Gewöhnliche Fischnatter

Art der Gattung Fowlea
(Weitergeleitet von Xenochrophis piscator)

Die Gewöhnliche Fischnatter oder kurz Fischnatter (Fowlea piscator) ist eine häufig vorkommende Natternart aus der Unterfamilie der Wassernattern, die in Asien verbreitet ist. Sie wird als nicht gefährdet eingestuft. Fischnattern leben semi-aquatisch und adulte Tiere ernähren sich vor allem von Gliederfüßern, Fischen und Froschlurchen.

Gewöhnliche Fischnatter

Gewöhnliche Fischnatter im Süden Indiens

Systematik
Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Überfamilie: Colubroidea
Familie: Nattern (Colubridae)
Unterfamilie: Wassernattern (Natricinae)
Gattung: Fowlea
Art: Gewöhnliche Fischnatter
Wissenschaftlicher Name
Fowlea piscator
(Schneider, 1799)

Merkmale

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Die Gewöhnliche Fischnatter ist nicht giftig. Sie ist eine mittelgroße Natternart mit einer zylindrischen Körperform, wobei der Kopf sich in der Breite etwas vom Nacken absetzt. Die Männchen sind nur unwesentlich kleiner als die Weibchen, haben dabei jedoch einen längeren Schwanz.[1] Die Gesamtlänge liegt meist bei etwa einem Meter. Die maximal bei einem Exemplar gemessene Länge betrug 189 cm.[2] Das Körpergewicht liegt bei durchschnittlich 233 g, variiert jedoch stark.[3]

Färbung

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Die Färbung ist dorsal stark variabel. Sie reicht im Grundton von glänzend olivgrün über olivbraun, braun, gelblich grau, grau bis schwärzlich braun. Auftretende Muster sind ebenfalls variabel, teilweise abhängig vom Fundort. Es gibt auch fast einfarbige Exemplare, jedoch ist meist ein schachbrettartiges Muster aus dunklen Flecken vorhanden oder ein durch die langgestreckte Form der Flecken an Tigerstreifen erinnerndes Muster. Die Flecken treten in 5 bis 7 Reihen auf und können farblich dunkelgrau, dunkelbraun oder schwarz ausfallen. Die Größe der Flecken ist von Individuum zu Individuum ebenfalls stark variabel, allerdings fallen die Flecken der äußeren Reihe meist größer aus als die inneren Flecken. Einige Tiere weisen zudem eine Sprenkelung mit weißen oder rötlichen Punkten auf. Am Nacken befindet sich oft ein V-förmiger dunkler Fleck, wohingegen dieser, wenn er auftritt, bei der Schwesterart Fowlea flavipunctata Y-förmig ist. Am Kopf verlaufen auf jeder Seite je zwei schwarze Linien schräg abwärts. Eine beginnt hinter und die andere unterhalb des Auges. Die Bauchseite der Gewöhnlichen Fischnatter ist weißlich gelb bis gelblich braun. Der Hals kann leuchtend gelb bis orange gefärbt sein.[1]

Beschuppung

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Die Beschuppung der Gewöhnlichen Fischnatter weist 19 dorsale Schuppenreihen auf und bei Weibchen zwischen 136 und 154 nicht gekielte Bauchschuppen bzw. 128 bis 143 bei Männchen. Die paarig und ebenfalls nicht gekielt ausgebildeten Subcaudalia, vergrößerte Hornschuppen auf der Schwanzunterseite, zählen 68 bis 88 bei Weibchen und 79 bis 96 bei Männchen. Der Analschild ist geteilt. Die Kopfschuppen zählen 1 Loreale, 1 Präoculare, 3 bis 4 Postocularia und meist je 2 vordere und hintere Temporalia. Die Anzahl der Oberlippenschilde beträgt in der Regel 9, selten auch 8 oder 10, und die Anzahl der Unterlippenschilde 10 oder selten auch 9 oder 11. In der Regel grenzt der vierte bis fünfte Oberlippenschild an das Auge.[1]

Lebensweise

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Die Gewöhnliche Fischnatter lebt semi-aquatisch und ist sowohl tag- als auch nachtaktiv. Sie kommt an Binnengewässern, Reisfeldern, Straßengräben und Marschland vor.[5]

