Kugelkoordinaten

räumliche Polarkoordinaten
(Weitergeleitet von Sphärisches Koordinatensystem)

Kugelkoordinaten oder räumliche Polarkoordinaten sind orthogonale Koordinaten, in denen ein Punkt im dreidimensionalen Raum durch seinen Abstand vom Ursprung und zwei Winkel angegeben wird.

Übliche Darstellung der Kugelkoordinaten mit Radius ρ, Zenitwinkel θ und Azimut φ.

Bei Punkten auf einer Kugeloberfläche (Sphäre) um den Koordinatenursprung ist der Abstand vom Kugelmittelpunkt konstant. Dann sind nur noch die beiden Winkel variabel, sie werden dann als sphärische Koordinaten oder Kugelflächenkoordinaten[1][2] bezeichnet.

Der Begriff „Kugelkoordinaten“ kann als Oberbegriff für den allgemeinen Fall und die sphärischen Koordinaten angesehen werden. Kugelkoordinaten sind wie Zylinderkoordinaten eine Verallgemeinerung der ebenen Polarkoordinaten auf den dreidimensionalen euklidischen Raum. Sie lassen sich auch weiter auf Räume beliebiger endlicher Dimension verallgemeinern.

Definitionen und Formeln

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Übliche Konvention

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Ein Kugelkoordinatensystem im dreidimensionalen euklidischen Raum wird festgelegt durch die Wahl

  • eines Zentrums   (Ursprung),
  • einer gerichteten Gerade durch das Zentrum (Polachse), die die Polrichtung (oder Zenitrichtung) angibt, und durch diese festgelegt die Äquatorebene, die orthogonal zur Polrichtung durch das Zentrum verläuft, und
  • einer Bezugsrichtung in der Äquatorebene.

Oft wird gleichzeitig ein kartesisches Koordinatensystem verwendet. Dann wird typischerweise der Ursprung des kartesischen Koordinatensystems als Zentrum gewählt, die z-Achse als Polachse (und damit die x-y-Ebene als Äquatorebene) und die x-Achse als Bezugsrichtung.

In der Version der Kugelkoordinaten, die in der Mathematik und in der Physik üblich ist, wird ein Punkt   durch die folgenden drei Koordinaten festgelegt:

  •   oder  , der Radius, ist der Abstand des Punktes   von  , hiermit wird die Kugeloberfläche festgelegt, auf der sich   befindet.
  •   oder  ,[3] der Polarwinkel oder Poldistanzwinkel,[4] ist der Vertikalwinkel zwischen der Polrichtung und der Strecke  , gezählt von   bis   (0° bis 180°), hierdurch wird der Ort des Punktes   auf eine Kreislinie der Kugeloberfläche festgelegt.
  •   oder  ,[3] der Azimutalwinkel,[4] ist der Horizontalwinkel zwischen der Bezugsrichtung und der Orthogonalprojektion der Strecke  , gezählt von   bis   (−180° bis 180°) oder von   bis   (0° bis 360°) gegen den Uhrzeigersinn. Hierdurch wird der Ort des Punktes   auf der Kreislinie eindeutig definiert.

Die nachfolgende Abbildung zeigt einen Punkt   mit den Kugelkoordinaten  . Die beiden Winkelgrößen   und   werden auch als Winkelkoordinaten bezeichnet.

Umrechnungen

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Kugelkoordinaten   eines Punktes   und kartesisches Koordinatensystem mit den Achsen  .

Jedem Koordinatentripel   wird ein Punkt im dreidimensionalen euklidischen Raum zugeordnet (Parametrisierung). Wählt man ein kartesisches Koordinatensystem wie oben, so kann die Zuordnung durch die folgenden Gleichungen beschrieben werden:

 

Bei diesen Gleichungen können für  ,   und   beliebige Zahlenwerte eingesetzt werden. Damit die Kugelkoordinaten eindeutig bestimmt sind, muss man den Wertebereich der Koordinaten einschränken. Üblicherweise wird der Radius   auf nichtnegative Werte beschränkt, der Winkel   auf das Intervall   bzw. [0, 180°] und der Winkel   entweder auf das Intervall   bzw. (−180°, 180°] oder das Intervall   bzw. [0, 360°). Auch dann gibt es ausgeartete Punkte, für die die Winkelkoordinaten nicht eindeutig sind. Für Punkte auf der z-Achse ist der Winkel   nicht festgelegt, also beliebig. Für den Ursprung ist auch   beliebig. Um Eindeutigkeit zu erreichen, kann man für diese Punkte   festlegen und für den Ursprung zusätzlich  .

