Hexogen

chemische Verbindung, Nitramin, Sprengstoff
(Weitergeleitet von Torpex)

Hexogen, auch Cyclotrimethylentrinitramin, Cyclonit, T4 und RDX (Research Department Explosive / Royal Demolition Explosive) genannt, ist ein hochbrisanter, giftiger Sprengstoff aus der Gruppe der Nitramine, der während des Zweiten Weltkriegs in großen Mengen hergestellt wurde und immer noch eingesetzt wird. Der systematische Name von Hexogen lautet 1,3,5-Trinitro-1,3,5-triazinan.

Strukturformel
Struktur von Hexogen
Allgemeines
Name Hexogen
Andere Namen
  • 1,3,5-Trinitro-1,3,5-triazinan
  • Perhydro-1,3,5-trinitro-1,3,5-triazin
  • Hexahydro-1,3,5-trinitro-1,3,5-triazin
  • Cyclotrimethylentrinitramin
  • Cyclonit
  • RDX
  • T4
Summenformel C3H6N6O6
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 121-82-4
EG-Nummer 204-500-1
ECHA-InfoCard 100.004.092
PubChem 8490
Wikidata Q190020
Eigenschaften
Molare Masse 222,12 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Dichte

1,82 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

204–206 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit

schlecht in Wasser[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 201​‐​301​‐​370​‐​373
P: 210​‐​250​‐​301+310​‐​308+311​‐​370+380​‐​373[1]
MAK

Schweiz: 1,5 mg·m−3 (gemessen als einatembarer Staub)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Geschichte

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Hexogen wurde 1898 von dem Berliner Chemiker und pharmazeutischen Unternehmer Georg Friedrich Henning als Explosivstoff zur technischen Verwertung und Ausgangsmaterial für pharmazeutische Präparate erstmals hergestellt und im deutschen Reichspatent unter der Nr. 104280 vom 15. Juli 1898 beschrieben. Im Jahre 1920 erforschte man im Militärversuchsamt in Berlin die Substanz näher und nannte sie nun Hexogen.

Die Herstellungsverfahren waren anfangs unwirtschaftlich. Erst in den 1930er Jahren wurden vier neue Verfahren in Deutschland entwickelt und Hexogen unter verschiedenen Decknamen wie K-, SH-, E- oder W-Salz im Zweiten Weltkrieg angewendet. Analoge Verfahren wurden auch auf alliierter Seite entwickelt, z. B. das Bachmann-Verfahren in den USA. Hexogen war auch Bestandteil eines der ersten Plastiksprengstoffe, der von Deutschland unter diesem Namen im Zweiten Weltkrieg angewendet wurde und aus 88 % Hexogen und 12 % Vaseline bestand.

Heutzutage werden unterschiedliche Kombinationen verwendet, so z. B. Torpex, bestehend aus 40 % Hexogen, 42 % TNT und 18 % Aluminium.

Hexogen ist chemisch und thermisch sehr stabil und auch heute noch einer der brisantesten Sprengstoffe mit hoher Arbeitsleistung. Die Substanz ist der wichtigste praktisch angewendete militärische Explosivstoff.

Gewinnung und Darstellung

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Beim S-H-Verfahren gewinnt man Hexogen durch Nitrolyse aus Hexamethylentetramin (Urotropin, Hexamin) und hochkonzentrierter Salpetersäure (98–99 %). Aufgrund der hohen Explosionsgefahr ist die Herstellung an die Einhaltung genauer Synthesevorschriften gebunden. Technische Verfahren arbeiten modifiziert unter Verwendung von Zusatzstoffen, die Wasser binden (Essigsäureanhydrid im KA- oder Bachmann-Verfahren) und zusätzlich Ammoniumionen liefern (Ammoniumnitrat im K-Verfahren). Hexamethylentetramin (Urotropin) ist ein Kondensationsprodukt aus Ammoniak und Formaldehyd, welches sich beim gemeinsamen Eindampfen der wässrigen, leicht alkalischen Lösungen bildet. Als Nebenprodukt dieser Synthese bilden sich stets einige Prozente Octogen, welches durch Zusätze von Bortrifluorid bevorzugt gebildet werden kann. Beim E-Verfahren erfolgt die Umsetzung von Paraformaldehyd und Ammoniumnitrat in Essigsäureanhydrid.[4]

 
Synthese von Hexogen

Die Herstellung und Handhabung von Hexogen hat in der Vergangenheit bereits zu Umwelt- und Trinkwasservergiftungen geführt.

Eigenschaften

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Das Hexogen-Molekül hat eine ringförmige Struktur mit drei Stickstoffatomen (Triazinanring), es ist ein gesättigter Heterocyclus.

Die im Hexogen vorhandenen Nitrogruppen (-NO2) treten in vielen Sprengstoffen auf, zum Beispiel auch im TNT oder – als Salpetersäureestergruppe (-O-NO2) – in der Schießbaumwolle. Da die Nitrogruppe an einen Aminstickstoff (dieser enthält ein freies Elektronenpaar) gebunden ist, wird die Struktur stabilisiert (capto-datives Strukturelement). Bei Nitraten ist die Nitrogruppe dagegen an ein Sauerstoffatom gebunden, welches zwar zwei freie Elektronenpaare besitzt, aber deutlich elektronegativer als der Stickstoff ist. Entsprechend ist die Temperaturstabilität von Nitraminen wesentlich größer als jene vergleichbarer Nitrate.

