Wetsche

patriarchalische Volksversammlung in Ruthenien, Polen und Russland
(Weitergeleitet von Wiec)

Das Wetsche (russisch вече Veče, polnisch wiec) war eine Versammlung der Bevölkerung in russischen und polnischen Städten und ein Organ der Mitbestimmung oder der Selbstverwaltung. Zum ersten Mal wird diese Institution in einer Chronik 997 für die Stadt Bilhorod erwähnt, sie hatte ihren Höhepunkt im 12. Jahrhundert als sie in vielen russischen Teilfürstentümern als Vertragspartner des jeweiligen Regenten auftrat.

Wetsche in Nowgorod
Moskauer Truppen treiben die Wetsche auseinander (Gemälde von Klawdi Lebedew, ca. 1910)

In der Republik Nowgorod und in Pskow erlebte das Wetsche seine markanteste Ausprägung, diese wurden bis zum Ende des 15. Jahrhunderts von einem Wetsche regiert. Mit der Eingliederung der beiden Städte in das Großfürstentum Moskau 1478 beziehungsweise 1510 endete die Tradition des Wetsche in Russland.

Russische Historiker des 18. und 19. Jahrhunderts sehen das Wetsche als Nachfolger der slawischen Stammesversammlungen und als Gegenentwurf zur russischen Autokratie. Im Polnischen ist das Wort „wiec“ im Sinne einer öffentlichen Kundgebungsversammlung (z. B. während Demonstrationen) auch heute noch gebräuchlich.

Literatur

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  • Wetsche. In: Энциклопедический словарь Брокгауза и Ефрона – Enziklopeditscheski slowar Brokgausa i Jefrona. Band 7a [14]: Выговский–Гальбан. Brockhaus-Efron, Sankt Petersburg 1892, S. 692–697 (russisch, Volltext [Wikisource] PDF).
  • Jonas Granberg: Veche in the chronicles of medieval Rus: a study of functions and terminology. Department of History Göteborg University, Göteborg 2004 (Diss. engl.), ISBN 91-88614-49-2.
  • Klaus Zernack: Die burgstädtischen Volksversammlungen bei den Ost- und Westslaven. Studien zur verfassungsgeschichtlichen Bedeutung des Vece. Harrassowitz, Wiesbaden 1967 (= Osteuropastudien der Hochschulen des Landes Hessen. Reihe 1 = Giessener Abhandlungen zur Agrar- und Wirtschaftsforschung des europäischen Osten. 33). Zugleich Habilitationsschrift an der Philosophischen Fakultät in Giessen 1965.
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