AUF1

Österreichischer rechtsgerichteter TV-Sender

AUF1 („Alternatives Unabhängiges Fernsehen, Kanal 1“) ist eine seit Mai 2021 bestehende rechtsextremistische Website mit Sitz in Linz, gegründet von Stefan Magnet, der auch als Chefredakteur agiert. AUF1 verbreitet rechtsextreme Inhalte und spricht vor allem Corona-Leugner, Klimawandelleugner, Verschwörungstheoretiker sowie Putin-Anhänger an. Obwohl AUF1 keine Sendelizenz für das Fernsehen besitzt, sendete ein Regionalsender zeitweise auf einem Programmplatz Inhalte von AUF1. Die zuständige Behörde stellte deswegen eine schwerwiegende Rechtsverletzung fest.

AUF1
Rechtsextremes Medium für Verschwörungstheorien und Desinformation
Sprachen Deutsch
Sitz Linz, Österreich
Redaktion Stefan Magnet
Online seit 2021
https://auf1.tv/

Von September bis November 2023 strahlte AUF1 ein täglich sechs Stunden langes Programm über Astra-Satellit aus, bis dies durch die Landesmedienanstalt in Baden-Württemberg untersagt wurde.

Geschichte und Inhalte

Stefan Magnet trat bereits früher als Autor und Mitgestalter der rechtsextremen Zeitschrift Info-Direkt auf.[1] Mit der rechtsextremen Szene verbanden ihn die Mitgliedschaft im Bund freier Jugend und Auftritte mit Gottfried Küssel.[2][3][4] Die Inhalte fokussieren sich auf die Verbreitung von Verschwörungstheorien zur Coronapandemie sowie andere Verschwörungstheorien wie The Great Reset.[5][6] Seit dem Abflachen der Coronapandemie entwickelt sich der russische Überfall auf die Ukraine 2022 zum Themenschwerpunkt. Die Berichterstattung legitimiert den russischen Angriffskrieg. Die Schuld wird in der überwiegenden Mehrzahl der Kommentare dem „Westen“, insbesondere den USA, angelastet und Wladimir Putin heroisiert. Magnet behauptete, dass Russland lediglich einer geplanten Invasion „der USA und ihrer Verbündeten in der Ukraine“ zuvorgekommen sei.[7][8] Verbreitet wird auch die rechtsextreme Verschwörungstheorie des Großen Austauschs, einer angeblich von oben gesteuerten Ersetzung der weißen europäischen Bevölkerung durch Nichtweiße und Muslime.[6] Außerdem ist von „Globo-Homo-Eliten“ die Rede, die eine vermeintliche „Transgender-Ideologie durchsetzen wollen“.[9] Laut der taz berichtet AUF1 „aus einer rechtsextremen Wahnwelt“.[10]

Dabei sind die Nachrichten vor allem als Meinungsbeiträge zu sehen und voller verschwörungstheoretischer Schlagwörter aus der Querdenker-, Impfgegner- und Klimaleugner-Szene.[11][5][2] Rezipiert wird der Sender auch im Reichsbürger-Milieu.[12] Die Programminhalte werden auf der eigenen Website als Teil eines YouTube-Channels sowie über Telegram verbreitet. Daneben waren AUF1-Inhalte auch im RTV Regionalfernsehen OÖ zu sehen.[13][14] 2023 kommt der Telegram-Kanal auf rund 240.000 Abonnenten.[15] Das Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) in Berlin verortete ihn damit zur Spitze der sogenannten „alternativen Medien“, direkt hinter dem Kanal des rechtskonservativen Boris Reitschuster.[13] 2023 erreichte AUF1 auf seiner Website eine Million Aufrufe monatlich.[16]

Verantwortlich zeichnet der „Verein für basisgetragene, selbstbestimmte, pluralistische und unabhängige Medienvielfalt“ mit Stefan Magnet als Obmann.[17] Personell war die Website mit dem FPÖ-nahen Wochenblick verbunden.[18] Nach der Einstellung des rechten Magazins wurden einige der dortigen Mitarbeiter bei AUF1 eingestellt.[19]

Die Finanzierung erfolgt nach Eigenangaben ausschließlich über Spenden.[14] Wegen Schaltung politischer Inserate der FPÖ auf der Website verorten oberösterreichische Medien jedoch auch politische Geldflüsse.[17] Auch die AfD schaltet Werbung auf der Seite von AUF1. AfD-Politiker, darunter Björn Höcke, wurden bzw. werden in mehreren Videos interviewt.[20] Weitere Interviewgäste waren bzw. sind der rechtsextreme Publizist Jürgen Elsässer sowie der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen.[21] Einige der Moderatoren sind der FPÖ zuzuordnen, so Gloria Wenko, stellvertretende FPÖ-Gemeinderätin, und Elsa Mittmannsgruber (ehemalige Chefredakteurin des Wochenblicks).[7] Andreas Retschitzegger, Programmleiter für AUF1 in Deutschland, gehört zum ehemaligen BfJ-Kader, der auch in der FPÖ-Jugendorganisation Ring Freiheitlicher Jugend tätig war.[22]

AUF1 unterhält seit Herbst 2022 ein Büro in Berlin sowie seit November 2022 mit Berlin Mitte AUF1 eine eigene Sendung, die aus Deutschland berichtet.[15] Der dortige Korrespondent Martin Müller-Mertens war vorher für das rechtsextreme Compact-Magazin tätig.[13][23] Im Juni 2023 war Manuela Baumhäckel, Schauspielerin aus der BR-Serie Dahoam is Dahoam, in dem Format als Reporterin zu sehen, unter anderem berichtete sie von einer Demo und führte ein Interview mit Hubert Aiwanger.[24]

Zwischen AUF1 und dem rechtsesoterischen Internetkanal eingeschenkt.tv von Thomas Schenk[25] besteht seit April 2022 eine Kooperation[20] wie auch seit September 2022 mit dem alternativen schweizerischen Gesundheitssender QS24, der ebenfalls durch Desinformation auffällig wurde.[14]

Im Juli 2023 behauptete der Sender, ab Herbst 2023 einen Sendeplatz „im echten Fernsehen gesichert“ zu haben.[4] Geplant sei außerdem ein Studio in der Schweiz.[16][26]

Im September 2023 gelang es AUF1, ein täglich sechsstündiges Programm in Deutschland über einen Astra-Satelliten auszustrahlen. Möglich wurde dies über eine Sendelizenz, die sich ein Internist aus Stuttgart für seinen Sender „SchwarzRotGold TV“ bereits 2021 gesichert hatte. Am 14. November untersagte die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg die Ausstrahlung auf diesem Weg. Zudem beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg den Senderauftritt.[27][28] Im Februar 2024 verhängte die Kommission für Zulassung und Aufsicht ein Bußgeld von 195.000 € gegen "schwarz rot gold tv" (SRGT) für die unerlaubte Übertragung von AUF1-Programminhalten, da SRGT keine redaktionelle Kontrolle über die von AUF1 ausgestrahlten Inhalte habe.[29] Im Zuge dessen stellte SRGT seinen Sendebetrieb ein und gab seinen Sendeplatz auf.[30]

Verfahren

Rechtsverletzungsverfahren

Die österreichische Medienbehörde KommAustria führte ein Rechtsverletzungsverfahren gegen AUF1 durch und stellte 2023 in einem Bescheid fest, dass AUF1 eine „schwerwiegende Verletzung“ des Audiovisuellen Mediendienste-Gesetzes (AMD-G) begangen hat. Die Website hatte vom 16. März 2022 bis 28. November 2022 ein Fensterprogramm im RTV Regionalfernsehen OÖ genutzt, ohne dafür über eine Zulassung zu verfügen.[31] Die KommAustria lieferte zu dem Bescheid folgende Einschätzung: „Dies war im Grunde mit dem Verhalten eines sogenannten Piratensenders vergleichbar und ein klarer Rechtsverstoß, den die KommAustria daher alternativlos aufzugreifen hat.“[32] AUF1 kündigte an, gegen den Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht Einspruch einlegen zu wollen.[33] Ferner behauptete AUF1, dass es bei dem Verfahren um ein „Verbot von AUF1“ ginge. Diese Darstellung wies die KommAustria als „schlicht falsch“ zurück. Einem Programm könne nicht die Lizenz entzogen werden, wenn es gar keine besitze. Ferner war die Internetverbreitung von AUF1TV-Inhalten nicht Bestandteil des Bescheides.[32]

