Jerusalemer Altstadt

Stadtviertel von Jerusalem
(Weitergeleitet von Stadtmauer von Jerusalem)

Die Altstadt von Jerusalem (arabisch البلدة القديمة al-Balda al-Qadīma; hebräisch הָעִיר הָעַתִּיקָה HaʿĪr haʿAttīqah; armenisch Երուսաղեմի հին քաղաք Yerusaghemi hin k'aghak') erstreckt sich auf einer Fläche von knapp 1 km². Sie ist definiert als das Areal, das von der Stadtmauer Süleymans des Prächtigen aus dem 16. Jahrhundert umschlossen wird. Außerhalb dieser Mauern befinden sich zwei Gebiete, die historisch zur Stadt Jerusalem gehören: der Berg Zion im Südwesten, an dem die Traditionen des Davidsgrabs (jüdisch) und des Abendmahlssaals (christlich) haften, und die sogenannte Davidsstadt im Südosten, ein Felssporn, auf dem sich das Urusalim oder Uruschalimum der mittleren Bronzezeit,[1] beziehungsweise das Jerusalem der Eisenzeit befand. Die durch die Mauern Süleymans definierte Altstadt ist also gegenüber früheren Perioden der Stadtgeschichte ein Stück nordwärts versetzt.

Altstadt und Stadtmauern von Jerusalem
UNESCO-Welterbe


Typ: Kultur
Kriterien: (ii)(iii)(vi)
Referenz-Nr.: 148rev

UNESCO-Region: Asien und Pazifik
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung: 1981  (Sitzung 1. außerord.)

Gefährdung: seit 1982

Geschichte

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Zwar hatte das antike Jerusalem unter Herodes Agrippa I. seine maximale Ausdehnung erreicht und umschloss im Norden wie im Süden Gebiete, die außerhalb der heutigen Altstadt lagen (siehe: Holyland-Modell der Stadt Jerusalem), doch bedeutete die Zerstörung der Stadt im Jahr 70 n. Chr. eine Zäsur in der Stadtentwicklung. Einzig das Tempelareal blieb durch seine mächtigen Umfassungsmauern eindeutig definiert.

Die (nicht ummauerte) Neugründung Kaiser Hadrians, Aelia Capitolina, nimmt ungefähr den Raum ein, der später durch die Altstadtmauern begrenzt wurde: Die Zivilstadt befand sich im Norden auf dem Areal des christlichen und muslimischen Viertels, das Standlager der Legio Decima Fretensis im Süden, im Bereich des Armenischen und des Jüdischen Viertels.[2] Von jetzt an ging die Entwicklung der Stadtgrenzen und der wichtigsten Straßen kontinuierlich weiter, so dass sie sich mit dem heutigen Stadtplan in Verbindung bringen lassen. Beispiele:

Das byzantinische Jerusalem hatte im Norden, Westen und Osten bereits den heutigen Stadtmauerverlauf, schloss aber im Süden die Davidsstadt und den Zion mit ein, so dass ein Stadtareal von etwa 120 ha entstand (Mauer der Kaiserin Eudokia, 443–460).[3]

In frühislamischer Zeit wurde dann die Südgrenze der Stadt auf der heutigen Linie gezogen, doch war der Zionsberg unter den Ajjubiden mit Mauer und Turm umfasst.[3] Als Al-Muʿazzam 1219 die Stadtmauern von Jerusalem niederlegen ließ, wanderte die nun schutzlose Bevölkerung zu einem großen Teil ab. So bedeutete es eine Wende in der Stadtentwicklung, als Süleyman der Prächtige durch den Architekten Sinan Pascha und auf den Resten der früheren Stadtbefestigung eine repräsentative Mauer um Jerusalem bauen ließ.[3]

Folgende Faktoren führten im 19. Jahrhundert zu einem Wachstum Jerusalems zur Großstadt:

  • Einwanderung von Juden aus der Diaspora (wobei Jerusalem bevorzugt von religiösen Einwanderern als Ziel gewählt wurde);
  • Erwerb großer Flächen durch christliche Organisationen;
  • Bevölkerungswachstum der einheimischen Palästinenser.[3]

Die ummauerte Altstadt war nur mehr ein kleiner Teil dieses neuen Jerusalem, „an dessen Mauern sich im Norden und Westen direkt slumartige Wohnquartiere anschlossen.“[3]

Die Großmächte des 19. Jahrhunderts richteten sich in der Altstadt von Jerusalem eine sichtbare Präsenz ein. Den Anfang machten die Briten mit dem Bau der Christuskirche (1843). „Jede Nation wollte Jerusalem in ihrem Sinne prägen und eigene architektonische Akzente setzen.“[4]

Hussein al-Husseini, der Bürgermeister, übergab die Stadt am 9. Dezember 1917 kampflos an die britische Armee,[5] so dass General Edmund Allenby am 11. Dezember in Jerusalem einziehen konnte. 1920 wurde das britische Völkerbundsmandat für Palästina errichtet, das auch Jerusalem umfasste. In dieser Zeit kam es wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Juden und Muslimen. Als 1948 der israelische Unabhängigkeitskrieg ausbrach, war die Altstadt heftig umkämpft. Sie wurde in der Folge von Jordanien besetzt und 1950 annektiert. Für die nächsten 19 Jahre gehörte die Altstadt zum jordanisch kontrollierten Ostjerusalem. Während dieser Zeit war die Altstadt nach Westen hin abgeriegelt, die westlichen Altstadttore wurden vermauert. Sie verfiel in den folgenden Jahren zusehends, insbesondere das Jüdische Viertel.

1967 während des Sechstagekriegs eroberten israelische Truppen die Altstadt, und die Jerusalemer Stadtverwaltung wurde auf Ostjerusalem mit der darin liegenden Altstadt ausgeweitet. Die Stadtverwaltung hat seither im gesamten Altstadtgebiet viele Gebäude saniert oder neu aufgebaut. Die Anbauten an die Stadtmauer wurden abgerissen, ein Ring von Parkanlagen um die Altstadt ist mittlerweile weitgehend realisiert.[6] Die Wohnsituation in Ostjerusalem wird dadurch erschwert, dass es aufwendig und teuer ist, Baugenehmigungen zu erhalten, die jedes Jahr erneuert werden müssen; in der Folge wird oft illegal und unkontrolliert gebaut.[7]

 
Eine Gasse in der Jerusalemer Altstadt mit ihren charakteristischen Märkten.

Im Jerusalemgesetz von 1980 wurde die gesamte Stadt als Einheit und „unteilbare Hauptstadt Israels“ definiert.

Weltkulturerbe

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Die Jerusalemer Altstadt wurde von Jordanien für die Aufnahme in das UNESCO-Welterbe vorgeschlagen. Auf seiner vierten Sitzung beschloss das Welterbekomitee 1980, den Vorschlag zu prüfen.[8] Nachdem der Vorschlag vom Internationalen Rat für Denkmalpflege befürwortet worden war, beantragte die israelische Regierung, dass ein Repräsentant Israels zu den Beratungen eingeladen würde. Auf Antrag von 17 seiner 20 Mitglieder trat das Welterbekomitee im September 1981 in Paris zu seiner ersten außerordentlichen Sitzung zusammen. Zu Beginn der Sitzung beantragte der Delegierte der USA, Israel als dem Staat, der für die Verwaltung Jerusalems zuständig sei und der die de facto Kontrolle über die Altstadt von Jerusalem ausübe, ein Rederecht einzuräumen. Dieser Antrag wurde jedoch mit der Begründung abgewiesen, dass ein Repräsentant Israels nicht zur Sitzung eingeladen werden könne, da Israel kein Vertragsstaat der Welterbekonvention sei.[9] Israel nahm die Welterbekonvention erst 1999 an.[10]