Ernährung

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Die Nahrung der Gewöhnlichen Fischnatter variiert mit Alter, Jahres- und Tageszeit. Jungtiere ernähren sich von Froschlaich, Kaulquappen und im Wasser lebenden Insekten, während adulte Tiere vor allem Gliederfüßer, kleinere Fische und Froschlurche jagen. Eine Untersuchung des Mageninhalts von Gewöhnlichen Fischnattern in Bangladesch ergab ein Durchschnittsgewicht der Beutetiere von 10,3 ± 6,8 g, was einem Anteil von 4,4 % ihres Körpergewichts entsprach. Im Winter wurde dabei mit durchschnittlich 2,4 % Anteil am Körpergewicht insgesamt deutlich weniger Nahrung gefunden. Nattern fressen allgemein Beutetiere von ca. 20 % ihres Körpergewichts, hauptsächlich abhängig vom Fassungsvermögen ihres Mauls. Die Nahrung setzte sich bei den untersuchten Fischnattern zu 56,5 % aus Gliederfüßern, 21,6 % aus Fisch und 17,4 % aus Amphibien zusammen. Zu den bevorzugt gefressenen Gliederfüßern zählen beispielsweise die Zuckerkäferart Passalus cornutus, die Schlanklibellenart Argia emma und Heuschreckennymphen der Art Melanoplus differntialis, sodass die Gewöhnliche Fischnatter eine natürliche Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft bewirken kann.[3][4] Bei den Froschlurchen wurden als Beutetiere u. a. die Schwarznarbenkröte, die Froschart Euphlyctis cyanophlyctis, die Engmaulfroschart Microhyla heymonsi und juvenile Hoplobatrachus tigerinus beobachtet. Die Amphibien werden schnell mit den Zähnen gepackt und anschließend mit den Beinen voran langsam verschlungen. Für das letzte Stück wird das Beutetier oft gegen harte Oberflächen wie Brunnenwände oder Teichböden gedrückt, um es ganz herunterzuschlucken. Gelegentlich misslingt der Fressversuch auch und die Beute wird liegen gelassen oder wegen Erstickungsgefahr auf halbem Weg wieder hochgewürgt. Erbeutete Fische werden in der Regel nach dem Fang zunächst ans Ufer transportiert, um sie dort einfacher fressen zu können. Zu den in Bangladesch am häufigsten in Mägen gefundenen Fischen zählen Arten der Gattung Puntius, der ursprünglich aus Afrika stammende Mosambik-Buntbarsch und Amblyphrayngodon mola. Die Gewöhnliche Fischnatter frisst zudem gelegentlich Amphibienlaich und Nagetiere sowie seltener Vögel und Reptilien wie die Geckoart Cnemaspis mysoriensis.[6][4][3][7] In seltenen Fällen werden möglicherweise auch juvenile Weichschildkröten gefressen, so wurde ein Fressversuch im Jagdishpur-Reservoir im nepalesischen Kapilbastu bei der Pfauenaugen-Weichschildkröte beobachtet.[8] Allerdings ist unklar, ob die Fischnatter in dem Fall am Ende erfolgreich war oder sich bei der Größe des Tieres überschätzte, wie es auch oft bei großen Fischen (z. B. Karpfen) und Froschlurchen (z. B. adulte Hoplobatrachus tigerinus) beobachtet wurde. Auch wurden als weiteres Beispiel für Fehleinschätzungen seitens Fischnattern bereits tote Exemplare gefunden, die vermutlich an den Stacheln eines erbeuteten Fisches starben.[4] Neben selbst erbeuteten Tieren frisst die Gewöhnliche Fischnatter auch gelegentlich bereits tote Tiere, was für Schlangen nicht ungewöhnlich ist.[9]

Verteidigung

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Liana crypsis bei einer Gewöhnlichen Fischnatter

Menschen gegenüber verhält sich die Gewöhnliche Fischnatter aggressiv und beißt schnell zu, wenn sie gegriffen wird. Sie wird als eine der bissfreudigsten Schlangen Indiens beschrieben, ist jedoch nicht giftig.[8] Zudem zeigt die Gewöhnliche Fischnatter gelegentlich ein Verhalten, das u. a. als Liana crypsis bezeichnet wird. Dieses wurde bisher bei etwa einem Dutzend Schlangenarten beobachtet, ist vermutlich aber noch bei mehr Arten vorhanden. Bei dieser Reaktion formt die Schlange in ihrem Körper 6 bis 20 kurze Biegungen und bleibt regungslos. Die Tarnung (Krypsis) erinnert an einen Ast oder eine Liane, daher der Name Liana crypsis.[10]