Physikalische Eigenschaften

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Hexogen ist ein farbloser kristalliner Feststoff, der bei 204 °C mit einer Schmelzenthalpie von 37,66 kJ·mol−1 schmilzt.[5] Mit einer positiven Bildungsenthalpie von 299,7 kJ·kg−1 bzw. 66,5 kJ·mol−1 handelt es sich um eine endotherme Verbindung.[6][4] Die Kristallstruktur von Hexogen ist orthorhombisch, Raumgruppe Pbca; a=13,22 Å; b=11,61 Å; c=10,75 Å; Z=8.

Die Härte nach Mohs von Hexogen liegt bei 2,5.

Explosionskenngrößen

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Hexogen zeigt aufgrund seiner hohen Dichte und hohen Detonationsgeschwindigkeit eine hohe Bilanzleistung und zählt zu den leistungsstarken, hochbrisanten und zudem unempfindlichen sowie chemisch sehr stabilen Sprengmitteln.[4] Wichtige Explosionskennzahlen sind:

Verwendung

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Hexogen gilt als besonders starker und hochbrisanter Explosivstoff und ist Bestandteil vieler verbreiteter Sprengstoffarten, zum Beispiel Composition A, C4 und Torpex.

Hexogen ist in reinem Zustand hochexplosiv. Damit es als Sprengstoff militärisch genutzt werden kann, wird es mit Plastifizierern wie Polyethylen, Wachs, Knetmasse, Vaseline, Polyisobutylen oder Ähnlichem zu den Plastiksprengstoffen A2, A3, B2, B3, B4, C2, C3 und dem am weitesten verbreiteten C4 vermischt. Außerdem bilden die Sprengstoffe Hexogen und PETN zusammen mit einem Plastifizierer den ebenfalls bekannten Plastiksprengstoff Semtex. Wie fast alle militärisch verwendeten Sprengstoffe sind alle diese Plastiksprengstoffe nicht mehr gegen Schlag, Flamme und Reibung empfindlich. Um diese Plastiksprengstoffe zur Explosion zu bringen, muss eine Initialzündung mit einer Sprengkapsel erfolgen. Mit bestimmten anderen chemischen Verbindungen kann Hexogen jedoch auch direkt zur Explosion kommen (siehe Sicherheitshinweise).

Hexogen findet sich in Schneidladungen, wie beispielsweise Linear Cutter. Hier wird durch die partielle Fokussierung der Explosionsenergie ein Durchtrennen von Stahl bis zu 75 mm Stärke ermöglicht.[7]

Eine Mischung aus rund 75 % Hexogen, 20 % Aluminium und 5 % Wachs wird als Hexal bezeichnet. Dieser Sprengstoff entwickelt eine besonders starke Druckwelle und Brandwirkung. Daher wird er vor allem in Wirkladungen von Flugabwehr- und Marinemunition verwendet.[8]

Sicherheitshinweise

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Hexogen ist ein hochexplosiver Stoff, insbesondere beim Kontakt mit brennbaren Stoffen und Oxidationsmitteln (wie Perchlorate und Peroxide) sowie Quecksilberfulminat.[1]

Oberhalb seines Schmelzpunktes von 200 °C zersetzt es sich unter Bildung von Stickstoffoxiden.

Gefahrenbewertung

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Hexogen wurde 2019 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Hexogen waren die Besorgnisse bezüglich Umweltexposition, Exposition von Arbeitnehmern und weit verbreiteter Verwendung sowie der möglichen Gefahren durch krebsauslösende und reproduktionstoxische Eigenschaften. Die Neubewertung sollte von Ungarn durchgeführt werden, wurde jedoch zurückgezogen.[9]

Literatur

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  • J. Gartz: Vom griechischen Feuer zum Dynamit : eine Kulturgeschichte der Explosivstoffe. E.S.Mittler & Sohn, Hamburg 2007, ISBN 978-3-8132-0867-2.
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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f Eintrag zu Perhydro-1,3,5-trinitro-1,3,5-triazin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 16. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  2. Eintrag zu Hexogen. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Mai 2014.
  3. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 121-82-4 bzw. Hexogen), abgerufen am 2. November 2015.
  4. a b c d e f g h i j k l J. Köhler, R. Meyer, A. Homburg: Explosivstoffe. 10., vollständig überarbeitete Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-32009-7.
  5. E. S. Domalski, E. D. Hearing: Heat Capacities and Entropies of Organic Compounds in the Condensed Phase. Volume III. in: J. Phys. Chem. Ref. Data 25, 1996, S. 1–525; doi:10.1063/1.555985.
  6. M. Delepine, M. Badoche: Thermochimie de l'aldehyde formique, de l'hexamethylene-tetramine et de ses derive. In: C. R. Acad. Sci. Paris. 214, 1942, S. 777–780.
  7. Sprengung Tagebaugerät "Absetzer 747". 17. September 2018, abgerufen am 31. Juli 2020.
  8. Thomas Enke: Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, 2., aktualisierte Auflage. Walhalla Fachverlag, Regensburg 2021, doi:10.5771/9783802947780, S. 105.
  9. Community Rolling Action Plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Perhydro-1,3,5-trinitro-1,3,5-triazine, abgerufen am 6. März 2022.Vorlage:CoRAP-Status/Evaluationsjahr nicht angegeben