Archäologisches Freilichtmuseum Groß Raden

Freilichtmuseum mit rekonstruiertem slawischen Burgwall in Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland

Das Archäologische Freilichtmuseum Groß Raden liegt wenige Kilometer nördlich der Kleinstadt Sternberg und zirka einen Kilometer nordöstlich des Dorfes Groß Raden in Mecklenburg-Vorpommern im Bereich einer Niederung, die unmittelbar an den Groß Radener See grenzt. Auf einer vorgelagerten Halbinsel liegt der schon von weitem sichtbare kreisrunde Burgwall mit einem Durchmesser von 50 Metern. 1973 bis 1980 fanden hier unter Leitung von Ewald Schuldt umfangreiche Ausgrabungen statt, in deren Verlauf Reste einer slawischen Siedlung des 9. und 10. Jahrhunderts freigelegt wurden. Die Burganlage wurde anhand der Ausgrabungen rekonstruiert und als Archäologisches Freilichtmuseum eingerichtet. Dabei wurden auch Befunde der Slawenburg Behren-Lübchin verwendet.

Archäologisches Freilichtmuseum Groß Raden
Daten
Ort Kastanienallee, 19406 Sternberg Welt-IconKoordinaten: 53° 44′ 12″ N, 11° 52′ 41″ O
Art
Eröffnung 13. Mai 1987
Betreiber
Leitung
Website
ISIL DE-MUS-833612
Karte des Freilichtmuseums Groß Raden
Slawischer Tempel
Rekonstruktionsversuch

Geschichte

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Ewald Schuldt hatte seit 1973 umfangreiche Untersuchungen in der altslawischen Siedlungskammer am Sternberger See mit den Burgen Groß Raden, Groß Görnow und der Sternberger Burg durchgeführt. Nach Abschluss der Grabungen begann er, in Groß Raden ein Archäologisches Freilichtmuseum Groß Raden zu bauen, das auf den dortigen Ausgrabungen beruhen sollte. Ewald Schuldt besorgte die Vorlagen für die Errichtung des Museumsgebäudes, gab die Modelle in Auftrag und erstellte das Konzept für die Ausstellung sowie die Unterlagen für die zu errichtenden Bauten im Freilichtteil; er beschaffte durch seine guten Beziehungen zum Rat des Kreises und zum Rat des Bezirkes auch viele der notwendigen Materialien. 1984 wurde der Grundstein für das Museumshaus gelegt.

Die Eröffnung des Museums „Altslawischer Tempelort Groß Raden“ fand am 13. Mai 1987 in Anwesenheit des stellvertretenden Ministers für Hoch- und Fachschulwesen Gerhard Engel statt. Sie sollte ein Lehrbeispiel für die slawische Kultur im Mecklenburger Raum sein.[1] Ewald Schuldt erlebte noch die Einweihung des Museums, doch wenige Tage später starb er nach einer langjährigen, unheilbaren Krankheit am 1. Juni 1987 im Alter von 73 Jahren.[2]

Nach dem Tode Schuldts übernahm Horst Keiling die Leitung des Museums. Nach der Wende in der DDR wurde das Museum abgewickelt und zunächst durch einen Förderverein getragen. Inzwischen wird das Museum vom Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern betrieben. Die Dauerausstellung ist 2015 durch den Archäologen Fred Ruchhöft überarbeitet und auf den neuesten Forschungsstand aktualisiert worden.

Vorgängerbauten im näheren Umfeld

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Bereits im 7. Jahrhundert bestand etwa drei Kilometer westlich von der rekonstruierten Anlage eine frühslawische Burganlage im Bereich des Naturschutzgebiets Durchbruchstal der Warnow und Mildenitz. Diese Sternberger Burg lag zwischen den Flüssen Mildenitz und Warnow im Bereich ihres Zusammenflusses. Erbauer dürften die Träger der sogenannten Sukow-Szeligi-Gruppe gewesen sein, die zu den ersten slawischen Einwanderern im Gebiet des heutigen Deutschland zählen.

Auf einem Höhenrücken nördlich dieser Burg wurde etwas später die Burg von Groß Görnow von neuen, ebenfalls slawischen Einwanderern erbaut. Diese neuen Einwanderer werden aufgrund von Keramikfunden der Feldberger Gruppe zugerechnet. Im 9. Jahrhundert folgte schließlich die Slawenburg Groß Raden auf einer Insel im Sternberger See.[3]

Die Wallburg Groß Raden

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2009 rekonstruiertes Tunneltor (Wallinnenseite)

Schuldt teilte die Befunde in zwei Bauphasen ein: eine befestigte ältere Siedlung, die etwa in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts angelegt und nur wenige Jahrzehnte später zerstört wurde, sowie eine kurz darauf errichtete zweite Siedlung. Mit einer Fläche von 7000 m² wurde nahezu die Hälfte des besiedelten Geländes ausgegraben. Dabei stießen die Archäologen auf gut erhaltene Befunde, da das Siedlungsgelände jahrhundertelang ausschließlich als Weide genutzt worden war. Außerdem waren infolge des extrem hohen Grundwasserspiegels organische Materialien sehr gut erhalten, sodass ein großer Teil der hölzernen Bauelemente in situ angetroffen wurde.

