Stichbandkeramik
Die Stichbandkeramik (Fachkürzel SBK) ist eine archäologische Kultur der Jungsteinzeit in Mitteleuropa. Sie folgt auf die Kultur der Linearbandkeramik und datiert zwischen 4900 und 4500 v. Chr. Das entspricht in der Gliederung von Jens Lüning dem Mittelneolithikum[1], in anderen Regionalgliederungen (Mitteldeutschland, Schlesien, Polen) dagegen noch dem Frühneolithikum.[2]
Wie die Kultur der Linearbandkeramik ist auch die Kultur der Stichbandkeramik nach der Verzierungstechnik auf der Keramik benannt: Die einzelnen Motive, Winkelbänder und vertikale und horizontale Linien, sind mittels eines mehrzinkigen Gerätes aus vielen Einstichen zusammengesetzt.[3]
Verbreitung
BearbeitenMit dem Ende der Linearbandkeramik wird ein Trend zur verstärkten Bildung von regionalen Gruppen fassbar. Die Stichbandkeramik ist in Bayern, Böhmen, Mähren, Österreich, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Südpolen verbreitet. Etwa westlich von Lech und Main folgen auf die Linienbandkeramik die Hinkelstein-Kultur, die Großgartacher Kultur und die Rössener Kultur.
Während die frühe Linearbandkeramik in Bezug auf Keramik, Hausbau und Werkzeuginventar relativ einheitlich war, ist die Stichbandkeramik stark regionalisiert. Im Verlauf ihrer Entwicklung spaltet sie sich in weitere regionale Gruppen auf: So findet man in Bayern die Gruppe Oberlauterbach, während östlich davon die böhmische Stichbandkeramik verbreitet ist und wie die polnische Stichbandkeramik einen deutlichen Einfluss der Lengyel-Kultur zeigt.
Keramik
BearbeitenIm Keramikinventar der Stichbandkeramik finden sich Flaschen, Kümpfe, Schüsseln, Schalen und beutelartige Gefäße. Sie sind häufig mit der charakteristischen Stichverzierung bedeckt. Zudem finden sich bisweilen plastische Verzierungen in Form von Knubben, Ösen und plastischen Bändern. Besonders charakteristisch sind nach oben gezogene Handhaben, die als Hörnerhenkel bezeichnet werden. Auch anthropomorphe Plastiken sind sporadisch nachgewiesen, beispielsweise aus einer Siedlung bei Untermixnitz, Gemeinde Weitersfeld.
Hausbau
BearbeitenIm Gegensatz zum geraden Langhaus der Linearbandkeramik weisen die Häuser in der Stichbandkeramik leicht gebauchte Längsseiten oder, besonders in Polen, einen trapezförmigen Grundriss auf, erreichen aber noch immer beachtliche Längen (bis zu 40 m). Die Häuser sind Pfostenbauten, die Dachlast wird jedoch vor allem von den Wänden getragen. Die Wände wurden aus Flechtwerk mit Lehmbewurf zwischen den Stützpfosten gefertigt, die oft auch doppelt gesetzt sind.
Literatur
Bearbeiten- Peter Bayerlein: Die Gruppe Oberlauterbach in Niederbayern Lassleben, Kallmünz 1985, ISBN 3-7847-5053-2, (Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte Reihe A 53).
- Alexander Binsteiner: Die Lagerstätten und der Abbau bayerischer Jurahornsteine sowie deren Distribution im Neolithikum Mittel- und Osteuropas. In: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz. Band 52, 2005 (2006), S. 43–155 (Online).
- Florian Eibl: Die Bayerische Gruppe der Stichbandkeramik und die Gruppe Oberlauterbach – zum Stand der Forschung. Fines Transire Jahrgang 20, 2011, 79–100. (PDF-Download) (abgerufen am 9. Oktober 2012)
- Dieter Kaufmann: Wirtschaft und Kultur der Stichbandkeramiker im westlichen Mitteldeutschland. Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle/Saale 1976, (Veröffentlichungen des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle 30, ISSN 0072-940X), (Zugleich: Halle, Univ., Diss., 1973).
