte mikroskopische Pilze auf Schnee vor. Alle diese Organismen werden als Kryoseston bezeichnet und bewohnen den Lebensraum Kryal.[9]
Die Algen erscheinen gerne im Frühjahr auf tauenden Schneeflächen und können die Schneeschmelze beschleunigen, da sie die Schneeoberfläche mehr oder weniger verdunkeln.[7][4]
Quellen
Bearbeiten- ↑ P. Werner: Roter Schnee: oder Die Suche nach dem färbenden Prinzip. Oldenbourg Akademieverlag, 2007, ISBN 978-3-05-004432-3.
- ↑ D. Remias: Cell Structure and Physiology of Alpine Snow and Ice Algae. In: C. Lütz (Hrsg.): Plants in Alpine Regions. Cell Physiology of Adaption and Survival Strategies. Springer, 2012, S. 175–185; doi:10.1007/978-3-7091-0136-0_13 (englisch).
- ↑
Andrew Gray, Monika Krolikowski, Peter Fretwell, Peter Convey, Lloyd S. Peck, Monika Mendelova, Alison G. Smith, Matthew P. Davey: Remote sensing reveals Antarctic green snow algae as important terrestrial carbon sink. In: Nature Communications, Band 11, Nr. 2527, 20. Mai 2020; doi:10.1038/s41467-020-16018-w (englisch). Dazu:
- Tierkot und Klimawandel schuld: Grüner Schnee breitet sich in Antarktis aus. Auf: n-tv.de vom 22. Mai 2020.
- ↑ a b c
Alia L. Khan, Heidi M. Dierssen, Ted A. Scambos, Juan Höfer, Raul R. Cordero: Spectral characterization, radiative forcing and pigment content of coastal Antarctic snow algae: approaches to spectrally discriminate red and green communities and their impact on snowmelt. In: The Cryosphere (TC), Band 15, Nr. 1, 13. Januar 2021, S. 133–148; doi:10.5194/tc-15-133-2021 (englisch). Dazu:
- Naturphänomen Blutschnee: Algen in Antarktis lassen Schnee schmelzen. Auf: n-tv.de vom 14. Januar 2021.
- ↑ a b Franz-Christian Czygan: Stickstoffmangel-Zellen von Haematococcus pluvialis und Chlamydomonas nivalis. In: Archives of Microbiology. Band 74, Nr. 1, März 1970, S. pages 69–76; doi:10.1007/BF00408689.
- ↑ a b Lenka Procházková, Thomas Leya, Heda Křížková, Linda Nedbalová: Sanguina nivaloides and Sanguina aurantia gen. et spp. nov. (Chlorophyta): the taxonomy, phylogeny, biogeography and ecology of two newly recognised algae causing red and orange snow. In: FEMS Microbiology Ecology, Band 95, Nr. 6, Juni 2019, S. fiz064; doi:10.1093/femsec/fiz064, PMC 6545352 (freier Volltext), PMID 31074825 (englisch).
- ↑ a b c d
Yukihiko Onuma, K. Yoshimura, N. Takeuchi: Global Simulation of Snow Algal Blooming by Coupling a Land Surface and Newly Developed Snow Algae Models. In: Journal of Geophysical Research: Biogeosciences, Band 127, Nr. 2, 6. Januar 2022, S. e2021JG006339; doi:10.1029/2021JG006339 (englisch). Dazu:
- Red Snow Phenomena: A Unique Balancing Act, auf: SciTechDaily vom 2. Februar 2022. Quelle: University of Tokyo
- Red snow phenomena are a balancing act, auf EurekAlert! vom 2. Februar 2022. Quelle: Institute of Industrial Science, The University of Tokyo.
- ↑
Léon Roussel, Marie Dumont, Simon Gascoin, Diego Monteiro, Mathias Bavay, Pierre Nabat, Jade Abdellatif Ezzedine, Mathieu Fructus, Matthieu Lafaysse, Samuel Morin, Eric Maréchal: Snowmelt duration controls red algal blooms in the snow of the European Alps. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 121, Nr. 41, 8. Oktober 2024, ISSN 1091-6490, S. e2400362121, doi:10.1073/pnas.2400362121, PMID 39312681 (englisch, Epub: 23. September 2024). Dazu:
- Verschiedene Faktoren nötig: Wie Blutschnee in den Alpen entsteht. Auf: n-tv.de vom 24. September 2024.
- ↑ Erzsébet Kol: Kryobiologie: Biologie und Limnologie des Schnees und Eises I, Kryovegetation (= Die Binnengewässer. Einzeldarstellungen aus der Limnologie und ihren Nachbargebieten. Band 24). E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 1968, DNB 457255153.
Weblinks
Bearbeiten- Thomas Leya: Eiskalt durch roten Schnee: Auf historischen Spuren durch den Schnee Spitzbergens (hu-berlin.de, Memento im Webarchiv vom 10. Juli 2013).
- Naturschauspiel in Südeuropa: "Blutschnee" überzieht die Pyrenäen. Video auf n-tv.de vom 6. Februar 2021.