Willie Soon

US-amerikanischer Raumfahrtingenieur and Klimawandelleugner
(Weitergeleitet von Willie Wei-Hock Soon)

Willie Wei-Hock Soon (* 1966 in Kangar, Malaysia) ist ein US-amerikanischer Raumfahrtingenieur. Internationale Bekanntheit erlangte er für seine Aktivitäten als Klimawandelleugner. Er zählt zu den bekanntesten Personen, die im Auftrag von konservativen Think Tanks sowie Unternehmen der Fossilenergiebranche Zweifel an der globalen Erwärmung säen.[1][2]

Leben und Wirken

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Soon studierte nach Schulbesuch in Perlis in Malaysia ab 1980 an der University of Southern California, an der er 1985 seinen Bachelor-Abschluss und 1987 seine Master-Abschluss erwarb und 1991 promoviert wurde (Non equilibrium kinetics in high temperature gases). Er arbeitet seit 1991 in Teilzeit am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. In Teilen der Presse wird er häufig fälschlich als Astrophysiker an der Harvard University präsentiert, tatsächlich ist er aber Raumfahrtingenieur; auch war er niemals an der Harvard University tätig.[3] Er steht in Verbindung mit einer Reihe von Schlüsselorganisationen, die Zweifel an der globalen Erwärmung verbreiten, unter anderem dem Heartland Institute, dem Competitive Enterprise Institute und der CO2 Coalition.[4] Darüber hinaus war er auch für das George C. Marshall Institute tätig gewesen, einen politisch konservativen Think-Tank, der als älteste Klimaleugnerorganisation gilt[5], und Chief Science Researcher beim Science and Public Policy Institute[6], einem weiteren Think Tank der Klimawandelleugnerszene.

Obwohl fachfremd, erlangte er vor allem durch seine Studien zu Umweltthemen Bekanntheit. Wegen seiner Leugnung der menschengemachten globalen Erwärmung wurde er vielfach von Klimawandelleugnern wie James Inhofe zitiert und durfte auch vor dem US-Kongress sprechen. Seine Kernthese ist, dass der Großteil der Erderwärmung auf die Sonnenaktivität zurückzuführen ist, während der Mensch nur eine geringe Rolle spielt. In der Wissenschaft werden seine Arbeiten größtenteils abgelehnt; unter anderem wird ihm vorgeworfen, veraltete Daten zu nutzen, gefälschte Korrelationen zu publizieren und Hinweise auf menschliche Emissionen zu ignorieren. Auch das Smithsonian-Center, bei dem er beschäftigt ist, distanzierte sich mehrfach von seinen Arbeiten.[3]

1998 verfasste Soon zusammen mit Arthur B. Robinson und Noah E. Robinson ein Begleitschreiben für die Oregon-Petition, das optisch wie ein in der hochrangigen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienener Fachaufsatz gestaltet war. Dieses irreführend gestaltete Begleitschreiben fügte schließlich Frederick Seitz der Petition bei und warb zugleich mit seinem Namen und seiner früheren Rolle als Präsident der National Academy of Sciences (NAS) für weitere Unterschriften. Dieses Vorgehen wurde von der NAS verurteilt, die ihrem ehemaligen Vorsitzenden in einer beispiellosen Antwort vorsätzliche Täuschung vorwarf und betonte, dass sich die Meinung von Seitz stark von der Position der Wissenschaft unterschied.[7]

