S7 Airlines (bis März 2006 Siberia Airlines) ist eine russische Fluggesellschaft mit Sitz in Moskau und Basen auf den Flughäfen Nowosibirsk-Tolmatschowo, Moskau-Domodedowo und Irkutsk.
S7 Airlines | |
---|---|
IATA-Code: | S7 |
ICAO-Code: | SBI |
Rufzeichen: | SIBERIAN AIRLINES |
Gründung: | 2006 (1992 als Siberia Airlines) |
Sitz: | Nowosibirsk, Russland |
Drehkreuz: | |
Heimatflughafen: | Nowosibirsk-Tolmatschowo |
IATA-Prefixcode: | 422 |
Fluggastaufkommen: | 9,95 Mio. (2017)[1] |
34.810 t (2017)[2] | |
Vielfliegerprogramm: | S7 Priority |
Flottenstärke: | 104 |
Ziele: | national und international |
Website: | www.s7.ru |
Geschichte
BearbeitenSiberia Airlines
BearbeitenS7 Airlines ging im Mai 1992 unter dem Namen Siberia Airlines (russisch: авиакомпания Сиби́рь) aus einem Tochterunternehmen der Aeroflot mit Sitz in der russischen Stadt Nowosibirsk hervor.
Im Jahr 1997 musste ein Flugzeug verpfändet werden und die damaligen Pfandgewährenden, Natalja und Wladislaw Filjow, sicherten sich mit einem Kredit über 20 Millionen Dollar die Kontrolle über die damals defizitäre Gesellschaft.[3]
Im Jahr 2001 wurde Vnukovo Airlines übernommen. Im Jahr 2003 überholte die Gesellschaft den bisherigen Marktführer Aeroflot beim innerrussischen Fluggastaufkommen. 2005 führte die Fluggesellschaft nach eigenen Angaben über 32.000 Flüge durch und transportierte dabei 4,2 Millionen Passagiere sowie 25.788 Tonnen Fracht.
S7 Airlines
BearbeitenSeit dem 5. Mai 2006 firmiert die Gesellschaft, abgeleitet von ihrem IATA-Airline-Code, unter dem Namen S7 Airlines. Die frühere Beschriftung des Leitwerks, „Sibir“ in kyrillischer Schrift, und die ehemalige blau-weiße Bemalung der Flugzeuge wurde seitdem sukzessive durch die neue Firmenfarbe grün und den Schriftzug „S7“ ersetzt. Die bis dahin in großer Zahl betriebenen Flugzeugen aus sowjetischer Produktion – darunter auch die weit verbreitete Tupolew Tu-154 – wurden bis Ende 2008 vollständig ausgemustert und erhielten bis dahin nur einen Aufkleber mit dem neuen Logo.
Anfang 2008 gründete S7 Airlines die Tochtergesellschaft Globus Airlines, die mit Boeing 737-800 hauptsächlich Charterflüge durchführte. Bereits im Dezember 2008 verkaufte S7 Globus jedoch an die East Line Group.
Am 26. Mai 2009 wurde bekannt, dass die Gesellschaft nach einer Integrationsphase im Jahr 2010 der Luftfahrtallianz oneworld beitreten würde, in der unter anderem auch British Airways und American Airlines Mitglied sind.[4] Der Beitritt erfolgte schließlich am 15. November 2010.[5]
Im September 2016 übernahm die S7 Group, Eigentümerin von S7 Airlines, für rund 150 Millionen Dollar das Raumfahrtunternehmen Sea Launch. Die Schweizer Firma bietet Raketenstarts von einer speziell adaptierten Bohrplattform an. Ab Ende 2018 waren Starts geplant[6] und ab 2019 erteilte die Aufsichtsbehörde Roskosmos eine Lizenz für die Herstellung von Trägerraketen, worauf die Holding ihren Namen anpasste.[7] Im Jahr 2018 war ebenfalls die Entwicklung von Business-Jets bekannt gegeben worden.[8]
Die Miteigentümerin von S7 Airlines und Vorsitzende der CJSC S7 Group, Natalija Filjowa, kam am 31. März 2019 bei dem Absturz der Epic LT RA-2151G im Anflug auf den Flugplatz Frankfurt-Egelsbach nordwestlich der hessischen Gemeinde Erzhausen ums Leben.[9][10] Das Flugzeug gehörte einer Tochtergesellschaft der Fluggesellschaft.
