Ausweichsitz der Landesregierung Baden-Württemberg

(Weitergeleitet von ZVSA-Atombunker)

Der Ausweichsitz der Landesregierung Baden-Württemberg ist ein Atomschutzbunker aus dem Kalten Krieg, getarnt und geheim gebaut am Ortsrand von Oberreichenbach.

Eingangsbereich in Oberreichenbach

Beschreibung und Geschichte

Bearbeiten

Der Atomschutzbunker wurde als Ausweichsitz der Landesregierung von Baden-Württemberg in den 1960er Jahren im nördlichen Schwarzwald am Ortsrand von Oberreichenbach rund 50 Kilometer Luftlinie von Stuttgart und damit dem dort noch heute ansässigen EUCOM der US-Streitkräfte (mittlerweile um Afrika und Middle East erweitert) entfernt gebaut. Die Baukosten betrugen damals 26,5 Mio. Euro.[1]

In dem fünf Stockwerke in die Tiefe gegrabenen Bunker sollte einst im Krisenfall die Landesregierung von Baden-Württemberg mit bis zu 250 Menschen Schutz finden. Die Landesregierung mit ihrem Arbeitsstab hätte im Katastrophenfall hier die Amtsgeschäfte fortführen und bis zu 30 Tage ohne Versorgung von außen überleben können. Diese Nutzung wurde regelmäßig im Rahmen der WINTEX-Manöver der NATO geübt. Dabei wurden die eigentlich Zutrittsberechtigten regelmäßig durch nachrangige Beamte vertreten.[2] In einem Besprechungsraum wurden auf großen Kartentafeln und mit Tageslichtprojektoren Verkehrswege und bestehende Infrastruktur aufgezeigt. In einigen Spezialräumen konnten die zur Bunkerbesatzung zählenden Ärzte zumindest einfache Operationen vornehmen.

Eine Eigenstromversorgung hätte die benötigte Energie geliefert. Ein Kommunikationsnetz mit Telefon, Fax und Fernschreiberleitungen hätte im Ernstfall die Verbindung mit allen wichtigen Behörden sicherstellen können. Als abgesetzte Sendestelle wurde die Funkstelle Lerchenberg bei Deckenpfronn errichtet. Im zweiten Untergeschoss war ein voll funktionsfähiges Rundfunkstudio untergebracht, um die Bevölkerung mit Nachrichten und Informationen versorgen zu können. Nach einer Zerstörung der Funkmasten konnten aus dem Erdhügel über dem Bunker zwei Spezialantennen (sogenannte „Papstfinger“ – Horizontal- und Vertikalstrahler) hydraulisch ausgefahren werden.

Nach Ende des Kalten Krieges zu Beginn der 1990er Jahre wurde für den damaligen Ausweichsitz der Landesregierung von Baden-Württemberg eine neue Nutzung gesucht. 1994 begann die damalige Comparex AG den Umbau des Bunkers der Landesregierung zum Notfallvorsorge-Rechenzentrum. Nach Abschluss der rund 15 Mio. Euro teuren Umbaumaßnahmen[3] wurde aus dem ehemaligen Atombunker (Tarnbezeichnung: ZSVA Zivilschutzvermittungsanlage) das Hochsicherheits-Rechenzentrum CITA (Centrum für InformationsTechnische Angelegenheiten).[4][5]

Seit dem 1. Oktober 2000 wird der Bunker von der eigenständigen COMback GmbH betrieben, die in mehreren Rechenzentren im Bauwerk Notfallvorsorge und sicheren IT-Betrieb für Kunden betreibt.[6]

Literatur

Bearbeiten
  • Jörg Diester: Geheimakte Regierungsbunker. Tagebuch eines Staatsgeheimnisses. Verlagsanstalt Handwerk GmbH, Düsseldorf 2008. ISBN 978-3-869500034
  • Ralf H. Dorweiler, Daniela Bianca Gierok: 111 Orte im Schwarzwald, die man gesehen haben muss. Verlag: Emons, H J (24. Mai 2012) ISBN 978-3-89705-950-4
  • Martin Kaule: Bunkeranlagen – Gigantische Bauten in Deutschland und Europa. Verlag: Sonderausgabe Weltbild, Augsburg 2013. ISBN 978-3828946972
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Thomas Fricke: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Findbuch R 2/001: Hörfunksendungen des SWF aus dem Jahre 1996 - Strukturansicht. Abgerufen am 22. Februar 2017.
  2. Michael Grube: Ausweichsitz der Landesregierung Baden-Württemberg. Abgerufen am 22. Februar 2017 (deutsch).
  3. Thomas Fricke: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Findbuch R 2/001: Hörfunksendungen des SWF aus dem Jahre 1996 - Strukturansicht. Abgerufen am 22. Februar 2017.
  4. Die Landesverwaltung schickt sensible Daten in den Bunker In: Government Computing. 21. Juli 2003
  5. " Vom Regierungsbunker zum Ausweichrechenzentrum" Das Staatsgeheimnis von Oberreichenbach : vom Regierungsbunker zum Ausweichrechenzentrum
  6. COMBACK Historie | COMBACK - IT-Security. In: it-security.comback.de. Abgerufen am 8. Oktober 2024.

Koordinaten: 48° 43′ 42,4″ N, 8° 39′ 58,9″ O