Verfassung der Republik Tunesien

oberstes Gesetz der Tunesischen Republik
(Weitergeleitet von Verfassung von Tunesien)

Die Verfassung der Tunesischen Republik (arabisch دستور الجمهورية التونسية, DMG dustūr al-ǧumhūriyya at-tūnisiyya) ist seit dem 27. Januar 2014 in Kraft[1] und löste damit die seit 11. Dezember 2011 geltende Übergangsverfassung ab.[2] Nach den Umwälzungen während der Tunesischen Revolution war die alte Verfassung des Landes außer Kraft gesetzt worden. Diese alte Verfassung war am 1. Juni 1959 von Habib Bourguiba verkündet worden, nachdem sich die frühere französische Kolonie Tunesien von Frankreich unabhängig erklärt hatte. Sie bestand aus 78 Artikeln und wurde im Laufe der Zeit mehrmals, zum Teil deutlich, verändert. Nach den ersten freien Wahlen in Tunesien im Oktober 2011 wurde eine Verfassungsgebende Versammlung zur Ausarbeitung einer neuen tunesischen Verfassung beauftragt, die am 26. Januar 2014 verabschiedet wurde (Zustimmung von 200 der 216 Abgeordneten).[1]

Basisdaten
Titel: Verfassung der Tunesischen Republik
Art: Verfassung
Geltungsbereich: Tunesien
Rechtsmaterie: Verfassungsrecht
Ursprüngliche Fassung vom:
Inkrafttreten am:
Letzte Neufassung vom: 2014
Inkrafttreten der
Neufassung am:
27. Januar 2014
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.
Unterzeichnung der Verfassung am 27. Januar 2014
Deckblatt der Verfassung von 2014

Die Verfassung von 2014 sieht, wie schon die von 1959, die Staatsform der Republik, als Religion den Islam und als Sprache das Arabische vor. Sie beschreibt Tunesien als bürgerschaftlichen Staat, der auf Volkssouveränität und Rechtsstaatlichkeit aufbaut, garantiert Gewissensfreiheit sowie Gleichberechtigung. Erstmals in der arabischen Welt legt die Verfassung auch fest, dass in den gewählten Kammern genauso viele Frauen wie Männer sitzen sollen.[1] Ob das Bekenntnis zum Islam in Artikel 1 rechtliche Wirkungen entfaltet, ist unklar. Das islamische Recht (Scharia) wurde in der Verfassung bewusst nicht als Rechtsquelle oder Grundlage der Gesetzgebung vorgesehen. Von 1959 bis 2011 wurde Tunesien trotz des Wortlauts der Verfassung säkular regiert und islamistische Gruppen verfolgt. Der Staatspräsident muss gemäß Artikel 74 muslimischer Konfession sein, diese Voraussetzung erfüllen 98 % der Bürger.

Im September 2021 kündigte der tunesische Präsident Kaïs Saïed eine bevorstehende Reform der Verfassung von 2014 an.[3]

Im Frühjahr 2022 hatten Bürger des Landes die Möglichkeit erhalten, Vorschläge zu einer Überarbeitung der Verfassung Tunesiens einzureichen. Diese sollten nachfolgend von einem Expertenkomitee ausgewertet werden und so die Basis einer Verfassungsreform bilden, über die die Bevölkerung am 25. Juli 2022 in einem Volksentscheid abstimmen konnte.[4] Die Opposition (die islamistische Ennahda-Partei und die säkulare Parti destourien libre) hatte zu einem Boykott des Referendums aufgerufen. Die zur Abstimmung gestellte Verfassung sieht vor, dass der Präsident unter anderem Regierung und Richter ernennen und entlassen darf. Bei einer Wahlbeteiligung von 30,5 Prozent (2,75 Millionen Wähler) stimmten 94,6 Prozent für die Annahme der Verfassung.[5] Am 17. Dezember 2022 wurde das Parlament neu gewählt, allerdings lag nach Boykottaufruf der Opposition die Wahlbeteiligung unter 10 %.[6]

Textausgaben

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Einzelnachweise

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  1. a b c Politischer Wandel: Tunesier bejubeln neue Verfassung. In: Spiegel Online. 27. Januar 2014, abgerufen am 27. Januar 2014.
  2. Übergangsverfassung in Tunesien verabschiedet. In: RP Online. 11. Dezember 2011, abgerufen am 20. Januar 2012.
  3. Tunisia president indicates plans to amend constitution. In: Aljazeera. 12. September 2021, abgerufen am 13. September 2021 (französisch).
  4. Sarah Mersch: Tunesiens Präsident stellt Zeitplan für politische Reformen vor. Der Standard, 14. Dezember 2021, abgerufen am 16. Dezember 2021.
  5. tagesschau.de: Nach Referendum: Tunesiens umstrittene Verfassung angenommen. Abgerufen am 27. Juli 2022.
  6. Sarah Mersch: Tunesiens Präsident stellt Zeitplan für politische Reformen vor. Der Standard, 14. Dezember 2021, abgerufen am 16. Dezember 2021.