Nachdem der jordanische Delegierte den Vorschlag in der Sitzung vorgestellt hatte, wurde in der anschließenden Diskussion die weitverbreitete Zustimmung dazu deutlich, ein so herausragendes Kulturgut wie die Altstadt von Jerusalem in die Welterbeliste aufzunehmen. Jedoch wurden auch Bedenken geäußert, inwieweit Jordanien die rechtlichen Voraussetzungen erfülle, einen derartigen Vorschlag vorzulegen. In namentlicher Abstimmung wurde schließlich mit 14 Für- und einer Gegenstimme sowie fünf Enthaltungen beschlossen, die Stätte unter der Bezeichnung Altstadt und Stadtmauern von Jerusalem[11] als Weltkulturerbestätte in die Welterbeliste aufzunehmen.[9] Die Eintragung erfolgte aufgrund der Kriterien (ii), (iii) und (vi).[12] Die Vertreter von 9 Vertragsstaaten gaben Erklärungen zu ihrer zustimmenden oder ablehnenden Stimme bzw. Enthaltung zu Protokoll, in denen betont wird, dass diese Entscheidung keinerlei Implikation über die Zugehörigkeit Jerusalems zu einem bestimmten Staat beinhalte.[13]

Die Welterbestätte ist keinem Staat zugeordnet, sondern separat unter „Jerusalem (auf Vorschlag von Jordanien)“ in die Welterbeliste eingetragen.[12] Auf Grund der besonderen politischen Situation und des unklaren politischen Status von Jerusalem wurde die Stätte 1982, wiederum auf Vorschlag von Jordanien, auf die Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt.[14]

Das Welterbekomitee sieht es als seine besondere Aufgabe an, die Entwicklung der Altstadt und den Erhalt ihrer Denkmäler zu überwachen und zu unterstützen. Zuletzt musste es 2007 vermittelnd in den Streit um die Rekonstruktion einer Rampe einschreiten, die neben der Klagemauer am Dungtor in die Altstadt führt. Diese war Ende 2004 nach heftigen Regenfällen beschädigt worden. Die von der israelischen Stadtverwaltung durchgeführten Grabungen zur Untersuchung des Baugrunds für die Reparatur führten zu scharfen Protesten der arabischen Waqf, die die alleinige Autorität für die Verwaltung der Altstadt beansprucht.

Der Tempelberg

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Tempelberg von Süden

Der Tempelberg mit der al-Aqsa-Moschee und dem Felsendom dominiert die Altstadt von Jerusalem. Hier befand sich das zentrale Heiligtum des Judentums und befindet sich gegenwärtig eines der wichtigsten Heiligtümer des Islam. Nach der Eroberung durch israelische Streitkräfte im Sechstagekrieg 1967 wurde der Tempelberg der autonomen Verwaltung des Waqf übergeben.

Der Tempelberg wird als zur Altstadt gehörend betrachtet, da die Stadtmauer an die östliche und südliche Stützmauer des Tempelbergs anschließt, und der Tempelberg nur von innerhalb der Altstadtmauern betreten werden kann. Gesondert betrachtet und genannt wird er, da er unbewohnt ist und keinem der Altstadtviertel zugeordnet ist.

Die einzelnen Viertel

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Die Viertel der Jerusalemer Altstadt mit der Stadtmauer und ihren Toren

Die Aufteilung der bewohnten Altstadt in vier Viertel bildete sich im 19. Jahrhundert heraus, vereinfachte aber die komplexere Realität. Das soll am Beispiel zweier Quellen des Jahres 1856 gezeigt werden:[15]

Barclay Van de Velde
Jüdisches Stadtviertel (mit einem besonderen Wohngebiet der Peruschim) Jüdisches Viertel mit drei Nachbarschaften
Muslimisches Stadtviertel, aufgeteilt in die Wohngebiete der Türken, Araber und Maghrebiner Muslimisches Stadtviertel mit sieben Nachbarschaften
Christliches Stadtviertel, aufgeteilt in Quartiere für Armenier, Lateiner und Griechen Christliches Stadtviertel mit zwölf Nachbarschaften
Armenisches Stadtviertel mit drei Nachbarschaften (einer Quelle von 1876 zufolge bestand eine der Nachbarschaften des Viertels aus Syrern und eine aus Juden)

