Die in Latein Teuriochaemae genannten Teuriochaimai (altgriechisch Τευριοχαῖμαι) waren ein germanischer Volksstamm, der nur von Ptolemaios in seiner Geographike im elften Kapitel des zweiten Buches zur Germania magna überliefert ist.[1] Die Teuriochaimai waren von den Nuaristen durch das Soudeta ore, das heutige Erzgebirge und den Thüringer Wald, geschieden. Ihr Siedlungsgebiet lag etwa im heutigen Mitteldeutschland.
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Ptolemaios setzt die Teuriochaimai oberhalb des Soudeta Ore, unterhalb dieses Gebirges setzt er die Nuaristen, dann folgt der Gabretawald.
Name
BearbeitenSeit Rudolf Much[2] wird der Name Teuriochaimai als ,(germanische) Bewohner des Landes, das früher von den (keltischen) Teurii bewohnt wurde` interpretiert. Der keltische Namensbestandteil Teuri- weist auf die Lokalisierung an einem langgestreckten Gebirge hin.[3] Dieser keltische Völkername lässt sich daher auch mit den keltischen Völkernamen Taurisker[4] oder Teurisker im heutigen Kärnten verbinden.[5] Das germanische Namenselement -haim- hingegen zeigt an, dass der Norden des Soudeta ore zur Zeit der Quellentexte des Ptolemaios schon von Germanen bewohnt war.[6]
Archäologie
BearbeitenIm Norden des heutigen Thüringens und Sachsen-Anhalts lassen sich für etwa ab 450 v. Chr. anhand der archäologischen Funde die Jastorf-Kultur, die mit den frühen Germanen verbunden wird, sowie im Süden Kelten und keltisch beeinflusste Gruppen nachweisen. Zuvor, während der Frühbronzezeit, war in weiten Teilen Thüringens und Sachsen-Anhalts die Aunjetitzer Kultur verbreitet, für die darauffolgenden vorgermanischen Epochen lassen sich Einflüsse der Lausitzer und der Hallstattkultur feststellen.[7]
An diese keltischen Einflüsse in Mitteldeutschland erinnere der germanische Völkername Teuriochaimai, den Ptolemaios auf eine Bevölkerung nördlich des Sudeta ore beziehe, das nicht den heute so benannten Gebirgszug meine, sondern – so Wolfgang Laur – das Erzgebirge und das Fichtelgebirge.[8]
Die Region der Teuriochaimai – das „Heim der Teurier“ – nördlich des Erzgebirges sowie des Thüringer Waldes[9] wurde von archäologischer Seite als das Siedlungsgebiet der Naumburger Gruppe bestimmt. Damit ist wohl frühgeschichtlich erstmals eine archäologische Kultur Mitteldeutschlands mit einem antiken Stammesnamen verbunden.[10]
Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ Ptolemaios, Geographike 2,11,11: Πάλιν ἀπ᾽ ἀνατολῶν μὲν τῶν Ἀβνοβαίων ὀρέων οἰκοῦσιν ὑπὸ τοὺς Συήβους Κασουάροι, εὶτα Νερτερεανοί, εὶτα Δανδοῦτοι, ὑφ᾽ οὓς Τούρνοι καὶ Μαρουίνγοι· ὑπὸ δὲ τοὺς Καμαυοὺς Χάτται καὶ Τούβαντοι, καὶ ὑπὲρ τὰ Σούδητα ὄπη Τευριοχαῖμαι, ὑπὸ δὲ τὰ ὄπη Οὐαριστοί· εὶτα ἡ Γαβρήτα Ὕλη· καὶ ὑπὸ μὲν τοὺς Μαρουίνγους Κουρίωνες, εὶτα Χαιτούωποι, καὶ μέχρι τοῦ Δανουβίου ποταμοῦ οἱ Ἀδραβαικάμποι· ὑπὸ δὲ τὸν Ὀρχύνιον Δρυμὸν Κούαδοι, ὑφ᾽ οὓς τὰ σιδηρωρυχεῖα καὶ Λοῦνα Ὓλη, ὑφ᾽ ἦν μέγα ἔθνος οἱ Βαῖμοι μέχρι τοῦ Δανουβίου, καὶ συνεχεῖς αὐτοῖς παρὰ τὸν ποταμὸν οἵ τε Ῥακατρίαι καὶ οἱ πρὸς ταῖς καμπαῖς Ῥακάται.
