Arisierungen in Witten

bestimmte Form des Raubes an Eigentum und Besitz von Wittener Juden während der Zeit des Nationalsozialismus

Die „Arisierungen“ in Witten waren eine bestimmte Form des Raubes an Eigentum und Besitz von Wittener Juden während der Zeit des Nationalsozialismus. „Arisierungen“ fanden während der NS-Zeit in Witten wie in ganz Deutschland statt.

Bahnhofstraße 1930, links Alsberg & Blank
Ganzseitiges Zeitungsinserat im Wittener Tageblatt vom 14. November 1938, das die Neueröffnung von Neumann & Cropp bekannt gibt

Jüdische Geschäftsinhaber und Immobilienbesitzer wurden im Rahmen der „Arisierungen“ zuerst gedrängt, ihre Geschäfte, Firmen und Immobilien unter Wert zu verkaufen und – falls sie nicht verkaufen wollten – später enteignet. 14 „Geschäftsarisierungen“ aus den Jahren 1933 bis 1938 und 53 „Immobilienarisierungen“ von 1933 bis 1943 sind in Witten belegt. Daneben gab es eine nicht genau überschaubare Zahl von Geschäftsliquidationen. Auch die Möbel von Juden wurden nach Emigration, Zwangseinweisung in Judenhäuser oder Deportation enteignet und z. T. noch vor dem Haus versteigert.[1]

Beispiele für „Arisierungen“ sind das Textil-Kaufhaus Alsberg & Blank an der Ecke Bahnhofstraße/Heilenstraße (heute Galeria Kaufhof), das 1938 an die Siegener Unternehmer Otto Neumann und Dr. Cropp verkauft wurde, das Schuhgeschäft Rosenberg, 1937 von Gregor Boecker erworben, (heute Klauser) und die Villa Eichengrün in der Husemannstraße, die 1939 an die NSDAP fiel und als Gaufrauenschaftsschule genutzt wurde.[1]

Noch existierende Gebäude

Bearbeiten
Bild Lage Datum alter Besitzer neuer Besitzer Ausgang des Rückerstattungsverfahrens Bemerkungen
  Ardeystraße 68 Nov. 1937 Louis Schacher Bernhard und Berta Felderhoff Nachzahlung
  Bahnhofstraße 45 Sara Sager Geschäft von Sara Sager
  Bebelstraße 9–11 (seinerzeit Hermann-Göring-Straße)[2] März 1942 Sigmund und Josef Rosenthal KG Gerhard Lieskien Nachzahlung heute Rosenthalresidenz[3]
  Bebelstraße 13 (seinerzeit Göringstraße)[2] Dez. 1938 Sigmund und Josef Rosenthal Katharina van Pluer Nachzahlung
  Casinostraße 10 Jan. 1939 Franziska und Isidor Singer Elisabeth Mellmann Nachzahlung
 
Husemannstraße 17 (seinerzeit Hindenburgstraße)[2] 11. Apr. 1939 Familie Eichengrün NSDAP Rückerstattung Siehe: Villa Eichengrün
  Mozartstraße 12 (seinerzeit Moltkestraße)[2] Apr. 1939 Rosa Rosenbaum Franziska Schneider Nachzahlung
  Nordstraße 12 Apr. 1939 Max Blank Dr. Karl Spelberg Nachzahlung
 
Nordstraße 16 Dez. 1938 Dr. med. Julius Böheimer Dr. Erich Stoewer Nachzahlung
  Nordstraße 23 März 1938 Anna Marx Friedrich Müller Nachzahlung
  Oberstraße 7–9 Mai 1940 Herbert Klein Fritz Korten Nachzahlung in Fundamenten erhalten; Beschreibung als Audio-Datei (MP3; 5,4 MB)
  Parkweg 14 Juli 1939 Moritz Hanf Kurt Spelsberg Nachzahlung
  Ruhrstraße 40 Feb. 1939 Josua und Irma Sommer Heinrich Krüdenscheidt und Hermann Stratmann (Firma Nagel) Nachzahlung
  Sprockhöveler Straße 150 März 1935 Hedwig Buchthal Georg Motz Nachzahlung
  Theodor-Heuss-Straße 5 (seinerzeit Gerberstraße)[2] Juni 1939 Hedwig Buchthal Johannes Micus Nachzahlung Beschreibung als Audio-Datei (MP3; 3,6 MB)
  Wiesenstraße 26 Okt. 1938 Sara Sager Deutsches Reich Rückerstattung an Jewish Trust Corporation fiel nach Deportation an das Deutsche Reich

