Die Acanthodii sind eine Gruppe ausgestorbener, sehr vielgestaltiger Fische, die vom Silur bis zum Perm lebte. Ihre Blüte erlebten sie im Devon. Einzelne fossilisierte Stacheln und Schuppen (sogenannte Ichthyodorulithen) hat man bereits aus dem Untersilur gefunden, gesicherte, gut erhaltene Funde sind aus dieser Zeit noch unbekannt. Der oft gebrauchte deutsche Name „Stachelhaie“ bezieht sich auf das haiähnliche Aussehen vieler Acanthodier mit dem typischen Merkmal, dass die häutigen Flossen an ihrem Vorderrand von einem Stachel gestützt wurden. Systematisch gehören sie zu den Kiefermäulern (Gnathostomata) und sie sind die ersten fossil überlieferten Gnathostomata.[1] Die Acanthodii wurden als eigenständige Klasse eingeordnet, werden heute jedoch von zahlreichen Wissenschaftlern als ein paraphyletisches Taxon angesehen, dass sich aus Stammgruppenvertretern der Knorpelfische (Chondrichthyes) zusammensetzt.[2][3][4][5]

Acanthodii

Lebendrekonstruktionen verschiedener Acanthodii

Zeitliches Auftreten
Untersilur bis Sakmarium (Perm)
440 bis 290,1 Mio. Jahre
Fundorte
  • weltweit
Systematik
Neumünder (Deuterostomia)
Chordatiere (Chordata)
Wirbeltiere (Vertebrata)
Kiefermäuler (Gnathostomata)
Acanthodii
Wissenschaftlicher Name
Acanthodii
Owen, 1846

Merkmale

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Die Acanthodii wurden 8 Zentimeter bis 2,5 Meter lang und kamen im Meer, hauptsächlich aber im Süßwasser vor. Ihr Innenskelett bestand aus Knorpel, der Hirnschädel aber aus einem Stück Knochen (wenn auch mit tiefen Knorpelbuchten – in sich jedoch ohne Gelenkung). Kopf und Körper waren von kleinen Schuppen bedeckt. Einige Arten hatten Kiemendeckel aus knöchernen „Radien“. Alle Arten besaßen Kiefer, aber Zähne fehlten oft. Wenn vorhanden, saßen sie oft nur auf dem Unterkiefer. Die zahnlosen Gattungen (zum Beispiel Acanthodes) werden als pelagische Filtrierer angesehen. Der Hyoidbogen wurde anfangs als „normaler Kiemenbogen“ gedeutet, aber genauere Untersuchungen (Miles 1973) zeigten, dass er schon wie bei Haien, Rochen und Knochenfischen den Kieferbogen abstützte; zwischen beiden lag oft das Spritzloch. Hingegen gab es noch keine Pharyngealia mit Schlundzähnen. Die Unpaarflossen hatten noch keine eigenen Flossenträger, sondern saßen auf verlängerten Neural- bzw. Hämalfortsätzen (auf der Chorda dorsalis). Die kleinen Paarflossen waren mitunter unabhängig von den ventralen Stachelreihen. Der Schultergürtel war schwach. Die Flossen hatten noch keine Strahlen, nur Schuppen als Stützen. Die Augen saßen weit vorne und waren mit Skleralringen versehen; die Nasenorgane müssen klein gewesen sein, aber es bestanden schon je zwei Narinen (Nasenlöcher).

Phylogenetische Stellung verschiedener Gattungen der paraphyletischen Acanthodii (grün)[4]
 Gnathostomata 

"Placodermi"


   

Knochenfische (Osteichthyes)


   


Tetanopsyrus


   

Nerepisacanthus


   

Ischnacanthus


   

Poracanthodes




   

Culmacanthus


   

Uraniacanthus


   

Diplacanthus


   

Rhadinacanthus





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Cassidiceps


   

Mesacanthus


   


Lodeacanthus


   

Triazeugacanthus



   

Promesacanthus


   

Acanthodes


   

Cheiracanthus


   

Homalacanthus








   

Euthacanthus


   

Ptomacanthus


   


Brachyacanthus


   

Climatius


   

Parexus


   

Vernicomacanthus


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Lupopsyrus


   

Obtusacanthus


   

Kathemacanthus


   

Brochoadmones


   

Gyracanthides


   

Knorpelfische (Chondrichthyes)














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Systematik (unvollständig)

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Die Climatiiformes und Ischnacanthiformes findet man bereits im Silur, während die Acanthodiformes erst ab dem Unter-Devon bekannt sind.

Climatiiformes

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Diplacanthus longispinus im Museum für Naturkunde, Berlin

Bis auf die Diplacanthides besaßen viele Kieferzähne.

Ischnacanthiformes

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Acanthodiformes

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Alle Acanthodiformes besaßen nur eine Rückenflosse, während bei den Climatiiformes und den Ischnacanthiformes jeweils zwei zu finden sind. Sie waren vermutlich Filtrierer, meist sind keine Zähne vorhanden.

Einige Gattungen unsicherer systematischer Stellung

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  • Onchus Unter-Silur bis Unter-Devon, Fundorte: Nordamerika und Europa
  • Antarchtonchus Mittel- und Ober-Devon, Fundorte: Antarktis
  • Monopleurodus Ober-Silur, Fundorte: Europa

Literatur

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  • Robert L. Carroll: Paläontologie und Evolution der Wirbeltiere. Thieme-Verlag, Stuttgart. 1993
  • Frickhinger, Karl Albert: Fossil atlas, fishes Melle : Mergus, Publ. for Natural History and Pet Books Baensch. 1995, ISBN 1-56465-115-0
  • Miles, R.S. (1973): Relationships of acanthodians.- In: P. H. Greenwood, R. S. Miles, and C. Patterson (eds.), Interrelationships of Fishes, 63-103. Supplement 1, Zoological Journal of the Linnean Society, Volume 53, Academic Press, London.
  • Valiukevičius, J. New Wenlock–Pridoli (Silurian) acanthodian fishes from Lithuania. Acta Palaeontologica Polonica 49 (1): Seite 147–160. (2004)
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Commons: Acanthodii – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkung

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  1. d. h. von den primitiveren Placodermi kennt man Fossilien erst von der Grenze zum Devon
  2. Eliot Barford: Ancient fish face shows roots of modern jaw. Nature (2013), DOI:10.1038/nature.2013.13823
  3. Carole Burrow, Jan den Blaauwen, Michael Newman und Robert Davidson (2016): The diplacanthid fishes (Acanthodii, Diplacanthiformes, Diplacanthidae) from the Middle Devonian of Scotland. Palaeontologia Electronica. 19 (1): 10A. DOI:10.26879/601
  4. a b Marion Chevrinais, Jean-Yves Sire und Richard Cloutier: From body scale ontogeny to species ontogeny: Histological and morphological assessment of the Late Devonian acanthodian Triazeugacanthus affinis from Miguasha, Canada. PLoS One. 2017; 12(4): e0174655. DOI:10.1371/journal.pone.0174655
  5. John G Maisey, Randall Miller, Alan Pradel, John S.S. Denton, Allison W. Bronson, Philippe Janvier: Pectoral Morphology in Doliodus : Bridging the ‘Acanthodian’-Chondrichthyan Divide. März 2017, American Museum Novitates 3875(3875):1-15, DOI:10.1206/3875.1