(87) Sylvia
(87) Sylvia ist ein Asteroid, der sich im äußeren Bereich des Asteroiden-Hauptgürtels bewegt. Mit einem mittleren Durchmesser von 253 km ist Sylvia der achtgrößte Asteroid des Hauptgürtels.
Asteroid (87) Sylvia | |
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Asteroid Sylvia mit zwei Monden (ESO/VLT) | |
Eigenschaften des Orbits Animation | |
Orbittyp | Äußerer Hauptgürtel |
Asteroidenfamilie | Cybele-Gruppe |
Große Halbachse | 3,477 AE |
Exzentrizität | 0,094 |
Perihel – Aphel | 3,151 AE – 3,803 AE |
Neigung der Bahnebene | 10,9° |
Länge des aufsteigenden Knotens | 73,0° |
Argument der Periapsis | 264,4° |
Zeitpunkt des Periheldurchgangs | 26. Februar 2024 |
Siderische Umlaufperiode | 6 a 179 d |
Mittlere Orbitalgeschwindigkeit | 15,93 km/s |
Physikalische Eigenschaften | |
Abmessungen | 385 × 265 × 230 km |
Masse | 1,48 · 1019 | kg
Albedo | 0,046 ± 0,004 |
Mittlere Dichte | 1,2 g/cm³ |
Rotationsperiode | 5 h 11 min |
Absolute Helligkeit | 6,94 mag |
Spektralklasse (nach Tholen) |
P |
Spektralklasse (nach SMASSII) |
X |
Geschichte | |
Entdecker | Norman R. Pogson |
Datum der Entdeckung | 16. Mai 1866 |
Andere Bezeichnung | A909 GA |
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten. |
Entdeckung und Benennung
BearbeitenSylvia wurde am 16. Mai 1866 vom britischen Astronomen Norman Robert Pogson am Madras-Observatorium von Chennai in Indien entdeckt[1]. Der Asteroid markiert Pogsons sechste Entdeckung im Asteroidengürtel. Die Entdeckung wurde im Juni 1866 bekanntgegeben. Es handelt sich um den größten Asteroiden den der britische Himmelsforscher entdeckte.
Der Asteroid wurde nach Rhea Silvia benannt, der Mutter von Romulus und Remus in der römischen Mythologie.
A. Paluzie-Borrell schrieb in Paul Ergets The Names of the Minor Planets (1955) fälschlicherweise, dass der Namen zu Ehren von Sylvie Petiaux-Hugo Flammarion gewählt wurde, der ersten Ehefrau des französischen Astronomen Camille Flammarion. Doch Entdecker Norman Pogson schrieb in seiner Entdeckungsankündigung, dass sich der Name tatsächlich auf die mythologische Figur Rhea Silvia bezieht.
Insgesamt wurde der Asteroid durch mehrere erdbasierte Teleskope beobachtet, insgesamt bisher 2862 Mal innerhalb von 122 Jahren.[2] (Stand Sept. 2017)
Bahneigenschaften
BearbeitenUmlaufbahn
BearbeitenSylvia umkreist die Sonne auf einer prograden, elliptischen Umlaufbahn zwischen 472.500.000 km (3,20 AE) und 569.000.000 km (3,80 AE) Abstand zu deren Zentrum. Die Bahnexzentrizität beträgt 0,093, die Bahn ist um 11° gegenüber der Ekliptik geneigt. Ihre Bahn liegt demnach im äußeren Asteroidengürtel.
Die Umlaufzeit von Sylvia beträgt 6,50 Jahre.
Rotation
BearbeitenSylvia rotiert in 5 Stunden und 11 Minuten einmal um ihre Achse. Daraus ergibt sich, dass der Asteroid in einem Sylvia-Jahr 10.983,6 Eigendrehungen („Tage“) vollführt. Die Umlaufgeschwindigkeit am Äquator beträgt 230 km/h.
