Alpenrandsee

Geografischer Begriff, mit welchem größere Seen in der Randzone der Alpen bezeichnet werden.

Mit dem geografischen Begriff Alpenrandsee, auch alpiner Randsee oder Randsee der Alpen genannt, werden seit dem 19. Jahrhundert jene größeren Seen in der Randzone der Alpen bezeichnet, die in den von den Alpen ausstrahlenden Haupttälern liegen. Manche dieser Seen greifen tief in die Alpen hinein und reichen bis ins Alpenvorland. Der Begriff alpiner Randsee wurde 1869 vom Gebirgs- und Gletscherforscher Ludwig Rütimeyer (1825–1895) geprägt und 1894 von Albert Heim (1849–1937), Professor für Geologie an der ETH Zürich präzisiert.[1][2][3][4] Der Begriff wird bis heute in zahlreichen Fachzeitschriften erwähnt.[5][6][7]

Alpenrandsee Vierwaldstättersee, Schweiz
Alpenrandsee Kochelsee, Deutschland
Alpenrandsee Wolfgangsee, Österreich
Alpenrandsee Lago di Garda, Italien
Alpenrandsee Lac d’Annecy, Frankreich

Systematische Einordnung

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Beim Alpenrandsee handelt es sich um einen geographischen Begriff, der die Seen als Landschaftselemente beschreibt. Ähnliche Begriffe sind die Begriffe Alpensee (wie z. B. Seealpsee, Eibsee oder Grundlsee) oder in der Schweiz Mittellandsee (wie z. B. Baldeggersee, Sempachersee oder Hallwilersee) und Jurarandsee (Neuenburgersee, Murtensee und Bielersee).[8][1]

Im Rahmen der Seentypisierung Deutschlands entspricht der Alpenrandsee weitgehend dem Typ des Voralpensees, seit 2013 Alpenvorlandsee genannt.[9][10] Die Unterschiede zwischen Alpenseen und Alpenvorlandseen ergeben sich, anders als bei den Alpenrandseen, nicht nur aus der naturräumlichen Lage. Alpenseen werden durch ihr Einzugsgebiet in den Alpen selbst besonders geprägt. Sie sind fast immer nährstoffarm mit geringer Primärproduktion. Über Sedimenteintrag durch Schneeschmelze oder Gletscher ist das Wasser aber oft getrübt. Alpenvorlandseen werden teilweise oder überwiegend aus Einzugsgebieten außerhalb der Alpen gespeist. Sie sind daher wärmer, das Wasser durch geringen Schwebstoffeintrag klarer, bei geringer Wassertiefe sind sie von Natur aus in einem höheren Trophiestatus, oft mesotroph. In beiden Seentypen ist der Gewässerchemismus durch Schotter und Sedimente aus dem Gebirge geprägt, alle deutschen Alpenvorlandseen sind daher kalkreich.[11]

Beispiele von Alpenrandseen

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Bei den folgenden Beispielen handelt es sich hauptsächlich um in der Fachliteratur bezeichnete typische Alpenrandseen (oder alpine Randseen). Diese zeigen, dass es sich um größere und auch tiefere Seen handelt, die meist im Alpengebiet beginnen und bis ins Alpenvorland reichen, wie auch um Seen am Alpenrand, die vereinzelt ganz im inneren Alpengebiet (z. B. Brienzersee) oder ganz im Alpenvorland (z. B. Bodensee) liegen.[1][3][4][12][13][14][15][16][17]

