Tumornekrosefaktor

organisches Makromolekül, Naturstoff, Protein in Homo sapiens, Signalstoff
(Weitergeleitet von TNF-a)

Tumornekrosefaktor (kurz: TNF, oder noch gebräuchlich: Tumornekrosefaktor-α kurz: TNF-α, oder veraltet: Kachektin, oder wissenschaftlich: tumor necrosis factor ligand superfamily member 2 kurz TNFSF2) ist ein multifunktionaler Signalstoff (Zytokin) des Immunsystems, welcher bei lokalen und systemischen Entzündungen beteiligt ist. TNF wird hauptsächlich von Makrophagen ausgeschüttet. Seine wichtigste Funktion ist, die Aktivität verschiedener Immunzellen zu regeln. TNF kann den Zelltod (Apoptose), Zellproliferation, Zelldifferenzierung und Ausschüttung anderer Zytokine anregen. Er löst Fieber aus und ist an der Entstehung der Kachexie bei bestimmten Krankheiten beteiligt. Ferner hat er Effekte auf den Fettstoffwechsel, die Koagulation, die Insulinresistenz und die endotheliale Funktion.

Tumornekrosefaktor
Tumornekrosefaktor
Bändermodell nach PDB 1TNF

Vorhandene Strukturdaten: 1a8m, 1tnf, 2az5, 2tun, 4tsv, 5tsw

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 233/157 AS (Membran/Löslich)
Sekundär- bis Quartärstruktur Homotrimer; Membranform: single pass Typ II Membranprotein
Präkursor 233 AS; 25,6 kDa
Isoformen Lösliche Form aus Membranprotein durch Proteolyse
Bezeichner
Gen-Namen
Externe IDs
Vorkommen
Homologie-Familie TNF
Übergeordnetes Taxon Theria
Orthologe
Mensch Hausmaus
Entrez 7124 21926
Ensembl ENSG00000204490 ENSMUSG00000024401
UniProt P01375 P06804
Refseq (mRNA) NM_000594 NM_001278601
Refseq (Protein) NP_000585 NP_001265530
Genlocus Chr 6: 31.58 – 31.58 Mb Chr 17: 35.2 – 35.2 Mb
PubMed-Suche 7124 21926

TNF ist zusammen mit Lymphotoxin-α (syn: TNF-β) einer der am längsten bekannten Vertreter der TNF/TNFR-Superfamilie, eines Zytokinsystems, welches wichtige Funktionen in der Immunantwort und in der Organogenese vor allem des Lymphsystems hat.[1]

Genetik, Bildung, Proteinstruktur

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Das menschliche Gen für TNF wurde 1985 sequenziert; es wird auf Chromosom 6 Genlocus p21.3 kodiert, ist ca. 3 kB lang und umfasst vier Exons. TNF wird zunächst als ein 233 Aminosäuren langes, 26 kDa schweres Typ-2-transmembranöses Protein translatiert, welches sich in stabilen Homotrimeren (Dreiergruppen) arrangiert. Von dieser membrangebundenen TNF-Vorform wird durch eine proteolytische Spaltung durch die Metalloprotease TNF-α konvertierendes Enzym (TACE = TNF-α Converting Enzyme) das aktive lösliche, 51 kDa schwere, trimere sTNF freigesetzt.

TNF wird hauptsächlich durch Makrophagen gebildet und freigesetzt, jedoch auch durch eine große Anzahl anderer Zellen wie Lymphozyten, Mastzellen, Endothelzellen, Herzmuskelzellen, Fibroblasten und neuronalem Gewebe. Große Mengen von sTNF werden als Antwort auf Lipopolysaccharide, andere bakterielle Produkte und Interleukin-1β freigesetzt. Die Bildung wird über Toll-like Rezeptoren und den MAP-Kinase-Weg sowie NF-κB angeregt.[2]

Funktionen

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Der lösliche Tumornekrosefaktor sTNF wirkt auf zwei Rezeptoren, die er mit Lymphotoxin-α (TNF-β) teilt: 1. Den TNF-R1 und 2. den TNF-R2. Man nimmt an, dass der größte Teil der TNF-Aktivität über den TNF-R1 vermittelt wird.

Beide Rezeptoren aktivieren über den TRAF2 und verschiedene andere Zwischenschritte (siehe Bild) letztlich den nukleären Transkriptionsfaktor NF-κB, was zu Zellaktivierung, Zelldifferenzierung, Zytokinproduktion und Hemmung des programmierten Zelltodes (Apoptose) führt.

 
Tumornekrosefaktor-Rezeptoren 1 und 2 und nachfolgende Signalkaskaden in der Zelle. Quelle [3].

Der TNF-R1 kann auch (bei Abwesenheit von TRAF2) einen intrazellulären apoptoseinduzierenden Komplex bilden, der über die Aktivierung spezifischer Caspasen die Apoptose auslöst.[3]

Die Regulation aller dieser Schritte ist äußerst komplex. Insgesamt ist TNF ein äußerst vielseitiges Zytokin mit sehr vielen Funktionen in verschiedenen Kontexten. Viele seiner Funktionen hat der TNF mit Interleukin-1β und Interleukin-6 gemeinsam. TNF bewirkt in den verschiedenen Organsystemen folgendes:

Eine lokal erhöhte Konzentration von TNF führt zu den klassischen Entzündungssymptomen: Hitze, Schwellung, Rötung und Schmerz. Hohe systemische TNF-Konzentrationen führen zu einer Schocksymptomatik.

Pharmakologie

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Die Möglichkeiten, Tumornekrosefaktoren therapeutisch zu verwerten, sind vor allem durch die kurze Halbwertszeit dieser Stoffe beschränkt. TNF-α hemmende Medikamente werden allerdings vor allem in der Rheumatherapie eingesetzt. Wirkstoffe sind zum Beispiel Etanercept, Infliximab, Adalimumab, Golimumab oder Certolizumab.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Hehlgans, T. und Pfeffer, K. (2005): The intriguing biology of the tumour necrosis factor/tumour necrosis factor receptor superfamily: players, rules and the games. Immunology 115:1-20. PMID 15819693
  2. TOLL-like Rezeptor Signalweg auf der Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes (KEGG).
  3. a b Masmudur M. Rahman, Grant McFadden: Modulation of Tumor Necrosis Factor by Microbial Pathogens. In: PLoS Pathogens. Band 2, Nr. 2, 2006, doi:10.1371/journal.ppat.0020004.
  4. Kenneth Murphy, Casey Weaver: Janeway Immunologie. 9. Auflage. Springer Berlin Heidelberg, Berlin / Heidelberg 2018, ISBN 978-3-662-56003-7, S. 145, doi:10.1007/978-3-662-56004-4.
  5. Flynn JL, Goldstein MM, Chan J, et al.: Tumor necrosis factor-alpha is required in the protective immune response against Mycobacterium tuberculosis in mice. In: Immunity. 2. Jahrgang, Nr. 6, Juni 1995, S. 561–72, PMID 7540941.
  6. Gardam MA, Keystone EC, Menzies R, et al.: Anti-tumour necrosis factor agents and tuberculosis risk: mechanisms of action and clinical management. In: Lancet Infect Dis. 3. Jahrgang, Nr. 3, März 2003, S. 148–55, PMID 12614731.
  7. Keane J, Gershon S, Wise RP, et al.: Tuberculosis associated with infliximab, a tumor necrosis factor alpha-neutralizing agent. In: N. Engl. J. Med. 345. Jahrgang, Nr. 15, Oktober 2001, S. 1098–104, PMID 11596589.
  8. Mohan AK, Coté TR, Block JA, Manadan AM, Siegel JN, Braun MM: Tuberculosis following the use of etanercept, a tumor necrosis factor inhibitor. In: Clin. Infect. Dis. 39. Jahrgang, Nr. 3, August 2004, S. 295–9, doi:10.1086/421494, PMID 15306993.