In der Mengenlehre wird eine Kardinalzahl als große Kardinalzahl bezeichnet, wenn ihre Existenz erwiesenermaßen nicht mit den üblichen Axiomen der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre (ZFC) bewiesen werden kann. Nimmt man die Aussage, dass eine große Kardinalzahl mit einer bestimmten Eigenschaft existiert, als neues Axiom zu ZFC hinzu, erhält man eine stärkere Theorie, in der einige der in ZFC unentscheidbaren Sätze entschieden werden können. Diese Große-Kardinalzahl-Axiome spielen deshalb in der modernen Mengenlehre eine wichtige Rolle.

Verschiedene große Kardinalzahlen

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Die folgende Liste großer Kardinalzahlen ist nach Konsistenzstärke geordnet. Die Existenz einer Kardinalzahl impliziert die Existenz der vor ihr aufgelisteten.

Schwach unerreichbare Kardinalzahl

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Eine Kardinalzahl   heißt schwach unerreichbare Kardinalzahl, wenn sie eine überabzählbare, reguläre Limes-Kardinalzahl ist, wenn also   (cf steht für Konfinalität und   ist die kleinste unendliche Ordinalzahl, mit Kardinalität  ) gilt und für jedes   auch  . Schwach unerreichbare Kardinalzahlen sind genau die regulären Fixpunkte der Aleph-Reihe:  .

Stark unerreichbare Kardinalzahl

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Eine Kardinalzahl   heißt stark unerreichbare Kardinalzahl, wenn   eine überabzählbare, reguläre starke Limes-Kardinalzahl ist, wenn also   gilt und für jedes   auch  . Stark unerreichbare Kardinalzahlen sind genau die regulären Fixpunkte der Beth-Reihe:  .

Da   (Satz von Cantor), ist jede stark unerreichbare Kardinalzahl auch schwach unerreichbar. Ist   schwach unerreichbar, so ist   (siehe Konstruktive Hierarchie) ein Modell des Zermelo-Fraenkelschen Axiomensystems der Mengenlehre ZFC; ist   stark unerreichbar, so ist auch   (siehe Von-Neumann-Hierarchie) ein Grothendieck-Universum und somit ein Modell von ZFC. Die Existenz unerreichbarer Kardinalzahlen impliziert also die Widerspruchsfreiheit von ZFC. Nimmt man an, dass ZFC widerspruchsfrei ist, so kann nach dem zweiten Gödelschen Unvollständigkeitssatz nicht in ZFC bewiesen werden, dass es eine unerreichbare Kardinalzahl gibt.

Die Forderung nach der Existenz beliebig großer Kardinalzahlen ist auch in manchen Teilen der Mathematik außerhalb der Mengenlehre als Axiom verbreitet und erweitert ZFC zur Tarski-Grothendieck-Mengenlehre.

Mahlo-Kardinalzahl

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Eine Mahlo-Kardinalzahl, benannt nach Paul Mahlo, ist eine stark unerreichbare Kardinalzahl  , in welcher die Menge der regulären Kardinalzahlen stationär ist. Das bedeutet, dass in jeder abgeschlossenen und unbeschränkten Teilmenge von   eine reguläre Kardinalzahl enthalten ist. Man beachte, dass eine Kardinalzahl   immer als die wohlgeordnete Menge der Ordinalzahlen angesehen wird, deren Mächtigkeiten kleiner als   sind. Eine Teilmenge   von   ist abgeschlossen und unbeschränkt, wenn folgendes gilt:

  • Für jede in   beschränkte Teilmenge von   liegt der Limes wieder in  .
  • Für jedes Element   in   gibt es ein Element   von  , das oberhalb von   liegt.

Da die Menge der starken Limes-Kardinalzahlen in   abgeschlossen und unbeschränkt ist, ist dann auch die Menge der unerreichbaren Kardinalzahlen stationär in  . Da   regulär ist, folgt daraus, dass   die  -te unerreichbare Kardinalzahl ist.

Schwach kompakte Kardinalzahl

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Eine überabzählbare Kardinalzahl   heißt schwach kompakt, wenn es zu jeder Färbung der zweielementigen Teilmengen von   mit zwei Farben eine homogene Teilmenge von   der Mächtigkeit   gibt. Eine Teilmenge   von   heißt homogen bzgl. der gegebenen Färbung, wenn alle zweielementigen Teilmengen von   dieselbe Farbe haben. In der Pfeilnotation von Erdős-Rado ist eine schwach-kompakte Kardinalzahl eine überabzählbare Kardinalzahl   mit  .

