SkySails Group GmbH ist ein deutscher Hersteller für Flugwindkraftanlagen zur elektrischen Energiegewinnung aus Höhenwind und für einen vollautomatischen Zugdrachenantrieb, der mit Hilfe von Windenergie zum Antrieb von Frachtschiffen und großen Yachten genutzt werden kann. Die mit diesem System ausgestatteten Schiffe sollen profitabler und umweltfreundlicher betrieben werden können, da der von einem Zugdrachen generierte Vortrieb Kraftstoffeinsparungen ermöglicht.
SkySails
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 2001 |
Sitz | Hamburg, Deutschland |
Leitung | Stephan Wrage |
Mitarbeiterzahl | 100[1] |
Branche | Windantriebssysteme, Windkraftanlagen, Software |
Website | skysails-group.de |
Stand: Juli 2020 |
Unternehmen
BearbeitenDie SkySails Group GmbH ist eine Folgegesellschaft der im Jahr 2001 von Stephan Wrage und Thomas Meyer als Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Hamburg gegründeten SkySails GmbH, die am 15. Februar 2002 beim Amtsgericht Hamburg ins Handelsregister unter der Nummer HRB 82712 eingetragen wurde. Die Vermarktung des SkySails Zugdrachen-Systems sollte durch die Zeppelin SkySails Service- und Vertriebsges. mbH & Co. KG erfolgen. Diese wurde zusammen mit der Zeppelin Power Systems GmbH und Co. KG, einem ebenfalls in Hamburg ansässigen Tochterunternehmen der Zeppelin-Gruppe, gegründet. Aufgrund der schwachen Konjunktur im Jahr 2012 investierten Reeder nicht in alternative Antriebssysteme. Daher musste die Firma zunächst die Hälfte der 80 Mitarbeiter entlassen. Am 7. März 2016 musste die SkySails GmbH als ein Teil der SkySails-Unternehmensgruppe Insolvenz anmelden und wurde am 5. April 2016 aufgelöst. Seitdem führt die SkySails Group GmbH als Nachfolgegesellschaft den Geschäftsbetrieb weiter und hat mit der Division SkySails Power einen weiteren Geschäftsbereich erschlossen. Die SkySails Group gehört zu den Markt- und Technologieführern im Bereich der Kite-Antriebssysteme für Schiffe und Flugwindkraftanlagen.
Hauptsitz des Unternehmens ist Hamburg. Zusätzlich unterhielt SkySails bis 2016 ein Testzentrum in Wismar. Ein Testgelände für Flugwindkraftanlagen liegt seit 2019 bei Klixbüll und seit 2020 werden die Bodenstationen der Flugwindkraftanlagen in einer Produktionshalle in Seevetal montiert.[2][3]
System für Schiffe
BearbeitenSystem
BearbeitenDas SkySails-System besteht aus drei Hauptkomponenten:
- Zugdrachen mit Seil
- Start- und Landesystem
- Steuerungssystem für den vollautomatischen Betrieb
Anstelle traditioneller Segel mit Mast erzeugt SkySails den Vortrieb durch große Zugdrachen (Lenkmatten), bestehend aus hochfesten und witterungsbeständigen Textilien.