Die Grenzen zwischen den Vierteln waren fast überall Märkte, das heißt, Zonen, wo die Bewohner benachbarter Viertel sich begegneten.[16] Plätze, oft neben einem wichtigen religiösen Gebäude, waren zentral für die Struktur eines Stadtviertels, von hier gingen die Gassen maändernd in alle Richtungen aus, oft in Sackgassen endend.[17] Dieses Gassengewirr hatte sich über das rechtwinklige Straßennetz der spätantiken und byzantinischen Stadt gelegt, das gleichwohl erkennbar blieb. Während im Christlichen und Armenischen Viertel europäische Dachkonstruktionen vorherrschten, sah man im jüdischen und muslimischen Viertel meist die orientalischen Kuppeldächer.[18]

Muslimisches Viertel

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Mit etwa 30 Hektar Fläche ist das Muslimische Viertel das größte und auch am dichtesten bevölkerte der Altstadt. Begrenzt wird es im Norden und Osten durch die Stadtmauer, im Süden durch die Straße Tariq Bab as-Silsila und im Westen durch den Suq Chan ez-Zeit.

Besondere Bauwerke:

Name Baujahr Trägerschaft Foto
St.-Anna-Kirche 12. Jahrhundert Frankreich (französisches Generalkonsulat)  
Konkathedrale vom Allerheiligsten Namen Jesu 1872 Kustodie des Heiligen Landes  
Geißelungskapelle 1929 Kustodie des Heiligen Landes  
Verurteilungskapelle 1903 Kustodie des Heiligen Landes  
Kapelle des Simon von Kyrene 1895 Kustodie des Heiligen Landes  
Kirche der Schmerzen Mariae 1881 mit Bausubstanz des 12. Jahrhunderts Armenisches Patriarchat von Jerusalem  
Ecce-Homo-Basilika und Kloster Notre Dame de Sion 1864  
Ecce-Homo-Bogen um 135 n. Chr.  
Österreichisches Hospiz mit Kirche der Heiligen Familie 1863 Österreichische Gesellschaft vom Heiligen Land  

Christliches Viertel

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Mit 19 Hektar deutlich kleiner als das Muslimische Viertel findet sich das Christliche Viertel im Nordwesten der Stadt und wird nach Süden hin durch die David Street vom Armenischen Viertel abgegrenzt. Im Westen des Viertels gab es seit dem 19. Jahrhundert ein Areal mit repräsentativen europäischen Gebäuden, zweitens das Gebiet um die Grabeskirche, das durch den Pilgerbetrieb geprägt war, und ein reines Wohngebiet im Nordosten.[19]

Besondere Bauwerke:

Name Baujahr Trägerschaft Foto
Grabeskirche älteste Teile 4. Jahrhundert; 12. Jahrhundert, spätere Umbauten Sonderstatus: Griechisches Patriarchat, Kustodie des Heiligen Landes, Armenisches Patriarchat  
Erlöserkirche 1893–1898 Evangelische Jerusalemstiftung (EKD)  
Christuskirche 1849 Church’s Ministry among Jewish People (Missionsgesellschaft der Church of England)  
Salvatorkirche 1885 Kustodie des Heiligen Landes  
Verkündigungskathedrale Melkitisches Patriarchat von Antiochia  
Johanneskirche 12. Jahrhundert Griechisches Patriarchat  
Muristan um 1900 Griechisches Patriarchat (als Grundeigentümer)  
Davidszitadelle 16. Jahrhundert mit antiker Bausubstanz (Davidsturm) Jerusalem Foundation  
Al-Yaqoubi-Moschee 12. Jahrhundert Großmufti von Jerusalem  
Al-Khanqah-al-Salahiyya-Moschee 12. Jahrhundert Großmufti von Jerusalem  
Omar-Moschee 12. Jahrhundert Großmufti von Jerusalem  

Armenisches Viertel

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Das Armenische Viertel im Südwesten der Altstadt ist das unscheinbarste und touristisch am wenigsten erschlossene Viertel. Der alte römische Cardo maximus bildet die Trennlinie zum östlich angrenzenden Jüdischen Viertel.

