Altweltmaulwürfe

Unterfamilie der Familie Maulwürfe (Talpidae)
(Weitergeleitet von Talpinae)

Die Altweltmaulwürfe (Talpinae) sind eine Unterfamilie der Familie der Maulwürfe (Talpidae). Diese Unterfamilie setzt sich aus mehr als 50 Arten zusammen, die in sieben Gattungsgruppen unterteilt werden können:

Altweltmaulwürfe

Europäischer Maulwurf (Talpa europaea)

Systematik
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Laurasiatheria
Ordnung: Insektenfresser (Eulipotyphla)
Familie: Maulwürfe (Talpidae)
Unterfamilie: Altweltmaulwürfe
Wissenschaftlicher Name
Talpinae
Fischer, 1817

Die Altweltmaulwürfe umfassen somit mit Ausnahme der Spitzmausmaulwürfe (Uropsilinae) alle Maulwürfe Eurasiens sowie alle Maulwürfe aus Nordamerika. Sie sind dadurch eine vielgestaltige Gruppe: die Desmane und teilweise auch der Sternmull sind an das Wasserleben angepasst, die Japanischen Spitzmulle und der Amerikanische Spitzmull weisen in ihrem Körperbau Ähnlichkeiten mit den Spitzmäusen auf und leben eher oberirdisch, während die Neuweltmaulwürfe und die Eigentlichen Maulwürfe an eine unterirdisch grabende Lebensweise angepasst sind.[1]

Ursprünglich wurde die Familie der Maulwürfe in fünf Unterfamilien untergliedert, welche neben den Spitzmausmaulwürfen (Uropsilinae) die Altweltmaulwürfe im Sinne der Eigentlichen Maulwürfe (Talpinae), die Desmane (Dasmaninae), die Neuweltmaulwürfe (Scalopinae) und den Sternmull (Condylurinae) umfassten, die Japanischen Spitzmulle und der Amerikanische Spitzmull wurden den Neuweltmaulwürfen zugeschlagen. Die Gliederung geht auf Oldfield Thomas aus dem Jahr 1912 zurück[2] und blieb in der Nachfolgezeit weitgehend erhalten, so etwa auch bei George Gaylord Simpson aus dem Jahr 1945.[3] Nachfolgende Autoren wie etwa Leigh Van Valen im Jahr 1967 verfeinerten diese Systematik. Van Valen sah in einer umfassenden Gliederung der Insektenfresser neben den Spitzmausmaulwürfen nur die Altweltmaulwürfe und die Desmane als eigenständige Unterfamilien an. Alle anderen Gruppen (die Neuweltmaulwürfe und den Sternmull) integrierte er auf tribunaler Ebene in die Altweltmaulwürfe. Gleichzeitig löste er die verschiedenen Spitzmulle aus den Neuweltmaulwürfen heraus und sprach ihnen ebenfalls als eigene Tribus eine Position innerhalb der Altweltmaulwürfe zu. Damit hatte Van Valen alle grabenden Maulwürfe innerhalb einer Unterfamilie vereint und behielt lediglich die an ein Wasserleben angepassten Desmane und die oberirdisch lebenden Spitzmausmaulwürfe außerhalb.[4] Etwas anders schätzte es Rainer Hutterer im Jahr 2005 in dem von Don E. Wilson und DeeAnn M. Reeder herausgegebenen Standardwerk Mammal Species of the World ein. Er stufte wiederum die Neuweltmaulwürfe als eigenständige Unterfamilie neben den Altweltmaulwürfen ein, ordnete ersteren aber den Sternmull, letzteren die Desmane und Spitzmulle als Triben zu.[5] In Konsequenz sprach Hutterer den Eigentlichen Maulwürfen und den Neuweltmaulwürfen keine nähere Verwandtschaft mehr zu, wodurch unter anderem die grabenden Eigenschaften der beiden Maulwurfsgruppen lediglich ein Ausdruck von Konvergenz waren und unabhängig voneinander entstanden sind. Gleichzeitig unterstützte das Schema jedoch die Nahverwandtschaft der Spitzmulle. Etwas anders sahen es anatomische Untersuchungen von Marcelo R. Sánchez-Villagra und Kollegen, die fast gleichzeitig veröffentlicht wurden. Hierin bestand ein näheres Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Eigentlichen Maulwürfen und Neuweltmaulwürfen auf tribunaler Ebene, die Spitzmulle wurden jedoch nicht als einheitliche Gruppe erkannt. Die Desmane positionierten sich hier weiter außerhalb.[6]

Gliederung der Maulwürfe nach verschiedenen Autoren
Thomas 1912[2] Simpson 1945[3] Van Valen 1967[4] Hutterer 2005[5] He et al. 2016[7] Kryštufek und
Motokawa 2018[1]
Condylurinae Condylurinae Desmaninae Scalopinae
*Condylurini
*Scalopini
Talpinae
*Condylurini
*Desmanini
*Neurotrichini
*Scalopini
*Scaptonychini
*Talpini
*Urotrichini
Talpinae
*Condylurini
*Desmanini
*Scalopini
*Talpini
*Urotrichini
Desmaninae Desmaninae Talpinae
*Scaptonychini
*Talpini
*Urotrichini
*Scalopini
*Condylurini
Scalopinae Scalopinae Talpinae
*Desmanini
*Neurotrichini
*Scaptonychini
*Talpini
*Urotrichini
Talpinae Talpinae
Uropsilinae Uropsilinae Uropsilinae Uropsilinae Uropsilinae Uropsilinae
Innere Systematik der Maulwürfe nach He et al. 2016[7]
 Talpidae  

