Das Wipptal ist ein in Nord-Süd-Richtung verlaufendes Tal in den zentralen Ostalpen im österreichischen Nordtirol und italienischen Südtirol. Es bildet hydrogeographisch keine Einheit: Die Nordhälfte wird von der Sill und weiter über das Flusssystem der Donau zum Schwarzen Meer hin entwässert, die Südhälfte vom Eisack und weiter über das Flusssystem der Etsch zur Adria. In seine zwei Hälften geteilt wird das Wipptal vom Brennerpass. Das nördliche Ende des Wipptals bildet die Einmündung in das Inntal bei der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck; als Südgrenze zum Eisacktal wird entweder die Engstelle der Sachsenklemme oder etwas weiter südlich das Aufgehen in den Brixner Talkessel nach der Franzensfeste aufgefasst.
Wipptal | ||
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Das Wipptal bei Sterzing mit nördlicher Blickrichtung | ||
Lage | Nordtirol, Südtirol | |
Gewässer | Sill; Eisack | |
Gebirge | Stubaier Alpen, Sarntaler Alpen, Tuxer Alpen, Zillertaler Alpen | |
Geographische Lage | 47° 0′ N, 11° 30′ O | |
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Höhe | 570 bis 1370 m ü. A. | |
Länge | ca. 70 km |
Geographie
BearbeitenDas Wipptal verläuft von Innsbruck entlang der Sill Richtung Süden, überschreitet am Brenner (1370 m ü. A.) den Alpenhauptkamm und führt in Südtirol entlang des Eisacks über Sterzing bis zur Sachsenklemme bzw. Franzensfeste. Im Norden mündet es in das Unterinntal, im Süden setzt es sich als Eisacktal fort. Das Wipptal trennt die Stubaier und Sarntaler Alpen im Westen von den Tuxer und Zillertaler Alpen im Osten.
Die größeren, besiedelten Seitentäler sind (von Nord nach Süd) das Stubaital, das Gschnitztal, das Obernbergtal, Pflersch und Ridnaun nach Westen sowie das Navistal, das Schmirntal, das Valser Tal, Pfitsch und das Maulser Tal nach Osten.
Geschichte
BearbeitenDie ersten namentlich bekannten Bewohner des Wipptales waren die Breonen. Sie besiedelten die Mittelgebirgsterrassen und Schwemmkegel. Das Wipptal war lange Zeit innerhalb des Bistums Brixen und der Grafschaft Tirol eine kulturgeographische und politische Einheit. Die heutige Grenze zwischen Italien und Österreich über den Brennerpass entstand erst infolge des Ersten Weltkriegs durch das Inkrafttreten des Vertrags von Saint-Germain im Jahr 1920.
Namen
BearbeitenDie Bezeichnung des Tales geht auf das Römerkastell Vipitenum zurück.[1] Die Etymologie des Namens liegt im Dunkeln, plausibel erscheint eine Verbindung zum belegten etruskischen Personennamen Vipiθenes.[2][3] In der Nähe Vipitenums wurde im Frühmittelalter die heutige Stadt Sterzing als bajuwarische Neugründung angelegt. Um 937–957 wird das Tal in einer Traditionsnotiz des Hochstifts Freising erstmals als „vallis Vuibitina“ erwähnt.[4] Im Sommer 1166 ist die Gegend unter der Bezeichnung „Wibetwald“ im Lehen- und Einkünfteverzeichnis der bayerischen Grafen von Neuburg-Falkenstein, dem sogenannten Codex Falkensteinensis, genannt.[5] Weitere Nennungen sind um 1170 Wibital und um 1200 Wiptal oder Wibtal. Diese Erwähnungen beziehen sich auf die Gegend um Sterzing, erst seit dem 15. Jahrhundert wird der Begriff auch für den Teil nördlich des Brenners verwendet, das Viertel Wipptal umfasste im 16. Jahrhundert die Landgerichte Sterzing und Steinach. Dabei wurde der Abschnitt von Innsbruck bis zum Brenner als unteres Wipptal, der Abschnitt vom Brenner südwärts als oberes Wipptal bezeichnet.[6]
Der Südtiroler Abschnitt wird heute gelegentlich auch Oberes Eisacktal (italienisch Alta Valle Isarco) genannt. Für den Abschnitt nördlich des Brenners wird gelegentlich die Bezeichnung Silltal verwendet, die im 19. Jahrhundert durch Schriftsteller und Gelehrte wie Johann Jakob Staffler geprägt wurde.[6] Vereinzelt findet sich auch die Bezeichnung Brennertal.
Verkehr
BearbeitenDas Wipptal ist wegen der geringen Höhe des Brennerpasses seit langem eine der bedeutendsten Nord-Süd-Verkehrsachsen durch die Alpen. Bereits in der Römerzeit verband die Via Raetia, an der die Straßenstationen Matreium und Vipitenum lagen, die Provinz Rätien mit Norditalien. Heute verlaufen hier die Brennerstraße bzw. Brennerstaatsstraße, die 1867 eröffnete Brennerbahn und die Brennerautobahn mit ihrem markantesten Bauwerk, der Europabrücke. Der Südtiroler Abschnitt wird von der Radroute 1 „Brenner–Salurn“ durchquert.
