Erholungsurlaub

vom Arbeitgeber bezahlter Urlaub / Ferien
(Weitergeleitet von Urlaubsanspruch)

Erholungsurlaub, in der Schweiz Ferien, ist die zeitweilige Freistellung eines Arbeitnehmers von der Pflicht zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung zum Zwecke der Erholung und Freizeitgestaltung bei Fortbestehe seines Anspruchs auf Arbeitsentgelt. Insofern handelt es sich bei den entsprechenden gesetzlichen Regelungen um eine Ausnahme von dem Grundsatz Ohne Arbeit kein Lohn.

Begriffe

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  • In Deutschland und Österreich wird der Erholungsurlaub kurz „Urlaub“ genannt, obwohl letzterer der Oberbegriff für verschiedene, am Zweck orientierte Urlaubsarten ist. Es handelt sich um eine Art des Urlaubs, die im Vergleich zur Arbeitspause, Freizeit und Sonn- und Feiertagen die länger andauernde ununterbrochene Freistellung von der Arbeit darstellt.
  • In der Schweiz wird der Erholungsurlaub ausschließlich als Ferien (vom lateinischen feriae für Festtage) bezeichnet, so in Art. 329a OR. Der Begriff „Urlaub“ wird dort nur für die Urlaubsarten, die keine Ferien sind (auch: Betriebsferien, Schulferien), verwendet, wie beispielsweise beim „unbezahlten Urlaub“, beim „Mutterschaftsurlaub“ usw.

International

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Deutschland

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Wichtigste Rechtsgrundlage für den Erholungsurlaub ist in Deutschland das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Von den gesetzlichen Regelungen darf im Tarifvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag abgewichen werden, doch dürfen dabei die Mindestregelungen nicht unterschritten werden (Günstigkeitsprinzip).[1] Bei Großunternehmen können aus Gründen der Betriebsorganisation auch Betriebsferien angeordnet werden, so dass ein großer Teil der Arbeitnehmer zur selben Zeit Erholungsurlaub nehmen muss.

Österreich

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In Österreich beträgt der Urlaub nach einer Dienstzeit von weniger als 25 Jahren 30 Werktage und erhöht sich nach Vollendung des 25. Jahres auf 36 Werktage (§ 2 UrlG), wobei auf die Erfordernisse des Arbeitgebers und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen ist (§ 4 UrlG). Spezialvorschriften sind § 15 ff. HausbesorgerG und § 45 ff. Bauarbeiter-UrlaubsG.

Weitergehende Regelungen sind relativ selten (siehe Kollektivvertrag).

Nach Art. 329a des Schweizer Obligationenrechts hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedes Dienstjahr wenigstens vier Wochen, dem Arbeitnehmer bis zum vollendeten 20. Altersjahr wenigstens fünf Wochen Ferien zu gewähren. Art. 329c OR schreibt vor, dass wenigstens zwei Ferienwochen zusammenhängend genommen werden müssen. Die Entgeltfortzahlung ist in Art. 329d OR gesichert. Der Mutterschaftsurlaub ergibt sich aus Art. 329f OR, der Betreuungsurlaub ist in Art. 329h ff. OR geregelt.

In vielen Branchen, die einen Gesamtarbeitsvertrag kennen, sind fünf Wochen Ferien vorgesehen.[2]

Europäische Union

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In der Europäischen Union haben nach Art. 31 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union Arbeitnehmer unter anderem das Recht auf bezahlten Jahresurlaub.

Der EuGH (EuGH) entschied im November 2018, dass Arbeitnehmer den ihnen nach Unionsrecht zustehenden Urlaub (also den gesetzlichen Mindesturlaub) nicht automatisch verlieren, wenn sie zuvor keinen Urlaubsantrag gestellt haben. Urlaubsansprüche sollen nach Auffassung des EuGH nur dann automatisch verfallen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Dies sei nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erforderlichenfalls sogar dazu auffordert, den Urlaub zu nehmen und ihm mitteilt, dass der nicht genommene Urlaub am Ende des zulässigen Übertragungszeitraums oder am Ende des Arbeitsverhältnisses verfallen wird.[3]