Beobachtungen der Lichtkurve zeigen eine Ausrichtung von Sylvias Pol in Richtung der ekliptischen Koordinaten mit nur 0,5° Unsicherheit; daraus ergibt sich eine Achsenneigung von 29,1°; Sylvias Rotation ist demnach wie ihre Umlaufbahn prograd.
Sylvia-Familie
Bearbeiten(87) Sylvia ist die Namensgeberin einer Asteroidenfamilie innerhalb der Cybele-Gruppe mit ähnlichen Bahnelementen und einer überwiegend ähnlichen mineralogischen Zusammensetzung.
Asteroiden der Cybele-Gruppe ziehen jenseits der Hecuba-Lücke mit Bahnhalbachsen zwischen 3,27 und 3,7 AE ihre Bahn. Die Objekte haben Exzentrizitäten von weniger als 0,3, sowie Bahnneigungen von weniger als 25°. Die Mitglieder dieser Gruppe stehen in 7:4-Resonanz zu Jupiter, wodurch ihre Bahn stabilisiert wird. Sie sind wahrscheinlich Fragmente einer vorangegangenen Kollision.
Physikalische Eigenschaften
BearbeitenGröße
BearbeitenDie bisherigen Beobachtungen weisen auf einen länglichen, unregelmäßig geformten Körper hin; die genaueste Durchmesserbestimmung (Geometrisches Mittel) liegt bei 253,051 km. Hinsichtlich der genauen Dimensionen liegt der präziseste Wert bei 385 × 262 × 232 km.
Ausgehend von einem mittleren Durchmesser von 253 km ergibt sich eine Oberfläche von etwa 201.000 km2, was knapp der Fläche von Belarus entspricht.
Bestimmungen des Durchmessers für Sylvia
Jahr | Abmessungen km | Quelle |
---|---|---|
2001 | 260,9 | Tedesco (IRAS) u. a.[3] |
2005 | 271 ± 13,3 | Marchis u. a.[4] |
2005 | 289 ± 11 | Marchis u. a.[5] |
2005 | 385 × 265 × 230 ± 10 | Marchis u. a.[6] |
2006 | 348 ± 1 × 217 ± 6 | Marchis u. a.[7] |
2006 | 282 | Marchis u. a.[7] |
2014 | 253,051 ± 2,953 | Masiero u. a.[8] |
2016 | 385 × 262 × 232 | Yu Jiang u. a.[9] |
Die präziseste Bestimmung ist fett markiert.
Innerer Aufbau
BearbeitenSylvia gehört zu den X-Typ-Asteroiden (nach anderer Einordnung: P) und besitzt daher eine dunkle, kohlenstoffreiche Oberfläche mit einer Albedo von 0,05. Sie ist der größte Asteroid ihres Typs. Die Oberflächenfärbung ist damit dunkler als Kohle. Die ungewöhnlich geringe mittlere Dichte von 1,2 g/cm3 weist darauf hin, dass der Himmelskörper porös und daher ein Rubble Pile, eine lose Ansammlung von Staub und Gesteinen, sein dürfte. Es wird davon ausgegangen, dass die Leerräume möglicherweise 25 % bis hin zu 60 % des Körpers ausmachen, abhängig von seiner genauen Zusammensetzung; doch ist die Mineralogie bei X-Typ-Asteroiden noch nicht hinlänglich bekannt, um dies genauer zu bestimmen.
Die Masse von Sylvia ließ sich bislang auf 1,48 ∙ 1019 kg berechnen. Die absolute Helligkeit wird mit 6,94 mag angegeben.
Die mittlere Oberflächentemperatur beträgt rund 151 K (−122 °C) und kann mittags bis auf maximal 223 K (−50 °C) ansteigen.
Das Sylvia-Dreifachsystem
BearbeitenAm 23. Februar 2001 entdeckte man am Keck-Observatorium mit Hilfe von adaptiver Optik einen ersten Begleiter bei Sylvia. Der zunächst als S/2001 (87) 1 bezeichnete Mond hat einen Durchmesser von 10,8 km und umkreist Sylvia in einem Abstand von 1.354 km in 3,65 Tagen.
