Über den Zwischenkiefer der Menschen und der Tiere

Über den Zwischenkiefer der Menschen und der Tiere ist eine naturwissenschaftliche Abhandlung von Johann Wolfgang von Goethe. In dieser konnte Goethe nachweisen, dass der Zwischenkiefer (Os intermaxillare) nicht nur bei den Tieren, sondern auch beim Menschen vorhanden sei. Damit entfiel der angeblich fehlende Knochen als Unterscheidungsmerkmal zwischen Menschen und Affen.

Die Handschrift besteht aus dem Text sowie fünf Tafeln, worauf Schädelknochen und Schädelknochenfragmente von diversen Tieren und Menschen abgebildet sind. In dem Text geht Goethe darauf ein, dass der Zwischenkieferknochen zwar schon bei den Alten bekannt gewesen sei, bislang aber als Unterscheidung zwischen Mensch und Affe galt, da der Mensch diesen nicht hätte. Zunächst beschreibt er dann den Knochen bei den Tieren, der aufgrund der verschiedenen Nahrungsgewohnheiten unterschiedlich ausgeprägt sei. Mit Hilfe des Anatomen Justus Christian Loder erstellte er dann eine Auflistung der lateinischen Bezeichnungen.

Anschließend beschreibt er die einzelnen Tafeln. Auf diesen sind die Knochen der folgenden Tiere dargestellt:

Weiter vergleicht er nun die verschiedenen Ausprägungen des Zwischenkiefers und kommt zu dem Schluss, dass dieser überall (auch beim Menschen) vorhanden, wenn er auch beim Menschen deutlich verwachsener sei. Am besten sei er beim Embryo zu erkennen.

Veröffentlichungen

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Die eigentliche Handschrift wurde im März 1784 erstellt. Diese wurde 1786 veröffentlicht. 1820 wird der Text (ohne die Tafeln) unter dem Titel „Dem Menschen wie den Tieren ist ein Zwischenknochen der obern Kinnlade zuzuschreiben“ in den Heften „Zur Morphologie“ wieder publiziert. 1831 ist der Text mit den Tafeln in den „Verhandlungen der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher“ abgedruckt.[1]

Hintergrund

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Goethe hatte schon länger die Vermutung, dass der Zwischenkieferknochen auch beim Menschen existiere. Gemeinsam mit Loder konnte er am 27. März 1784 im Anatomieturm in Jena den Knochen beim menschlichen Embryo nachweisen. Dieses schrieb er auch sogleich Johann Gottfried Herder:

„Ich habe gefunden — weder Gold noch Silber, aber was mir eine unsägliche Freude macht – das os intermaxillare am Menschen![2]

Am 17. November 1784 sandte er die Abhandlung an Karl Ludwig von Knebel, um seine Meinung dazu einzuholen.

Nach der Veröffentlichung gab es Zustimmung, aber auch Kritik an der Arbeit. Erst 1831 wird diese dann wissenschaftlich anerkannt und von der Leopoldinisch-Carolinische Akademie gedruckt.

Goethe war vermutlich nicht bekannt, dass der Knochen zuvor schon mehrfach beschrieben worden war, zuletzt 1780 durch den französischen Arzt Félix Vicq d’Azyr.[3][4][5]

Literatur

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  • Hermann Bräuning-Oktavio: Vom Zwischenkieferknochen zur Idee des Typus. Goethe als Naturforscher in den Jahren 1780–1786. In: Nova Acta Leopoldina Band 18, Nummer 126. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1956.
  • Manfred Wenzel: Versuch aus der vergleichenden Knochenlehre daß der Zwischenknochen der obern Kinnlade dem Menschen mit den übrigen Tieren gemein sei – Osteologische Schriften. In: Goethe-Handbuch. Band 3, Stuttgart/Weimar 1997, S. 673–690.
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Einzelnachweise

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  1. Johann Wolfgang von Goethe, Liselotte Bäuerle Lohrer: Goethe: Schriften zur Morphologie II, Seite 854, 855, J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart
  2. Goethe An Johann Gottfried Herder, 27. März 1784; in: Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche. Vierzig Bände. Hrsg. von Friedmar Apel [u. a.]. Abteilung II. Band 2: Johann Wolfgang Goethe. Das erste Weimarer Jahrzehnt. Briefe, Tagebücher und Gespräche vom 7. November 1775 bis 2. September 1786. Hrsg. von Hartmut Reinhardt/M. 1997 (Bibliothek deutscher Klassiker 140), S. 504.
  3. Bernhard Peyer: Goethes Wirbeltheorie des Schädels. In: Neujahrsblatt herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich auf das Jahr 1950, 152. Stück, S. 28. Kommissionsverlag Gebr. Fretz AG, Zürich 1950.
  4. Hermann Bräuning-Oktavio: Vom Zwischenkieferknochen zur Idee des Typus. Goethe als Naturforscher in den Jahren 1780–1786. In: Nova Acta Leopoldina Band 18, Nummer 126. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1956.
  5. Klaus Seehafer: Mein Leben, ein einzig Abenteuer – Johann Wolfgang Goethe, Biografie, S. 180. Aufbau-Verlag, Berlin 1998.