Ablenkung (Schach)

im Schach die Lenkung einer gegnerischen Figur weg von einem Feld, wodurch der abgelenkte Stein seine ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen kann

Als Ablenkung bezeichnet man im Schach die Lenkung einer gegnerischen Figur (seltener Bauer) weg von einem Feld, wodurch der abgelenkte Stein seine ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen kann. Eine Lenkung erfolgt durch Zwangsmittel wie Schachgebot oder Drohung.[1] Der Begriff Ablenkung wird auch in der Weise interpretiert, dass man gegnerische Figuren durch Opfer von ihren Aufgaben ablenkt.[2][3] Die Ablenkung von Schutzfiguren gehört zu den elementaren Motiven im Schachspiel.[4] Weitere wichtige Grundmotive sind die Schwächung der Grundreihe, die Räumung, die Fesselung, die Hinlenkung, sowie der Doppelangriff.[5] Die Taktik der Ablenkung ist auch bei Computerspielen gebräuchlich.[6]

Vorwiegend ist das Ablenkungsmotiv im Mittelspiel zu finden. Hat eine Partei im Bauernendspiel einen entfernten Freibauern, so wird im geeigneten Moment die Drohung seiner Umwandlung zur Ablenkung des gegnerischen Königs vom Hauptkampfplatz eingesetzt. Der eigene König kann dann am anderen Flügel spielentscheidend Bauern schlagen, während der abgelenkte König zu spät kommt.

Besonders wirkungsvoll ist die Ablenkung von Figuren, die ein direktes Matt oder eine Mattkombination verhindern.

Diagramm 1
  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  

Matt in 2 Zügen

In Diagramm 1 hat Weiß den schwarzen König bereits in einem Mattnetz gefangen. Beinahe könnte Weiß das Spiel sofort mit 1. Tb7–f7 beenden, wenn der schwarze Turm das Mattfeld f7 nicht kontrollieren und damit seinen König verteidigen würde. Der schwarze Turm ist entweder von der Verteidigung des Feldes f7 abzulenken oder auf das Feld f7 hinzulenken. Als Zwangsmittel dient Zugzwang. Weiß übergibt mit einem Wartezug die Zugpflicht an Schwarz.

1. Tb7–a7 Der schwarze König ist bewegungsunfähig. Schwarz muss nun mit dem Turm ziehen.
1. … Tf8–f7 2. Ta7xf7 matt
1. … Tf8~ (in der Schachnotation ein beliebiger Turmzug, Ablenkung) 2. Ta7–f7 matt

Diagramm 2
  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  
Matt in 2 Zügen

Das Turmendspiel in Diagramm 2 erlaubt zwei typische Ablenkungskombinationen. Der Bauer steht unmittelbar vor seiner Umwandlung. Der schwarze Turm in seinem Rücken ist mit den beiden Deckungsaufgaben für das Mattfeld c1 und das Umwandlungsfeld a8 überlastet. Mit
1. Tc4–c1+ Ta1xc1 lenkt Weiß den schwarzen Turm von a8 ab.
2. a7–a8D+ Tc1–c6
3. Da8xc6+ Kh1–g1
4. Dc6–g2 matt

Die andere Ablenkung führt noch schneller zum Gewinn.

1. a7–a8D+ Ta1xa8
2. Tc4–c1 matt oder
1. … Kh1–g1
2. Da8–g2 matt

In den folgenden beiden Diagrammen 3 und 4 erreicht Weiß mittels Ablenkung Materialgewinn.

Diagramm 3
  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  

Weiß am Zug gewinnt durch die Ablenkung:

1. Te1–e8+ Kd8xe8 der einzige mögliche Zug, um das Schach des Turmes abzuwehren.

Diagramm 4
  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  

Stellung nach: 1. Te1–e8+ Kd8xe8 Weiß kann jetzt die schwarze Dame nehmen.

Nach 2. Dc1xc8+ Ke8–e7 3. Dc8xa6 steht Weiß auf Gewinn.

Der Schlüsselzug in der Studie von Paul Heuäcker ist ein typischer Ablenkungsversuch im Läuferendspiel.

Einzelnachweise

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  1. Schachtaktik – Training zur Erhöhung des taktischen Sehvermögens. (PDF) S. 2, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 18. August 2015.
  2. Steffan Klaus: Schach Mittelspiel – Kombinationsmotive. (PDF) 2004, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. September 2015; abgerufen am 18. August 2015.
  3. Das Motiv der Ablenkung. (PDF) Ahnataler Schachclub, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. September 2016; abgerufen am 18. August 2015.
  4. Grundreihenmatt. (PDF) Schachclub Kreuzberg, abgerufen am 18. August 2015 (Schemata 4 und 5).
  5. Sebastian Dietze: Schachtraining. (PDF) 29. Oktober 2004, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 30. Juli 2016.
  6. Nadia Kraam-Aulenbach: Interaktives. problemlösendes Denken im vernetzten Computerspiel. (PDF) 2002, archiviert vom Original; abgerufen am 28. Juli 2024 (Dissertation, insb. S. 202).