Variables Immundefektsyndrom

Krankheit
(Weitergeleitet von Antikörpermangelsyndrom)
Klassifikation nach ICD-10
D83 Variabler Immundefekt (common variable immunodeficiency)
D83.0 Variabler Immundefekt mit überwiegenden Abweichungen der B-Zellen-Zahl und -Funktion
D83.1 Variabler Immundefekt mit überwiegenden immunregulatorischen T-Zell-Störungen
D83.2 Variabler Immundefekt mit Autoantikörpern gegen B- oder T-Zellen
D83.8 Sonstige variable Immundefekte
D83.9 Variabler Immundefekt, nicht näher bezeichnet
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das variable Immundefektsyndrom (auch Antikörpermangelsyndrom, englisch Common Variable Immunodeficiency; CVID) ist der beim Menschen am häufigsten zu einer symptomatischen Erkrankung führende angeborene (primäre) Immundefekt. Er ist vor allem gekennzeichnet durch den Mangel an einer bestimmten Klasse von Antikörpern. Die genaue Ursache der Erkrankung ist unbekannt, es handelt sich aber mit großer Wahrscheinlichkeit um eine heterogene Gruppe verschiedener einzelner Krankheiten. Betroffene Patienten leiden meist an einer Häufung von Atemwegsinfektionen, daneben gibt es eine Vielzahl weiterer möglicher Symptome. Neben Infektionen verschiedener Körperteile (vor allem durch Bakterien) gehören dazu auch Autoimmunphänomene und Krebserkrankungen. Üblicherweise wird die Erkrankung mit Infusionen von Immunglobulin G behandelt.

Ursachen

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Nur bei den wenigsten Fällen des variablen Immundefektsyndroms lässt sich die genaue Ursache nach derzeitigem Stand der Forschung ermitteln. Bei einigen Betroffenen hat man Mutationen im TNFRSF13B-Gen auf Chromosom 17 Genlocus p11.2 gefunden, die ursächlich mit dem variablen Immundefektsyndrom in Zusammenhang gebracht werden[1]. Es treten sowohl familiäre wie sporadische Formen der Erkrankung auf.

Insgesamt ist anzunehmen, dass es sich beim variablen Immundefektsyndrom um eine heterogene Gruppe unterschiedlicher Einzelkrankheiten mit unterschiedlichen Ursachen handelt, die bisher zum größten Teil nicht bekannt sind.

Häufigkeit und Vorkommen (Epidemiologie)

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Die Häufigkeit des variablen Immundefektsyndroms wird in Deutschland auf 1 pro 25.000 Personen geschätzt, die Schätzungen für Industrienationen liegen dabei zwischen 1:10.000 und 1:100.000. Man nimmt an, dass in Deutschland zwischen 800 und 3.200 Menschen betroffen sind. Es handelt sich also insgesamt um eine seltene Krankheit, auch wenn es einer der häufigsten angeborenen Immundefekte ist.

Bei der Altersverteilung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung gibt es zwei „Gipfel“: Die frühe Form wird meist im Kleinkindalter festgestellt, die späte Form im jungen Erwachsenenalter.

Klinik und Symptome

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Die Symptome des variablen Immundefektsyndroms kann man folgenden Gruppen zuordnen: Infektionen, Störungen des Magen-Darm-Trakts, chronische Atemwegserkrankungen, Hauterscheinungen, Veränderungen lymphatischer Gewebe, Granulome, Autoimmunphänomene und Tumoren.

Infektionen:

Störungen des Magen-Darm-Trakts:

  • Durchfall (ca. 1/3 der Patienten)
  • ungenügende Aufnahme von Nährstoffen (Malabsorption)

Chronische Atemwegserkrankungen:

Veränderungen lymphatischer Gewebe:

Granulome:

  • Entzündungsherde mit bestimmtem Aufbau in inneren Organen wie Leber, Milz, Lunge und Knochenmark

Autoimmunphänomene:

Hauterscheinungen:

Tumoren:

Diagnose

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Serumelektrophorese eines Gesunden (schematisch)
 
Serumelektrophorese eines CVID-Patienten (schematisch)

Der Verdacht auf ein variables Immundefektsyndrom ergibt sich häufig aus immer wiederkehrenden Infektionen der Atemwege. Es kann sich aber auch um einen Zufallsbefund handeln, der durch eine Serumelektrophorese oder eine Bestimmung der Immunglobuline aus anderen Gründen heraus entsteht. In aller Regel fällt bei betroffenen Patienten bereits in der Serumelektrophorese eine Verminderung der Gamma-Globulin-Fraktion auf.