Durch weitere Beobachtungen mit dem Very Large Telescope im Jahr 2004 konnte noch ein weiterer Begleiter gefunden werden, der die Bezeichnung S/2004 (87) 1 erhielt. Dieser umläuft Sylvia innerhalb der Bahn des äußeren Mondes und ist 10,6 km groß; er bewegt sich im Abstand von 702 km in 33 Stunden um den Asteroiden.
Beide Objekte umkreisen den Asteroiden in gleichförmigen Abständen auf beinah kreisförmigen (Exzentrizitäten unter 0,01) und annähernd äquatorialen (Bahnneigung unter 2°) Orbits. Als passende Namen für die beiden Trabanten wurden 2005 die Namen Romulus und Remus von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) festgelegt.
Sylvia ist der erste Asteroid, bei dem zwei Monde nachgewiesen werden konnten. Inzwischen sind weitere Asteroiden mit zwei Monden bekannt. Es wird mittlerweile davon ausgegangen, dass Mehrfachsysteme im Sonnensystem keine Seltenheit darstellen.
Komponenten | Physikalische Parameter | Bahnparameter | Entdeckung | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Name | Durch- messer (km) |
Relativ- größe % |
Masse (kg) |
Große Halbachse (km) |
Umlaufzeit (d) |
Exzentrizität |
Inklination zu Sylvias Äquator |
Datum Entdeckung | Datum Veröffentlichung |
(87) Sylvia | 253,0 | 100,00 | 1,5 · 1019 | — | — | — | — | 16. Mai 1866 | Juni 1866 |
Remus (Sylvia II) |
10,6 | 3,7 | 7,3 · 1014 | 701,64 | 1,373 | 0,093 | 2,0 | 9. Aug. 2004 | 10. Aug. 2005 |
Romulus (Sylvia I) |
10,8 | 3,8 | 9,3 · 1014 | 1351,35 | 3,654 | 0,007 | 1,7 | 18. Feb. 2001 | 23. Feb. 2001 |
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
Bearbeiten- Wm. Robert Johnston: (87) Sylvia, Romulus and Remus.
- Asteroid (87) Sylvia. (englisch, Drehbares 3D–Modell von Sylvia).
- Asteroiden im Dreierpack. In: wissenschaft.de. 11. August 2005 .
- The moonlets of asteroid 87 Sylvia. (englisch).
- Letter to Nature - Discovery of the triple asteroidal system 87 Sylvia. (englisch).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Discovery Circumstances: Numbered Minor Planets. The international Astronomical Union - Minor Planet Center, abgerufen am 7. August 2020.
- ↑ (87) Sylvia in der Small-Body Database des Jet Propulsion Laboratory (englisch).
- ↑ IRAS (2001): The Supplemental IRAS Minor Planet Survey. Abgerufen am 13. September 2017.
- ↑ Franck Marchis u. a.: Discovery and characterization of binary asteroids 22 Kalliope and 87 Sylvia. bibcode:2001DPS....33.5202M.
- ↑ Franck Marchis u. a.: Discovery of the triple asteroidal system 87 Sylvia. 2005, PMID 16094362.
- ↑ Jim Baer: Recent Asteroid Mass Determinations (2010). Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juli 2013; abgerufen am 4. September 2017.
- ↑ a b Franck Marchis et al.: Shape, size and multiplicity of main-belt asteroids I. Keck Adaptive Optics survey. 2006, PMC 2600456 (freier Volltext).
- ↑ Joseph R. Masiero u. a.: Main-belt Asteroids with WISE/NEOWISE: Near-infrared Albedos. 2014, bibcode:2014ApJ...791..121M.
- ↑ Yu Jiang u. a.: Dynamical Configurations of Celestial Systems Comprised of Multiple Irregular Bodies (2016). Abgerufen am 4. September 2017.