Anschließendes Verwaltungsstrafverfahren

Mit Bezug zu dem Fall schrieb die KommAustria, dass das Senden ohne Lizenz eine Verwaltungsübertretung ist, „deren Rechtsfolge ebenfalls klar geregelt ist und eine Geldstrafe vorsieht“.[32] Die KommAustria ist dafür zuständig,[34] auf Grundlage der im Rechtsverletzungsverfahren festgestellten schwerwiegenden Verletzung ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die verantwortlichen Personen einzuleiten.[35]

Verfahren wegen möglicher inhaltlicher Verstöße

Im Februar 2022 leitete die KommAustria ein weiteres Verfahren auf inhaltliche Prüfung von AUF1 gemäß des AMD-G ein. Laut Gesetz müssen Berichterstattung und Informationssendungen „in allen Fernsehprogrammen den anerkannten journalistischen Grundsätzen entsprechen“. Und: „Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen.“ Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.[22]

Wissenschaftliche Rezeption

Im September 2022 wies der Rechtsextremismus-Forscher Jan Rathje darauf hin, dass in AUF1-Beiträgen bestimmte Codewörter benutzt würden, die in der Szene verstanden werden. Anstatt von Juden werde stellvertretend von George Soros, einem jüdischen Millionär und Philanthropen, gesprochen, um sich gegen den Vorwurf des Antisemitismus abzusichern. Dabei würden jedoch bei der Beschreibung von Juden dieselben Stereotypen wie im Antisemitismus benutzt, beispielsweise wird Soros in einem AUF1-Video als Marionettenspieler dargestellt. Diese Codes bewegen sich laut Rathje „im Rahmen des Mythos einer jüdischen Weltverschwörung“; gleichzeitig finde eine „Art von Normalisierung des Rechtsextremismus statt“.[13]

Der Geschäftsführer des Center für Monitoring, Strategie und Analyse (CeMAS) Josef Holnburger spricht von einem „Rechtsextremismus in feinem Gewand“ sowie „pure[r] Beeinflussung und teilweise sogar Lügen“. Magnet wolle mit einer „vergifteten und teils antisemitischen“ Rhetorik Meinung „verändern“ und „korrigieren“. Menschen könnten dadurch radikalisiert werden. Gefordert seien hier auch die Behörden.[14]

Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes bezeichnete AUF1 2023 als „eines der reichweitenstärksten rechtsextremen Medien aus Österreich, was vor allem an seiner erfolgreichen Erschließung des deutschen Desinformationsmarktes liegt“.[36]

