Acclaim Studios Austin

US-amerikanisches Entwicklungsstudio für Computerspiele

Acclaim Studios Austin (früher Iguana Entertainment) war ein amerikanischer Computerspielentwickler in Austin, Texas. Das Unternehmen wurde 1991 von Jeff Spangenberg ursprünglich in Santa Clara, Kalifornien, gegründet. Nach dem ersten Erfolg mit Aero the Acro-Bat wurde das Studio 1993 nach Austin verlegt und der britische Entwickler Optimus Software (später Iguana UK) übernommen. Im Januar 1995 wurde Iguana ein Tochterunternehmen des amerikanischen Computerspielpublishers Acclaim Entertainment und erhielt im Oktober desselben Jahres mit Iguana West ein weiteres Tochterstudio. Nach der Entlassung des Studiogründers Spangenberg im Juli 1998 und konzerninternen Umstrukturierungen wurde Iguana Entertainment im Mai 1999 in Acclaim Studios Austin umbenannt. Im August 2004 wurde es geschlossen, einen Monat bevor der Mutterkonzern in die Insolvenz ging und gemäß Chapter 7 liquidiert wurde.

Acclaim Studios Austin
Rechtsform Inc.
Gründung 1991 (als Iguana Entertainment)
Auflösung August 2004
Auflösungsgrund Schließung durch Mutterkonzern
Sitz Austin (Texas), Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Branche Computerspiele

Geschichte

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Vor der Gründung von Iguana Entertainment arbeitete Jeff Spangenberg, der sich das Programmieren selbst beibrachte und für seine anschließende Programmiererkarriere das College abbrach,[1][2] als Lead Designer für Punk Development, das Entwicklerteam des Publishers RazorSoft.[3] 1991 gründete Spangenberg sein eigenes Studio in Santa Clara, Kalifornien, und stellte 20 Mitarbeiter ein, darunter auch persönliche Freunde. Die Firma hatte zunächst keinen Namen. Laut Development Support Manager Jay Moon hielt Spangenberg zwei Leguane namens Spike und Killer als Haustiere, weshalb sich das Team auf Iguana Entertainment mit Spike und Killer als Firmenmaskottchen einigte. 1992 stießen einige Angestellte von Punk Development zu Iguana als die Geschäftsbeziehung zwischen Punk und RazorSoft beendet wurde. Mit Finanzspritzen der Publisher Sunsoft and Acclaim Entertainment heuerte Iguana 1993 weitere Mitarbeiter an.

Wegen der hohen Lebenshaltungskosten in der San Francisco Bay Area beschlossen Spangenberg und sein Team den Firmensitz zu verlegen. Die Wahl fiel zunächst auf Seattle, Washington, wo auch der Hauptsitz von Nintendo of America lag. Doch als man von Texas’ wachsender Technologiebranche Kenntnis bekam, reisten im Mai 1993 einige Teammitglieder nach Austin, um die Ansiedlungsmöglichkeiten dort zu erkunden. Das Team kehrte mit einem Videoband von Austins Vergnügungsviertel Sixth Street zurück. Mit einer Ausnahme stimmten alle Mitarbeiter für den Umzug nach Austin, der kurz danach vollzogen wurde. Ende des Jahres feierte Iguana einen ersten kommerziellen Erfolg mit dem Titel Aero the Acro-Bat und verwendete die Profite, um das in Stockton-on-Tees ansässige[4] Entwicklerstudio Optimus Software zu übernehmen, das in Iguana UK umbenannt wurde.[5]

Am 21. Dezember 1994 gab der amerikanische Publisher Acclaim die Übernahme von Iguana bekannt.[6] Der Verkauf wurde am 4. Januar 1995 abgeschlossen,[7] Acclaim bezahlte dafür fünf Millionen US-Dollar in bar und weitere, nicht enthüllte Summen in Form von Aktien.[8] Im Oktober 1995 erwarb Acclaim zusätzlich für 30 Millionen Dollar in Aktien das in Salt Lake City ansässige Studio Sculptured Software,[5] das unter dem Namen Iguana West im Dezember 1997 Teil von Iguana wurde.[9][10] Iguana entwickelte in der Zeit unter Acclaim vor allem Sportsimulationen wie die Reihe NFL Quarterback Club. Größere Bekanntheit erzielte das Studio außerdem mit der Software-Umsetzung der Comicreihe Turok.