Im Jahr 2003 veröffentlichte Soon gemeinsam mit Sallie Baliunas zwei nahezu identische Artikel im Fachjournal Climate Research und in der Zeitschrift Energy & Environment, in denen sie die aktuelle Erderwärmung als unbedeutend einstuften im Vergleich zu anderen historischen Klimaveränderungen des letzten Jahrtausends.[8] Die Climate-Research-Studie, von der nachträglich bekannt wurde, dass sie vom American Petroleum Institute gesponsert wurde, zog erhebliche Kritik nach sich. Unter anderem veröffentlichten 13 Autoren eine Kritik, in der sie erklärten, dass Soon und Baliunas ihre Ergebnisse falsch wiedergegeben hätten.[9] Nach scharfer fachlicher Kritik[10] wegen methodischer Mängel der Studie distanzierten sich der Herausgeber der Fachzeitschrift, Otto Kinne, und der Chefredakteur, Hans von Storch, von dem veröffentlichten Artikel. Von Storch trat zudem von seinem Posten als Chefredakteur zurück[11] wie auch zwei weitere Redakteure des Journals.[9] Trotzdem wurde die Studie von der damaligen US-Regierung unter George W. Bush als angeblicher Beweis für die Behauptung herangezogen, dass Klimaschutz unnötig sei.[12] Unter anderem wurde die Studie vom Senator Jim Inhofe als Beweis dafür angeführt, dass nicht Treibhausgase, sondern die Sonne für die Erderwärmung verantwortlich sei. Vom Marshall Institute wurde sie zudem per Website öffentlich verbreitet.[9] Ebenfalls 2003 veröffentlicht er mit Stephen H. Yaskell ein Buch über das Maunder-Minimum.[13]

2007 war Soon Co-Autor einer Studie, der zufolge Eisbären nicht vom Klimawandel bedroht seien.[14] Die republikanische Politikerin Sarah Palin nahm dies zum Anlass, die Streichung der Eisbären von der Liste der geschützten Tierarten zu fordern.[12]

In einem 2011 erschienenen Meinungsbeitrag für das konservative Wall Street Journal behauptete Soon, dass die US-Umweltbehörde EPA die gesundheitlichen Gefahren von industriellen Quecksilberemissionen übertreiben würde.[15]

Seine Thesen hat Soon auch als Gastredner bei Wahlveranstaltungen der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung verbreitet.[12] Im deutschsprachigen Raum werden Soons Arbeiten u. a. in den Leugnernetzwerken EIKE und dem europäischen Arm von CFACT stark rezipiert.[16]

Sponsoring durch Energiekonzerne

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2011 veröffentlichte die Umweltschutzorganisation Greenpeace die Ergebnisse einer Untersuchung, der zufolge Soon über einen Zeitraum von 10 Jahren über 1 Million US-Dollar aus Industrie- und Lobbykreisen erhalten hat. Unter Soons Geldgebern waren demnach u. a. der Ölkonzern ExxonMobil, der Energiekonzern Southern Co., die Lobbygruppe American Petroleum Institute sowie eine Stiftung von Charles Koch. Soon gab den Erhalt der Zahlungen zu, bestritt aber, dadurch beeinflusst worden zu sein.[17][18] Intern bezeichnete er seine Leistungen, die neben den Auftragsstudien auch öffentliche Auftritte umfassten, als gegenüber Bezahlung "lieferbare Ergebnisse".[19]

Nach 2015 veröffentlichten Dokumenten erhielt er ca. 1,25 Mio. US-Dollar, womit seine Forschungen fast ausschließlich durch Unternehmen der Fossil-Energiebranche finanziert wurden. Zudem soll er den Interessenkonflikt in wissenschaftlichen Papern nicht öffentlich gemacht haben. 2005 erhielt er ca. 410.000 Dollar von dem Kohlekonzern Southern Co. und verpflichtete sich im Gegenzug, Forschungen zu dem Einfluss der Sonne auf den Klimawandel zu publizieren.[20] Daraufhin leiteten verschiedene Fachzeitschriften sowie das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics Untersuchungen wegen der Nichtoffenlegung seiner Finanzierung sowie eines nicht benannten Interessenkonfliktes ein.[21] Die New York Times schreibt, dass Soon bei mindestens 11 Papern auf die Offenlegung seiner Gelder verzichtet und bei mindestens 8 Papern gegen die Ethikrichtlinien der Journale verstoßen habe, in denen er publiziert hat.[3] Im Rahmen der Insolvenz des größten Bergbauunternehmens der Welt, Peabody Energy, kam im Jahr 2016 ans Licht, dass er auch von dieser Firma Geld für seine klimaskeptischen Aktivitäten erhalten hat.[22] 2018 musste er zudem nach einem Gerichtsprozess mehrere seiner Geldgeber offenlegen; dies waren die ExxonMobil Foundation, die Charles G. Koch Foundation und das Kohleunternehmen Southern Company.[4]

