Sankt-Peters-Abtei

Kloster in Belgien
(Weitergeleitet von St. Pietersabdij)

Die Sankt-Peters-Abtei (ndl. Sint-Pietersabdij) ist eine ehemalige Benediktinerabtei in Gent, der Hauptstadt der Provinz Ostflandern im Königreich Belgien. Das Kloster liegt an einem alten Scheldearm auf dem Blandinberg oder Blandinenberg (ndl.: Blandijnberg), einem Hügel, der mit 28 m der höchste Punkt von Gent ist.

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Wappen

Geschichte

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Neu angelegter Weingarten vor der Sint-Pieterskerk auf dem Blandinberg
 
Kloster und Kirche auf dem Pietersplein (Petersplatz)

Auf einem Hügel namens Blandinium gründete der Mönch Amandus im 7. Jahrhundert zur Regierungszeit des fränkischen Königs Dagobert ein Kloster, aus dem später die Benediktinerabtei von Sankt Peter (lateinisch: S. Petri Blandiniensis coenobium) hervorging. Im Laufe der Jahre konnte das Kloster durch allerlei Schenkungen seinen Besitz mehren.[1] Karl der Große soll das Kloster Blandinium kurz vor seinem Tod noch wieder herrichten lassen haben.[2] Karls Sekretär und Architekt Einhard wurde von dem Sohn und Nachfolger Ludwig dem Frommen dort zum Laienabt ernannt.[3] Schon im Jahre 815 soll dort am Südhang des Blandinbergs Wein angebaut worden sein.

Um 870 erwarb Baldwinus Ferreus (Balduin mit dem Eisenarm), erster Graf von Flandern (837/40–879) das Kloster. Sein Sohn, Baldwin der Kahle (879–918), zweiter Graf von Flandern, ist der Klosterchronik zufolge auf dem Hügel gestorben und ebenfalls dort begraben. Wie alle Klöster in Flandern hatte auch St. Peter unter den Wikingerraubzügen zu leiden. Um 960 ließ Graf Arnulf der Große das Kloster aufwändig wiederherstellen und wurde kurz darauf (964) ebenfalls hier zur letzten Ruhe gebettet.

Über das Mittelalter sollen hier insgesamt fünf flandrische Grafen begraben worden sein, weshalb der Ort in der Geschichte Flanderns eine besondere Bedeutung hat. Wegen seiner Bedeutung entstand um das Kloster herum ein regelrechtes Klosterdorf (Sint-Pietersdorp). Während der Reformationszeit erfasste der Bildersturm dann das Kloster.

Nach dem Einmarsch französischer Truppen wurde das Kloster im Jahr 1796 aufgelöst. Den Anbau von weißen Weintrauben, der am Südhang des Hügels, hinunter zur Schelde, betrieben wurde, ließ Napoleon verbieten, wohl um die französischen Weinbauern vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen. Die Mönche kehrten nach dem Ende der Besatzung nicht zurück. Die Klosterkirche wurde von nun an durch die benachbarte Kirchengemeinde genutzt, da deren Kirche Onze-Lieve-Vrouw 1799 abgebrochen worden war. Die ehemalige Klosterkirche trägt deshalb seitdem die Doppelbezeichnung Onze-Lieve-Vrouw-Sint-Pieterskerk. Das Klostergebäude selbst diente weltlichen Zwecken. Die Abtei wird heute als Museum und Ausstellungsraum verwendet, und am sonnenbeschienenen Südhang sind wieder Weinstöcke zu sehen.

Am Zusammenfluss von Schelde und Leie, nicht weit vom ersten Kloster entfernt, gründete Amandus ein weiteres Kloster mit Namen „Ganda“ (heute die Abtei des Heiligen Bavo: Sint-Baafsabdij).[4] Aldawin oder auch Allowin von Haspengau, angeblich ein Sohn des Pippin von Landen und danach Bruder von Begga und Gertrudis, trat in das erste Kloster von Amandus ein und nahm den Namen Bavo an. Nach seinem Tod wurden seine Überreste ins zweite Kloster gebracht, das seit dem 9. Jahrhundert seinen Namen trägt.

Baugeschichte

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Die Kuppel der Kirche

Die karolingischen Bauten wurden im 12. bis 13. Jahrhundert weitgehend durch solche im romanischen Stil ersetzt. Zwischen 1629 und 1651 wurde dann eine Kirche im Barockstil aus Sandstein errichtet, und weitere Umbauten im 18. Jahrhundert geben der Anlage schließlich ihr heutiges Gesicht. Anfang November 1796 wurden die letzten Mönche vertrieben und die Klostergebäude in eine Kaserne verwandelt. Später dienten die Gebäude als Gefängnis, welches erst 1948 aufgelöst wurde. Heute wird das ehemalige Kloster, wie bereits erwähnt, als Raum für Ausstellungen verwendet.