- ↑ Rudolf Much: Germanische Volksnamen. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur (ZDA) 39. 1895, S. 20–52, hier S. 45.
- ↑ Keltische und andere, vorgermanische Völkernamen wurden, so Wolfgang Laur, unter Bezugnahme auf langgestreckte, rückenförmige Gebirge in deren Siedlungsbereich nicht selten mit indogermanisch *tauros ,Stier` gebildet. Vgl. Wolfgang Laur: Die Herkunft des Germanischen im Spiegel der Orts- und Gewässernamen. In: Astrid van Nahl, Lennart Elmevik, Stefan Brink (Hrsg.): Namenwelten. Orts- und Personennamen in historischer Sicht. Beiträge zu Ortsnamen (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Ergänzungsband 44.). Walter de Gruyter, Berlin / New York 2004, S. 206.
- ↑ Ernst Schwarz: Germanische Stammeskunde. Heidelberg 1956, S. 177.
- ↑ Wolfgang Laur: Die Herkunft des Germanischen im Spiegel der Orts- und Gewässernamen. In: Astrid van Nahl, Lennart Elmevik, Stefan Brink (Hrsg.): Namenwelten. Orts- und Personennamen in historischer Sicht. Beiträge zu Ortsnamen (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Ergänzungsband 44.). Walter de Gruyter, Berlin / New York 2004, S. 206.
- ↑ Hermann Reichert: Soudeta ore. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 29, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-018360-9, S. 256..
- ↑ Vgl. Hans Patze: Geschichtliche Grundlagen. Band 2. Vor- und Frühgeschichte. In: Handbuch der historischen Stätten. Band 9. Thüringen. Stuttgart 1968, S. XX–XL; vgl. Adolf Bach: Deutsche Namenkunde. Band 2. Die deutschen Ortsnamen. Teil 1–2. Heidelberg 1954, S. 282–285.
- ↑ Wolfgang Laur: Die Herkunft des Germanischen im Spiegel der Orts- und Gewässernamen. In: Astrid van Nahl, Lennart Elmevik, Stefan Brink (Hrsg.): Namenwelten. Orts- und Personennamen in historischer Sicht. Beiträge zu Ortsnamen (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Ergänzungsband 44.). Walter de Gruyter, Berlin / New York 2004, S. 206.
- ↑ Lutz Richter-Bemburg, Dieter Timpe: Entdeckungsgeschichte. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 7, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1989, ISBN 3-11-011445-3, S. 307–391. Karte zur Germania magna des Ptolemäus (S. 386)
- ↑ Vgl. Harald Meller (Hrsg.): Glutgeboren. Mittelbronzezeit bis Eisenzeit (= Begleithefte zur Dauerausstellung im Landesmuseum Halle. Band 5). Halle an der Saale 2015, ISBN 978-3-944507-14-9, S. 75–82.
Literatur
Bearbeiten- Wilhelm Heizmann, Matthias Springer, Claudia Theune-Vogt, Jürgen Udolph: Thüringer. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 30, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-018385-4, S. 519–544.
- Alfred Franke: Τευριοχαῖμαι. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band V A,1, Stuttgart 1934, Sp. 1135 f.
- Alexander Sitzmann, Friedrich E. Grünzweig: Die altgermanischen Ethnonyme. Ein Handbuch zu ihrer Etymologie (=Philologica Germanica 29). Fassbaender, Wien 2008, ISBN 978-3-902-57508-1, S. 269.