Die Zugdrachen können in Höhen von 100 bis 300 Meter operieren, in denen stärkere und stetigere Winde vorherrschen. Die Zugkräfte werden über ein reißfestes Kunststoffseil auf das Schiff übertragen. Das Start- und Landesystem auf dem Vorschiff übernimmt das automatische Ausbringen und Einholen des Zugdrachens. Zum Start wird der (ähnlich einer Ziehharmonika) geraffte Zugdrachen mit einem Teleskop-Mast aus einem Lagerbehälter gehoben. In ausreichender Höhe entfaltet sich der Zugdrachen bis auf seine vollständige Größe und kann gestartet werden. Eine Winde fiert das Zugseil, bis die Arbeitsflughöhe erreicht ist. Der Landevorgang verläuft umgekehrt. Der vollautomatische Start- und Landevorgang dauert jeweils etwa 10–20 Minuten.[4] Mit der SkySails-Technologie lassen sich, laut Herstellerangaben, fast alle Frachtschiffe (ausgenommen große Containerschiffe)[5], Superyachten und Fischtrawler nachrüsten. Das Zugdrachen-System für Schiffe wird nach Angaben des Herstellers derzeit nicht mehr vermarktet. Stattdessen konzentriert sich das Unternehmen auf die Vermarktung von Flugwindkraftanlagen zur Stromerzeugung.[6]
Untersuchungen
BearbeitenAn der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven wurde innerhalb eines Forschungsprojektes der Einsatz des Systems auf dem ehemaligen Tonnenleger Beaufort untersucht und ein Performance-Modell entwickelt. Auf dem 54 Meter langen Schiff, mit dem die Tests zwischen Juli 2006 und Ende 2007 zumeist auf der Ostsee durchgeführt wurden, wurden SkySails-Zugdrachen mit der Größe von 80 m² eingesetzt. Die Kraftstoffeinsparung konnte ermittelt werden und betrug bei günstigen Windverhältnissen (achterlicher wahrer Wind von circa 6 Bft) für den 80 m² Kite circa 64 l/h, bei einer Fahrt von 12 kn. Dies entspricht für einen Dauerbetrieb bei diesen Windverhältnissen eine Verbrauchsreduktion von etwa 20 %. Bei optimalen Windverhältnissen (mit circa 7–8 Bft von achtern) liegt die durch den Zugdrachen eingesparte Motorleistung im Bereich von 240–400 kW, entsprechend einem Einsparpotenzial von bis zu 30 %.[7]
Die Tests auf dem Küstenmotorschiff Michael A. mit Zugdrachen der Größe von 160 m² ergaben laut Aussage der Firma SkySails, dass eine jährliche Treibstoffersparnis von 15 Prozent realistisch erschienen. Diese Einsparung wäre nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch signifikant vor dem Hintergrund, dass der globale Schiffsverkehr Schwefel- und Stickoxide[8] sowie mehr Kohlendioxid emittiert als der Luftverkehr.[9]
Praxistest
BearbeitenIm Oktober 2009 gab das niederländische Fischereiunternehmen Parlevliet & Van der Plas den Auftrag, das 141 m lange Fischereifahrzeug ROS-171 Maartje Theadora mit einem 160 m² großen SkySails-Segel auszustatten und weitere Erprobungen und ggf. Anpassungen vorzunehmen.[10] Mitte 2012 wurde das SkySails-System wieder abgebaut, weil sich herausgestellt hat, dass das Zugdrachensystem für die Schleppnetzfischerei ungeeignet ist.[11]
Am 15. Dezember 2007 wurde das Motorschiff Beluga SkySails der inzwischen insolventen Bremer Reederei Beluga Group in Hamburg getauft.[12] Hierbei handelte es sich um das erste kommerzielle Schiff, das mit der SkySails-Technik ausgestattet war. Vor der Jungfernfahrt hatte die Besatzung der Beluga SkySails nach Angaben der Reederei gut zwölf Monate mit dem System trainiert. Die Jungfernfahrt der 132 Meter[13] langen Beluga Skysails begann am 22. Januar 2008 in Bremerhaven und führte über Guanta (Venezuela) nach Davant (Mississippi) zum Endpunkt der Fahrt nach Mo i Rana (Norwegen), der am 13. März 2008, nach 11.952 Seemeilen, erreicht wurde. Während der 51-tägigen Fahrt wurde das System an mehreren Tagen zwischen einigen Minuten und acht Stunden eingesetzt.[14] Dabei zog das SkySails-System das Schiff bei Wind der Stärke 5 mit einer Zugkraft von bis zu fünf Tonnen, was im Vergleich zur Maschinenleistung einer Entlastung von über 20 % entspricht.[14] Nach der Insolvenz der Beluga Group wurde das Schiff an die Reederei Briese verkauft. Es verkehrte dort als BBC SkySails, allerdings ohne den Zugdrachen.[15]
Treibstoffeinsparung
BearbeitenDie – anlässlich des EU-geförderten Life-Projektes WINTECC (Laufzeit vier Jahre, bis Dezember 2009) ermittelte – jährliche Treibstoffeinsparung liegt, auf windreichen Routen, bei etwa 5,5 %.[16][17][18] Dieser Praxiswert liegt deutlich unter den prognostizierten Werten, die eine Treibstoffersparnis von 15–20 % angaben. Insgesamt waren – nach elf Jahren Forschung und Entwicklung, fünf Jahren praktischer Erprobung und einem Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro[19] – zwei Schiffe[11] mit dem System ausgestattet.