Fortpflanzung

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Die Weibchen legen zwischen Dezember und März bis zu 90 Eier. Als Ort für die Gelege werden von Nagetieren gegrabene Löcher gewählt oder andere Hohlräume in Felsen, Brunnen, Dämmen und ähnlichem. Die Jungtiere schlüpfen nach 60 bis 70 Tagen.[5]

Vorkommen

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Verbreitungsgebiet

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Verbreitungsgebiet der Gewöhnlichen Fischnatter

Das Verbreitungsgebiet der Gewöhnlichen Fischnatter erstreckt sich vom äußersten Osten Afghanistans über Pakistan bis Indien, Süd-Nepal, Süd-Bhutan, Süd-China (Yunnan, Guangxi), Bangladesch und den Norden der Indochinesischen Halbinsel. Vor allem in Indien ist sie weit verbreitet und kommt dort auf dem gesamten Festland bis in Höhen von rund 2000 m vor, wohingegen sie auf den Inselgruppen der Andamanen und Nikobaren fehlt. Auf der Indochinesischen Halbinsel ist sie in Myanmar, im Norden Thailands und im Norden von Laos bis zur vietnamesischen Grenze verbreitet. Dort und in der angrenzenden chinesischen Provinz Yunnan kommt sie sympatrisch mit der Gelbflecken-Fischnatter (Fowlea flavipunctata) vor.[5]

Gefährdung und Schutz

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Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stuft die Art als nicht gefährdet ein und ihren Populationstrend als stabil. Sie ist eine der häufigsten Schlangenarten in Indien und kommt daher auch in zahlreichen Schutzgebieten vor, beispielsweise im Eaglenest Wildlife Sanctuary und im Bhawal-Nationalpark in Bangladesch. In Indien ist die Art im Anhang II Teil II des Wildlife Protection Act von 1972 gelistet. Die Gewöhnliche Fischnatter wird insbesondere im Süden Chinas für ihre Schlangenhaut und das Fleisch gesammelt, sodass die Population dort rückläufig ist. Für einen Markt in Guangzhou wurde der Handel der Art im Jahr 1999 auf jährlich 377,7 Tonnen geschätzt, allerdings ist nach taxonomischen Änderungen unklar, welchen Anteil daran die Gewöhnliche Fischnatter und welchen die inzwischen als eigene Art angesehene Gelbflecken-Fischnatter (Fowlea flavipunctata) hatte. Auch in Myanmar wird die Gewöhnliche Fischnatter regional zum Verzehr gesammelt. Gewöhnliche Fischnattern werden zudem häufig auf Straßen überfahren, insbesondere während der Regenzeit.[5]

Taxonomie

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Die Gewöhnliche Fischnatter ist eine Natternart aus der Gattung Fowlea innerhalb der Unterfamilie der Wassernattern. Die Art wurde 1799 von Johann Schneider als Hydrus Piscator erstbeschrieben mit Terra typica Indiae orientalis (Ostindien), was 2012 von Vogel & David auf die nördlichen Küstenregion des Bundesstaats Andhra Pradesh eingegrenzt wurde.[1][6] Die Gattung Fowlea ist paraphyletisch und noch nicht ausreichend erforscht. Die Gewöhnliche Fischnatter wurde lange der Gattung Xenochrophis zugeordnet, jedoch 2019 der Gattung Fowlea zugewiesen (Purkayastha et al.).[6][11] Die Gelbflecken-Fischnatter (Fowlea flavipunctata) wurde früher als Unterart der Gewöhnlichen Fischnatter angesehen.[5][12] Auch die ehemalige Unterart F. p. melanzostus wurde zum Artstatus erhoben.[13] Morphologisch ähnliche Schlangen auf Sri Lanka, die in der Vergangenheit vorläufig zur Gewöhnlichen Fischnatter gezählt wurden, wurden inzwischen ebenfalls als zwei eigene Arten beschrieben: Fowlea unicolor und Fowlea asperrima.[14] Stand 2023 werden für die Gewöhnliche Fischnatter nach der Reptile Database keine Unterarten mehr unterschieden.[6]

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Literatur

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  • Gernot Vogel, Patrick David: On the taxonomy of the Xenochrophis piscator complex (Serpentes, Natricidae). In: M. Vences, J. Köhler, T. Ziegler, W. Böhme (ed.), 13th Congress of the Societas Europaea Herpetologica Herpetologia Bonnensis II. 2006, S. 241–246 (englisch).
  • Gernot Vogel, Patrick David: A revision of the species group of Xenochrophis piscator (Schneider, 1799) (Squamata: Natricidae). In: Zootaxa. Band 3473, 2012, S. 1–60, doi:10.11646/zootaxa.3473.1.1 (englisch).