- Dieter Kaufmann: Die Stichbandkeramik im Saalegebiet. SBORNIK PRACI FILOZOFICKE FAKULTY BRNENSKE UNIVERZITY, STUDIA MINOHA FACULTATIS PHILOSOPHICAE, UNIVERSITATIS BRUNENSIS E 20-21 (1975-1976) SYMPOZIUM TESETICE-KYJOVICE 1974
- Eva Lenneis: Die Stichbandkeramik und ihre Beziehung zu Lengyel-Kultur. In: Bohuslav Chropovský (Hrsg.): Internationales Symposium über die Lengyel-Kultur. Nové Vozokany 5. - 9. November 1984. Archäologisches Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften in Nitra, Nitra u. a. 1986, S. 163–168.
- Hermann Maurer: Ein stichbandkeramisches Kultobjekt aus Niederösterreich. In: Mannus 54, 1988, ISSN 0025-2360, S. 276ff.
- Hermann Maurer: Archäologische Zeugnisse religiöser Vorstellungen und Praktiken der frühen und mittleren Jungsteinzeit in Niederösterreich. In: Idole. Kunst und Kult im Waldviertel vor 7000 Jahren. Ausstellung der Stadt Horn im Höbarthmuseum, 6. Juni bis 2. November 1998, 28. März bis 2. November 1999. Museumsverein in Horn, Horn 1998, S. 23–138.
- Ernst Probst: Deutschland in der Steinzeit. C. Bertelsmann, München 1991, ISBN 3-570-02669-8.
- Wlodzimierz Wojciechowski: Die Anfänge der Lengyel-Kultur und ihre Kontakte mit der stichbandkeramischen Kultur in der oberschlesischen Lößzone. In: Bohuslav Chropovský (Hrsg.): Internationales Symposium über die Lengyel-Kultur. Nové Vozokany 5. - 9. November 1984. Archäologisches Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften in Nitra, Nitra u. a. 1986, S. 323–331.
- Andrea Wolf-Schuler: Untersuchungen zur Chronologie und strukturellen Entwicklung der Kultur mit Stichbandkeramik (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 171). Habelt, Bonn 2009, ISBN 978-3-7749-3636-2.
- Maria Zápotocká: Die Stichbandkeramik zur Zeit des späten Lengyel-Horizontes. In: Studijné zvesti Archeologického Ústavu Slovenskej Akadémie Vied 17, 1969, ISSN 0560-2793, S. 541–574.
- Maria Zápotocká, Die Stichbandkeramik in Böhmen und Mitteleuropa. In: Fundamenta A3, II, 1970, ZDB-ID 518965-2, S. 1–66.
- Maria Zápotocká, Le néolithique ancien et récent en Bohème et le néolithique ancient en Moravie. In: Marcel Otte (Hrsg.): Atlas du Néolithique Européen. Band 1: Janusz Kozlowski (Hrsg.): L'Europe orientale. Universite de Liège - Service de Préhistoire, Liège 1993, (Etudes et recherches archéologiques de l'Université de Liège 45), S. 373–393.
- Maria Zápotocká, Bestattungsritus des Böhmischen Neolithikums (5500-4200 B. C.). Gräber und Bestattungen der Kultur mit Linear-, Stichband- und Lengyelkeramik. Archäologisches Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Prag 1998, ISBN 80-86124-13-4.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Jens Lüning: Erneute Gedanken zur Benennung der neolithischen Perioden. In: Germania. Band 74/1, 1996, S. 233–237 (Online).
- ↑ Hermann Behrens: Die Jungsteinzeit im Mittelelbe-Saale-Gebiet (= Veröffentlichungen des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Band 27). Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1973.
- ↑ Universität Mainz. Das Neolithikum in Mitteleuropa. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.