Die Schilluk, englische Schreibweise Shilluk, Eigenbezeichnung Colo, Chollo, sind eine zu den Niloten gehörige Ethnie im Südsudan. Ihre Sprache ist Schilluk oder dhok Chollo, eine nilotische Sprache.
Das Siedlungsgebiet liegt nördlich und westlich der Stadt Malakal im Südsudan, entlang des westlichen Ufers des Weißen Nils etwa innerhalb der Grenzen des Bundesstaates Upper Nile. Ihre Bevölkerungszahl wird auf 600.000 geschätzt (Stand 2004), womit sie die drittgrößte Volksgruppe Südsudans nach den Dinka und Nuer wären. Schilluk sind vor allem Fischer, leben aber auch vom Ackerbau und der Rinderzucht.
Die Schilluk haben einen traditionellen Führer, der auch als „König“ oder Reth bekannt ist und seine Abstammung bis zu Nyikang, dem mythischen ersten König zurückführt. Der Königssitz befindet sich in Pachodo nahe der Stadt Faschoda. Als Stammesmerkmal tragen vor allem männliche Schilluk auf der Stirn eine horizontale Reihe von Ritualnarben, die aussehen wie eine Art von hervorstehenden Punkten.
In vielen Liedern preisen die Schilluk die Heldentaten des mythischen Königs Nyikang und begleiten ihren Gesang auf einer fünfsaitigen Leier, die tom genannt wird. Der Sänger-Dichter ček oder wau genießt hohes gesellschaftliches Ansehen. Es gibt drei Kategorien von Tanzzeremonien: Tom heißen die Regenmachertänze der erwachsenen Männer. Bul sind nach der verwendeten kurzen oder langen, beidseitig gespielten Zylindertrommel benannte Unterhaltungstänze, die nur von Jugendlichen aufgeführt werden. Ywok sind Begräbnis- und Ahnentänze, die Teil der koje-Feiern sind. Neben den beiden genannten Musikinstrumenten gehören noch die leleng zur Tradition. Dies sind paarweise eingesetzten Kesseltrommeln und als Symbole der Königswürde mit den nordafrikanischen naqqaras verwandt.[1]
Im Jahr 2004 wurden im Rahmen des Sezessionskrieges im Südsudan rund 50.000 bis 120.000 Angehörige der Schilluk von regierungstreuen Milizen vertrieben. Dabei flohen rund 26.000 nach Malakal.
Im deutschen Sprachraum haben sich unter anderen die Ethnologen Diedrich Westermann, Wilhelm Banholzer, Julius Konietzko, Wilhelm Hofmayr und Burkhard Schnepel mit der Kultur der Schilluk beschäftigt.
Prominente Schilluk sind die Politiker Lam Akol und Pagan Amum.
Literatur
Bearbeiten- Wilhelm Banholzer: Etwas über Geschichte und Sitten der Schillukkönige. In: Stern der Neger. Katholische Missionszeitschrift der Söhne des heiligsten Herzens Jesu, 1904
- Edward E. Evans-Pritchard: The Divine Kingdom of the Shilluk of the Nilotic Sudan. The Frazer Lecture, 1948. Reprint: HAU: Journal of Ethnographic Theory 1 (1), 2011, S. 407–422
- David Graeber: The divine kingship of the Shilluk: on violence, utopia, and the human condition, or, elements for an archaeology of sovereignty. University of London, 2010, S. 1–59
- Wilhelm Hofmayr: Die Schilluk: Geschichte, Religion und Leben eines Niloten-Stammes; nach P. Banholzers F. S. C und eigenen Aufzeichnungen dargestellt. St. Gabriel, Mödling bei Wien: Verlag der Administration des Anthropos, 1925 (Ethnologische Anthropos-Bibliothek. Internationale Sammlung ethnologischer Monographien; 2,5)
- Oswald Iten: Schwarzer Sudan. Die Stämme der Nuba, Ingessana, Schilluk, Dinka, Nuer, Azande und Latuka. Neptun, Kreuzlingen 1978
- Godfrey Lienhardt: The Shilluk of the Upper Nile. In: Daryll Forde (Hrsg.): African Worlds: Studies in the Cosmological Ideas and Social Values of African People. International African Institute, Oxford University Press 1954, S. 138–163
- Mohamed Riad: The divine Kingship of the Shilluk and its Origin. In: Archiv für Völkerkunde. Band XIV. Herausgegeben vom Verein „Freunde der Völkerkunde“ 1014 Wien. Museum f. Völkerkunde. Braumüller, Wien 1959
- Øystein H. Rolandsen, Martin W. Daly: A History of South Sudan: From Slavery to Independence. Cambridge University Press, Cambridge 2016, ISBN 978-0-521-11631-2
- Georg Schweinfurth: Im Herzen von Afrika. Reisen und Entdeckungen im Centralen Äquatorial-Afrika während der Jahre 1868 bis 1871. Neu umgearbeitete Originalausgabe. Leipzig, Brockhaus, 1878
- Diedrich Westermann: The Shilluk People. Their Language and Folklore. Reimer, Berlin 1912
Weblinks
Bearbeiten- Burkhard Schnepel: Ethnologische Marginalien, 2003, U.a. über die Shilluk (PDF-Dokument, rund 2 MB)
- Neue Zürcher Zeitung, 2006: Angekratzte Autorität des Reths der Shilluk
- Profil der Schilluk bei Gurtong Peace Project (englisch)
- Peter Damm: Schilluk – Nordostafrika. Untersuchung der typischen Behausung einer naturvölkischen Kultur heutiger Zeit. (PDF; 9,2 MB) Universität GH Gießen, WS 1972/73
- Forgotten People: Shilluk Kingdom of Sudan. ( vom 1. Dezember 2006 im Internet Archive) Refugees International, 2004
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Artur Simon: Sudan. In: Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Vol. 24. Macmillan Publishers, London 2001, S. 657