System zur Stromerzeugung
Bearbeiten2015 wurde zur Entwicklung von Flugwindkraftanlagen die SkySails Power GmbH gegründet.[20] Seit Ende 2019 ist eine Pilotanlage in Klixbüll/Schleswig-Holstein in Betrieb.[21]
Technologie
BearbeitenDer Zugdrachen wird von einem Autopilot so gesteuert, dass er quer zum Wind liegende Achten fliegt. Die dabei entstehende große Zugkraft rollt das Zugseil von einer Winde ab. Bevor das Seil ganz abgerollt ist, steuert der Autopilot den Drachen nach Luv. Das dadurch unter nur mehr geringer Spannung stehende Seil, wird jetzt wieder eingerollt. Dabei verbraucht der Motor/Generator einen Teil der vorher, beim Ausrollen des Seils, erzeugten elektrischen Energie.[22] Der Drachen operiert in diesem Zyklus in Höhen zwischen 20 und 50 Prozent der Seillänge, die bei der Anlage bei Klixbüll 800 Meter beträgt.[2]
Verbundprojekt SkyPower100
BearbeitenDie Flugwindkraftanlage in Klixbüll wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Verbundprojekts „SkyPower100“[22] errichtet, an dem die SkySails Power GmbH, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, die Omexom Renewable Energies Offshore GmbH und die Leibniz Universität Hannover beteiligt sind. Aus dem Betrieb der Flugwindkraftanlage will das Konsortium Erkenntnisse für die Weiterentwicklung und Skalierung von Flugwindkraftanlagen sowie zu Umwelteinflüssen, Sicherheitsaspekten und Genehmigungsvoraussetzungen gewinnen. Dazu gehören z. B. Gutachten zu Geräuschemissionen, Avifauna und Luftverkehrssicherheit.
Auszeichnungen
Bearbeiten- Clean Tech Media Award 2008[23]
- Technology Pioneers 2008
- Zukunftsaward 2007
- Gründerchampions 2007
- Red Herring 100 Europe Award 2007[24]
- Peixe Verde Ideas Contest
- Welt der Wunder Innovationspreis
- Innovationspreis der deutschen Wirtschaft
- Ort im Land der Ideen 2007
- Global 100 Eco-Tech Award
- The Outstanding Young Person 2004
- Innovationspreis des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg
Literatur
Bearbeiten- Reinhard Elsner, Michael Schlaak et al. (Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven): Testergebnisse des SkySails-Systems. In: Schiff & Hafen, Heft 1/2009, S. 36–40 u. S. 43. Seehafen-Verlag, Hamburg 2009, ISSN 0938-1643
- Reinhard Elsner, Michael Schlaak et al. (Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven): Einsparungspotenziale in der Welthandelsflotte. In: Schiff & Hafen, Heft 6/2009, S. 74–81. Seehafen-Verlag, Hamburg 2009, ISSN 0938-1643
- K.-H. Hochhaus: STG-Sprechtag »Innovative Schiffe« in Kiel. In: Hansa, Heft 4/2010, S. 44–47, Schiffahrts-Verlag Hansa, Hamburg 2010, ISSN 0017-7504
- SkySails startet kommerzielle Vermarktung. In: Schiff & Hafen, Heft 5/2011, S. 36. Seehafen-Verlag, Hamburg 2011, ISSN 0938-1643
Weblinks
Bearbeiten- Offizielle Website
- Den Wind im Rücken, doch die Krise im Nacken. Ausführliche Entwicklungsgeschichte im Handelsblatt vom 9. Januar 2010.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Martin Stepanek: Wenn Drachen große Schiffe ziehen. In: futurezone.at. Futurezone, 22. Juni 2020, abgerufen am 20. Juli 2020.