Die Ausgrabungen zeigten auch, dass sich die topografischen Verhältnisse infolge kontinuierlicher Verlandungsprozesse seit der slawischen Besiedlung entscheidend verändert hatten. So existierte die heutige Halbinsel vor 1000 Jahren noch nicht. Der Burgwall lag vielmehr auf einer vorgelagerten Insel, die nur durch eine Brücke mit der Siedlung auf der damals sehr viel kleineren Halbinsel verbunden war. Die besiedelte Halbinsel war sowohl durch einen 4,5 Meter breiten Sohlgraben als auch durch eine einreihige Palisade mit Wehrgang geschützt. Den einzigen Zugang bildete ein 2009 rekonstruiertes Tunneltor[4] mit Brücke. In den ersten Jahrzehnten bestand die Hauptsiedlung vermutlich aus etwa 40 eng nebeneinander stehenden Häusern. Diese wiesen mit einer Grundfläche von 4 × 5 Metern, einfachem Sandfußboden und einer Herdstelle eine nahezu identische Bauweise auf.

Isoliert im südöstlichen Teil der Halbinsel liegt ein etwa 7 × 11 Meter großes Gebäude aus breiten Eichenbohlen. Ob dieses Gebäude überdacht oder oben offen war, ist unklar. Nach den Opferspuren, den menschenkopfähnlichen Stelen, den sogenannten Kopfbohlen, und der besonderen Lage der Anlage zu schließen, dürfte es sich wohl um einen Umgangstempel oder ein Heiligtum der hier ansässigen slawischen Bevölkerung des Warnower Stammes gehandelt haben. Auf den freien Flächen zwischen den Gebäuden und der Palisade fanden vermutlich regelmäßig Märkte und Versammlungen statt.

Niedergang der Wallburg

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Um das Jahr 900 wurde die Siedlung vollständig zerstört. Darauf weisen deutliche Brandspuren hin, vor allem im Bereich der Palisade und des Eingangstores. Auch das Heiligtum blieb nicht verschont. Die Siedlung wurde danach schnell wieder aufgebaut, allerdings errichtete man die Häuser diesmal in Blockbauweise. Mit Grundflächen bis zu 45 m² waren sie auch deutlich größer als die älteren Flechtwandhäuser. Der Standort des zerstörten Tempels blieb unberührt, das Heiligtum selbst wurde in völlig anderer Konstruktion auf die Insel verlegt. Zu seinem Schutz legte man einen kreisrunden, 10 Meter hohen Burgwall mit einem Innendurchmesser von 25 Metern an. Als zusätzliche Absicherung wurde auf der Brücke auf halbem Weg zur Tempelburg ein Kontrollposten in Form eines Torgebäudes errichtet.

Am Ende des 10. Jahrhunderts wurde die Siedlung endgültig aufgegeben, nachdem es vermutlich erneut zu Zerstörungen gekommen war. Die Gründe der Zerstörung sind nicht eindeutig, immerhin erscheint ein Zusammenhang mit einem für das Jahr 995 historisch überlieferten Feldzug Otto III. gegen die in Mecklenburg ansässigen Slawen denkbar.

Impressionen

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Literatur

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  • Ewald Schuldt, Groß Raden. Die Keramik einer slawischen Siedlung des 9./10. Jahrhunderts. in: Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte der Bezirke Rostock, Schwerin und Neubrandenburg. Bd. 14, Berlin 1981
  • Ewald Schuldt, Manfred Jährig: Groß Raden: ein slawischer Tempelort des 9./10. Jahrhunderts in Mecklenburg. in: Schriften zur Ur- und Frühgeschichte 39. Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie, Berlin 1985
  • Otto Gehl, Groß Raden. Haustiere und Jagdwild der slawischen Siedler in: Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte der Bezirke Rostock, Schwerin und Neubrandenburg. Bd. 13, Berlin 1981
  • Horst Keiling: Archäologisches Freilichtmuseum Gross Raden - Archäologische Funde und Denkmale aus dem Norden der DDR 7. Museum für Ur- u. Frühgeschichte, Schwerin 1988
  • Ewald Schuldt: Der eintausendjährige Tempelort Gross Raden: seine Erforschung, wie es dazu kam, und was aus ihm werden soll; der Bericht des Ausgräbers. in: Bildkataloge des Museums für Ur- und Frühgeschichte Schwerin 24. Museum für Ur- und Frühgeschichte, Schwerin 1989

Siehe auch

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Commons: Slawischer Burgwall Groß Raden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Rolf Seiffert: Der Mann, der Mecklenburg ausgrub: Prof. Dr. Ewald Schuldt (3. Januar 1914 – 1. Juni 1987). In: Mecklenburg-Magazin. Nr. 14, 1990, S. 1–2.
  2. Horst Keiling: Ewald Schuldt zum Gedenken. In: Schweriner Blätter. Bd. 8, 1988, S. 95–97
  3. Joachim Herrmann: Die Slawen in Deutschland. Geschichte und Kultur der Slawischen Stämme westlich von Oder und Neiße vom 6. bis 12. Jahrhundert. Akademie-Verlag, Berlin, 1985.
  4. Rekonstruktion des Tunneltore 2009 (Memento vom 29. Dezember 2017 im Internet Archive)