Einzelnachweise

  1. DÖW Info-Direkt (Personalia.), Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
  2. a b Hans Rauscher: Aus der Welt der „Aufgewachten“. In: Der Standard. 6. November 2021 (derstandard.at).
  3. Tania Röttger, Alice Echtermann, Till Eckert: Wie österreichische Medien in den deutschen Wahlkampf eingreifen., correctiv.org, 23. September 2021.
  4. a b Andreas Speit: Rechter TV-Verschwörungssender: „Der Kampf beginnt“. In: Die Tageszeitung: taz. 20. Juli 2023, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 30. Juli 2023]).
  5. a b Jakob Winter: Rechtsextremer Corona-Leugner bekam Auftrag von Land Oberösterreich., profil.at, 4. September 2021.
  6. a b Corona-Leugnung und Rassismus: Rechter TV-Sender will nach Deutschland expandieren. In: Frankfurter Rundschau. 18. Juli 2022, abgerufen am 17. Juni 2023.
  7. a b Auf1. In: Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus. Abgerufen am 17. Juni 2023.
  8. Tania Röttger, Sophie Timmermann: Corona-Kritiker bleiben auch im Krieg laut – doch nicht alle schlagen sich auf die Seite Russlands correctiv.org, 29. März 2022.
  9. Sarah Stutte: Jonathan Kreutner: «Noch nicht ausführlich mit dem Sender beschäftigt» www.kath.ch, 28. August 2023.
  10. Anne Fromm, Patrick Guyton, Christian Jakob, Gareth Joswig: Ein Heimatsender für die AfD taz.de, 6. Februar 2024.
  11. Hans Rauscher: Kritische Leser zur Corona-Berichterstattung. In: derstandard.at (Der Standard.), 1. November 2021.
  12. Anne Fromm: Doch keine „Medienrevolution“ taz.de, 14. November 2023.
  13. a b c d Oliver Klein: AUF1 drängt nach Deutschland: Verschwörungsmythen in Dauerschleife, zdf.de, 7. September 2022.
  14. a b c d Gabriele Scherndl, Paulina Thom: Was hinter Auf1 und der Ausbreitung des österreichischen Verschwörungssenders steckt correctiv.org, 27. April 2023.
  15. a b Werner Reisinger: Österreich: Wer steckt hinter dem Sender AUF1? 24. Februar 2023, abgerufen am 17. Juni 2023.
  16. a b Alternativmedien im Aufwind – Online-TV für Extremisten erreicht Millionen – nun kommt ein Sender in die Schweiz. In: Tagesanzeiger. 7. August 2023, abgerufen am 14. August 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  17. a b Aufregung um Fake News-Broschüre. In: nachrichten.at (Oberösterreichische Nachrichten.), 9. Dezember 2021.
  18. Markus Sulzbacher: FPÖ verlässt Putin-Fanclub: Freundschaftsvertrag mit Moskau wird nicht verlängert. In: derstandard.at (Der Standard.), 9. Dezember 2021.
  19. Rechtem Verschwörungssender Auf1 drohen 40.000 Euro Strafe. In: Der Standard. Abgerufen am 17. Juni 2023 (österreichisches Deutsch).
  20. a b Carla Reveland, Pascal Siggelkow: "Völkische Entwicklungshilfe" aus Österreich www.tagesschau.de, 23. Dezember 2022.
  21. Dominik Lenze: Saskia Ludwig will die Pandemie aufarbeiten www.tagesspiegel.de, 15. November 2023.
  22. a b Carla Reveland, Pascal Siggelkow: Sender AUF1: Desinformationen ohne Lizenz?, Faktenfinder der Tagesschau, 28. April 2023.
  23. Matthias Meisner: Rechter TV-Sender expandiert: Desinformation aus Österreich. In: Die Tageszeitung: taz. 18. Juli 2022, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 17. Juni 2023]).
  24. Heftiger Skandal um „Dahoam is Dahoam“-Darstellerin Manuela Baumhäckel. In: TV Movie. 5. Juli 2023, abgerufen am 30. Juli 2023.
  25. Nina Horaczek: Fallstudie 3: Auf 1.tv – Sprachrohr rechter Verschwörungsideologien. In: gegneranalyse.de. Zentrum Liberale Moderne, abgerufen am 3. Juli 2023.
  26. Miguel Pereiro: TV-Sender «Auf1»: SP befürchtet noch mehr Fake-News-Probleme. In: nau.ch. 9. August 2023, abgerufen am 14. August 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  27. Matti Hartmann: "Angriff aufs Medienkartell": Dieser Verschwörungssender trickst sich ins deutsche Free-TV. T-Online, 11. September 2023, abgerufen am 14. September 2023.
  28. Andreas Speit: AUF1 im deutschen Fernsehen: Rechter Angriff via TV. In: Die Tageszeitung: taz. 7. September 2023, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 14. September 2023]).
  29. Eric Beres und Kai Laufen, SWR: Bußgeld im Fall des umstrittenen Internetkanals AUF1. In: tagesschau.de. 7. März 2024, abgerufen am 11. März 2024.
  30. SRGT eingestellt: Rechtsextremer Sender Auf 1 verschwindet aus Fernsehen. In: derstandard.at. 22. März 2024, abgerufen am 24. März 2024 (österreichisches Deutsch).
  31. Rechtsverletzung wegen Senden ohne aufrechte Zulassung. KommAustria, abgerufen am 13. Juli 2023 (österreichisches Deutsch).
  32. a b c „AUF1TV“ sendete terrestrisches Fernsehen ohne Zulassung. In: rtr.at (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH). KommAustria, abgerufen am 13. Juli 2023 (österreichisches Deutsch).
  33. Rechtem Verschwörungssender Auf1 drohen 40.000 Euro Strafe. In: Der Standard. Abgerufen am 13. Juli 2023 (österreichisches Deutsch).
  34. Rechtsaufsicht. In: KommAustria. Abgerufen am 13. Juli 2023.
  35. Onlinesender Auf1 sendete rechtswidrig. In: ORF. 28. April 2023, abgerufen am 13. Juli 2023 (österreichisches Deutsch).
  36. Rechter Kanal Auf 1 will mit TV-Ankündigung Spenden generieren. In: derstandard.at. 1. Juli 2023, abgerufen am 3. Juli 2023 (österreichisches Deutsch).