Besondere Bauwerke:

Name Baujahr Trägerschaft Foto
St.-Jakobus-Kathedrale 12. Jahrhundert Armenisches Patriarchat von Jerusalem  
Kirche der heiligen Erzengel 12. Jahrhundert Armenisches Patriarchat von Jerusalem
Kirche des heiligen Toros Armenisches Patriarchat von Jerusalem
Markuskirche mit Markuskloster 12. Jahrhundert, mehrfach umgebaut Jerusalemer Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche  
Or-haChaim-Synagoge 18. Jahrhundert Aschkenasisches Oberrabbinat  

Jüdisches Viertel

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Die meisten Bauten im Jüdischen Viertel sind nach 1967 neu entstanden. Sie waren nicht als Wiederherstellung des früheren Zustands gemeint, sondern als selektive Rekonstruktion, mit der Absicht, ein „mythisches, antikes, jüdisches Jerusalem“ zu erschaffen.[20] Das Jüdische Viertel sah nämlich am Anfang des 20. Jahrhunderts architektonisch dem Muslimischen Viertel ähnlich, daran wollte man bewusst nicht anknüpfen. Der Wiederaufbau des Stadtviertels wurde von einem Architektenteam geplant, wobei man allerdings nicht wusste, welche Einwohner es hierhin ziehen würde: religiöse oder säkulare Juden. Heute ist das Viertel von seinem Haredi-Bevölkerungsanteil geprägt, so dass der Architekturstil des Jüdischen Viertels mit den Haredim assoziiert wird (auch von diesen selbst) und für den Neubau anderer ultraorthodoxe Wohnviertel übernommen wurde.

Besondere Bauwerke:

Name Baujahr Trägerschaft Foto
Klagemauer (haKotel haMa'aravi) Sieben Steinlagen aus herodianischer Zeit  
Hurva-Synagoge 2010, Rekonstruktion der Synagoge von 1864 Aschkenasisches Oberrabbinat  
Ramban-Synagoge 13. Jahrhundert, mehrfach zerstört und wieder aufgebaut Aschkenasisches Oberrabbinat  
Vier sephardische Synagogen 16. bis 18. Jahrhundert Sephardisches Oberrabbinat  
Tzuf-Dvash-Synagoge 19. Jahrhundert Sephardisches Oberrabbinat

Maghrebinerviertel

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Eine Laderaupe (links) und ein Grader räumen die Reste des marokkanischen Viertels weg; im Hintergrund: die Klagemauer

Seit dem 16. Jahrhundert bis 1948 stand den jüdischen Betern an der Klagemauer nur ein Korridor von 22 Metern Länge und 3 Metern Breite zur Verfügung. Versuche von Moses Montefiore und Edmond Rothschild, durch Landkäufe einen besseren Zugang zu ermöglichen, schlugen fehl. Im Gegenteil, 1920 erklärte der Völkerbund den Bereich vor der Mauer und das angrenzende Maghrebinerviertel mit seiner Moschee zur „heiligen Stätte des Islam.“[21]

Das Maghrebinerviertel, auch marokkanisches Viertel genannt (arabisch حارَة المَغارِبة, DMG Ḥārat al-Maġāriba), war vor mehr als 700 Jahren unter den Ayyubiden und Mameluken entstanden. Nach der Einnahme Ostjerusalems durch israelische Truppen wurde es in der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 1967 abgerissen, um Platz für die heutige Western Wall Plaza zu schaffen:

