Grab von Cha und Merit

Grabkammer in Ägypten
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Das Grab von Cha und Merit, auch bekannt als Thebanisches Grab 8 (TT8), ist eine altägyptische Grabanlage aus der 18. Dynastie des Neuen Reiches. Es befindet sich in der Arbeitersiedlung Deir el-Medina auf der Westseite des Nils gegenüber von Luxor. Das Grab besteht aus einer oberirdischen Grabkapelle und einer unterirdischen Grabkammer und wurde für den Vorarbeiter Cha und seine Frau Merit angelegt.

TT8
Grabmal von Cha und Merit
Ort Deir el-Medina
Entdeckungsdatum 15. Februar 1906
Ausgrabung
Vorheriges
TT7
Folgendes
TT9
Lage von TT8 in Deir el-Medina

Geschichte und Entdeckung

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Grabkapelle während der Ausgrabungen von Ernesto Schiaparelli 1906

Die pyramidenförmige Grabkapelle ist spätestens seit 1818 bekannt, als eine Stele des Grabes vom Antiquitätenhändler Bernardino Drovetti erworben wurde.[1] Im 19. Jahrhundert dokumentierten frühe Ägyptologen wie John Gardner Wilkinson und Karl Richard Lepsius erstmals die Wandmalereien der Kapelle.[2]

Die eigentliche Grabkammer wurde erst am 15. Februar 1906 von dem italienischen Ägyptologen Ernesto Schiaparelli entdeckt. Sie war unversehrt und enthielt über 440 Objekte sowie die Mumien von Cha und Merit in ihren Sarkophagen.[3] Der Fundkomplex wurde nach Italien überführt und ist seitdem im Ägyptischen Museum Turin ausgestellt.

Architektur und Ausstattung

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Grabkapelle

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Die Grabkapelle hat die Form einer kleinen Pyramide aus Lehmziegeln mit einer Grundfläche von etwa 4,7 × 4,7 m und einer ursprünglichen Höhe von ca. 9,3 m. Im Inneren befindet sich ein einziger längsrechteckiger Raum von 3 × 1,6 m mit gewölbter Decke. Die Wände waren mit Opfer- und Bankettszenen bemalt, die jedoch stark beschädigt sind. In einer Nische in der Rückwand befand sich eine Stele, die heute im Turiner Museum aufbewahrt wird.[4]

Die Kapelle war von einer rechteckigen Umfassungsmauer umgeben. Davor lag ein etwa 8 × 8 m großer Vorhof, der vermutlich durch ein kleines pylonartiges Tor betreten wurde.[4]

Grabkammer

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Grabkammer von Cha und Merit während der Entdeckung 1906

Die unterirdische Grabkammer wurde entgegen der üblichen Praxis nicht im Vorhof der Kapelle angelegt, sondern in den gegenüberliegenden Fels gehauen. Dadurch wurde der Eingang schnell durch Geröll und spätere Grabbauten verdeckt und das Grab so vor antiken Grabräubern geschützt.[5]

In der Grabkammer fanden sich sorgfältig arrangierte Möbel wie Hocker und Betten, gestapelte Truhen mit persönlichen Gegenständen, Kleidung und Werkzeuge sowie Tische mit Nahrungsmitteln wie Brot, Fleisch und Obst. Die beiden großen Holzsarkophage von Cha und Merit enthielten ihre mumifizierten Körper.[6]

Die Grabinhaber

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Cha war ein hoher Beamter, der als Vorarbeiter die Errichtung königlicher Gräber im Tal der Könige beaufsichtigte. Er diente unter den Pharaonen Amenophis II., Thutmosis IV. und Amenophis III. in der Mitte der 18. Dynastie (ca. 1425–1353 v. Chr.).[7]

Seine genaue Herkunft ist unbekannt, er stieg vermutlich aufgrund seiner Fähigkeiten in diese Position auf. Im Laufe seiner Karriere erhielt er mehrere königliche Geschenke, darunter eine vergoldete Elle von Amenophis II. und eine Bronzeschale von Amenophis III. Seine höchste Auszeichnung war das „Gold der Ehre“, eine besondere Ehrung für verdiente Beamte.[8][9]

Cha trug Titel wie „Vorsteher der Arbeiten am Großen Ort“ (dem Tal der Könige) und „Königlicher Schreiber“.[10] Er starb wahrscheinlich in seinen 60er Jahren während der Regierungszeit von Amenophis III.[11][12]

 
Cha und Merit erhalten Opfergaben von zwei ihrer Kinder auf einer bemalten Truhe.