Für die anderen Punkte lassen sich die Kugelkoordinaten   aus den kartesischen Koordinaten   durch die folgenden Gleichungen berechnen:[5]

 
 
 

Mit der arctan2-Funktion wird ein Winkel im Bogenmaß zwischen   und   berechnet. Es gilt:

 

Andere Konventionen

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Die obige Koordinatenwahl ist internationaler Konsens in der theoretischen Physik. Manchmal werden die Zeichen   und   aber im umgekehrten Sinne verwendet, insbesondere in der amerikanischen Literatur.

Der Zenitwinkel   ist nicht die geographische Breite, sondern lässt sich mit der Kobreite identifizieren. Die geographische Breite ist der Winkel zwischen der Äquatorialebene und dem Ortsvektor und nimmt Werte zwischen   und   an. Wird sie mit   bezeichnet, so ist  . Hingegen kann man das oben benutzte   ohne weiteres mit der geographischen Länge   östlich von Greenwich gleichsetzen (siehe geographische Koordinaten).

In der Darstellung mit dem Koordinatentripel   und mit

 
 
 

entspricht   der geographischen Breite.

Die Umrechnung der kartesischen Koordinaten eines Punktes   in die Winkelbestandteile erfolgt dann mit

 
 
 

Anwendungen

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Kugelkoordinaten werden oft bei der Untersuchung von Systemen verwendet, die rotationssymmetrisch bezüglich eines Punktes sind. Beispiele sind: Volumenintegrale über Kugeln, die Beschreibung und Untersuchung rotationssymmetrischer Kraftfelder, wie z. B. das Gravitationsfeld eines kugelförmigen Himmelskörpers, das elektrische Feld einer Punktladung oder einer geladenen Kugel (siehe Beispiele zum Oberflächenintegral). Die betrachteten Größen hängen dann nicht von den Winkelkoordinaten ab, was viele Formeln vereinfacht. Wichtige partielle Differentialgleichungen wie die Laplace-Gleichung oder die Helmholtzgleichung können in Kugelkoordinaten durch Separation der Variablen gelöst werden.

Koordinatenlinien und Koordinatenflächen

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Aus der Koordinatentransformation als Vektorgleichung mit dem Ortsvektor  

 

ergeben sich

  • die Koordinatenlinien, indem man jeweils zwei der drei Koordinaten   fest lässt und die dritte den Kurvenparameter darstellt
  • die Koordinatenflächen, indem man eine der drei Koordinaten   fest lässt und die beiden anderen die Fläche parametrisieren.

Für Kugelkoordinaten sind die Koordinatenlinien durch den Punkt  

  • für den Parameter   eine Halbgerade, die im Koordinatenursprung beginnt
  • für den Parameter   ein Halbkreis („Meridian“) mit dem Koordinatenursprung als Mittelpunkt und Radius  
  • für den Parameter   ein Kreis („Breitenkreis“) mit Radius   senkrecht zur z-Achse.

Als Koordinatenfläche durch den Punkt   ergibt sich

  • für konstanten Radius   eine Kugelfläche mit dem Koordinatenursprung als Mittelpunkt
  • für festen Winkel   eine Kegeloberfläche mit der Spitze im Ursprung und der Polachse als Kegelachse, die für   zu einer Ebene durch den „Äquator“ wird und für   zu einer Geraden durch den „Nordpol“ und für   zu einer Geraden durch den „Südpol“ entartet
  • für konstanten Wert von   eine Halbebene mit der Polachse als Rand.

Zwei unterschiedliche Koordinatenflächen durch einen Punkt schneiden sich in einer Koordinatenlinie. Koordinatenlinien und Koordinatenflächen dienen dazu, die lokalen Basisvektoren zu berechnen. In der Tensorrechnung unterscheidet man wegen ihres unterschiedlichen Verhaltens bei Koordinatentransformationen zwischen kovarianten und kontravarianten Basisvektoren:

  • die kovarianten Basisvektoren an einem Punkt sind jeweils tangential zu den Koordinatenlinien gerichtet
  • die kontravarianten Basisvektoren an einem Punkt stehen jeweils senkrecht auf den Koordinatenflächen.

Transformation von Differentialen

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Jacobi-Matrix

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Die lokalen Eigenschaften der Koordinatentransformation werden durch die Jacobi-Matrix beschrieben. Für die Transformation von Kugelkoordinaten in kartesische Koordinaten lautet diese

 

Die zugehörige Funktionaldeterminante lautet:

 

Man berechnet die Jacobi-Matrix der entgegengesetzten Transformation am einfachsten als Inverse von  :

 

Einige Komponenten dieser Matrix sind Brüche, an deren Nennern man die Uneindeutigkeit der Polarkoordinaten bei   und bei   (also   oder  ) erkennt. Weniger gebräuchlich ist die Darstellung in kartesischen Koordinaten:

 

Differentiale, Volumenelement, Flächenelement, Linienelement

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Die Jacobi-Matrix erlaubt es, die Umrechnung von Differentialen übersichtlich als lineare Abbildung zu schreiben:

 

beziehungsweise

 

Das Volumenelement   lässt sich besonders einfach mit Hilfe der Funktionaldeterminante

 

umrechnen:

 

Durch Differentiation   erhält man für das Flächenelement   auf einer Sphäre mit Radius  

 

Das Linienelement   errechnet man gemäß

 

Metrik und Rotationsmatrix

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Im Fehlen gemischter Glieder im Linienelement   spiegelt sich wider, dass der metrische Tensor

 

auch in Kugelkoordinaten keine Außerdiagonalelemente hat.

Der metrische Tensor ist offensichtlich das Quadrat der Diagonalmatrix

 

Mit Hilfe dieser Matrix lässt sich die Jacobi-Matrix als   schreiben, wobei   die Rotationsmatrix

 

ist.

Transformation von Vektorfeldern und -Operatoren

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Im Folgenden soll die Transformation von Vektoren und Differentialoperatoren exemplarisch dargestellt werden. Die Ergebnisse werden bevorzugt in kompakter Form unter Benutzung von Transformationsmatrizen geschrieben. Die allermeisten Aussagen und Formeln gelten nur für Punkte außerhalb der z-Achse, für die die Jacobi-Determinante ungleich null ist.

Transformation der Vektorraumbasis

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Kugelkoordinaten mit zugehöriger vom Ort abhängigen Orthogonalbasis  

Der Basisvektor   zur Koordinate   gibt an, in welche Richtung sich ein Punkt   bewegt, wenn die Koordinate   um einen infinitesimalen Betrag   verändert wird:

 

Daraus erhält man

 

Um eine orthonormale Basis zu erhalten, muss   noch auf die Länge   normiert werden:

 

Auf gleiche Weise erhält man die Basisvektoren   und  :

 
 

Als Spaltenvektoren geschrieben:

 

Diese Basisvektoren bilden in der Reihenfolge   ein Rechtssystem.

Die zugehörigen Richtungen werden auch radial, meridional und azimutal genannt. Diese Begriffe spielen nicht nur in der Astronomie und den Geowissenschaften (z. B. Geographie, Geologie oder Geophysik) eine zentrale Rolle, sondern auch in Mathematik, Physik und verschiedenen Ingenieurwissenschaften, etwa bei der Ausstrahlung von elektromagnetischen Wellen („Hertzscher Dipol“) durch eine in z-Richtung aufgespannte Antenne, wo die Ausstrahlung in radialer Richtung erfolgt, während elektrisches bzw. magnetisches Feld in meridionaler bzw. azimutaler Richtung schwingen.

Mithilfe der oben eingeführten Rotationsmatrix   lassen sich die Transformationen auch kompakt darstellen:

  .

