2-Hydroxypropanal

Gruppe von Stereoisomeren

2-Hydroxypropanal (Trivialname Lactaldehyd) ist eine chemische Verbindung aus der Reihe der Hydroxyaldehyde. Die Synthese und Eigenschaften der Verbindung wurden erstmals 1908 von Alfred Wohl beschrieben.[1]

Strukturformel
Strukturformel von Lactaldehyd
Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Name 2-Hydroxypropanal
Andere Namen
  • Lactaldehyd
  • 2-Hydroxypropionaldehyd
  • Milchsäurealdehyd
Summenformel C3H6O2
Kurzbeschreibung

geruchloser Feststoff mit schwach bitterem Geschmack[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer) 809-415-9
ECHA-InfoCard 100.237.284
PubChem 855
ChemSpider 832
DrugBank DB03776
Wikidata Q4381828
Eigenschaften
Molare Masse 74,08 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt

105 °C[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 315​‐​319
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

2-Hydroxypropanal ist chiral, es bildet aufgrund des Stereozentrums am α-C-Atom zwei Enantiomere aus, die als (2R)- und (2S)-2-Hydroxypropanal [Synonyme: D-(−)- und L-(+)-2-Hydroxypropanal] bezeichnet werden.

Isomere von 2-Hydroxypropanal
Name (2S)-2-Hydroxypropanal (2R)-2-Hydroxypropanal
Andere Namen L-Lactaldehyd
(+)-Lactaldehyd
D-Lactaldehyd
(−)-Lactaldehyd
Strukturformel  
CAS-Nummer 3913-64-2 3946-09-6
598-35-6 (Racemat)
EG-Nummer
809-415-9 (Racemat)
ECHA-Infocard
100.237.284 (Racemat)
PubChem 439231 439350
855 (Racemat)
DrugBank DB03776
– (Racemat)
Wikidata Q28529704 Q27102246
Q4381828 (Racemat)

Synthese

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Bei der Erstsynthese wird das Calciumsalz der Glyoxylsäure 1 mit Ethanol und Salzsäure zum Diethoxyessigsäureethylester 2 verestert und acetalisiert. Diese Zwischenstufe wird anschließend mit Piperidin zum Carbonsäureamid 3 umgesetzt. Die Grignard-Reaktion des Piperidids mit Methylmagnesiumiodid ergibt das Keton 4 – das Aldehydacetal des Methylglyoxals. Dieses Keton lässt sich mit Natrium in Ethanol zu dem Acetal des 2-Hydroxypropanal 5 reduzieren. Das Acetal wird abschließend mit verdünnter Schwefelsäure zum 2-Hydroxypropanal 6 verseift.[3]

In einer alternativen Synthese, 1935 von Hermann Otto Laurenz Fischer und Erich Baer beschrieben, wird Diethoxyacetaldehyd[4] 7 in einer Grignard-Reaktion mit Methylmagnesiumiodid zum 2-Hydroxypropanaldiethylacetal 8 umgesetzt und anschließend zum 2-Hydroxypropanal 6 verseift.[5]

1952 wurde von John Kenyon Netherton Jones ein weiterer synthetischer Zugang zu 2-Hydroxypropanal veröffentlicht. Dabei wird die Aldehydgruppe von Methylglyoxal 9 mit Butanol und p-Toluolsulfonsäure (pTsOH) als Katalysator selektiv in das Dibutylacetal 10 überführt. Die Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid in Ether führt zum 2-Hydroxypropanaldibutylacetal 11, das im abschließenden Schritt in einem Gemisch von Eisessig, Wasser und Ameisensäure zum 2-Hydroxypropanal 6 hydrolysiert wird.[6]

Eigenschaften

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Bereits Wohl konnte zeigen, dass 2-Hydroxypropanal in einer frisch bereiteten wässrigen Lösung als Dimer vorliegt und langsam in die monomolekulare Form übergeht.[1] Dieses Verhalten wurde 1982 durch NMR-, Raman- und Infrarotspektroskopie bestätigt und im Detail untersucht.[7] Durch Umkristallisation aus verschiedenen Lösungsmitteln kann man drei Kristallformen isolieren, bei denen es sich um Konfigurationsisomere von 3,6-Dimethyl-1,4-dioxan-2,5-diol – ein cyclisches Halbacetal mit einer 1,4-Dioxan-Grundstruktur – handelt. Diese entstehen durch die Dimerisierung des offenkettigen DL-2-Hydroxypropanal:

In einer DMSO-d6-Lösung erhält man aus den drei verschiedenen Kristallformen nach einiger Zeit ein identisches 1H-NMR-Spektrum, das sich aus der Überlagerung der Spektren der Konfigurationsisomeren 2, 3 und 4 ergibt:

Somit stehen diese Konfigurationsisomere über das 2-Hydroxypropanal 1 miteinander im Gleichgewicht. Die Anteile der drei Spezies 2, 3 und 4 im Gleichgewichtsgemisch betragen 53,6 %, 38,6 % und 7,8 %. Die Geschwindigkeit der Gleichgewichtseinstellung ist sehr unterschiedlich. Ausgehend von Isomer 4 stellt sich das Gleichgewicht in Lösung nach etwa einem Monat ein, während ausgehend von Isomer 3 das Gleichgewicht in zwei bis drei Tagen erreicht wird.

Die drei dimeren Formen des 2-Hydroxypropanal entstehen jeweils durch die Reaktion eines D- und eines L-Monomers. Die Dimere aus zwei D- oder zwei L-Monomeren werden nicht beobachtet.

Im NMR-Spektrum der Gleichgewichtsmischung erhält man zusätzlich schwache Signale, die man einem Fünfring-Dimer zuordnen kann, sowie ein sehr schwaches Signal für das Aldehyproton des Monomers.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e A. Wohl: Zur Kenntnis der Dreikohlenstoffreihe. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 41, Nr. 3, Oktober 1908, S. 3599, doi:10.1002/cber.19080410340.
  2. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von [No public or meaningful name is available] im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 6. Juli 2020.
  3. A. Wohl, M. Lange: Aufbau des Milchsäurealdehyds. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 41, Nr. 3, Oktober 1908, S. 3612, doi:10.1002/cber.19080410341.
  4. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Diethoxyacetaldehyd: CAS-Nr.: 5344-23-0, EG-Nr.: 807-284-2, ECHA-InfoCard: 100.234.849, PubChem: 219609, ChemSpider: 190379, Wikidata: Q82950805.
  5. Hermann O. L. Fischer, Erich Baer: Über Glyoxal-semiacetal. (II. Mitteilung über Glyoxal). In: Helvetica Chimica Acta. Band 18, Nr. 1, 1935, S. 514, doi:10.1002/hlca.19350180169.
  6. L. Hough, J. K. N. Jones: 773. The synthesis of sugars from simpler substances. Part IV. Enzymic synthesis of 6-deoxy-D-fructose and 6-deoxy-L-sorbose. In: Journal of the Chemical Society. 1952, S. 4052, doi:10.1039/jr9520004052.
  7. Hiroaki Takahashi, Yoko Kobayashi, Norio Kaneko: Conformational studies of DL-lactaldehyde by 1H-NMR, Raman and i.r. spectroscopy. In: Spectrochimica Acta Part A: Molecular Spectroscopy. Band 39, Nr. 6, Januar 1983, S. 569, doi:10.1016/0584-8539(83)80108-1.