Merit war Chas Ehefrau und trug den für verheiratete Frauen üblichen Titel „Herrin des Hauses“.[13][14] Sie starb offenbar unerwartet vor ihrem Mann in ihren 20er oder 30er Jahren[15] und wurde in einem ursprünglich für Cha vorgesehenen Sarg beigesetzt.

Das Paar hatte drei bekannte Kinder: die Söhne Amenemopet und Nachteftaneb sowie eine Tochter namens Merit. Amenemopet arbeitete ebenfalls in Deir el-Medina[16], Nachteftaneb war für den Totenkult seiner Eltern zuständig[17] und Merit wurde Priesterin des Amun.[18]

Die Mumien von Cha und Merit wurden nie ausgewickelt.[19] Röntgen- und CT-Untersuchungen sowie chemische Analysen haben gezeigt, dass beide Körper gut erhalten sind, obwohl sie nicht auf die übliche Weise einbalsamiert wurden.[20] Beide tragen Metallschmuck unter den Bandagen, aber nur Cha wurde mit Amuletten ausgestattet.[21]

Siehe auch

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Literatur

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  • Friederike Kampp: Die thebanische Nekropole. Zum Wandel des Grabgedankens von der XVIII. bis zur XX. Dynastie (= Theben. Band 13). von Zabern, Mainz 1996, OCLC 1407794322, S. 188–190.
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Commons: Tomb of Kha and Meryt TT8 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Paolo Del Vesco, Federico Poole: Deir el-Medina in the Egyptian Museum of Turin. An Overview, and the Way Forward. In: Andreas Dorn, Stéphane Polis (Hrsg.): Outside the Box: Selected Papers from the Conference "Deir el-Medina and the Theban Necropolis in Contact" Liège, 27–29 October 2014 (= Ægyptiaca Leodiensia. Band 11). Presses Universitaires de Liège, Liège 2018, ISBN 978-2-87562-166-5, S. 98–100 (englisch, academia.edu).
  2. Christine Hobson: The World of the Pharaohs: A Complete Guide to Ancient Egypt. Thames & Hudson, New York 1987, ISBN 978-0-500-27560-3, S. 118–119 (englisch).
  3. Jacopo La Nasa et al.: Archaeology of the Invisible: The Scent of Kha and Merit. In: Journal of Archaeological Science. Band 141, Mai 2022, S. 1, doi:10.1016/j.jas.2022.105577, bibcode:2022JArSc.141j5577L (englisch).
  4. a b Vandier d'Abbadie, Jeanne Marie Thérèse: "La chapelle de Khâ". Deux tombes de Deir el Médineh. Hrsg.: Institut français d'archéologie orientale (= Mémoires publiés par les membres de l'Institut français d'archéologie orientale. Band 73). 1939, OCLC 23426988, S. 2 (französisch, archive.org).
  5. Barbara Russo: Kha (TT 8) and His Colleagues: The Gifts in His Funerary Equipment and Related Artefacts from Western Thebes. Golden House Publications, London, ISBN 978-1-906137-28-1, S. 4 (englisch).
  6. Dennis C. Forbes: Tombs. Treasures. Mummies : Seven Great Discoveries of Egyptian Archaeology in Five Volumes. Book Two, The Tombs of Maiherpri (KV36) & Kha & Merit (TT8). Kmt Communications LLC, Weaverville 1998, ISBN 978-1-5123-7195-6, S. 63 (englisch).
  7. Rogério Sousa: Gilded Flesh: Coffins and Afterlife in Ancient Egypt. Oxbow Books, Oxford / Philadelphia 2019, ISBN 978-1-78925-263-7, S. 56–57 (englisch).
  8. Barbara Russo: Kha (TT 8) and His Colleagues: The Gifts in His Funerary Equipment and Related Artefacts from Western Thebes. Golden House Publications, London, ISBN 978-1-906137-28-1, S. 23, 31 (englisch).