Neben der direkten Finanzierung durch Energiekonzerne wurden Soon zudem Verbindungen zu mindestens fünf von ExxonMobil finanzierten Organisationen nachgewiesen. So wurde er unter anderem als "featured expert" beim Fraser Institute gelistet, als "senior scientist" beim George C. Marshall Institute und als "writer/contributor" beim Heartland Institute.[23]

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Einzelnachweise

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  1. Richard Maxwell, Toby Miller: The Propaganda Machine Behind the Controversy Over Climate Science: Can You Spot the Lie in This Title? In: American Behavioral Scientist. 2015, doi:10.1177/0002764215613405.
  2. Peter J. Jacques: A General Theory of Climate Denial. In: Global Environmental Politics. Band 12, Nr. 2, 2012, S. 9–17, doi:10.1162/GLEP_a_00105.
  3. a b c Deeper Ties to Corporate Cash for Doubtful Climate Researcher. In: The New York Times, 21. Februar 2015. Abgerufen am 21. April 2016.
  4. a b Dan Schwartz: The Last of the Climate Deniers Hold On, Despite Your Protests. In: Vice, 18. November 2019. Abgerufen am 21. November 2019.
  5. Vgl. James Lawrence Powell: The Inquisition of Climate Science. New York 2012, S. 101–103.
  6. Climate sceptics and fringe political groups are an unhealthy cocktail. In: The Guardian, 4. Juni 2010. Abgerufen am 24. Oktober 2020.
  7. Michael E. Mann, Tom Toles: Der Tollhauseffekt. Wie die Leugnung des Klimawandels unseren Planeten bedroht, unsere Politik zerstört und uns in den Wahnsinn treibt. Erlangen 2018, S. 84f.
  8. Global warming is not so hot: 1003 was worse, researchers find, in: Harvard Gazette, 24. April 2003, archiviert am 8. Juli 2016.
  9. a b c James Lawrence Powell: The Inquisition of Climate Science. New York 2012, S. 102f.
  10. Fachartikel: Mann et al. (2003): On Past Temperatures and Anomalous Late-20th Century Warmth, in: Eos, Vol. 84, No. 27, S. 256–258; Pressemitteilung dazu: Leading Climate Scientists Reaffirm View that Late 20th Century Warming Was Unusual and Resulted From Human Activity. Pressemitteilung der American Geophysical Union. 7. Juli 2003, archiviert vom Original am 25. Dezember 2013; abgerufen am 24. Dezember 2014.
  11. Politics Reasserts Itself in the Debate Over Climate Change and Its Hazards, in: The New York Times, 5. August 2003
  12. a b c Seine Skepsis ist 1 Million Dollar wert, von Constantin Seibt, in: Tages-Anzeiger, 29. Juni 2011
  13. Soon, Willie Wei-Hock; Yaskell, Steven H.: The Maunder Minimum and the Variable Sun-Earth Connection. World Scientific Publishing 2003
  14. Climate change sceptics criticise polar bear science, in: New Scientist, 1. Juli 2007
  15. The Myth of Killer Mercury, von Willie Soon und Paul Driessen, in: The Wall Street Journal, 25. Mai 2011
  16. Anna Leuschner, Die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft. Eine wissenschafts- und erkenntnistheoretische Analyse am Beispiel der Klimaforschung, Bielefeld 2012, S. 107f.
  17. Climate sceptic Willie Soon received $1m from oil companies, papers show, in: The Guardian, 28. Juni 2011
  18. Die Klimakrieger. In: Die Zeit, 22. November 2012. Abgerufen am 13. April 2016.
  19. Exxon bezahlte prominenten Klimawandel-Leugner. In: Manager Magazin, 23. Februar 2015. Abgerufen am 20. April 2016.
  20. Work of prominent climate change denier was funded by energy industry. In: The Guardian, 21. Februar 2015. Abgerufen am 22. Februar 2015.
  21. Climate sceptic researcher investigated over funding from fossil fuel firms . In: The Guardian, 11. Juni 2015. Abgerufen am 20. April 2016.
  22. Biggest US coal company funded dozens of groups questioning climate change The Guardian, 16. Juni 2016
  23. Union of Concerned Scientists: Smoke, Mirrors & Hot Air. How ExxonMobil Uses Big Tobacco’s Tactics to Manufacture Uncertainty on Climate Science. Januar 2007, abgerufen am 14. Juli 2019.