Superorganismus

Organismus, der aus vielen Organismen besteht
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Ein Superorganismus oder Supraorganismus[1] ist eine Gruppe von sich synergetisch verhaltenden Organismen derselben Art, die genetisch hochgradig miteinander verwandt sind und sich selbst organisieren. In Abgrenzung wird eine Gemeinschaft von sich synergetisch verhaltenden Organismen verschiedener Arten als Holobiont bezeichnet.

Ein Superorganismus oder Supraorganismus zeigt in der Beobachtung seiner komplexen Verhaltensweisen Eigenschaften, die sich nur aus dem Zusammenwirken der Verhaltensweisen seiner Individuen erklären lassen. Besonders von Interesse ist, dass ein großer Teil seiner Individuen von Fortpflanzung ausgeschlossen bleibt. Etwas ähnliches zeigt sich auch bei vielzelligen Organismen, deren verschiedenen Zellen dasselbe Erbgut tragen, sich aber in ihren Funktionen unterscheiden und nur die Zellen der Keimbahn an der Fortpflanzung teilnehmen können (vgl. Muskelzelle, Nervenzelle, Gamet).

Das Phänomen Superorganismus oder Supraorganismus beschreibt im Rahmen der Evolutionstheorie ein evolutionäres Stadium mit wechselseitiger Anpassung in sozialen Familien-Einheit eusozialer Tiere, in der die Arbeitsteilung hoch spezialisiert ist und in der die Individuen nicht in der Lage sind, über längere Zeit allein zu überleben. Es ist im Laufe der Evolution mehrmals unabhängig entstanden. Damit dieses evolutionsbiologische Stadium entstehen konnte, muss es einen Selektionsvorteil besessen haben. Superorganismen neigen zu Homöostase, Potenzgesetz-Skalierung, anhaltendem Ungleichgewicht und emergenten Verhaltensweisen.[2]

Das klassische Beispiel für einen „Superorganismus“ ist der Ameisenstaat: Jede Ameise ist theoretisch auch einzeln überlebensfähig, denn sie verfügt über alle Organe, die eigenständige Insekten zum Überleben benötigen. Tatsächlich haben sie sich aber spezialisiert, sodass sie nur in der Gemeinschaft – im Staat – langfristig überleben können: Wenige sind für die Fortpflanzung zuständig, die meisten anderen beschaffen Nahrung, beschützen die Gemeinschaft vor Feinden oder pflegen die Brut. Das Zusammenwirken all dieser spezialisierten Handlungsweisen resultiert in einer höheren Komplexität: bei Ameisenstaaten wird daher auch eine sogenannte kollektive Intelligenz vermutet.

Eine simplere Form von sich synergetisch verhaltenden Organismen sind z. B. Schwärme. Diese bewegen sich vor allem in einer Gemeinschaft, um Feinden eine geringere Angriffsfläche zu bieten. In einem sich bewegenden Schwarm ist es erheblich schwerer, eine Beute auszumachen, zu verfolgen und zu erjagen, als bei sich allein bewegenden Individuen.

Geschichte

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Der Begriff „Superorganismus“ wurde 1910 von dem US-amerikanischen Biologen William Morton Wheeler geprägt, und zwar auf der Grundlage seiner Arbeiten an Ameisen.[3]

In Anthropologie und Kosmologie

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Alfred Kroeber übertrug das Konzept des Superorganismus auf die menschliche Kultur.[4]

Carsten Bresch schlug die Bezeichnung MONON für den emergierenden planetarischen Superorganismus vor, als „das Resultat der abschließenden, alles-umfassenden Integration der Evolution eines Planeten.“[5]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Lüttge, Ulrich (ed.); Cánovas, Francisco M. (ed.); Matyssek, Rainer (ed.). Progress in Botany 77. Springer, 2016, p. 223. “Note that etymologically, the Latin word ‘supra’ means ‘higher’ in the sense of ordination, whereas ‘super’ implies a spatial order. Thus, in contrast to the mainly used notion of ‘superorganism’, we prefer to stay with the notion of a ‘supraorganism’.” [Übersetzg.: „Man beachte, dass das lateinische Wort ‚supra‘ etymologisch gesehen ‚höher‘ im Sinne von Ordnung bedeutet, während ‚super‘ eine räumliche Ordnung impliziert [‚über‘]. Daher ziehen wir es vor, im Gegensatz zu dem hauptsächlich verwendeten Begriff ‚Superorganismus‘ bei dem Begriff ‚Supraorganismus‘ zu bleiben.“]
  2. Technikum Unbound, SALT The Long Now Foundation
  3. William Morton Wheeler: The ant-colony as an organism. (A lecture prepared for delivery at the Marine Biological Laboratory, Woods Hole, Mass., August 2, 1910). In: Journal of Morphology. Bd. 22, Nr. 2, 1911, ISSN 0362-2525, S. 307–325, doi:10.1002/jmor.1050220206.
  4. Kulturologie In: Michel Panoff, Michel Perrin: Taschenwörterbuch der Ethnologie (= List-Taschenbücher der Wissenschaft 1615). List, München 1975, ISBN 3-471-61615-2, S. 177.
  5. Carsten Bresch: Zwischenstufe Leben - Evolution ohne Ziel? Fischer, Frankfurt a. M. 1979, S. 251.