Name Alpenrandsee Land Fläche
in km²
Max. Tiefe
in Meter
In Fachliteratur als (Alpen)randsee bezeichnet
Attersee Osterreich  Österreich 46.2 169 Naturraumkartierung Oberösterreich[15]
Bodensee Deutschland  Deutschland, Schweiz  Schweiz, Osterreich  Österreich 536.0 251 Ludwig Rütimeyer[1]
Brienzersee Schweiz  Schweiz 29.8 261 Ludwig Rütimeyer[1]
Chiemsee Deutschland  Deutschland 79.9 73 Vinzenz Brehm[17]
Genfersee (Lac Léman) Schweiz  Schweiz, Frankreich  Frankreich 581.3 310 Ludwig Rütimeyer[1]
Großer Alpsee Deutschland  Deutschland 2.5 23
Kochelsee Deutschland  Deutschland 6.0 66 Albrecht Penck[4]
Lac d’Annecy Frankreich  Frankreich 27.6 82 Ludwig Rütimeyer[1]
Lac du Bourget Frankreich  Frankreich 44.5 145 Ludwig Rütimeyer[1]
Lago d’Iseo (Iseosee) Italien  Italien 65.3 251 Ludwig Rütimeyer[1]
Lago d’Orta (Ortasee) Italien  Italien 18.2 143 Ludwig Rütimeyer[1]
Lago di Como (Comer See) Italien  Italien 146.0 425 Ludwig Rütimeyer[1]
Lago di Garda (Gardasee) Italien  Italien 370.0 346 Ludwig Rütimeyer[1]
Lago di Lugano (Luganersee) Schweiz  Schweiz, Italien  Italien 48.7 288 Ludwig Rütimeyer[1]
Lago di Mergozzo Italien  Italien 1.8 74 Gerd Weidemann[16]
Lago Maggiore Italien  Italien, Schweiz  Schweiz 212.3 372 Ludwig Rütimeyer[1]
Lauerzersee Schweiz  Schweiz 3.1 14 Albert Heim[3]
Mondsee Osterreich  Österreich 13.8 68 Martin T. Dokulil[14]
Sarnersee Schweiz  Schweiz 7.5 52 Albert Heim[3]
Staffelsee Deutschland  Deutschland 7.7 39 Otto Pesta, August Thienemann[12]
Tegernsee Deutschland  Deutschland 8.9 73
Thunersee Schweiz  Schweiz 48.4 217 Ludwig Rütimeyer[1]
Traunsee Osterreich  Österreich 24.4 191 Josef Schadler[13]
Vierwaldstättersee Schweiz  Schweiz 113.6 214 Ludwig Rütimeyer[1]
Walchensee Deutschland  Deutschland 16.3 190 Alpensee, kann nach Albrecht Penck auch als Randsee bezeichnet werden[4]
Walensee Schweiz  Schweiz 24.1 150 Ludwig Rütimeyer[1]
Wolfgangsee Osterreich  Österreich 12.8 114 Martin T. Dokulil[14]
Zugersee Schweiz  Schweiz 38.3 198 Ludwig Rütimeyer[1]
Zürichsee Schweiz  Schweiz 90.1 136 Ludwig Rütimeyer[1]
 
Alpenrandsee (Alpen)
Attersee
Bodensee
Brienzersee
Chiemsee
Genfersee
Großer Alpsee
Kochelsee
Lac d’Annecy
Lac du Bourget
Lago d’Iseo
Lago d’Orta
Lago di Como
Lago di Garda
Lago di Lugano
Lago di Mergozzo
Lago Maggiore
Lauerzersee
Mondsee
Sarnersee
Staffelsee
Tegernsee
Thunersee
Traunsee
Vierwaldstättersee
Walchensee
Walensee
Wolfgangsee
Zugersee
Zürichsee
Beispiele von Alpenrandseen

