Mutterkraut (Tanacetum parthenium) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Tanacetum innerhalb der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Andere Trivialnamen sind Falsche Kamille, Zierkamille und Fieberkraut.
Mutterkraut | ||||||||||||
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Mutterkraut (Tanacetum parthenium), Illustration | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Tanacetum parthenium | ||||||||||||
(L.) Sch.Bip. |
Der Trivialname Mutterkraut wird regional für viele weitere Pflanzenarten verwendet, etwa die Alpen-Mutterwurz, die zumeist als Heilkraut oder aber als Abortivum Verwendung fanden.
Beschreibung
BearbeitenVegetative Merkmale
BearbeitenDas Mutterkraut wächst als ausdauernde krautige Pflanze und erreicht in seiner Wildform Wuchshöhen von 30 bis 80 Zentimetern. Es riecht stark aromatisch. Der Stängel ist gerippt, aufrecht und im oberen Bereich ebensträußig verzweigt.[1]
Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die zarte, hellgrüne, fast kahle Blattspreite ist im Umriss eiförmig und fiederspaltig bis fiederteilig mit größerem Endabschnitt und 2 bis 5 Paar Fiederlappen.[1] Die Fiederkappen sind einfach bis doppelt fiederspaltig und stachelig bespitzt.[1] Der Endabschnitt ist mit den oberen seitlichen Abschnitten oft verwachsen.[1]
Generative Merkmale
BearbeitenDie Blütezeit reicht von Juni bis September.[2] In lockeren doldenrispigen Gesamtblütenständen stehen fünf bis 30 körbchenförmige Teilblütenstände zusammen. Die Blütenkörbchen weisen einen Durchmesser von 13 bis 22 Millimeter auf und enthalten Zungen- und Röhrenblüten.[1] Die Hüllblätter sind mehrreihig, am Rücken gekielt, behaart, grünlich und von einem hellen trockenhäutigen zerschlitzten Saum umgeben.[1] Die äußeren Hüllblätter sind lanzettlich und spitz; die inneren sind länglich.[1] Die Zungenblüten sind weiß, weiblich und 5 bis 9 Millimeter lang und kürzer als die Hülle.[1] Die zwittrigen Röhrenblüten sind gelb. Die Achänen sind kreiselförmig, fünf- bis zehnrippig, 1,5 Millimeter lang, harzig punktiert und haben alle einen kurzen häutigen am Rand gezähnzen Kelchsaum.[1]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 18.[3]
Vorkommen
BearbeitenUrsprünglich war Tanacetum parthenium im östlichen Mittelmeerraum beheimatet. Seine Heimat war der Kaukasusraum, die Türkei, die Krim, Portugal, Südosteuropa und Tschechien.[4] Aufgrund ihrer historisch langen Nachweisbarkeit in Mitteleuropa wird Tanacetum parthenium als Archäophyt eingestuft.[5] In Nordafrika, auf den Azoren, Kanaren und Madeira, in West- und Zentralasien, in Nord-, Mittel- und Südamerika, in Neuseeland, Hawaii und Australien ist das Mutterkraut ein Neophyt.[2][4]
Das Mutterkraut ist eine alte Zier- und Heilpflanze, traditionell z. B. in Bauerngärten angepflanzt. Es existiert eine Reihe von Kultursorten, deren Blüten oft gefüllt sind und manchmal nur aus Zungenblüten bestehen.[6] Das Mutterkraut ist häufig aus Gärten verwildert. Es ist beispielsweise in ruderalen Gras- und Staudenfluren anzutreffen. Standorte in Mitteleuropa sind lehmige, nährstoffreiche Böden. Eine dauerhafte Einbürgerung ist allerdings noch nicht nachgewiesen.[2] In Mitteleuropa kommt Tanacetum parthenium in Pflanzengesellschaften des Verbands Arction vor, in Südosteuropa in Pflanzengesellschaften des Atropion-Verbands.[3]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3 (mäßig feucht), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 4 (kollin), Nährstoffzahl N = 3 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[7]
Taxonomie
BearbeitenDie Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Matricaria parthenium durch Carl von Linné in Species Plantarum, S. 890. Die Neukombination zu Tanacetum parthenium (L.) Sch.Bip. wurde 1844 durch Carl Heinrich Schultz „Bipontinus“ in Ueber die Tanaceteen mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Arten, Neustadt an der Haardt, S. 55 veröffentlicht. Es gibt weitere Synonyme für Tanacetum parthenium (L.) Sch.Bip., beispielsweise: Chrysanthemum parthenium (L.) Bernh.
Heilkunde
BearbeitenMutterkraut wurde bereits von Dioskurides im 1. Jahrhundert als Heilkraut beschrieben.[1] Im Mittelalter wurde es gegen Fieber und Kopfschmerzen eingesetzt. Der Trivialname Mutterkraut kommt von seiner Verwendung bei Schwangerschaftsbeschwerden – es löst die Menstruation aus und fördert die Ablösung der Plazenta, ist also ein Abortivum.