  9. Susanne Binder: The Gold of Honour in New Kingdom Egypt. Aris & Phillips, Oxford 2008, ISBN 978-0-85668-899-7, S. 240 (englisch, academia.edu).
  10. Barbara Russo: Kha (TT 8) and His Colleagues: The Gifts in His Funerary Equipment and Related Artefacts from Western Thebes. Golden House Publications, London, ISBN 978-1-906137-28-1, S. 67–69 (englisch).
  11. Raffaella Bianucci et al.: Shedding New Light on the 18th Dynasty Mummies of the Royal Architect Kha and His Spouse Merit. In: PLOS ONE. Band 10, Nr. 7, 2015, S. 4, doi:10.1371/journal.pone.0131916, PMID 26200778, PMC 4511739 (freier Volltext), bibcode:2015PLoSO..1031916B (englisch).
  12. Dennis C. Forbes: Tombs. Treasures. Mummies : Seven Great Discoveries of Egyptian Archaeology in Five Volumes. Book Two, The Tombs of Maiherpri (KV36) & Kha & Merit (TT8). Kmt Communications LLC, Weaverville 1998, ISBN 978-1-5123-7195-6, S. 102 (englisch).
  13. Maria Cristina Martina et al.: Kha and Merit: Multidetector Computed Tomography and 3D Reconstructions of Two Mummies from the Egyptian Museum of Turin. In: Journal of Biological Research – Bollettino della Società Italiana di Biologia Sperimentale. Band 80, Nr. 1, 2005, S. 42, doi:10.4081/jbr.2005.10088 (englisch).
  14. Aikaterini Koltsida: Domestic Space and Gender Roles in Ancient Egyptian Village Households: A View from Amarna Workmen's Village and Deir el-Medina. In: British School at Athens Studies. Band 15, 2007, ISSN 2159-4996, S. 125 (englisch, academia.edu).
  15. Raffaella Bianucci et al.: Shedding New Light on the 18th Dynasty Mummies of the Royal Architect Kha and His Spouse Merit. In: PLOS ONE. Band 10, Nr. 7, 2015, S. 8, doi:10.1371/journal.pone.0131916, PMID 26200778, PMC 4511739 (freier Volltext), bibcode:2015PLoSO..1031916B (englisch).
  16. Marcella Trapani: Kha's Funerary Equipment at the Egyptian Museum in Turin: Resumption of the Archaeological Study. In: P. Kousoulis, N. Lazaridis (Hrsg.): Proceedings of the Tenth International Congress of Egyptologists, University of the Aegean, Rhodes, 22–29 May 2008 (= Orientalia Lovaniensia Analecta. Band 241). Band II.. Peeters, Leuven 2015, ISBN 978-90-429-2550-2, S. 2221–2222 (englisch, academia.edu).
  17. Barbara Russo: Kha (TT 8) and His Colleagues: The Gifts in His Funerary Equipment and Related Artefacts from Western Thebes. Golden House Publications, London, ISBN 978-1-906137-28-1, S. 66 (englisch).
  18. Eleni Vassilika: The Tomb of Kha: The Architect. Firenze: Scala Group S.p.A. 2010, ISBN 978-88-8117-128-6, S. 9 (englisch).
  19. Rogério Sousa: Gilded Flesh: Coffins and Afterlife in Ancient Egypt. Oxbow Books, Oxford / Philadelphia 2019, ISBN 978-1-78925-263-7, S. 63 (englisch).
  20. Raffaella Bianucci et al.: Shedding New Light on the 18th Dynasty Mummies of the Royal Architect Kha and His Spouse Merit. In: PLOS ONE. Band 10, Nr. 7, 2015, S. 3, doi:10.1371/journal.pone.0131916, PMID 26200778, PMC 4511739 (freier Volltext), bibcode:2015PLoSO..1031916B (englisch).
  21. Raffaella Bianucci et al.: Shedding New Light on the 18th Dynasty Mummies of the Royal Architect Kha and His Spouse Merit. In: PLOS ONE. Band 10, Nr. 7, 2015, S. 11–15, doi:10.1371/journal.pone.0131916, PMID 26200778, PMC 4511739 (freier Volltext), bibcode:2015PLoSO..1031916B (englisch).

Koordinaten: 25° 43′ 44,1″ N, 32° 36′ 3,2″ O