Einzelnachweise

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  1. a b c d Gernot Vogel, & Patrick David: A revision of the species group of Xenochrophis piscator (Schneider, 1799) (Squamata: Natricidae). In: Zootaxa. Band 3473, 2012, S. 1–60, doi:10.11646/zootaxa.3473.1.1 (englisch).
  2. Dikansh S. Parmar: Notes on the Checkered Keelback, Xenochrophis piscator (Schneider 1799), in Gujarat, India. In: IRCF REPTILES & AMPHIBIANS. Band 25, Nr. 2, August 2018, S. 115–119 (englisch).
  3. a b c M. L. Hossain: Food habits of checkered keelback, Xenochrophis piscator (Schneider, 1799), in Bangladesh. In: Bangladesh Journal of Zoology. Band 44, Nr. 1, November 2016, S. 153, doi:10.3329/bjz.v44i1.30185 (englisch).
  4. a b c d Kamal Devkota, Ayush Maharjan & Hinrich Kaiser: You can’t always get what you want: attempted predation and prey handling of fish by the Checkered Keelback, Fowlea piscator (Schneider, 1799) in Nepal (Serpentes: Natricidae). In: Herpetology Notes. Band 13, 2020, S. 1073–1077 (englisch, biotaxa.org).
  5. a b c d e Fowlea piscator (LC) in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: B. L. Stuart, G. Wogan, N. Thy, T. Q. Nguyen, G. Vogel, C. Srinivasulu, B. Srinivasulu, G. Shankar, P. Mohapatra, S. Thakur & T. Papenfuss, 2016. Abgerufen am 10. April 2023.
  6. a b c d Fowlea piscator In: The Reptile Database; abgerufen am 9. April 2023.
  7. Yatin Kalki: Notes on the Diet of the Checkered Keelback (Fowlea piscator) Including the First Record of Saurophagy. Juli 2021, doi:10.17161/randa.v28i2.15630 (englisch).
  8. a b Kritagya Gyawali: Cheloniophagy by checkered keelback, Xenochrophis piscator (Schneider, 1799) on Indian peacock softshell turtle, Nilsonnia hurum (Gray, 1830). In: Bionotes. Band 21, Nr. 3, September 2019 (englisch).
  9. Anbazhagan Abinesh, Parakuth Pradeep & Sreedharan Nair Vishnu: Scavenging by Checkered Keelbacks, Fowlea piscator (Schneider 1799), at Ameenpur Lake, Hyderabad, India. In: Reptiles & Amphibians. Band 29, 2022, S. 148–149, doi:10.17161/randa.v29i1.16387 (englisch).
  10. Sjon Hauser, Ton Smits & Johan van Rooijen: RECORDS OF BODY BENDING BEHAVIOR ('LIANA CRYPSIS') IN FIVE SNAKE SPECIES IN THAILAND AND ONE IN SPAIN. In: Russian Journal of Herpetology. Band 29, Nr. 2, 2022, S. 65–75, doi:10.30906/1026-2296-2022-29-2-65-75 (englisch).
  11. Khan Ashaharraza, Sameer Sheikh & Gernot Vogel: Record of Davian behaviour (necrophilia) in Fowlea piscator (Schneider, 1799) (Serpentes: Natricidae) from Central India. In: Herpetology Notes. Band 13, 2020, S. 693–695 (englisch, biotaxa.org).
  12. Fowlea flavipunctata In: The Reptile Database; abgerufen am 10. April 2023.
  13. Fowlea melanzotus In: The Reptile Database; abgerufen am 11. April 2023.
  14. A.A. Thasun Amarasinghe, Sanjaya K. Bandara, Sanjaya Weerakkody, Patrick D. Campbell, David A. Marques, A. Dineth Danushka, Anslem de Silva, Gernot Vogel: Systematics of the Sri Lankan Water Snakes of the Genus Fowlea Theobald 1868 (Reptilia: Natricidae). In: Herpetologica. Band 78, Nr. 3, 6. September 2022, S. 201–219, doi:10.1655/Herpetologica-D-22-00004 (englisch).