Alexander Ritter (* 1974 in Koblenz) ist ein deutscher Historiker, Theologe und Gymnasiallehrer.

Alexander Ritter studierte 1994 bis 2001 Geschichte und evangelische Theologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der University of St. Andrews in Schottland.

2001 legte er das Magisterexamen und die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien mit einer Arbeit über die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Rhens im 17. Jahrhundert ab. Bei Recherchen zu dieser Arbeit entdeckte er 1999 im Bad Schwalbacher Pfarrarchiv den in Rhens verschollen geglaubten Abendmahlskelch der 1685 von dort emigrierten Calvinisten und veranlasste damit 2002 die Herstellung einer originalgetreuen Kopie dieses Kelches zum „ökumenischen Gebrauch“ in beiden Rhenser Kirchengemeinden.[1] Im gleichen Jahr entdeckte er in der Staatsbibliothek München eines von nur zwei vollständig erhaltenen Exemplaren des Rheinfelsischen Gesangbuchs und veröffentlichte eine kommentierte Ausgabe dazu.[2] Bis 2004 war er nacheinander an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz tätig, wo er an der Erweiterung des Internetportals Regionet auf die Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal beteiligt war. 2006 wurde er an der Universität Mainz bei Walter Gerd Rödel und Irene Dingel mit einer Arbeit über die Verflechtung von Politik und Konfession in den hessischen Exklaven am Mittelrhein im 16. und 17. Jahrhundert zum Dr. phil. promoviert[3] und 2011 in der evangelischen Kirche ordiniert.[4]

Im Rahmen eines fachübergreifenden Unterrichtsprojekts übersetzte, kommentierte und veröffentlichte er unter dem Titel Blutiger Sommer das Reisetagebuch des englischen Diplomaten William Crowne zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges und wurde dafür 2012 gemeinsam mit seinem Kollegen Rüdiger Keil mit dem Deutschen Lehrkräftepreis ausgezeichnet.[5][6]

Seit 2013 unterrichtet er am Bopparder Kant-Gymnasium. Ritters Forschungen befassen sich überwiegend mit Themen und Fragestellungen der Reformationsgeschichte sowie der geschichtlichen Landeskunde in Hessen und dem Mittelrheingebiet. Sein Unterricht, in dem auch Hexenprozessakten transkribiert wurden und eine kommentierte Edition des Kriegstagebuchs „Verlorene Jahre“ entstand, betont die Wissenschaftspropädeutik der gymnasialen Oberstufe.[7][8]

Schriften (Auswahl)

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  • Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels (1623-1693). Konversion und Irenik als politische Faktoren. In: Irenik und Antikonfessionalismus im 17. und 18. Jahrhundert. Hrsg. von Harm Klueting, Hildesheim 2003 (=Hildesheimer Forschungen 2), S. 117–140.
  • Rheinfelsisches Gesangbuch. Nachdruck der Ausgabe von 1666 zum 350-jährigen Bestehen der katholischen Kirchengemeinden zu Sankt Goar, Bad Schwalbach und Nastätten, 2 Bände. Verl.-Haus Monsenstein und Vannerdat, Münster 2004, ISBN 978-3-936600-62-9.
  • Hexenprozesse am hessischen Mittelrhein. Bisher unbeachtete Quellen aus Archiven in Hessen und Rheinland-Pfalz. In: Jahrbuch für Westdeutsche Landesgeschichte 32 (2006), S. 197–220.
  • Konfession und Politik am hessischen Mittelrhein (1527-1685). (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 153). Hessische Historische Kommission Darmstadt und Historische Kommission für Hessen. Darmstadt und Marburg 2007, ISBN 978-3-88443-307-2.
  • [gemeinsam mit Rüdiger Keil] Crowne, William: Blutiger Sommer. Eine Deutschlandreise im Dreißigjährigen Krieg. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011 [2. Auflage 2012, mit Hörbuch], ISBN 978-3-534-25536-8.
  • Rhens am oberen Mittelrhein. Bemerkungen zur Stadtwerdung und Stadtverfassung. In: Jahrbuch für Westdeutsche Landesgeschichte 42 (2016), S. 7-28.
  • Walter Ritter: Verlorene Jahre (1933-1949). Mit dem Abitur ins Leben? Hrsg. und komm. von Alexander Ritter. Helios, Aachen 2017, ISBN 978-3-86933-183-6.
  • Die Osterspaier Hexenprozesse (1630-1634) im regionalgeschichtlichen Kontext der Ämter Rhens und Boppard. In: Jahrbuch für Westdeutsche Landesgeschichte 44 (2018), S. 107-127.
  • Spay im Spiegel der Zeit. 2000 Leben und Arbeiten am Spayer Rheinbogen. Ortsgemeinde Spay im Selbstverlag. Spay 2023, ISBN 978-3-00-077073-9.
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Einzelnachweise

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  1. Udo Liessem: Bemerkungen zur Bau- und Kunstgeschichte der Kirchen- und Gemeindezentren in den evangelischen Gemeinden Koblenz und Pfaffendorf. In: (Hrsg.):. In: Markus Dröge u. a. (Hrsg.): Pragmatisch, preußisch, protestantisch ... Die Evangelische Gemeinde Koblenz im Spannungsfeld von Rheinischem Katholizismus und preußischer Kirchenpolitik. Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte, Nr. 161. Düsseldorf 2003, ISBN 978-3-7749-3200-5, S. 173.
  2. Petra Giegerich (Presseabteilung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz): Historisches Gesangbuch - Modernes Gedankengut von Toleranz und Ökumene. In: idw - Informationsdienst Wissenschaft. 2. Oktober 2004, abgerufen am 2. Januar 2025.
  3. Vgl. dazu die Besprechungen von Karl Dienst in: Nassauische Annalen 120 (2009), S. 738–740; Frank Kleinehagenbrock in: ZKG 121 (2010), 121f.
  4. Personal- und sonstige Nachrichten. In: Kirchliches Amtsblatt der Evangelischen Kirche im Rheinland – Nr. 2 vom 15. Februar 2012, S. 30. Abgerufen am 31. Dezember 2024.
  5. Steffen Leins: Rezension zu "Blutiger Sommer". Eine Deutschlandreise im Dreißigjährigen Krieg. In: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit 17/1, 2013, S. 147–150 (Online).
  6. Unterricht innovativ 2012. Sonderpreis ZEIT: Blutiger Sommer. In: Deutscher Lehrkräftepreis. Preisträgerinnen- und Preisträgerarchiv. Abgerufen am 1. Januar 2025.
  7. Charlotte Krämer-Schick: Gruppe transkribiert die Akten der Osterspaier Hexenprozesse der 1630er-Jahre / 390 Jahre alte Akten transkribiert: Schüler am Kant leisten wahre Fleißarbeit. In: Rhein-Hunsrück-Zeitung. 11. März 2019, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  8. Deutscher Lehrerpreis 2012: Interview mit Rüdiger Keil und Dr. Alexander Ritter. In: Youtube. Vodafone-Stiftung, 26. November 2012, abgerufen am 2. Januar 2025.