Gründer Jeffrey Spangenberg wurde am 8. Juli 1998 als Studioleiter entlassen.[2] Kurz darauf kündigte Acclaim weitere, nicht näher benannte Veränderungen im Studiomanagement an und ordnete die Konzernstruktur neu. Iguana wurde Acclaim Studios unterstrukturiert, einem neuen, dezentralisierten Management für sämtliche Acclaim-Entwicklungsstudios. Die Leitung übernahm der vormalige Iguana-Angestellte Darrin Stubbington.[11] Im Oktober desselben Jahres reichte Spangenberg Klage wegen Vertragsbruch und Betrug gegen Acclaim, Acclaim-Mitgründer Gregory Fischbach und Iguana ein. Spangenberg warf Fischbach vor, ihn im Februar 1998 zum Kauf von Acclaim-Anteilen im Wert von 25.000 Dollar gedrängt und anschließend zum Halten geraten zu haben. Kurz darauf sei er entlassen worden und habe alle Aktienoptionen verloren. Er warf Acclaim weiterhin vor, ihn aus Kostengründen gefeuert zu haben und weil er sich gegen Fischbachs anhaltende Forderungen nach kürzeren Entwicklungszeiten zur Kosteneinsparung gewandt habe. Acclaim habe systematisch Manager aus Gründungszeiten seiner Tochterunternehmen gegen konzerntreue Mitarbeiter ausgewechselt. Der Rechtsstreit wurde mit unbekanntem Ergebnis beigelegt. Spangenberg gründete am 1. Oktober 1999 sein neues Entwicklungsunternehmen Retro Studios.[12]

Im Mai 1999 kündigte Acclaim Studios an, alle im Unternehmensbesitz befindlichen Entwicklungsstudios unter einem Markenlabel zu vereinen. Im Zuge dessen wurden Iguana, Iguana UK und Iguana West umbenannt in Acclaim Studios Austin, Acclaim Studios Teesside und Acclaim Studios Salt Lake City.[13] Als Acclaims Vertrag mit dem größten Geldgeber GMAC Commercial Finance am 20. August 2004 auslief,[14] schloss das Unternehmen am 27. August alle Entwicklungsstudios einschließlich Acclaim Studios Austin,[15] dessen Belegschaft vollständig entlassen wurde.[16] Acclaim selbst beantragte am 1. September beim Insolvenzgericht Central Islip, New York, Insolvenz gemäß Chapter 7 des amerikanischen Insolvenzrechts und wurde liquidiert.[17][18]

Der Name Iguana Entertainment wurde von den Gründern der Optimus Software, den Brüdern Jason und Darren Falcus,[4] wiederverwendet, als sie 2009 ein neues Studio mit demselben Namen gründeten. Es wurde im Dezember 2011 von Team17 aufgekauft und ins Unternehmen integriert.[5][19]

Veröffentlichte Spiele

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Als Iguana Entertainment

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Jahr Titel Plattform
1992 Super High Impact Mega Drive
1993 Aero the Acro-Bat Mega Drive, Super Nintendo
1994 Zero the Kamikaze Squirrel
Aero the Acro-Bat 2
The Pirates of Dark Water Mega Drive
NBA Jam Sega CD, Game Gear, Mega Drive, Super Nintendo
Side Pocket Super Nintendo
1995 Might and Magic III: Isles of Terra
NBA Jam Tournament Edition PlayStation, Mega Drive, Super Nintendo
NFL Quarterback Club Mega Drive, Super Nintendo
Frank Thomas Big Hurt Baseball Windows, PlayStation, Mega Drive, Sega Saturn, Super Nintendo
NFL Quarterback Club 96 Windows, Mega Drive, Sega Saturn, Super Nintendo
1996 College Slam Game Boy, Windows, PlayStation, Mega Drive, Sega Saturn, Super Nintendo
NFL Quarterback Club 97 PlayStation, Sega Saturn
Batman Forever: The Arcade Game
1997 All-Star Baseball
Turok: Dinosaur Hunter Windows, Nintendo 64
NFL Quarterback Club 98 Nintendo 64
1998 NHL Breakaway 98
All-Star Baseball 99
Forsaken 64
Iggy’s Reckin' Balls
NFL Quarterback Club 99
NHL Breakaway 99
NBA Jam 99
South Park Windows, Nintendo 64
Turok 2: Seeds of Evil
1999 All-Star Baseball 2000 Nintendo 64