 Uropsilinae


  Talpinae  

 Scalopini


   


 Scaptonychini


   

 Urotrichini


   

 Neurotrichini




   


 Condylurini


   

 Desmanini



   

 Talpini






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Die heutige Gliederung der Maulwürfe basiert auf molekulargenetischen Untersuchungen, die im Jahr 2016 von Kai He und Kollegen vorgestellt wurden. Ihnen gelang es, aus allen damals bekannten Gattungen Exemplare zu analysieren. Demnach bilden mit Ausnahme der Spitzmausmaulwürfe alle anderen Formen eine monophyletische Einheit. Sie wurden daher der Unterfamilie der Altweltmaulwürfe zugesprochen. Die beiden großen Linien der Spitzmausmaulwürfe und der Altweltmaulwürfe trennten sich bereits vor 46 Millionen Jahren voneinander, also im Mittleren Eozän. Innerhalb der Altweltmaulwürfe erfolgen alle weiteren Eingliederungen auf Ebene der Tribus. Hierbei bilden die Neuweltmaulwürfe und die Eigentlichen Maulwürfe aber keine engere Verwandtschaftsgemeinschaft. Vielmehr stehen erstere als Schwestergruppe allen anderen gegenüber. Die Eigentlichen Maulwürfe wiederum weisen eine engere Beziehung zu den Desmanen und dem Sternmull auf. Die verschiedenen Spitzmulle sind wiederum enger miteinander verbunden. Die einzelnen Triben begannen sich im Oberen Eozän vor rund 37 Millionen Jahren voneinander zu lösen.[7] Die enge Bindung der Spitzmulle zueinander bewogen im Jahr 2018 Boris Kryštufek und Masaharu Motokawa im achten Band des Standardwerkes Handbook of the Mammals of the World diese unter den Urotrichini zusammenzufassen.[1]

Als Autor der wissenschaftlichen Bezeichnung Talpinae für die Altweltmaulwürfe wird heute Johann Fischer von Waldheim angesehen. Fischer führte im Jahr 1817 in einer Übersichtstabelle die Talpini auf (im heutigen Gebrauch eine Tribus). Er betrachtete diese aber eher inklusiv, da er ihnen auch die Goldmulle zuwies, die mit den Maulwürfen jedoch nicht näher verwandt sind. Bereits drei Jahre zuvor hatte Fischer die Bezeichnung Talpinorum in einem ähnlichen Zusammenhang genutzt.[8][9] Manche Systematiken geben daher auch 1814 als Jahr an.[5]

Literatur

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  • Kai He, Akio Shinohara, Kristofer M. Helgen, Mark S. Springer, Xue-Long Jiang und Kevin L. Campbell: Talpid Mole Phylogeny Unites Shrew Moles and Illuminates Overlooked Cryptic Species Diversity. Molecular Biology and Evolution 34 (1), 2016, S. 78–87
  • Boris Kryštufek und Masaharu Motokawa: Talpidae (Moles, Desmans, Star-nosed Moles and Shrew Moles). In: Don E. Wilson und Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 8: Insectivores, Sloths, Colugos. Lynx Edicions, Barcelona 2018, S. 552–620 ISBN 978-84-16728-08-4
  • Don E. Wilson und DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. A taxonomic and geographic Reference. 2 Bände. 3. Auflage. The Johns Hopkins University Press, Baltimore MD 2005, ISBN 0-8018-8221-4

Einzelnachweise

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  1. a b c Boris Kryštufek und Masaharu Motokawa: Talpidae (Moles, Desmans, Star-nosed Moles and Shrew Moles). In: Don E. Wilson und Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 8: Insectivores, Sloths, Colugos. Lynx Edicions, Barcelona 2018, S. 552–620 ISBN 978-84-16728-08-4
  2. a b Oldfield Thomas: On the collection of mammals from the Tsin-ling mountains, Central China, presented by Mr. G. Fenwick Owen to the National Museum. Annals and Magazine of Natural History 8 (10), 1912, S. 395–403 ([1])
  3. a b George Gaylord Simpson: The principles of classification and a classification of mammals. Bulletin of the American Museum of Natural History 85, 1945, S. 1–350 (S. 52–53)
  4. a b Leigh van Valen: New Paleocene Insectivores and Insectivore classification. Bulletin of the American Museum of Natural History 135, 1967, S. 217–284
  5. a b c Don E. Wilson und DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. A taxonomic and geographic Reference. 2 Bände. 3. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore MD 2005, ISBN 0-8018-8221-4 ([2])
  6. Marcelo R. Sánchez-Villagra, Inés Horovitz und Masaharu Motokawa: A comprehensive morphological analysis of talpid moles (Mammalia) phylogenetic relationships. Cladistics 22, 2006, S. 59–88
  7. a b c Kai He, Akio Shinohara, Kristofer M. Helgen, Mark S. Springer, Xue-Long Jiang und Kevin L. Campbell: Talpid Mole Phylogeny Unites Shrew Moles and Illuminates Overlooked Cryptic Species Diversity. Molecular Biology and Evolution 34 (1), 2016, S. 78–87
  8. Johann Fischer von Waldheim: Zoognosia tabulis synopticis illustrata. Moskau, 1814, S. X ([3])
  9. Johann Fischer von Waldheim: Adversaria zoologica. Mémoires de la Société impériale des naturalistes de Moscou 5, 1817, S. 357–428 ([4])
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Commons: Talpinae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien