Aris Konstantinidis
Aris Konstantinidis (griechisch Άρης Κωνσταντινίδης, * 4. März 1913 in Athen; † 18. September 1993 ebenda) war ein griechischer Architekt der Moderne.
Leben
BearbeitenAris Konstantinidis wurde 1913 in Athen geboren. Sein Großvater war der Radsportler Aristidis Konstantinidis.
Von 1931 bis 1936 studierte er an der Technischen Hochschule in München. Sein erstes Werk war ein Ferienhaus in Elefsina (1937–38), kurz danach schuf er die Bauten für eine Blumenausstellung in Kifisia. In den nächsten fünfzehn Jahren schuf er Entwürfe für Einfamilien- und Wochenendhäuser, die aber umausgeführt blieben. Zwischen 1942 bis 1950 arbeitete er als Architekt im Stadtbauamt des Verkehrsministeriums in Athen. Während dieser Zeit gründete er 1946 sein eigenes Architekturbüro in Athen. Nach dem Ausbau eines Apartments in Athen 1951 konnte im selben Jahr einen seiner Ferienhausentwürfe in Sykia verwirklichen. Hier zeigt sich erstmals sein Interesse für rohe belassene Materialien, die sein Werk immer wieder prägen.[1] Nach einem gewonnenen Wettbewerb für Typenhäuser war er von 1955 bis 1957 Direktor der griechischen Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft und realisierte sechs Wohnsiedlungen (Nea Filadelfia bei Athen, Pyrgos, Thessaloniki, Serres, Piräus und Iraklio).
1958 wurde Konstantinidis Architekt der Fremdenverkehrszentrale (Ellenikos Organismós Turismú (EOT)).[2] Seine erste Aufgabe in dieser Funktion war ein Garderobenbau für das antike Theater von Epidauros, welches seit 1954 wieder bespielt wurde. Das erste größere Projekt in dieser Funktion war das Hotel Triton auf Andros (1958). Es folgten das Hotel Xenia auf Mykonos (1959–60) und auf Poros (1964). Neben den Hotels schuf Konstantinidis für die Fremdenverkehrszentrale ab 1959 auch mehrere Motels, sowie die Geschäftszentrale in Rom und einen Werbepavillon. Neben der Arbeit bei der Fremdenverkehrszentrale schuf er in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre zwei Museumsbauten, sowie verschiedene Einfamilien- und Ferienhäuser.[1]
Nach der Machtergreifung der Junta 1967 trat er von der Position in der Fremdenverkehrszentrale aus Protest zurück. Er nahm eine Gastprofessur an der ETH Zürich an, die er von Oktober 1967 bis Juli 1970 innehatte[2] und wurde Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1970 eröffnete er sein Architekturbüro in Athen wieder. In der Folgezeit schuf er mehrere Einfamilien- und Ferienhäuser, sowie ein Apartmenthaus. Ab März 1975 war er Fachberater für Architektur und Regionalplanung bei der Fremdenverkehrszentrale in Griechenland. Die Universität Thessaloniki verlieh ihm am 19. April 1978 die Ehrendoktorwürde.[2]
1993 nahm er sich in Athen das Leben.
Wirken
BearbeitenAris Konstantinidis war ein Architekt des Funktionalismus, der als Leiter des Xenia-Programms zum Bau von touristischer Infrastruktur bekannt wurde. Trotz der modernen Formensprache seiner Bauten sah sich Konstantinidis vor allem als Fortführer der griechischen Tradition, die er aber weniger formal (im Sinne eines Stils) als funktional auffasste. Kenneth Frampton sah in ihm deshalb auch einen frühen und wichtigen Vertreter des kritischen Regionalismus,[3] auch wenn Konstantinidis selbst dieses Etikett ablehnte.[4] Der Architekt vertrat einen „an den konkreten Ort gebundenen Rationalismus. Er vermittelte zudem ein Gefühl für den Wert des Alltäglichen“ (Fabio Reinhart).