Entstehung

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Die Entstehung der Alpenrandseen ist eng verbunden mit der Entstehung der Alpentäler.[18] Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde von verschiedenen Forschern über Theorien gestritten, wie die Becken der Alpenrandseen entstanden sein könnten. Ludwig Rütimeyer sah als Ursache die Flusserosion.[1] Albert Heim war überzeugt, dass die Becken zudem durch Senkung der Alpentäler entstanden sind.[3] Der deutsche Geograph und Geologe Albrecht Penck (1858–1945) und der deutsche Geograph und Klimatologe Eduard Brückner (1862–1927) vertraten dagegen die Meinung, dass solche Seebecken durch Gletscher entstanden sind, entsprechend der Auffassung in der heutigen Forschung.[4] Demnach handelt es sich bei den meisten Alpenrandseen um Fjordseen, die analog der Fjorde durch Gletscher entstanden sind, indem das Eis Gestein mitreißt und dieses das anstehende Gestein weiter erodiert. Der Schweizer Geologe Rudolf Staub vertrat 1938 die Ansicht, dass die Theorie von Albert Heim einzig für das Becken des Alpenrandsees Zürichsee eine Rolle mitgespielt haben dürfte. Staub vertrat die Ansicht, dass nach der glazialen Bildung der Becken der Alpenrandseen diese durch Toteis ausgefüllt und einer Aufschotterung entgegengewirkt haben.[19] Diese Theorie wird auch in der aktuellen Forschung vertreten.[20]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Ueber Thal und Seebildung. Beiträge zum Verständnis der Oberfläche der Schweiz Ludwig Rütimeyer, Schweighauser, Basel, 1869 (Google Books)
  2. S. Blum: Der Vierwaldstättersee. In: Schweizerische pädagogische Zeitschrift, 1906. doi:10.5169/seals-788947
  3. a b c d e Die Entstehung der alpinen Randseen, Albert Heim, publiziert von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, 1894
  4. a b c d e Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, Albrecht Penck, Verlag Рипол Классик, ISBN 978-3-7411-8980-7, 1882
  5. Fundstellen Alpenrandsee In: E-Periodica der ETH Zürich
  6. Fundstellen Randsee In: E-Periodica der ETH Zürich
  7. Fundstellen "Alpenrandsee". In: ZOBODAT.at. OÖ Landes-Kultur GmbH, abgerufen am 1. Februar 2022.
  8. Seen In: Historisches Lexikon der Schweiz
  9. Seetypologie. www.gewaesser-bewertung.de, Informationsportal zur Bewertung der Oberflächengewässer gemäß Europäischer Wasserrahmenrichtlinie. herausgegeben vom Umweltbundesamt und der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser. abgerufen am 5. August 2021.
  10. Karte Seetypen Deutschlands (Memento des Originals vom 5. August 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gewaesser-bewertung.de
  11. Jürgen Mathes, Gudrun Plambeck, Jochen Schaumburg (2002): Das Typisierungssystem für stehende Gewässer in Deutschland mit Wasserflächen ab 0,5 km² zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. In: R. Deneke & B. Nixdorf (Herausgeber): Implementierung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Deutschland: Ausgewählte Bewertungsmethoden und Defizite, BTU Cottbus, Aktuelle Reihe 5/2002: 15–24. download
  12. a b Otto Pesta: Hydrobiologische Studien über Ostalpenseen. In: August Thienemann (Hrsg.): Archiv für Hydrobiologie. Supplementum-Band III. Stuttgart 1924, S. 1–237 (zobodat.at [PDF]).
  13. a b Josef Schadler: Zur Geologie der Salzkammergutseen. In: Österreichs Fischerei. Band 12, 1959, S. 36–54 (zobodat.at [PDF]).
  14. a b c Martin T. Dokulil: Alpenrandseen im Anthropocän: Verschlechterung und Sanierung – eine österreichische Erfolgsgeschichte. In: Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien. Acta ZooBot Austria. Band 154, 2017, S. 1–53 (zobodat.at [PDF]).
  15. a b Günter Dorninger, Ferdinand Lenglachner, Franz Schanda: Naturraumkartierung Oberösterreich. Biotopkartierung Gemeinde Schörfling am Attersee. Endbericht. In: Gutachten Naturschutzabteilung Oberösterreich. Band 822, 2013, S. 1–91 (zobodat.at [PDF]).
  16. a b Gesellschaft für Ökologie, Verhandlungen Band XIII, 13. Jahrestagung Gerd Weidemann, Bremen 1983
  17. a b Vinzenz Brehm: Untersuchungen über das Zooplankton einiger Seen der nördlichen und östlichen Alpen. 1905, S. 39 (zobodat.at [PDF]).
  18. Eduard Gerber: Form und Bildung alpiner Talböden, Alpenrandseen. In: Geographica Helvetica, schweizerische Zeitschrift für Geographie, Band 14, 1959. doi:10.5169/seals-41987
  19. Rudolf Staub: Prinzipielles zur Entstehung der alpinen Randseen. In: Zeitschrift Eclogae Geologicae Helvetiae, Band 31, Heft 2, 1938. doi:10.5169/seals-159822
  20. Christian Gnägi, Schweizer Ökologe und Geologe: Glazial übertiefte Talabschnitte zwischen Solothurn und Aarburg. In: Mitteilungen Naturforschende Gesellschaft des Kantons Solothurn, 2011. doi:10.5169/seals-543335