Urlaubsdauer

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Land gesetzlicher
Urlaubsanspruch
gesetzliche
Feiertage[AN 1]
arbeitsfreie Tage
insgesamt[4]
Argentinien  Argentinien 20 15 35
Bolivien  Bolivien 25 12 37
Brasilien  Brasilien 22 11 33
Chile  Chile 15 14 29
Danemark  Dänemark 25 09 34
Deutschland  Deutschland 20[AN 2] 10 30
Ecuador  Ecuador 15 09 24
Finnland  Finnland 25 10 35
Frankreich  Frankreich 25 11 36
Indien  Indien 12 18 30
Indonesien  Indonesien 12 14 26
Irland  Irland 20 09 29
Italien  Italien 20 11 31
Japan  Japan 10 – 20[AN 3] 15 25 – 35
Kolumbien  Kolumbien 15 18 33
Kroatien  Kroatien 20 11 31
Lettland  Lettland 20 10 30
Libanon  Libanon 15 16 31
Litauen  Litauen 20 12 32
Luxemburg  Luxemburg 25 10 35
Malaysia  Malaysia 16 14 30
Malta  Malta 24 14 38
Mexiko  Mexiko 16 07 23
Niederlande  Niederlande 20 08 28
Osterreich  Österreich 25 12 – 13
(länder-
abhängig
)
länderabhängig;
von Jahr zu Jahr unterschiedlich[AN 4]
Peru  Peru 22 12 34
Philippinen  Philippinen 05 14 19
Polen  Polen 20 11 31
Portugal  Portugal 22 13 35
Rumänien  Rumänien 20 09 29
Schweden  Schweden 25 11 36
Schweiz  Schweiz 20 08 – 15
(kantonal
unterschiedlich
)
kantonal unterschiedlich;
von Jahr zu Jahr unterschiedlich[AN 4]
Singapur  Singapur 14 11 25
Slowakei  Slowakei 20 15 35
Slowenien  Slowenien 20 12 32
Spanien  Spanien 22 14 36
Sudafrika  Südafrika 15 12 27
Korea Sud  Südkorea 19 15 34
Taiwan  Taiwan 15 13 28
Tschechien  Tschechien 20 12 32
Turkei  Türkei 17 14,5 31,5
Ungarn  Ungarn 23 08 31
Venezuela  Venezuela 24 14 38
Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich 28 00 28
Vereinigte Staaten  Vereinigte Staaten 00 10[5] 10
Vietnam  Vietnam 14 09 23
Zypern Republik  Zypern 20 15 35
  1. regionale Feiertage nicht mit eingerechnet
  2. Arbeitnehmer mit einer 6-Tage-Arbeitswoche haben einen Anspruch auf 24 Urlaubstage
  3. abhängig von der Dauer des Anstellungsverhältnisses, Maximalsatz ab 6,5 Jahren Anstellung
  4. a b Je nachdem ob ein gesetzlicher Feiertag am Wochenende ist oder nicht

Wirtschaftliche Aspekte

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Erholungsurlaub gilt gemeinhin als „schönste Zeit des Jahres“[6] und ist als unentziehbare gesetzlich bedingte soziale Mindestleistung des Arbeitgebers zur Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft des bei ihm beschäftigten Arbeitnehmers aufzufassen.[7] Aus Sicht der Arbeitspsychologie dient Erholungsurlaub – bestehend aus Lohnfortzahlung und Freistellung von der Arbeit – zur Rekonvaleszenz und Stärkung der Arbeitsmotivation, zum Abbau von Stress und der Selbstentfaltung der Arbeitskraft.[8] Eine der klassischen Formen der Gestaltung des Erholungsurlaubs ist eine Reise. Eine andere Form ist das Verbringen der freien Zeit zu Hause (scherzhaft Balkonien oder in der Schweiz auch UHU-Ferien [ums huus umme] genannt).[9][10]

Da an freien Tagen (Erholungsurlaub, Sonn- und Feiertage) nicht gearbeitet wird, wirkt sich volkswirtschaftlich eine verringerte Produktionceteris paribus – negativ auf das Bruttoinlandsprodukt aus und bremst das Wirtschaftswachstum.[11] Das gilt auch für Verkürzungen der Arbeitszeit. Bereits die Einführung eines neuen Feiertages kann zur Verringerung des Wirtschaftswachstums beitragen.[12] Erholungsurlaub wirkt sich insofern negativ bei der Kalenderbereinigung aus.

Siehe auch

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Wiktionary: Erholungsurlaub – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Weber/Wolfgang Mayrhofer/Werner Nienhüser/Rüdiger Kabst, Lexikon Personalwirtschaft, 2005, S. 312
  2. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO: Ferien. Abgerufen am 26. Juni 2024.
  3. EuGH, Urteil vom 6. November 2018: Az.: C-684/16 (Shimizu) und C-619/16 (Kreuziger) = NJW 2019, 495
  4. Employee statutory and public holiday entitlements – global comparisons. (Memento vom 28. Januar 2010 im Internet Archive) Mercer 2009.
  5. About the USA – Feiertage. In: usa.usembassy.de. Abgerufen am 2. Dezember 2015.
  6. Stephanie Günther/Wolfgang Müller, Die schönste Zeit des Jahres: Wissenswertes zum Urlaubsrecht, in: Der Betriebsrat, 2010, S. 16
  7. BAG, Urteil vom 7. November 1985, Az.:6 AZR 169/84 = BAGE 50, 124
  8. Julia M. König, Die Erarbeitung als Voraussetzung des Urlaubsentgeltanspruchs, 2018, S. 56
  9. Urlaub, Reise, Ausland: Erholung zu Hause statt Reisestress: So wird der Urlaub auf Balkonien zum Erlebnis. In: barmer.de. Abgerufen am 20. August 2023.
  10. UHU-Wanderwege – mit Schweiz Mobil auf dem Zürichsee-Rundwanderweg | travelistas.info- die Reise-Insider. 2. September 2021, abgerufen am 26. Juni 2024 (deutsch).
  11. Ulrich Peter Ritter, Vergleichende Volkswirtschaftslehre, 1997, S. 180 ff.
  12. Olivier Blanchard/Gerhard Illing, Makroökonomie, 2009, S. 55 f.