Die Brennerautobahn (A13 nördlich des Brenners, A22 südlich davon) ist die wichtigste und meistbefahrene Nord-Süd-Querung der Alpen und liegt auf der Strecke München-Verona. Die Bewohner des Wipptales klagen seit Jahren über die Verkehrsbelastung, insbesondere durch den Gütertransport auf der Straße. Der in Bau befindliche Brennerbasistunnel soll lokal für eine Entlastung sorgen.
Klima
BearbeitenDas Wipptal weist ein inneralpines Talklima auf, das etwas niederschlagsreicher als in den Ötztaler Alpen und südlich des Brenners trockener als nördlich davon ist. Nebel tritt seltener als im Inntal auf, charakteristisch für das Tal ist der periodische Föhn.[7]
Der mittlere Jahresniederschlag beträgt in Steinach-Plon (1204 m ü. A.) 925,3 mm und in Sterzing (948 m s.l.m.) 773,3 mm. Die mittlere Tagestemperatur beträgt im Jänner −2,8 °C in Steinach und −2,1 °C in Sterzing, im Juli 14,6 °C in Steinach und 17,7 °C in Sterzing.[8][9]
Gemeinden
BearbeitenVon Norden nach Süden liegen die folgenden Gemeinden im Wipptal:
- Patsch
- Ellbögen
- Matrei am Brenner
- Steinach am Brenner
- Gries am Brenner
- Brenner
- Sterzing
- Freienfeld
- Franzensfeste
In Seitentälern liegen:
Die in Südtirol gelegenen Gemeinden bilden mit den Gemeinden einiger Seitentäler die Bezirksgemeinschaft Wipptal. Die Nordtiroler Gemeinden des Wipptales und seiner Seitentäler (mit Ausnahme von Patsch und des Stubaitals) bilden den Planungsverband Wipptal.
Literatur
Bearbeiten- Engelbert Auckenthaler: Geschichte der Höfe und Familien des obersten Eisacktals (Brenner, Gossensaß, Pflersch). Mit besonderer Berücksichtigung des 16. Jahrhunderts (= Schlern-Schriften. Band 96). Wagner, Innsbruck 1953.
- Hermann Holzmann: Wipptaler Heimatsagen (= Österreichische Volkskultur. Forschungen zur Volkskunde. Band 2). Wien: Österreichischer Bundesverlag 1948.
- Harald Kofler: Orts- und Siedlungsnamen im Wipptal. Weger, Brixen 2019, ISBN 978-88-6563-246-8.
- Beatrix und Egon Pinzer: Wipptal – Stubaital und Seitentäler. Thaur/Tirol: Wort-und-Welt-Verlag 1991.
- Josef Rampold: Eisacktal: Landschaft zwischen Firn und Reben (= Südtiroler Landeskunde. Band 5). 5. Auflage. Athesia, Bozen 1996, ISBN 88-7014-166-7.
- Helmut Stampfer (Hrsg.): Bauernhöfe in Südtirol. Band 9: Oberes Eisacktal. Von Mauls bis zum Brenner. Athesia, Bozen 2015, ISBN 978-88-6839-035-8.
- Gerhard Stürzlinger: Durchs wilde Wipptal. Wandern zwischen Innsbruck und Mauls. Zürich: Rotpunktverlag 2001, ISBN 3-85869-197-6.
- Oswald Trapp (Hrsg.): Tiroler Burgenbuch. Band 3: Wipptal. Verlagsanstalt Athesia, Bozen 1982.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Peter Anreiter: Der Brenner. In: Namenkundliche Informationen. Band 109/110, 2017, S. 10 (core.ac.uk [PDF] Fußnote 8).
- ↑ Cristian Kollmann: Rätische Prädialnamen in Südtirol? In: Der Schlern 73, 1999, S. 707—714 und Nachtrag 798.
- ↑ Diether Schürr: Zum Beginn der Erschließung des Rätischen: Ludwig Steub 1843–1854 (= Chronicalia Indoeuropaea. Band 38). 2001, S. 74.
- ↑ Martin Bitschnau, Hannes Obermair: Tiroler Urkundenbuch, II. Abteilung: Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und Pustertals. Band 1: Bis zum Jahr 1140. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009, ISBN 978-3-7030-0469-8, S. 110, Nr. 144.
- ↑ Martin Bitschnau, Hannes Obermair: Tiroler Urkundenbuch, II. Abteilung: Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und Pustertals. Band 2: 1140–1200. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2012, ISBN 978-3-7030-0485-8, S. 186–189, Nr. 627.
- ↑ a b Otto Stolz: Geschichtskunde der Gewässer Tirols. Schlern-Schriften, Band 32, Innsbruck 1936 (Digitalisat)
- ↑ Eva Favry, Barbara Bory, Zeljka Musovic, Wolfgang Pfefferkorn, Helmut Tauber: Anhang 5.1 zum AP2-Bericht, Aufgaben 2.5, 2.6: Regionalbericht Wipptal, Österreich. Regional Consulting, Wien 2003 (PDF; 3,7 MB ( vom 27. September 2016 im Internet Archive))
- ↑ Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik: Klimadaten von Österreich 1971–2000
- ↑ Autonome Provinz Bozen-Südtirol: Monatliche und jährliche Niederschlagsmengen Sterzing (PDF; 127 kB)