- ↑ a b Thies Schnack: Das fliegende Jojo von Klixbüll – neue Windkraftanlage. In: Der Spiegel. 8. Dezember 2020, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 10. Dezember 2021]).
- ↑ Innovation in der Windenergie: Drachen aus Maschen erzeugen am Himmel Strom. Abgerufen am 29. Dezember 2021.
- ↑ Karl-Ullrich Höltkemeier: SkySails – das Segelschiff der Zukunft. Konstruktionspraxis Vogel, 2008.
- ↑ WELT online: Dracheneinsatz spart Treibstoff auf See vom 4. Juli 2008, abgerufen am 22. Juli 2008
- ↑ Home. Abgerufen am 30. November 2022 (deutsch).
- ↑ www.dmkn.de: Testergebnisse des SkySails-Systems (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Schiff & Hafen, Januar 2009, Nr. 1, Seite 40ff, Deutsch
- ↑ Prevention of Air Pollution from Ships. In: IMO. International Maritime Organization, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 8. April 2016; abgerufen am 1. April 2016 (englisch).
- ↑ Greenhouse gas emissions & shipping. In: Seas at Risk. Archiviert vom am 29. März 2015; abgerufen am 1. April 2016.
- ↑ Erster Fischtrawler wird mit SkySails ausgerüstet. SkySails, 6. Oktober 2009, archiviert vom am 16. Oktober 2010; abgerufen am 1. April 2016.
- ↑ a b aus Eckhard Stengel: Flaute statt Höhenflug, DVZ, 18. März 2013 ( vom 7. Dezember 2013 im Webarchiv archive.today) (Google-Cache), abgerufen am 19. Dezember 2013
- ↑ WELT online: Eva Luise Köhler tauft die „Beluga SkySails“ vom 16. Dezember 2007, abgerufen am 26. April 2008
- ↑ Briese Schifffahrt: BBC Skysails ( vom 19. Dezember 2013 im Internet Archive)
- ↑ a b www.skysails.info: Jungfernreise des MS „Beluga SkySails“ erfolgreich beendet, Pressemitteilung SkySails, 14. März 2008, abgerufen am 4. Juli 2008
- ↑ Peter Hanuschke, Christian Eckardt: Airbus bringt Zugdrachen für Frachtschiffe auf den Markt. Weser-Kurier, 14. September 2018.
- ↑ Projekt WINTECC Abschlussbericht (Punkt 3.1) (PDF-Datei; 607 kB), abgerufen am 17. Januar 2012
- ↑ SkySails Leistungsberechnung. SkySails, archiviert vom am 16. August 2011; abgerufen am 1. April 2016.
- ↑ BBC Chartering, Main data/Fuel consumption ( des vom 19. Dezember 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF-Datei; 519 kB) - Geschwindigkeit und Treibstoffverbrauch, abgerufen am 5. Juni 2012
- ↑ SkySails ( des vom 15. Januar 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Das Unternehmen. Abgerufen am 18. Januar 2012
- ↑ Handelsregisterauszug von SkySails Power GmbH aus Hamburg (HRB 137677). Abgerufen am 10. Dezember 2021.
- ↑ Energiewende: Strom vom Winddrachen. Abgerufen am 10. Dezember 2021 (deutsch).
- ↑ a b Verbundprojekt: SkyPOWER100. Abgerufen am 21. Januar 2022 (deutsch).
- ↑ Alle Preisträger seit 2008. In: GreenTec Awards. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 26. Januar 2016; abgerufen am 1. April 2016.
- ↑ Skysails Pressemitteilung ( vom 30. Dezember 2013 im Internet Archive) über Red Herring Award