Ist   eine schwach kompakte Kardinalzahl, so gilt in der infinitären Logik   der schwache Kompaktheitssatz und ist umgekehrt   eine unerreichbare Kardinalzahl und gilt für   der schwache Kompaktheitssatz, so ist   schwach kompakt.

Man kann zeigen, dass eine schwach kompakte Kardinalzahl   eine Mahlo-Kardinalzahl ist und dass es unterhalb von   noch   viele weitere Mahlo-Kardinalzahlen geben muss. Insbesondere sind schwach kompakte Kardinalzahlen stark unerreichbar.

Dass schwach kompakte Kardinalzahlen regulär sind, lässt sich aus den kombinatorischen Voraussetzung der Definition leicht ableiten und soll hier dargestellt werden. Sei   eine aufsteigende Kette von Kardinalzahlen der Länge  , deren Supremum   schwach kompakt ist. Die Kette teilt die Menge   in   viele disjunkte Abschnitte. Zwei Elemente von   liegen dann entweder in demselben Abschnitt oder in unterschiedlichen Abschnitten. Bezüglich dieser Aufteilung (Färbung) muss es dann eine homogene Teilmenge von   der Mächtigkeit   geben. Die Homogenität der Teilmenge besagt, dass deren Elemente entweder alle in dem gleichen Abschnitt liegen, oder alle in unterschiedlichen Abschnitten liegen. Also gibt es einen Abschnitt der Größe   oder es gibt   viele Abschnitte. Somit ist   für ein   oder es gilt  . Das zeigt, dass die Kofinalität von   nicht kleiner als   sein kann.

Messbare Kardinalzahl

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Der Begriff der messbaren Kardinalzahl geht auf Stanisław Marcin Ulam zurück. Eine Kardinalzahl   nennt man messbar, wenn es ein nicht triviales  -additives,  -wertiges Maß auf   gibt. Das ist eine Funktion  , die jeder Teilmenge von   das Maß   oder   zuordnet und für die folgende Eigenschaften gelten:

  •  , wenn  .
  • Die Vereinigung von weniger als   vielen Mengen mit Maß   hat wieder das Maß  .
  • Einelementige Mengen haben das Maß   und   hat das Maß  .

Man kann leicht einsehen, dass dann außerdem Folgendes gilt:

  • Alle Teilmengen von   mit Mächtigkeit   haben Maß  .
  • Von disjunkten Teilmengen von   hat höchstens eine das Maß  .
  • Eine Teilmenge von   hat genau dann das Maß  , wenn das Komplement das Maß   hat.
  • Der Durchschnitt von weniger als   vielen Mengen mit Maß   hat wieder das Maß  .

Eine messbare Kardinalzahl   muss regulär sein, denn wenn   die Vereinigung von weniger als   vielen Teilmengen der Mächtigkeit   wäre, so würde sich für   das Maß   berechnen. Wir wollen jetzt noch beweisen, dass   eine starke Limeskardinalzahl ist.

Aus der Annahme   und   konstruieren wir einen Widerspruch zur Messbarkeit von  . Dazu betrachten wir die Menge   der Funktionen  .   stellt man sich als  -dimensionalen Würfel vor, der pro „Richtung“   in die zwei Hälften   und   zerfällt. Wählt man pro   eine Hälfte aus, so ist der Durchschnitt genau eine Ecke des Würfels. Formal bedeutet das

  für jedes  .

Da  , gibt es eine Teilmenge   von   mit der Mächtigkeit  , und da   messbar ist, gehen wir von einem entsprechenden Maß   auf der Menge   aus. Wir definieren mit Hilfe von   ein spezielles   durch  . Dann bedeutet  , dass   das Maß   hat, und   bedeutet, dass   das Maß   hat. Die Mengen   haben also immer das Maß  . Wegen   muss auch der Durchschnitt   das Maß   haben. Dieser Durchschnitt kann aber höchstens das Element x enthalten und hat somit das Maß  . Es ist also bewiesen, dass messbare Kardinalzahlen stark unerreichbar sind.

Literatur

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