TIMSS untersucht Mathematik- und Naturwissenschaftsleistungen in der Grundschule, in der Sekundarstufe I und II.
TIMSS war ursprünglich ein Akronym für Third International Mathematics and Science Study (Dritte Internationale Mathematik- und Naturwissenschaftsstudie), der 1999er-Durchgang wurde als TIMSS-R fortgeführt (R für Repeat); seit TIMSS 2003 steht das Akronym für Trends in International Mathematics and Science Study.
Vorgänger-Studien waren FIMS (First International Mathematics Study, 1964, 12 Länder) und SIMS (Second International Mathematics Study, 1980–82, 20 Länder, ohne deutsche Beteiligung) sowie FISS und SISS (First and Second International Science Study, 1968–1972 und 1982–1986, SISS ohne deutsche Beteiligung).
Bisher (Stand: 2020) gab es 7 TIMSS-Studien: 1995, 1999, 2003, 2007, 2011, 2015, 2019. Die Ergebnisse der 2019er Studie wurden am 8. Dezember 2020 bekanntgegeben.[1]
Untersucht wurden immer die Bildungssysteme von Ländern, wobei diese Länder nicht notwendigerweise eigene Staaten sein mussten. Beispielsweise wurden im Vereinigten KönigreichNordirland einerseits und England und Wales andererseits untersucht und in Belgien Flandern und Wallonien getrennt.
Die TIMSS 1995-Studie umfasste 41 teilnehmende Länder, die in 5 Schulklassen untersucht wurden. Die Studie TIMSS 1999 untersuchte dann nur noch die 8. Klasse in 38 verschiedenen Ländern. In der TIMSS 2003-Studie wurden 26 Länder hinsichtlich der 4. Klasse und 48 hinsichtlich der 8. Klasse untersucht. In der TIMSS 2007-Studie waren es 44 Länder für die 4. Klasse und 57 für die 8. Klasse und in TIMSS 2011 waren die entsprechenden Zahlen 52 bzw. 45.[2]
In jedem der beteiligten Länder wurden mindestens 4.500 bis 5.000 Schüler einbezogen.[3]
Die Spitzenplätze bei TIMSS belegen regelmäßig die ostasiatischen Staaten (Singapur, Südkorea, Hongkong, Taiwan, Japan; siehe untenstehende Tabellen). Die Testwerte der in Mathematik und den Naturwissenschaften jeweils leistungsstärksten Länder sind den unten stehenden Tabellen zu entnehmen.
Deutschland war bisher noch nie auf einem der ersten 10 Plätze, Österreich zweimal (in Mathematik und Naturwissenschaften 1995) und die Schweiz einmal (in Mathematik 1995). Europäische Länder, die häufiger in dieser Gruppe lagen, sind die Niederlande, England mit Wales, Ungarn und Russland.
Österreich, die Schweiz und Luxemburg nahmen nicht an der TIMSS 2015-Studie teil.[4][5]
Im Rahmen der neuesten TIMSS 2019-Studie wurden in Deutschland bei den Viertklässlern die folgenden Plätze erreicht. Von den Viertklässlern in Deutschland erreichen 25,4 Prozent in Mathematik und 27,6 Prozent in den Naturwissenschaften allenfalls ein elementares Wissen.[6] 6 Prozent der Viertklässler in Deutschland können der höchsten Kompetenzstufe in Mathematik zugeordnet werden, in Singapur sind es 54 Prozent.[7]
Bei den im Folgenden aufgeführten Tabellen ist zu beachten, dass nicht alle Länder immer an allen Studien teilgenommen haben. Sofern Deutschland, Österreich oder die Schweiz nicht in den folgenden Tabellen aufgeführt sind, haben sie nicht am jeweiligen Test bzw. der jeweiligen Jahrgangsstufe teilgenommen.[8]
Die vollständigen Ergebnislisten sind auf der Website der Trends in International Mathematics and Science Study zu finden.[9]
Die zentralen Befunde (vgl. Baumert u. a. 2000, Band 1):
Hier liegen die Testleistungen deutscher Schüler in der Gruppe vergleichbarer Länder im unteren Bereich.
Die potentiell leistungsstärksten deutschen Schüler können im Vergleich mit Spitzenschülern europäischer Nachbarländer nicht bestehen.
Relative Schwächen bestehen bei Aufgaben, die
das selbständige Anwenden von Gelerntem,
die Übertragung in neue Kontexte oder
ein flexibles Umstrukturieren von Problemkonstellationen
erfordern. Deutsche Schüler erzielen eher in Routine-Aufgaben gute Ergebnisse.
Das Defizit in mathematischer Grundbildung ist nicht nur auf das berufliche Bildungswesen beschränkt, sondern auch Kennzeichen der gymnasialen Oberstufe.