Vieles an dieser Aktion ist bis heute nicht bekannt; verantwortlich waren neben dem Bürgermeister Teddy Kollek der designierte Militärgouverneur von Ost-Jerusalem, Schlomo Lahat, und der Oberkommandierende der Armee, Uzi Narkiss. Sie trafen die Entscheidung, das Maghrebinerviertel abreißen zu lassen, selbständig, ohne einen Auftrag dafür zu haben.[22] Die einzige schriftliche Quelle ist ein handgezeichneter Plan, der die Grenzen des abzureißenden Wohngebiets festlegte. Um offizielle Stellen möglichst nicht damit in Verbindung zu bringen, verpflichteten sie 15 Bauunternehmer für die Abrissarbeiten, die wegen ihres Alters nicht zum Militär einberufen worden waren und die Aktion als patriotische Mission ansahen. Sie wurden 1987 in der Knesset geehrt und empfingen die Auszeichnung „Beschützer der Westmauer.“[22]

Mit zwei Bulldozern hatten sie in einer Nacht 135 historische Wohnhäuser abgerissen. Die Bewohner sollen zuvor per Lautsprecher aufgefordert worden sein, sich zu sammeln und das Viertel durch das Zionstor zu verlassen.[22] Das geschah aber nicht in jedem Fall. Eine ältere Frau, Haja Ali Taba’aki, starb im Bett unter den Trümmern ihres Hauses. Um 3 Uhr morgens war der Platz vor der Mauer frei.

Mehrere Gebäude am Rande des Viertels, darunter eine Moschee in der Nähe des Maghrebiner-Tores, wurden zunächst verschont und von der israelischen Regierung dem Jüdischen Viertel angegliedert.[23][24] Im Jahr 1969 wurden auch diese Gebäude abgerissen.

Erst mehrere Monate nach der Vertreibung der Bevölkerung und der Zerstörung des Viertels, am 14. April 1968, gab das israelische Finanzministerium Räumungs- und Enteignungsbescheide an die Einwohner heraus. 650 Palästinenser wurden zwangsweise umgesiedelt.[25]

An das ehemalige Viertel erinnert noch das Mughrabi-Tor (deutsch: Maghrebiner-Tor), welches von dem Platz, an dem das Maghrebinerviertel einmal lag, zum Tempelberg führt. Es ist über die Mughrabi-Brücke zu erreichen, die den einzigen Zugang zu den Moscheen auf dem Tempelberg für Nichtmuslime darstellt. Im Dezember 2011 wurde der Abbruch der 2004 errichteten Holzbrücke und der von den israelischen Behörden geplante Neubau durch internationale Proteste (vorläufig) verhindert.[26]

Eine Luftaufnahme von 1931 aus dem Zeppelin Museum in Friedrichshafen zeigt in diesem Viertel eine kleine Moschee aus dem 12. Jahrhundert, die als Madrasa diente.[27][28]

Die Altstadtmauer und ihre Tore

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Süleyman I. ließ in den Jahren 1532 bis 1542 auf byzantinischen und römischen Fundamenten die heutige Stadtmauer errichten. Der Bau verzögerte sich infolge des Streites über die Frage, ob der Zionsberg im Süden in die Mauer mit eingefasst werden sollte. Die Stadt entschied, dass die Franziskaner (OFM) als Verwalter des Berges für die Mehrkosten aufzukommen hätten. Da diese als Bettelorden aber nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügten blieb der Zionsberg außerhalb der Stadtmauer.

Im Südosten wird die Stadtmauer durch den Tempelberg unterbrochen, der als natürliches Hindernis hier die Mauer ersetzt.

Die Länge der Stadtmauer beträgt 4018 m, ihre Durchschnittshöhe 12 m und ihre durchschnittliche Breite 2,5 m. Sie enthält 34 Wachttürme und acht prachtvolle Tore. Im Norden sind dies das Damaskustor und das Herodestor. Im Osten das Löwentor und das Goldene Tor. Im Süden das Dungtor und das Zionstor, sowie im Westen das Jaffator. 1887 wurde in der nordwestlichen Ecke auch noch das sogenannte Neue Tor eingefügt. Zwei ehemalige Stadttore wurden später wieder zugemauert, das Goldene Tor in der östlichen Stadtmauer und die Huldah-Tore im Bereich der südlichen Stadtmauer. Sie sind aber als ehemalige Stadttore weiterhin gut in der Stadtmauer zu erkennen.

