Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat

Essay von Henry David Thoreau

Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ ist ein 1849 erstmals abgedruckter Essay von Henry David Thoreau. Der Originaltitel lautete zunächst The Resistance to Civil Government, in der ersten Werkausgabe wurde daraus Civil Disobedience und später On the Duty of Civil Disobedience.

Henry David Thoreau, 1856

Vorgeschichte

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Seit 1834 hielt Thoreau Vorträge an der Volkshochschule seiner Heimatstadt Concord. Das Manuskript dieses Essays hatte er am 26. Januar 1848 dort vorgelesen. Der Vortrag wurde im folgenden Jahr in der ersten und einzigen Ausgabe einer Zeitschrift namens „Aesthetic Papers“ abgedruckt. Konkreter Anlass für diesen Text war Thoreaus Verhaftung, die zustande kam, da er sich weigerte, seine seit vier Jahren fällige Wahlsteuer zu entrichten. Er hätte bezahlen können, weigerte sich aber und wurde eingesperrt. Am nächsten Tag hatte jemand aus der Verwandtschaft die Schuld beim Gefängniswärter für ihn beglichen und Thoreau wurde freigelassen.[1]

 
Erste Seite der Erstausgabe von 1849

Verfasst in den Zeiten der amerikanischen Eroberungs- und Sklavenpolitik fordert Thoreaus Essay auf, sich dem positiven Recht des Staates nur zu beugen, wenn es mit der persönlichen moralischen Wertung übereinstimmt. Er propagiert ein Gewissensrecht der Moral gegen Ungerechtigkeiten in der Demokratie mit Aussagen wie: „Wenn aber das Gesetz so beschaffen ist, dass es notwendigerweise aus dir den Arm des Unrechts an einem anderen macht, dann, sage ich, brich das Gesetz. Mach’ dein Leben zu einem Gegengewicht, um die Maschine aufzuhalten. Jedenfalls muss ich zusehen, dass ich mich nicht zu dem Unrecht hergebe, das ich verdamme.“[2] Auch klagt er die Beamtenschaft an, die sich dem Staat treu hingebe, ohne auf das eigene Herz zu hören.

Ein weiterer Kritikpunkt Thoreaus ist das Mehrheitsprinzip in Demokratien, „[d]a eine unqualifizierte Mehrheit ungerechte Rechte beschließen kann und ein Mehrheitsbeschluss keines Falls bedeuten, dass die beste Entscheidung getroffen wurde“. Er fordert ein individuelles Gewissensrecht, statt unkritisch Mehrheitsentscheidungen zu folgen.

Wirkungsgeschichte

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Diese Aufrufe zum zivilen Ungehorsam gegen den Staat aus Gewissensgründen inspirierten die Ideen zum gewaltfreien Widerstand von Gandhi[3] und Martin Luther King[4][5][6]. Auch die französische Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg, der Protestbewegung von 1968[7] bzw. die Friedensbewegung und die Umweltbewegung wurden von dieser Lektüre inspiriert.

Verfilmung

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2012 erschien der prämierte portugiesische Western Estrada de Palha (englischer Festivaltitel: Hay Road). Das von Regisseur Rodrigo Areias geschriebene Drehbuch basiert auf Thoreaus Essay.[8]

Siehe auch

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Literatur

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  • Henry David Thoreau: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat. Diogenes Verlag, Zürich 2004, ISBN 3-257-06460-8.
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Einzelnachweise

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  1. W. E. Richartz: Über Henry David Thoreau. Nachwort in: Henry David Thoreau: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat – und andere Essays. Diogenes Verlag, Zürich 1973, S. 71–83.
  2. in: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat, 1849
  3. M.K. Gandhi: For Passive Resisters. In: Indian Opinion. 26. Oktober 1907.
  4. Martin Luther King, Clayborne Carson (Hrsg.): The Autobiography of Martin Luther King, Jr. Warner Books, New York 2001, ISBN 978-0-446-67650-2 (Reprint).
  5. Brent Powell: Henry David Thoreau, Martin Luther King Jr., and the American Tradition of Protest. In: OAH Magazine of History. 1995, abgerufen am 11. April 2024 (englisch).
  6. Anne Françoise Weber: Martin Luther King jr. und Henry David Thoreau: Gewaltlosigkeit als Waffe. In: Deutschlandfunk. 9. Juli 2017, abgerufen am 11. April 2024.
  7. Albena Bakratcheva: “Men First, Subjects Afterward”. Thoreau, “Civil Disobedience” and the Thoreauvian Echoes of 1968 and After. In: Review of International American Studies, RIAS Vol. 12, Fall–Winter № 2 /2019. 2019, abgerufen am 11. April 2024 (englisch).
  8. www.kino-zeit.de, abgerufen am 2. November 2013