Als Reaktion auf die russische Invasion in die Ukraine kündigte die britische Regierung am 24. Februar 2022 ein Landeverbot für russische Flugzeuge auf britischem Gebiet an.[11] Am 25. Februar 2022 sperrten auch Polen, Tschechien und Bulgarien sowie am Tag darauf die baltischen Staaten (Estland, Litauen, Lettland) ihren Luftraum für russische Flugzeuge. Am 27. Februar 2022 sperrte auch Deutschland den Luftraum für russische Fluggesellschaften.[12] Am 5. März stellte S7 alle internationalen Flüge ein.[13]
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 wurde der EU-Luftraum im März 2022 für russische Flugzeuge geschlossen. Im April 2022 wurde die Gesellschaft zusätzlich auf die als „Schwarze Liste“ bezeichnete EU-Flugsicherheitsliste gesetzt und ihr damit der Betrieb in der EU untersagt.[14] Grund dafür ist, dass die russische Föderale Agentur für Lufttransport russischen Gesellschaften erlaubte, ausländische Luftfahrzeuge ohne gültiges Lufttüchtigkeitszeugnis zu betreiben.[15] Die Mitgliedschaft in der Luftfahrtallianz Oneworld wurde bis auf weiteres ausgesetzt.[16] Im März transportierte S7 die meisten Passagiere, vor Pobeda und der bis dahin führenden Aeroflot.[17]
Flugziele
BearbeitenEigene Flüge
BearbeitenS7 führte täglich rund 120 Flüge durch, mehr als ein Drittel davon ab Moskau. Die Gesellschaft bediente ein umfangreiches Netz an Zielen innerhalb Russlands und der übrigen GUS-Staaten. Von Moskau aus wurden in Deutschland seit 2009 München, Frankfurt, Düsseldorf und Hannover angeflogen, seit Juni 2011 Berlin und seit Mai 2021 Köln.[18] Zusätzlich wurden saisonal diverse deutsche Ziele mit den Flughäfen St. Petersburg sowie auch Nowosibirsk direkt verbunden. In Österreich waren in der Wintersaison Salzburg und Innsbruck Ziele. Seit März 2017 wurde Wien ganzjährig angeflogen.[19]
Codesharing
BearbeitenZusätzlich zu den eigenen Verbindungen unterhielt S7 ein umfangreiches Angebot an Codeshareverbindungen. Neben den Fluggesellschaften der Oneworld sind dies auch Air Italy, Aeroflot, Aegan Airlines, El Al, Emirates, Etihad, Singapore Airlines, TAP Air Portugal, sowie auch einige regional tätige russische Airlines.[20]
Flotte
BearbeitenAktuelle Flotte
BearbeitenMit Stand Juli 2024 besteht die Flotte der S7 Airlines aus 104 Flugzeugen mit einem Durchschnittsalter von 11,9 Jahren:[21]
Flugzeugtyp | Anzahl | bestellt | Anmerkungen | Sitzplätze (Business/Economy)[22] |
Durchschnittsalter
(Juli 2024)[21] |
---|---|---|---|---|---|
Airbus A319-100 | 2 | 144 (-/144) | 18,6 Jahre | ||
Airbus A320-200 | 16 | vier mit Sharklets ausgestattet | 158 (8/150) | 13,2 Jahre | |
Airbus A320neo | 31 | 23 inaktiv[23] | 164 (8/156) | 4,8 Jahre | |
Airbus A321-200 | 11 | einer inaktiv; fünf mit Sharklets ausgestattet | 197 (8/189) 198 (8/190) |
16,4 Jahre | |
Airbus A321neo | 8 | alle inaktiv | 203 (8/195) | 4,2 Jahre | |
Boeing 737-800 | 19 | einer inaktiv; mit Winglets ausgestattet | 176 (8/168) | 14,9 Jahre | |
Embraer 170LR | 17 | drei inaktiv | 78 (-/78) | 20,4 Jahre | |
Gesamt | 104 | – | 11,9 Jahre |
Ehemalige Flugzeugtypen