Tore der Altstadt
Deutsch Hebräisch Arabisch Foto Baujahr Ort
Neues Tor השער החדש
HaSha'ar HeChadash
الباب الجديد
al-Bāb al-Dschadid
  1887 nördliche Stadtmauer
Damaskustor שער שכם
Sha'ar Shkhem
باب العامود
Bāb al-ʿAmūd
  1537 nördliche Stadtmauer
Herodestor שער הפרחים
Sha'ar HaPerachim
باب الساهرة
Bāb as-Sāhira
  unbekannt nördliche Stadtmauer
Löwentor
(Stephanustor)
שער האריות
Sha'ar Ha'Arayot
باب الأسباط
Bāb al-Asbāt /
باب ستنا مريم
Bab Sittna Maryam
  1538–1539 östliche Stadtmauer
Misttor
(Dungtor)
שער האשפות
Sha'ar Ha'Ashpot
باب المغاربة
Bāb al-Maghāriba
  1538–1540 südliche Stadtmauer
Zionstor שער ציון
Sha'ar Tziyon
باب النبي داود
Bāb an-Nabī Dāwud
  1540 südliche Stadtmauer
Jaffator שער יפו
Sha'ar Yafo
باب الخليل
Bāb al-Chalīl
  1530–1540 westliche Stadtmauer
Goldenes Tor שער הרחמים
Sha'ar HaRachamim
باب الرحمة
Bāb ar-Rahma
  6. Jahrhundert
(verschlossen 1541)
östliche Stadtmauer
Huldah-Tore שערי חולדה
Sha'arey Chulda
أبواب خلدة
Abwāb Chulda
  zur Zeit des Herodes
(verschlossen
etwa im 7./8. Jahrhundert)
südliche Stadtmauer
im Bereich des Tempelbergs

Religiöse Vielfalt

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Jerusalem gilt drei Religionen, dem Judentum, dem Christentum und dem Islam, als „Heilige Stadt“. Die außerordentliche religiöse Bedeutung Jerusalems gründet in den heiligen Schriften dieser Religionen (Tanach, Neues Testament und Koran) sowie in ihren heiligen Stätten in der Altstadt von Jerusalem (allen voran Kotel, Grabeskirche und Tempelberg). Die Altstadt umfasst „an die 255 Kirchen und christliche Stätten, etwa 160 Moscheen und muslimische Gebetsplätze sowie zwischen 80 und 110 Synagogen und Betstuben“.[29] Die Jerusalemer Altstadt hat damit die weltweit höchste Dichte an Sakralbauten.[30]