Als Acclaim Studios Austin

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Jahr Titel Plattform
1999 South Park: Chef’s Luv Shack Dreamcast, Windows, Nintendo 64, PlayStation
Turok: Rage Wars Nintendo 64
2000 Turok 3: Shadow of Oblivion
2001 All-Star Baseball 2002 GameCube, PlayStation 2
NFL QB Club 2002
2002 All-Star Baseball 2003 GameCube, PlayStation 2, Xbox
Turok: Evolution GameCube, Windows, PlayStation 2, Xbox
2003 Vexx GameCube, PlayStation 2, Xbox
All-Star Baseball 2004
NBA Jam PlayStation 2, Xbox
2004 All-Star Baseball 2005
Showdown: Legends of Wrestling
Eingestellt The Red Star
100 Bullets
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Einzelnachweise

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  1. Redaktion: Making Games Fun Again. In: IGN. 19. Oktober 2000, abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  2. a b A Retrospective: The Story of Retro Studios. In: IGN. 17. Dezember 2004, abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  3. Techno Cop. In: Hardcore Gaming 101. Abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  4. a b Falcus Brothers Complete 15 Years in Business – Timeline Event. In: spong.com. Abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  5. a b c Eric Caoili: Worms Studio Team17 Amps Up Social Strategy With Iguana Acquisition. In: Gamasutra. Abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  6. Bloomberg News: Acclaim to Buy Iguana. In: NY Times. Abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  7. Allyne Mills, Dan Harnett: Acclaim completes acquisition of Iguana Entertainment. In: The Free Library. 4. Januar 1995, archiviert vom Original am 28. Mai 2015; abgerufen am 27. Juli 2019 (englisch).
  8. The End Game: How Top Developers Sold Their Studios – Part One. In: Gamasutra. Abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  9. Redaktion: Iguana Breaks the Ice. In: IGN. 16. Dezember 1997, abgerufen am 26. August 2018 (englisch).
  10. Redaktion: Breaking into the Industry Vol. 5. In: IGN. 1. April 1999, abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  11. Computer game-maker shifts personnel. In: Bizjournals.com. 30. Juli 1998, abgerufen am 22. Dezember 2018 (englisch).
  12. Marla Dial: Iguana founder goes Retro with new company. In: Bizjournals.com. 30. November 1998, abgerufen am 22. Dezember 2018 (englisch).
  13. Acclaim Studios Evolves into a Single Worldwide Entity; Internal Development Cornerstone of Product Success. – Free Online Library. In: Business Wire. Berkshire Hathaway, 12. Mai 1999, archiviert vom Original am 5. August 2018; abgerufen am 28. Juni 2019 (englisch).
  14. Acclaim's assets to go on the auction block. In: Bizjournals.com. 8. Dezember 2004, abgerufen am 22. Dezember 2018 (englisch).
  15. Douglass C. Perry: Acclaim Closes Offices. In: IGN. 27. August 2004, abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  16. Curt Feldman: Acclaim shutters offices, staffers ushered off premises. In: Gamespot. 31. August 2004, abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  17. Curt Feldman: Acclaim bankruptcy now official. In: Gamespot. 1. September 2004, abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  18. Simon Carless: Acclaim Officially Files For Bankruptcy. In: Gamasutra. Abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  19. Team17 hires Iguana Entertainment founders. In: gamesindustry.biz. Abgerufen am 11. August 2018 (englisch).