BearbeitenDarüber hinaus setzte die S7 Airlines / Siberia Airlines in der Vergangenheit noch folgende Flugzeugtypen ein:[24]
Zwischenfälle
BearbeitenS7 Airlines verzeichnet in ihrer Geschichte drei Flugzeugverluste mit Todesopfern, von denen zwei nicht auf Versagen seitens der Gesellschaft zurückzuführen sind:
- Am 4. Oktober 2001 wurde eine Tupolew Tu-154M der Sibir Airlines (RA-85693), unterwegs von Tel Aviv nach Nowosibirsk, versehentlich mit einer Boden-Luft-Rakete der ukrainischen Marine abgeschossen. An Bord der Maschine waren 65 Passagiere sowie 12 Besatzungsmitglieder. Zunächst wurde ein Terroranschlag vermutet, später stellte sich heraus, dass eine fehlgeleitete S-200-Rakete während eines Militärmanövers die Maschine getroffen hatte (siehe Sibir-Flug 1812).[25]
- Am 24. August 2004 verübten tschetschenische Terroristen fast gleichzeitig zwei Sprengstoffanschläge auf russische Linienflüge. Eines der Flugzeuge war eine Tu-154 der Siberia Airlines, die mit 46 Personen an Bord von Moskau nach Sotschi unterwegs war. Das Flugzeug wurde in der Luft zerstört, alle Menschen an Bord verloren dabei ihr Leben (siehe auch Sibir-Flug 1047).[26][27][28]
- Am 9. Juli 2006 kam auf dem Flughafen Irkutsk ein in Moskau gestarteter Airbus A310-300 der S7 Airlines (F-OGYP) bei der Landung mit hoher Geschwindigkeit von der Landebahn ab, prallte gegen eine Betonwand und in ein Gebäude, wo er in Flammen aufging. Dabei wurden 125 der insgesamt 203 Insassen getötet. Auslöser waren eine schon vorher defekte Schubumkehr und ein gänzlich unkoordiniertes Vorgehen der Piloten, wodurch ein erneuter Vorwärtsschub des anderen Triebwerks, das Wiedereinfahren der bremsenden Störklappen an den Tragflächen sowie die Deaktivierung des automatischen Bremssystems bewirkt wurden (siehe auch S7-Airlines-Flug 778).[29]
- Im August 2020 rettete ein Pilot der Fluggesellschaft durch eine schnelle (Not-)Landung auf dem Flughafen Omsk vermutlich das Leben von Alexei Anatoljewitsch Nawalny, der an Bord schwer erkrankt war.[30]
Trivia
BearbeitenFür das Musikvideo der US-amerikanischen Rockband OK Go zu deren Lied Upside down, Inside Out wurde ein Flugzeug der S7 Airlines eingesetzt, das 21 Parabelflüge durchführte, so dass die Band für die Aufnahmen insgesamt 2 Stunden und 15 Minuten schwerelos war.[31]
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Russische Luftfahrtagentur: Passagierstatistik russischer Fluglinien 2016/2017. (PDF, 236 kB) Archiviert vom am 27. Januar 2018; abgerufen am 30. Januar 2018 (russisch).
- ↑ Russische Luftfahrtagentur: Frachtstatistik russischer Fluglinien 2016/2017. (PDF, 238 kB) Archiviert vom am 27. Januar 2018; abgerufen am 30. Januar 2018 (russisch).
- ↑ Katharina Wagner, Moskau: Absturz in Südhessen: Millionärin mit Faible für die Luftfahrt. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 20. Januar 2023]).
- ↑ aero.de: Russische S7 wird 2010 Mitglied in oneworld ( vom 30. Mai 2009 im Internet Archive), 26. Mai 2009.
- ↑ Russische S7 Airlines tritt oneworld bei. 24. September 2010, abgerufen am 20. Januar 2023.
