2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyloxyl

chemische Verbindung

2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyloxyl (TEMPO) ist ein stabilisiertes Radikal, das als Oxidationsmittel eingesetzt werden kann. Es ist thermodynamisch zwar nicht stabil, doch rührt seine vergleichsweise hohe Persistenz von Substituenten her, welche die Lebensdauer durch sterische Effekte beeinflussen. Die Substituenten befinden sich in Nachbarschaft zum Radikalelektron, sodass es in sauerstofffreier Lösung eine mittlere Lebensdauer von einer Minute besitzt.

Strukturformel
Struktur von TEMPO
Allgemeines
Name 2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyloxyl
Andere Namen
  • TEMPO
  • (2,2,6,6-Tetramethylpiperidin-1-yl)oxyl (IUPAC)
  • (2,2,6,6‐Tetramethylpiperidin‐1‐yl)oxidanyl
Summenformel C9H18NO
Kurzbeschreibung

rötlicher, kristalliner Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 2564-83-2
EG-Nummer 219-888-8
ECHA-InfoCard 100.018.081
PubChem 2724126
Wikidata Q209120
Eigenschaften
Molare Masse 156,25 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

0,912 g·cm−3 (bei 40 °C)[1]

Schmelzpunkt

36–38 °C[1]

Siedepunkt

≈175 °C (Zersetzung)[1]

Dampfdruck

0,4 hPa (20 °C) [1]

Löslichkeit

wenig in Wasser (9,7 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 314
P: 280​‐​305+351+338​‐​310[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Eigenschaften

Bearbeiten

2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyloxyl bildet rot-orange Kristalle, die bei 40 °C schmelzen.[3] Die Verbindung kristallisiert in einem monoklinen Kristallgitter mit der Raumgruppe Cm.[4] Der Stoff ist thermisch instabil. Eine DSC-Messung zeigt ab 125 °C eine stark exotherme Zersetzungsreaktion.[5]

Verwendung

Bearbeiten
 
Kristalle von TEMPO.

TEMPO findet in der Nitroxid-vermittelten Polymerisation (NMP) Anwendung. Dies ist eine kontrollierte radikalische Polymerisation (CRP) und erlaubt hohe molare Massen der Polymerisate, sowie die Synthese von Blockcopolymeren. Daneben kann es als Spinsonde in Elektronenspinresonanz-Experimenten dienen.

Des Weiteren wird es als Oxidationskatalysator zusammen mit einem passenden Kooxidator (oft Natriumhypochlorit) in der organischen Chemie verwendet (Anelli-Oxidation).[6]

In der Elektrochemie kann TEMPO als Mediator genutzt werden. Es wird dabei zunächst oxidiert, um im nächsten Reaktionsschritt dann selbst ein anderes Molekül zu oxidieren. Durch den elektrischen Strom kann die aktive Spezies nachgebildet werden. Nach diesem Prinzip können Alkohole zu Aldehyden und Ketonen oxidiert werden.[7]

Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b c d e f Datenblatt 2,2,6,6-Tetramethylpiperidin-1-oxyl (freies Radikal) bei Merck, abgerufen am 9. Februar 2024.
  2. a b Datenblatt TEMPO bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 13. März 2017 (PDF).
  3. e-EROS Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis, 1999–2024, John Wiley and Sons, Inc., Eintrag für 2,2,6,6-Tetramethylpiperidin-1-oxyl, abgerufen am 9. Februar 2024.
  4. Ciunik, Z.: Relationship between electron difference-density distribution, planarity of the >N–O groups and intermolecular hydrogen bond systems in crystals of stable nitroxide radicals in J. Mol. Struct. 412 (1997) 27–37, doi:10.1016/S0022-2860(97)00010-0.
  5. Sperry, J.B.; Azuma, M.; Stone, S.: Explosive Hazard Identification in Pharmaceutical Process Development: A Novel Screening Method and Workflow for Shipping Potentially Explosive Materials in Org. Process Res. Dev. 25 (2021) 212–224, doi:10.1021/acs.oprd.0c00467.
  6. Pier Lucio Anelli, Carlo Biffi, Fernando Montanari, Silvio Quici: Fast and selective oxidation of primary alcohols to aldehydes or to carboxylic acids and of secondary alcohols to ketones mediated by oxoammonium salts under two-phase conditions. In: The Journal of Organic Chemistry. 52, 1987, S. 2559, doi:10.1021/jo00388a038.
  7. M. F. Semmelhack, Chuen S. Chou, David A. Cortes: Nitroxyl-mediated electrooxidation of alcohols to aldehydes and ketones. In: Journal of the American Chemical Society. Band 105, Nr. 13, 1983, S. 4492–4494, doi:10.1021/ja00351a070.