Zunächst wird die Verdachtsdiagnose durch quantitative Bestimmung der Immunglobuline gestellt. Das Immunglobulin G im Serum ist immer erniedrigt, in der Regel liegt es unter 3 g/l. Häufig sind die Immunglobuline A und M ebenfalls vermindert. Ein wesentlicher Baustein der Diagnose ist also ein Antikörpermangel im Blut.

Um die Diagnose eines variablen Immundefektsyndroms definitiv stellen zu können, müssen andere mögliche Ursachen für den Antikörpermangel ausgeschlossen werden. Dazu gehören z. B. eine monoklonale Vermehrung von Immunglobulin-Leichtketten (Bence-Jones-Myelom), ein starker Eiweißverlust über die Niere (nephrotisches Syndrom) oder den Darm (exsudative Enteropathie).

Außerdem sind einige immunologische Spezialuntersuchungen wie die Bestimmung der Immunglobulin-G-Subklassen, die durchflusszytometrische Analyse der peripheren Blutlymphozyten und die Messung der spezifischen Antikörperproduktion notwendig.

Differentialdiagnose

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Therapie

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Eine Behandlung ist nur bei Patienten notwendig, die durch die Erkrankung an Beschwerden leiden. Eine vorbeugende Behandlung bei beschwerdefreien Patienten ist nicht angezeigt. Als wirksame Behandlungsmöglichkeit steht die regelmäßige intravenöse oder subkutane Infusion von Immunglobulinen (abgekürzt IVIG bzw. SCIG) zur Verfügung. Die intravenösen Infusionen werden alle 2–6 Wochen in einer Dosierung von 200 bis 600 mg pro kg Körpergewicht verabreicht. Bei subkutanen Infusionen können wöchentlich wesentlich geringere Mengen verabreicht werden. Ziel dieser Behandlung ist es, das Immunglobulin G im Serum stets oberhalb von 5 g/l zu halten. Zusätzlich werden alle im Rahmen der Erkrankung auftretenden bakteriellen Infektionen mit Antibiotika behandelt. Die Dosierung des Antibiotikums ist wesentlich höher und die Einnahme dauert wesentlich länger als bei normalen Patienten.

Prognose

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Insgesamt ist zu erwarten, dass Patienten mit variablem Immundefektsyndrom eine ähnliche Lebenserwartung wie Gesunde haben. Die Datenlage dazu ist allerdings spärlich. Als Faktoren, die die Prognose der Erkrankung begrenzen, werden in der Literatur vor allem genannt: Tumoren, schwerwiegende Autoimmunphänomene und chronische Atemwegserkrankungen (Bronchiektasie).

Durch die Einführung der IVIG-Therapie hat sich die Prognose der Erkrankung in den letzten Jahrzehnten wesentlich verbessert.

Literatur

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  • Mark Ballow: Primary immunodeficiency disorders: Antibody deficiency. In: J Allergy Clin Immunol, Band 109, Nr. 4, 2002, S. 581–591, ISSN 0091-6749
  • Lennart Hammarström, Igor Vorechovský und David B. Webster: Selective IgA Deficiency (SIgAD) and common variable immunodeficiency (CVID). In: Clin Exp Immunol, Band 120, 2000, S. 225–231, ISSN 0009-9104
  • Hans-Hartmut Peter, Werner J. Pichler (Hrsg.): Klinische Immunologie. 2. Auflage. Urban und Schwarzenberg, München / Wien / Baltimore 1996, ISBN 3-541-14892-6
  • Fred S. Rosen et al.: Primary Immunodeficiency Diseases. Report of an IUIS Scientific Committee. In: Clin Exp Immunol., Band 118 (Suppl. 1), 1999, S. 1–28, ISSN 0009-9104
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Einzelnachweise

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  1. Ulrich Salzer et al.: Mutations in TNFRSF13B encoding TACI are associated with common variable immunodeficiency in humans. In: Nature Genetics, Band 37, 2005, S. 820–828, ISSN 1061-4036