In diesem Sinne trat Konstantinidis für die Einbindung seiner Bauten in die Landschaft, für ein klimagerechtes Bauen (z. B. Schattenzonen zwischen Innen und Außen) und den Einsatz traditionell in der griechischen Architektur verwendeter Materialien (vor allem Stein) und Farben (Ocker, Siena, Schwarz, Weiß und Blau) sowie relativ kleine Dimensionen ein. Sein Wochenendhaus für K. Papapanayotou im Athener Küstenvorort Anavyssos gilt als bedeutendes Beispiel der Nachkriegsmoderne in Europa und zugleich als gültige Interpretation eines ,zeitlosen‘ griechischen Bauens.[5]
Seine Vorbilder – im Sinne der ,Zeitlosigkeit‘ und ,Wahrheit‘ – sah Konstantinidis vor allem in anonymen, teils ephemeren Bauten, wie den Barackenhäusern, die in den 1920er Jahren von Flüchtlingen aus Kleinasien am Rande griechischer Städte gebaut wurden, oder auch den angebauten Vordächern von Cafés und Tavernen. Stilarchitektur im Sinne einer äußerlichen Berufung auf die Tradition lehnte er hingegen ebenso ab wie einen architektonischen Internationalismus. Vor allem trat Konstantinidis scharf gegen den Klassizismus des 19. Jahrhunderts auf, den er als Verfälschung der griechischen Tradition betrachtete.[6]
Konstantinidis gestaltete bei seinen Projekten auch die Interieurs, das Mobiliar und – bei den Hotels und Motels – auch Aufschriften und Schaubilder. Zur Ausstattung nutzte er Skulpturen von Bildhauern wie Klearchos Loukopoulos, Christos Kapralos oder Kostas Coulendianos, sowie gelegentlich Fotografien.[7]
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Hotel Triton auf Andros von 1958
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Hotel Xenia auf Mykonos von 1959–60 (Ansicht 1970)
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Motel Xenia in Paliouri von 1962 (Ansicht 2018)
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Archäologisches Museum Ioannina von 1965 (Ansicht 2012)
Bauten
Bearbeiten- 1937–38: Ferienhaus L. Eftaxias mit Garten, Elefsina[8][9][10] (Lage)
- 1940: Blumenausstellung in Kifisia[8]
- 1940: CINE-NEWS-Kino in Athen[8]
- 1951: Umbau eines Apartments in der Leof. Vasilissis Sofias 4, Athen[8] (Lage)
- 1951: Ferienhaus in Sykia[8][11] (Lage)
- 1952: Ausstellungspavillon in Thessaloniki[8]
- 1955–57: Arbeiterwohnsiedlung in Nea Filadelfia[8][12] (Lage)
- 1956: Arbeiterwohnsiedlung in Pyrgos[8]
- 1956: Arbeiterwohnsiedlung in Thessaloniki[8]
- 1956: Arbeiterwohnsiedlung in Serres[8]
- 1956: Arbeiterwohnsiedlung in Piräus[8]
- 1957: Arbeiterwohnsiedlung in Iraklio[8]
- 1958: Garderobenbau für das antike Theater von Epidauros (Lage) (1960 und 1962 erweitert um Gästezimmer, Rezeption und Direktorenwohnung, sowie Requisitendepot und Aufenthaltsraum für Mitarbeiter)[8][9]
- 1958: Hotel Triton auf Andros[8] (ruinös, Abriss geplant[13]) (Lage)
- 1959: Motel Xenia in Igoumenitsa[8]
- 1959: Motel Xenia in Larisa[8]
- 1959: Ausstellungspavillon der EOT in Thessaloniki[8]
- 1959: Geschäfts- und Ausstellungsraum in Athen[8]
- 1959–60: Hotel Xenia auf Mykonos[8][14] (Lage)
- 1960: Hotel in Epidauros[8]
- 1960: Büro- und Ausstellungsräume der griechischen Fremdenverkehrszentrale in Rom[8]
- 1960: Motel Xenia in Kalambaka[8] (Lage)
- 1961: Haus Alexandros Xydis, Athen[8][9] (Lage)
- 1961: Einfamilienhaus in Filothei[8]
- 1961: Einfamilienhaus in Vouliagmeni[8] (abgerissen[15])
- 1961–62: Ferienhaus K. Papapanayotou, Anavyssos[8][9][16] (Lage)
- 1962: Hotelerweiterung in Epidauros[8]
- 1962: Motel Xenia in Paliouri[8] (abgerissen) (Lage)
- 1963: Einfamilienhaus auf Spetses[8]
- 1963: Erstes Motel Xenia in Olympia[8] (Lage)
- 1963: Motel Xenia in Iraklio[8] (ruinös) (Lage)
- 1964: Hotel Xenia auf Poros[8][17] (heute vollkommen umgebaut) (Lage)
- 1965: Archäologisches Museum Ioannina[8]
- 1966: Zweites Motel Xenia in Olympia[8] (ruinös) (Lage)
- 1966–67: Zweifamilien-Ferienhaus in Kouzounos auf Spetses[9][8] (Lage)
- 1967: Museum in Komotini[8]
- 1971–73: Apartmenthaus Karaoli ke Dimitriou 30, Filothei[8][9] (Lage)
- 1974: Einfamilienhaus am Pendeli[8]
- 1974: Atelier- und Wohnhaus auf Ägina[8]
- 1975: Ferienhaus auf Ägina[8]
- 1977: Einfamilienhaus auf Ägina[8]
Schriften
Bearbeiten- 1947: Zwei Weiler auf Mykonos (Δυο «χωριά» από τη Μύκονο)
- 1950: Die alten Häuser Athens (Τα παλιά Αθηναϊκά σπίτια)
- 1953: Kapellen auf Mykonos (Ξωκλήσια της Μυκόνου)
- 1972: Behälter des Lebens oder das Problem einer wahren Architektur (Δοχεία ζωής ή το πρόβλημα για μια αληθινή αρχιτεκτονική)
- 1975: Elemente der Selbsterkenntnis. Für eine wahre Architektur (Στοιχεία αυτογνωσίας. Για μιαν αληθινή αρχιτεκτονική)
- 1978: Wahre zeitgenössische Architektur (Σύγχρονη αληθινή αρχιτεκτονική)
- 1987: Über die Architektur (Για την αρχιτεκτονική)
- 1987: Sünder und Diebe oder Vom Abheben der Architektur (Αμαρτωλοί και κλέφτες ή Η απογείωση της αρχιτεκτονικής)
- 1989: Prolegomena (Τα προλεγόμενα, από τα βιβλία που βρίσκονται στα σκαριά)
- 1991: Die elende Aktualität – Die goldene Olympiade – Das Akropolismuseum (Η άθλια επικαιρότητα – Η χρυσή ολυμπιάδα – Το μουσείο της ακρόπολης)
- 1992: Erfahrungen und Ereignisse. Eine autobiographische Erzählung (Εμπειρίες και περιστατικά. Μια αυτοβιογραφική διήγηση)
- 1992: Die Architektur der Architektur. Tagebuchnotizen (Η αρχιτεκτονική της αρχιτεκτονικής. Ημερολογιακά σημειώματα)
- 1992: Aris Konstandinidis: Projekte und Bauten (Αρης Κωνσταντινίδης: Μελέτες και κατασκευές)
- 1993: Das Gottgebaute (Θεόκτιστα), Photographien (postum)
Literatur
Bearbeiten- Projects + buildings: Aris Konstantinidis. Agra Publications, Athen 1981.