Parthenolid ist eine der wirksamen, pharmakologisch aktiven Inhaltsstoffe.[8][9] Bei Migräneprävention kommt ein Cochrane-Review zu den Schluss, dass eine Verwendung nicht empfohlen werden kann, da die untersuchten Studien von schlechter Qualität waren.[10] Für die Verwendung bei rheumatoider Arthritis oder anderen Krankheiten (wie beispielsweise Schuppenflechte oder Asthma) konnte keine Evidenz bei methodisch guten Studien demonstriert werden.[8][11]
Giftigkeit
BearbeitenDie oberirdischen Pflanzenteile enthalten mehrere Sesquiterpenlactone. Das mengenmäßig wichtigste ist Parthenolid, das auch als Kontaktallergen eine Rolle spielt. Sein Anteil beträgt je nach Standort und Jahreszeit im Kurzätherextrakt bis zu 1 %. Als vor wenigen Jahren das Mutterkraut als Zierpflanze auf den Markt kam, ist die Zahl der beobachteten allergischen Kontaktdermatitiden angestiegen. Das Mutterkraut gilt aber auch als hauptsächlich verantwortliche Art unter den Verursachern der aerogenen Kontaktdermatitis. Bei 50 % der auf Mutterkraut sensitiven Patienten ist regelmäßig eine Kreuzallergie mit anderen Korbblütlern zu beobachten; besonders häufig mit „Chrysanthemen“, Rainfarn, Margerite, Schafgarbe und Sonnenblume, aber auch mit Vertretern anderer Pflanzenfamilien wie z. B. mit Lorbeer oder dem Lebermoos Frullania.
Die Aktivität von Blutplättchen wird durch Mutterkraut gehemmt.[8]
Trivialnamen
BearbeitenFür das Mutterkraut bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Bocksblum, Breselkraut (Österreich bei Linz), Jungfernkraut (Schwaben, Schlesien), Mägdeblümen, Mählerkraut, Magdblum, Maraun (Ostpreußen), Mater, Materie (mittelniederdeutsch), Matram (mittelhochdeutsch), Matran (mittelhochdeutsch), Matrenen, Matrenichen (Schlesien), Matron (mittelhochdeutsch), Matronkraut, Mehtert (Siebenbürgen), Meidblumen, Meter, Metern, Metra, Metter, Metterich (Thüringen), Mettram, Mettrs (mittelhochdeutsch), Mütrich, Muattachrut (St. Gallen bei Werdenberg), Muterkrut (mittelniederdeutsch) und Sonnenauge.[12]
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Habitus
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Fiederteiliges Laubblatt
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Blütenkörbe
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Beispiel einer „gefüllten“ Zierpflanzenvariante, Korbgröße entspricht der Wildform
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Ingrid Schönfelder, Peter Schönfelder: Das neue Handbuch der Heilpflanzen. Kosmos, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-440-12932-6.
- Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. 6. Auflage. Nikol, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-009-6.
- Björn M. Hausen, Ines K. Vieluf: Allergiepflanzen – Pflanzenallergene. 2. Auflage. ecomed, Landsberg/ München 1997, ISBN 3-609-64082-0.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g h i j Gerhard Wagenitz et al.: Familie Compositae II. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 2. Auflage Band VI, Teil 3, Seite 617–619. Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg 1987. ISBN 3-489-86020-9
- ↑ a b c Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi, Arno Wörz (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 6: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Asteridae): Valerianaceae bis Asteraceae. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8001-3343-1.
- ↑ a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 941.
- ↑ a b Tanacetum im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 16. Februar 2018.
- ↑ Mutterkraut. auf FloraWeb.de
- ↑ Christopher Brickell (Hrsg.): DuMont’s große Pflanzen-Enzyklopädie A–Z. Band 2, DuMont, Köln 1998, ISBN 3-7701-4350-7.
- ↑ Tanacetum parthenium (L.) Sch. Bip. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 3. April 2023.
- ↑ a b c Edzard Ernst: Heilung oder Humbug?: 150 alternativmedizinische Verfahren von Akupunktur bis Yoga. 1. Auflage. Springer, Berlin 2020, ISBN 978-3-662-61708-3, S. 150–151, doi:10.1007/978-3-662-61709-0.
- ↑ Anil Pareek et al.: Feverfew (Tanacetum parthenium L.): A systematic review. In: Pharmacognosy Reviews. Band 5, Nr. 9, Januar 2011, S. 103–110, doi:10.4103/0973-7847.79105, PMID 22096324, PMC 3210009 (freier Volltext) – (englisch).
- ↑ Barbara Wider et al.: Feverfew for preventing migraine. In: The Cochrane Database of Systematic Reviews. Band 4, Nr. 4, 20. April 2015, S. CD002286, doi:10.1002/14651858.CD002286.pub3, PMID 25892430, PMC 7133498 (freier Volltext) – (englisch).
- ↑ Feverfew. In: National Center for Complementary and Integrative Health. Dezember 2020, abgerufen am 10. Juni 2024 (englisch).
- ↑ Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 95 f. eingescannt.
Weblinks
Bearbeiten- Tanacetum parthenium (L.) Sch. Bip., Mutterkraut. auf FloraWeb.de
- Mutterkraut. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).
- Mutterkraut als Heilpflanze.