 
Urkunde Ludwigs des Frommen aus den Zeitraum 814 bis 819, worin er dem „monasterium Ganda“ auf Wunsch Einhards Immunität gewährt.[3]

Catalogus Abbatum

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Die catlog von ab1te dieser abtei hat monche von adliger familien.[5]

618–1000

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Periode Name
I 618–636 S. Flobertus
II 636–658 S. Ioannis
III 1658–731 Baudemundus
IV 731- Ferrecus
V Hatta
VI Coelestinus
VII Scoranus
VIII Folradus
IX –870 Aynardus
X 870–937 Robertus
XI 937–953 Gerardus I
XII 953–982 Womarus
XIII 982–986 wido Sapiens
XIV 986–995 S. Odwinus
XV 995–1005 Rotbaldus

1028–1209

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Periode Name
XVI 1028- Richardus
XVII 1034–1059 Wyckhardus
XVIII 1059–1070 Everelmus
XIX 1070–1088 Folcardus
XX 1088–1108 Segherius I
XXI 1108–1115 Ansboldus
XXII 1115–1115 Eremboldus I
XXIII 115–1132 Arnoldus I
XXIV 1132–1138 Ghysbertus
XXV 1138–1158 Seghereius II
XXVI 1158–1163 Ememboldus II
XXVII 1163–1177 Gualtherinus
XXVIII 1177–1190 Hugo
XXIX 1190–1201 Gerardus
XXX 1201–1209 Hugo II

1209–1390

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Periode Name
XXXI 1201–1209 Hugo III
XXXII 1209–1230 Arnoldus II
XXXIII 1230–1234 Theodoricus
XXXIV 1234–1238 Segherius III
XXXVI Robertvs II vande Velde
XXXV Arnoldus III
XXXVII Robertvs III Campinus
XXXVIII Joannes de Scalda
XXXIX Aegidius Spelmaeghen
XL Theodoricvs II ab Yprae
XLI 1281–1308 Ioannes III Pacificator
XLII 1308– Balduinis de Laecke
XLIII 1317– Fulcro de Rycke
XLIV 1337– Joannes IV ab Pitthem
XLV 1375– Balduinis de Gruutere
XLVI 1384– Ioannes V de Rycke
XLVII 1387- Gerardvs III de Munter

1390–1517

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Periode Name
XLVIII 1390–1412 Geeraert IV de Leeuwenaert
XLIX 1412–1422 Ioannes VI de Maeyeghem
L 1422–1443 Busschardvs de Munter
LI 1443–1475 Ioannes VII Haesebyt
LII 1475–1494 Filips I von Polignac
LIII 1494–1517 Filips II Courault

1517–1700

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Ghisleen Temmerman, abt OSB
Periode Name
LIV 1494–1517 Ioannes VIII von Cauweburcht
LV 1517–1555 Geeraert Cuelsbrouck
LVI 1555–1569 Franciscus de Schelfaut
LVII 1569–1582 Ghislenus de Temmerman
LVIII 1582–1595 Lambertus Huberti
LIX 1595–1597 Frederik van Eyne
LX 1597–1615 Colombanus Vrancx
LXI 1615–1633 Joachim Arsenius Schaecx
LXI 1633–1650 Geeraert Rym
LXII 1650–1656 Antonius Engrand
LXIII 1656–1680 Amandus Hovelincx
LXIV 1680–1684 Robertus IV Willocqueau
LXV 1684–1712 Maurus Verschueren
 
Grab Martinus Gheerts
 
Grab Filips Standaert, OSB
Periode Name
LXVI 1716–1719 Aemilianus Cruycke
LXVII 1720–1760 Antonius Mutsaert
1730–1760 Filips Standaert
1760–1791 Gudwalus Seigers
1791– Martinus vande Velde

Handschriften

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Seite aus dem Codex Blandiniensis

In der Schreibstube des Klosters sind im Laufe des Mittelalters verschiedene Handschriften und Urkunden entstanden, wie:

  • die Annales S. Petri Blandiniensis, die Informationen über die Zeit von 570 bis 1292, insbesondere hinsichtlich der Geschichte Flanderns sowie der flandrischen Grafen im Mittelalter liefern. (Siehe: Quellen)
  • der Codex Blandiniensis, eine der ältesten Handschriften mit den Texten der Messgesänge, entstanden im 8. bis 9. Jh., heute in der Königlichen Bibliothek zu Brüssel befindlich.
  • der Liber traditionum sancti Petri Blandiniensis (Het boek der schenkingen aan de St.-Pietersabdij/ Oorkondenboek der stad Gent), Urkunden- und Dokumentsammlung des Klosters St. Peter.[6][7]
  • die Vita Sancti Amandi, ein Text über das Leben des Klostergründers aus dem 8. Jahrhundert, die einem Baudemundus als Verfasser zugeschrieben wird. Es dürfte sich dabei wohl um den zweiten Abt der St. Petersabtei handeln. Eine der überlieferten Handschriften dieses Textes wird heute in der Bibliothek der Universität Gent aufbewahrt.

Herausgaben

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  • Annales S. Petri Blandinienses. In: MGH Scriptores 5: Annales, chronica et historiae aevi Carolini et Saxonici. VII. Annales Blandinienses a. 1 – 1292, ed. Ludw. Bethmann, S. 20–34 (lateinisch).
  • Fundatio Blandiniensis coenobii [a. 941, Gent]. In: M. Gysseling, A. C. F. Koch: Het „fragment“ van het tiende-eeuwse Liber traditionum van de Sint-Pietersabdij te Gent. In: Bulletin de la Commission royale d’Histoire. Band 113. Paleis der Academiën, Gent 1948, S. 253–312 (Hier S. 272–299, persee.fr) (= Diplomatica Belgica. Nr. 49, S. 123–138).
  • Liber traditionum Sancti Petri Blandiniensis. Hrsg. v. A. Fayen. Gent 1906. (lateinischer Text der Urkunden)
  • B. Krusch: Vita sancti amandi. In: Monumenta Germaniae Historica Scriptores (rerum merov.) Teil V, Hannover (lateinisch).

Sonstiges

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Dunstan, Erzbischof von Canterbury verbrachte sein Exil im Kloster St. Peter in Gent, bevor er 957 nach England zurückkehrte. Die Briefe des Wido Blandiniensis und eine Uita Dunstani Cantuarensis, von Adalardus Blandiniensis verfasst, sind erhalten.

Literatur

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  • Otto Oppermann: Die älteren Urkunden des Klosters Blandinium und die Anfänge der Stadt Gent. 2 Bände. Utrecht 1928.
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Commons: Sankt-Peters-Abtei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Viele Orte sind hier so erstmals erwähnt, wie z. B. Merendree als villa Merendra bei einer Schenkung an das Kloster St. Peter für das Jahr 722 unter Abt Baudemundus, gemacht von einem Wendelfridus: Annales Blandinienes. MGH 872, p.22
  2. Karl der Große besuchte den ANNALES REGNI FRANCORUM für das Jahr 811 zufolge zuerst den Küstenort Bononia (Boulogne) im damaligen äußersten Westen Flanderns, besichtigte dort die von ihm zuvor gewünschte und daher neuerbaute Schiffsflotte, ließ dort den alten Leuchtturm wieder instand setzen und begab sich anschließend in den Osten Flanderns an die Schelde, wo er in Ganda (Gent) den Bau der Schiffe für ebendiese Flotte begutachtete. Danach kehrte er Mitte November nach Aquae (Aachen) zurück. (Originaltext in den Annalen: „Ipse autem interea propter classem quam anno superiore fieri imperavit videndam, ad Bononiam, civitatem maritimam, ubi eaedem naves congregatae erant, accessit, farumque ibi ad navigantium cursus dirigendos antiquitus constitutam restauravit, et in summitate eius nocturnum ignem accendit. Inde ad Scaldim fluvium veniens, in loco qui Ganda vocatur, naves ad eandem classem aedificatas aspexit, et circa medium Novembrium Aquas venit.“) Es ist sehr wahrscheinlich, dass er bei dieser Gelegenheit auch die beiden Klöster in Gent besuchte und sich über deren Zustand informierte.
  3. a b Eine Schwierigkeit in der Geschichte der beiden Klöster in Gent besteht darin, dass sich zuweilen nicht entscheiden lässt, welches der Klöster gemeint ist. So werden in der Urkunde Ludwigs sowohl der Name Sankt Peter als auch Sankt Bavo genannt. Das lässt die Annahme zu, das beide Klöster zeitweise gemeinsam verwaltet wurden. Auszug aus der Urkunde Ludwigs des Frommen (heute im Besitz des Genter Stadtbibliothek): «quia uir uenerabilis einhardus abba ex monasterio quod dicitur ganda quod est situm in pago bracbantinse constructum in honore sti petri principis apostolorum ubi etiam […]s bauo confessor xpi corpore requiescit»
  4. Einhard beschreibt die Lage des Klosters am Zusammenfluss von Schelde und Leie in einer seiner Schriften über zwei Heilige (Translatio et Miracula sci Marcellini et Petri): „… de monasterio Sancti Bavonis quod situm est iuxta Scaldim in loco Ganda vocato, ubi idem amnis Legiae flumini coniungitur“ (Ü.: … vom Sankt-Bavo-Kloster, das an der Schelde gelegen ist, an einem Ort Ganda genannt, dort wo ebendieser Fluss mit dem Fluss Leie zusammengeht).
  5. L'Abbaye de Saint Pierre à Gand.-Edmond de BUSSCHER 1867 – PAg. 130
  6. Informationen zum Liber Traditionum: kemble.asnc.cam.ac.uk (Memento des Originals vom 15. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kemble.asnc.cam.ac.uk (englisch).
  7. Aus dem Liber traditionum: Schenkung des Gerard von Oudenaarde von Land in Oosterzele an das Kloster St. Peter in Gent (lateinisch).

Koordinaten: 51° 2′ 33″ N, 3° 43′ 38″ O