- István Szilágyi: Aris Konstantinidis. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1990, ISBN 3-362-00432-6.
- Sokratis Georgiadis: Nachruf auf Aris Konstantinidis, «…die schönen, einfachen Werte der Architektur». In: Bauen + Wohnen (Schweizer Ausgabe). Band 81. Verlegergemeinschaft Werk, 1994, S. 64.
- Stylianos Giamarelos: Critical Regionalism Abroad: Aris Konstantinidis without Greece. gta Verlag, Zürich 2025, ISBN 978-3-85676-473-9.
Weblinks
Bearbeiten- Aris Konstantinidis. In: archINFORM.
- Ο Κωνσταντινίδης στα ίχνη του Le Corbusier, NTUA (griechisch)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b István Szilágyi: Aris Konstantinidis. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1990, ISBN 3-362-00432-6, S. 6–16.
- ↑ a b c István Szilágyi: Aris Konstantinidis. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1990, ISBN 3-362-00432-6, S. 5.
- ↑ Kenneth Frampton: Prospects for a Critical Regionalism. In: Perspecta. Vol. 20, 1983, S. 147–162.
- ↑ Stylianos Giamarelos (2022). Resisting Postmodern Architecture: Critical Regionalism before Globalisation. London: UCL Press. DOI: https://doi.org/10.14324/111.9781800081338
- ↑ Stylianos Giamarelos (2014). The Art of Building Reception: Aris Konstantinidis behind the Global Published Life of his Weekend House in Anavyssos (1962–2014). Architectural Histories, 2(1), Art. 22. DOI: http://doi.org/10.5334/ah.bx
- ↑ Dokumentarfilm von Ilias Giannakakis, Άρης Κωνσταντινίδης – δοχεία ζωής (Πορτρέτα και διαδρομές ελλήνων αρχιτεκτόνων).
- ↑ István Szilágyi: Aris Konstantinidis. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1990, ISBN 3-362-00432-6, S. 19–21.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao István Szilágyi: Aris Konstantinidis. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1990, ISBN 3-362-00432-6, S. 22–23.
- ↑ a b c d e f Projects + buildings: Aris Konstantinidis. Agra Publications, Athen 1981.
- ↑ L. Eftaxias weekend house. Abgerufen am 18. Februar 2025.
- ↑ COAM Arquitectura 82 (1965)
- ↑ Workers’ Housing Complex (OEK). Abgerufen am 18. Februar 2025.
- ↑ Redaktion: Wichtiger Nachkriegsbau auf Andros wird wohl abgerissen. 29. Dezember 2018, abgerufen am 19. Februar 2025 (deutsch).
- ↑ Bauen + Wohnen 16 (1962)
- ↑ Myrto Kiourti, Kostas Tsiambaos: The architect, the resident, and a murder: the case of a house by Aris Konstantinidis. In: Architectural Research Quarterly. Band 24, Nr. 1, März 2020, ISSN 1359-1355, S. 83–94, doi:10.1017/S1359135520000093 (cambridge.org [abgerufen am 19. Februar 2025]).
- ↑ Vacation house of K. Papapanayotou. Abgerufen am 18. Februar 2025.
- ↑ Bauen + Wohnen 52 (1965)
Personendaten | |
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NAME | Konstantinidis, Aris |
ALTERNATIVNAMEN | Κωνσταντινίδης, Άρης (griechisch) |
KURZBESCHREIBUNG | griechischer Architekt |
GEBURTSDATUM | 4. März 1913 |
GEBURTSORT | Athen |
STERBEDATUM | 18. September 1993 |
STERBEORT | Athen |