- ↑ Stefan Eiselin: Russische Airline-Gruppe kauft Raumfahrtfirma. In: aeroTELEGRAPH. 28. September 2016, abgerufen am 20. Januar 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
- ↑ Крупнейший частный авиационный холдинг сменит название. Abgerufen am 20. Januar 2023 (russisch).
- ↑ S7 Group Филевых будет строить сверхлегкие реактивные бизнес-джеты. Abgerufen am 20. Januar 2023 (russisch).
- ↑ Stefan Eiselin: Miteigentümerin von S7 Airlines stirbt bei Absturz in Frankfurt Egelsbach. In: aerotelegraph.com. 31. März 2019, abgerufen am 1. April 2019.
- ↑ Natalija Filjowa: Russische Millionärin bei Flugzeugabsturz in Erzhausen getötet. In: welt.de. 31. März 2019, abgerufen am 1. April 2019.
- ↑ n-tv NACHRICHTEN: London sperrt Russland vom Finanzmarkt aus. Abgerufen am 20. Januar 2023.
- ↑ Auch Baltenstaaten schließen Luftraum für russische Flugzeuge. Redaktionsnetzwerk Deutschland, 26. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.
- ↑ Pranjal Pande: Russian S7 To Suspend All International Flights Amid Airspace Bans. In: Simply Flying. 4. März 2022 (englisch).
- ↑ EU Air Safety List. (PDF (305,73 KB)) In: Website der Europäischen Kommission. 11. April 2022, archiviert vom am 11. April 2022; abgerufen am 12. April 2022 (englisch).
- ↑ EU-Flugverbot: 20 russische Fluggesellschaften zur EU-Flugsicherheitsliste hinzugefügt. In: Website der Europäischen Kommission. 11. April 2022, abgerufen am 12. April 2022.
- ↑ Mitgliedschaft von S7 Airlines bei Oneworld sistiert. Aerotelegraph, 21. April 2022, abgerufen am 26. April 2022.
- ↑ «Аэрофлот» уступил первое место на российском рынке авиаперевозок. Abgerufen am 20. Januar 2023 (russisch).
- ↑ Flughafen Köln/Bonn GmbH: Aktuelles. Abgerufen am 26. Mai 2021 (deutsch).
- ↑ Russische S7 Airlines kehrt nach Wien zurück. In: austrianwings.info. 29. November 2016, abgerufen am 20. Juli 2017.
- ↑ Partner Airlines. S7 Airlines, abgerufen am 24. November 2020 (englisch).
- ↑ a b S7 - Siberia Airlines Fleet Details and History. In: planespotters.net. 13. Juli 2024, abgerufen am 14. Juli 2024 (englisch).
- ↑ S7 Airlines – Our Fleet (englisch), abgerufen am 24. Juni 2017.
- ↑ https://www.kommersant.ru/doc/7312839
- ↑ AeroTransport Data Bank. Abgerufen am 20. Januar 2023.
- ↑ Accident investigation report completed and information captured. Aviation Safty Network, 4. Oktober 2001, abgerufen am 20. Januar 2023.
- ↑ Passagierjets abgestürzt, Behörden gehen von Anschlag aus. spiegel.de, 25. August 2004, abgerufen am 19. September 2009.
- ↑ Ein zweifelhafter Zufall. spiegel.de, 25. August 2004, abgerufen am 19. September 2009.
- ↑ Terror oder Unglück? Rätselraten um Doppel-Absturz. faz.net, 26. August 2004, abgerufen am 18. September 2009.
- ↑ ASN Aircraft accident Airbus A310-324 F-OGYP Irkutsk Airport (IKT). Abgerufen am 20. Januar 2023.
- ↑ Pavel Lokshin: Alexej Nawalny: Zum Schweigen gebracht. In: DIE WELT. 23. August 2020 (welt.de [abgerufen am 18. September 2020]).
- ↑ Stefan Eiselin: Auf Parabelflug entsteht geniales Musikvideo. In: aeroTELEGRAPH. 12. Februar 2016, abgerufen am 20. Januar 2023 (Schweizer Hochdeutsch).