In der TIMSS 2015-Studie zeigte sich (ähnlich wie schon in den Vorgängerstudien), dass in Deutschland der Anteil der Schüler in der Spitzengruppe, d. h. der Schüler, die auch schwierigere Aufgaben lösen können („Advanced International Benchmark“) deutlich geringer ist als in vielen anderen Ländern. Bei Mathematik lag er bei 5 % (TIMSS 2011 ebenfalls 5 %, TIMSS 2007 6 %). In Singapur lag dieser Anteil bei 50 % (2011 bei 43 %, 2007 bei 41 %).[4] Bei den Naturwissenschaften lagen die Werte für Deutschland bei 8 % (2015), 7 % (2011), 10 % (2007) und für Singapur bei 37 % (2015), 33 % (2011) und 36 % (2007).[5]
Fachleistungen im voruniversitären Mathematikunterricht
Die zentralen Befunde (vgl. Baumert u. a. 2000, Band 2):
In den Spitzengruppen schneiden deutsche Schüler ebenfalls nur mittelmäßig ab.
In der internationalen Spitzengruppe sind die deutschen Schüler nicht vertreten. Je anspruchsvoller eine Aufgabe, umso mehr fallen die deutschen Abiturienten hinter Schülern anderer europäischer Länder zurück.
Fachleistungen im voruniversitären Physikunterricht
Die zentralen Befunde (Baumert u. a. 2000, Band 2):
Die Testleistungen deutscher Schüler, die Physikkurse der gymnasialen Oberstufe besuchen, liegen im mittleren Bereich.
Auch bei den leistungsstärksten Schülern liegen deutsche Schüler in einem breiten Mittelfeld.
Zwar schneiden deutsche Schüler beim Vergleich der Leistungsstärksten deutlich besser ab als die Schüler aus den USA, aber internationale Spitzenleistungen skandinavischer Schüler werden von deutschen Schülern nicht erreicht.
Deutsche Abiturienten tun sich besonders schwer mit Aufgaben, die die Überwindung typischer Fehlvorstellungen verlangen oder besondere konzeptuelle Kenntnisse voraussetzen. Vergleichsweise erfolgreich sind sie hingegen bei offenen Aufgabenformaten.
Die Studie wurde unter Pädagogen heftig diskutiert, von der breiten Öffentlichkeit jedoch kaum zur Kenntnis genommen. Es war allerdings, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die erste Leistungsüberprüfung mit standardisierten Methoden auf internationaler Ebene, an der sich Deutschland beteiligte. Damit vollzog sich eine empirische Wende in der deutschen Pädagogik weg von einer eher geisteswissenschaftlichen Ausrichtung. Weit mehr Beachtung fand dagegen die PISA-Studie der OECD, welche im Jahr 2000 ihren erste Testrunde absolvierte.
Die vollständigen Datensätze der deutschen Erhebungen ab TIMSS 2007 stehen außerdem auf Antrag am Forschungsdatenzentrum am Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen auch anderen Forschenden für Re- und Sekundäranalysen verfügbar. Auf diese Weise kann die Studie auch über den ursprünglich geplanten Rahmen hinaus insbesondere durch ihre Eigenschaft als großumfängliche Trenderhebung für die Forschung von Nutzen sein.
J. Baumert, W. Bos, R. Lehmann (Hrsg.): TIMSS/II. Dritte Internationale Mathematik- und Naturwissenschaftsstudie – Mathematische und naturwissenschaftliche Bildung am Ende der Schullaufbahn. Band 1: Mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung am Ende der Pflichtschulzeit. Leske + Budrich, Opladen 2000.
J. Baumert, W. Bos, R. Lehmann (Hrsg.): TIMSS/III: Dritte Internationale Mathematik- und Naturwissenschaftsstudie - Mathematische und naturwissenschaftliche Bildung am Ende der Schullaufbahn. Band 2: Mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung am Ende der gymnasialen Oberstufe. Leske + Budrich, Opladen 2000.
O. Köller, J. Baumert: TIMMS: Third International Mathematics and Science Study. In: Franz E. Weinert: Leistungsmessungen in Schulen. Beltz, Weinheim/ Basel 2001.
J. Hiebert, R. Gallimore, H. Garnier, K. Givvin Bogard, H. Hollingsworth, J. Jacobs, A. Miu-Ying Chui, D. Wearne, M. Smith, N. Kersting, A. Manaster, E. Tseng, W. Etterbeek, C. Manaster, P. Gonzales, J. Stigler: Teaching Mathematics in Seven Countries - Results From the TIMSS 1999 Video Study. U.S. Department of Education, National Center for Education Statistics, Washington D.C. 2003.
Wilfried Bos, Martin Bonsen, Jürgen Baumert, Manfred Prenzel, Christoph Selter, Gerd Walther (Hrsg.): TIMSS 2007. Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich. Waxmann, Münster u. a. 2008, ISBN 978-3-8309-2090-8.
Wilfried Bos, Martin Bonsen, Nicole Kummer, Katrin Lintorf, Kristina Frey (Hrsg.): TIMSS 2007. Dokumentation der Erhebungsinstrumente zur Trends in International Mathematics and Science Study. Waxmann, Münster u. a. 2009, ISBN 978-3-8309-2143-1.
U. Moser, E. Ramseier, C. Keller: Schule auf dem Prüfstand: eine Evaluation der Sekundarstufe 1 auf der Grundlage der "Third International Mathematics and Science Study". Rüegger, Chur u. a. 1997.
E. Ramseier, C. Keller, U. Moser: Bilanz Bildung: eine Evaluation am Ende der Sekundarstufe II auf der Grundlage der "Third International Mathematics and Science Study". Rueegger, Chur u. a. 1999.