Siehe auch

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Literatur

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  • Max Küchler: Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-50170-2.
  • Michael Dumpert: The politics of sacred space: the old city of Jerusalem in the Middle East conflict. Rienner, Boulder (Colorado) 2002, ISBN 1-58826-016-X.
  • Ruth Kark, Michal Oren-Nordheim: Jerusalem and Its Environs: Quarters, Neighborhoods, Villages, 1800–1948. Jerusalem 2001, ISBN 0-8143-2909-8.
  • Simone Ricca: Reinventing Jerusalem: Israel's Reconstruction of the Jewish Quarter After 1967. London 2007, ISBN 978-1-84511-387-2.
  • Rehav Rubin: Das Reliefmodell der Stadt Jerusalem von Stephan Illés (1873). In: Cartographica Helvetica. 34 (2006) S. 35–42, doi:10.5169/seals-16155.
  • Gil Yaron: Jerusalem. Ein historisch-politischer Stadtführer. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-89331-836-0. (Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2008)
  • Johannes Becker: Verortungen in der Jerusalemer Altstadt: Lebensgeschichten und Alltag in einem engen urbanen Raum. transcript Verlag, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-8376-3938-4.
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Commons: Jerusalemer Altstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Max Küchler: Jerusalem. S. 95.
  2. Max Küchler: Jerusalem. S. 96.
  3. a b c d e Max Küchler: Jerusalem. S. 98.
  4. Gil Yaron: Jerusalem. S. 84.
  5. Gil Yaron: Jerusalem. S. 96.
  6. Max Küchler: Jerusalem. S. 99.
  7. Gil Yaron: Jerusalem. S. 167.
  8. Decision : CONF 016 V.16. In: whc.unesco.org. UNESCO World Heritage Centre, abgerufen am 5. April 2017 (englisch).
  9. a b First Extraordinary Session. Report of the Rapporteur, item IV. In: whc.unesco.org. UNESCO World Heritage Centre, 30. September 1981, abgerufen am 2. Mai 2018 (englisch).
  10. States Parties Ratification Status. UNESCO World Heritage Centre, abgerufen am 2. Mai 2018 (englisch).
  11. englisch Old City of Jerusalem and its Walls, deutscher Titel entsprechend Welterbeliste. In: Unesco.de. Deutsche UNESCO-Kommission, abgerufen am 5. April 2017.
  12. a b Old City of Jerusalem and its Walls. In: whc.unesco.org. UNESCO World Heritage Centre, abgerufen am 5. April 2017 (englisch).
  13. First Extraordinary Session. Report of the Rapporteur, annex4. In: whc.unesco.org. UNESCO World Heritage Centre, 30. September 1981, abgerufen am 5. April 2017 (englisch).
  14. Decision : CONF 015 X.28-35. In: whc.unesco.org. UNESCO World Heritage Centre, abgerufen am 5. April 2017 (englisch).
  15. Ruth Kark, Michal Oren-Nordheim: Jerusalem and its Environs. S. 49.
  16. Ruth Kark, Michal Oren-Nordheim: Jerusalem and Its Environs. S. 60.
  17. Ruth Kark, Michal Oren-Nordheim: Jerusalem and Its Environs. S. 64.
  18. Ruth Kark, Michal Oren-Nordheim: Jerusalem and Its Environs. S. 70.
  19. Ruth Kark, Michal Oren-Nordheim: Jerusalem and Its Environs. S. 59.
  20. Simone Ricca: Reinventing Jerusalem. S. 6.
  21. Max Küchler: Jerusalem. S. 169.
  22. a b c Nir Hasson: How a Small Group of Israelis Made the Western Wall Jewish Again. In: Haaretz. 3. Juni 2017, abgerufen am 4. Juni 2018.
  23. Tom Abowd: Moroccan Quarter: A History of the Present. In: Journal for Palestine Studies 7, 2000.
  24. Nir Hasson: Rare Photograph Reveals Ancient Jerusalem Mosque Destroyed in 1967. In: Haaretz, 15. Juni 2012.
  25. Gil Yaron: Jerusalem. S. 161.
  26. Mughrabi-Brücke wieder offen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. Dezember 2011, S. 6.
  27. עדות נדירה חשפה מסגד עתיק שנהרס ב-67' (Memento des Originals vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.haaretz.co.il, In: Haaretz, 15. Juni 2012.
  28. Benjamin Z. Kedar, Shlomit Weksler-Bdolah and Tawfiq Da'ādli: The Madrasa Afḍaliyya / Maqām al-Shaykh 'Īd: An Example of Ayyubid Architecture in Jerusalem. In: Revue Biblique (1946-), Avril 2012, Vol. 119, No. 2 (Avril 2012), Peeters Publishers, S. 271–287.
  29. Margret Kampmeyer, Cilly Kugelmann: Einleitung. In: Dies. (Hrsg.): Welcome to Jerusalem (Katalog zur Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin). Wienand Verlag, Köln 2017, ISBN 978-3-86832-404-4, S. 7–11, hier S. 7.
  30. Alexandra Föderl-Schmid: 1 Quadratkilometer, 255 Kirchen. In: Süddeutsche Zeitung vom 12. Dezember 2017, S. 3.

Koordinaten: 31° 47′ N, 35° 14′ O