In die Gegenrichtung lauten die Gleichungen dann:

 

Dabei wird verwendet, dass   orthogonal ist und deshalb  .

Transformation eines Vektorfeldes

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Ein Vektor, als ein geometrisches Objekt, muss vom Koordinatensystem unabhängig sein:

 

Diese Bedingung wird erfüllt durch

    beziehungsweise    

Transformation der partiellen Ableitungen

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Die partiellen Ableitungen transformieren sich wie die Basisvektoren, aber ohne Normierung. Man kann genau wie oben rechnen, nur lässt man den Punkt   im Zähler weg (tatsächlich werden in der modernen Formulierung der Differentialgeometrie die Koordinatenbasisvektoren des Tangentialraums und die partiellen Ableitungen gleichgesetzt) und verwendet die Jacobi-Matrix   anstelle der Rotationsmatrix  . Die Transformation lautet also:

 

und in die Gegenrichtung

 

Transformation des Nabla-Operators

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Der Nabla-Operator   hat nur in kartesischen Koordinaten die einfache Form

 

Sowohl die partiellen Ableitungen als auch die Einheitsvektoren muss man in der oben hergeleiteten Weise transformieren. Man findet:

 

In dieser Form kann der transformierte Nabla-Operator unmittelbar angewandt werden, um den Gradienten eines in Kugelkoordinaten gegebenen Skalarfeldes zu berechnen.

Um die Divergenz eines in Kugelkoordinaten gegebenen Vektorfeldes A zu berechnen, ist hingegen zu berücksichtigen, dass   nicht nur auf die Koeffizienten   wirkt, sondern auch auf die in A implizit enthaltenen Basisvektoren  

 

Um die Rotation eines in Kugelkoordinaten gegebenen Vektorfeldes A zu berechnen, ist dasselbe zu berücksichtigen:

 

Transformation des Laplace-Operators

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Wenn man in der Divergenzformel als Vektorfeld A den Gradientenoperator   einsetzt, findet man den Laplace-Operator

 

bzw.

 

Verallgemeinerung auf n-dimensionale Kugelkoordinaten

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Eine Verallgemeinerung der Kugelkoordinaten auf   Dimensionen:

 

Die Winkel entwickeln sich nach:

 

Durch Umnummerierung erhält man eine Rekursionsformel für die Winkel:

 

Woraus sich die folgenden Winkel ergeben:

 

mit   und

 

Der Radius ist:

 

Eine Fallunterscheidung liefert mittels Arkustangens den passenden Winkel zur gegebenen kartesischen Koordinate, wobei  :

 

Dabei fällt auf, dass   immer ein zweidimensionaler Vektor ist für  .

Jacobi-Matrix

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Die Jacobi-Matrix der Kugelkoordinaten lautet bezüglich der als oberes gegebenen Nummerierung:

 

Ihre Determinante beträgt:

 

Das Integral über den Betrag dieser Determinante lässt sich mit der Gammafunktion   angeben.

 

Dies entspricht dem Kugelvolumen einer  -dimensionalen Hyperkugel:

 

Beispiele

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2D:

 

3D:

 

4D:

 

Beispiel

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Zuordnung am Beispiel   mit den geläufigen Koordinatenachsen  :

 

Die Winkel sind dann:

 

Literatur

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  • W. Werner: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik. Band 1. Springer Vieweg, ISBN 978-3-658-25271-7.
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Einzelnachweise

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  1. Richard Doerfling: Mathematik für Ingenieure und Techniker. Oldenbourg Verlag, Seite 169.
  2. F. W. Schäfke: Einführung in die Theorie der speziellen Funktionen der mathematischen Physik. Springer, 1963, ISBN 978-3-642-94867-1, Seite 129.
  3. a b Lothar Papula: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. Band 3: Vektoranalysis, Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik, Fehler- und Ausgleichsrechnung. 4. verbesserte Auflage. Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2001, ISBN 3-528-34937-9.
  4. a b Zylinder- und Kugelkoordinaten. (Memento vom 17. Dezember 2012 im Internet Archive). (PDF; 59 kB). Skript an der TU München.
  5. Kugelkoordinaten. Mathematik-Online-Lexikon der Universität Stuttgart.