Geschäftsarisierungen

Bearbeiten
Name Lage Datum alter Besitzer neuer Besitzer Ausgang des Rückerstattungsverfahrens Bemerkungen
Putz- & Modewaren Singer Bahnhofstraße 32 Sep. 1933 Franziska Singer Johanna Winkel Antrag zurückgezogen
Kolonialwaren Buchthal Theodor-Heuss-Straße 5 (seinerzeit Gerberstraße)[2] 10. Jan. 1935 Hedwig Buchthal Johannes Micus Nachzahlung Beschreibung als Audio-Datei (MP3; 3,6 MB)
Lebensmittel Goldblum Bahnhofstraße 25 12. Nov. 1935 Adolf Goldblum Gustav Bruderek Nachzahlung
Altwaren Schacher März 1937 Louis Schacher Wilhelm Scheuber Nachzahlung
Metzgerei Stern Johannisstraße 7 1. Mai 1937 Moritz Stern Heinrich Kamperhoff Nachzahlung
Schuhgeschäft Rosenberg Bahnhofstraße 17 Nov. 1937 Siegfried Rosenberg Gregor Boecker Nachzahlung
Kaufhaus Gebrüder Rosenthal Bebelstraße 9–11 (seinerzeit Hermann-Göring-Straße)[2] 9. Dez. 1937 Sigmund und Josef Rosenthal KG Gerhard Lieskien Nachzahlung
Metzgerei Paul Hauptstraße 51 Apr. 1938 Leopold Paul Johann Nümann Nachzahlung
Metzgereiartikel Leiser Ruhrstraße 19 Juli 1938 Samuel Leiser Karl Heinze und Heinrich Fröhlich Antrag abgewiesen
Altwaren Rothschild Breite Straße 49 Aug. 1938 Isidor Rothschild Anna Domberg Nachzahlung
Gemischtwaren Hugo Rosenthal Hörder Straße 327 27. Okt. 1938 Hugo Rosenthal Fritz Waltemath, Pauline Waltemath und Elfriede Amelong Nachzahlung
Alsberg & Blank Ecke Bahnhofstraße/Heilenstraße 2. Nov. 1938 Bertha Eichengrün und Max Blank Otto Neumann und Dr. Cropp Vergleich Beschreibung als Audio-Datei (MP3; 6,2 MB)
Metzgerei Klein Oberstraße 7–9 19. Nov. 1938 Herbert Klein Fritz Korton Nachzahlung in Fundamenten erhalten; Beschreibung als Audio-Datei (MP3; 5,4 MB)
Papiergroßhandel Teichmann 21. Dez. 1938 Moritz Teichmann Emil Olsberger kein Rückerstattungsverfahren

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Hans-Christian Dahlmann: „Arisierung“ und Gesellschaft in Witten. Wie die Bevölkerung einer Ruhrgebietsstadt das Eigentum ihrer Jüdinnen und Juden übernahm. 2. Auflage. Lit Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-8258-5662-5 (Rezensionen und Auszüge, teilweise als Audiodateien [abgerufen am 17. September 2017]).
  2. a b c d e f g Paul Brandenburg, Karl-Heinz Hildebrand: Witten. Straßen, Wege, Plätze. Mit einem Beitrag zur Siedlungsgeschichte Wittens von Heinrich Schoppmeyer (= Beiträge zur Geschichte der Stadt Witten. Band 1). VOHM, Witten 1989, ISBN 3-920611-13-6 (Straßenverzeichnis (Memento vom 15. Mai 2006 im Internet Archive) [abgerufen am 27. Dezember 2012]).
  3. Betreutes Wohnen im Herzen von Annen. Rosenthal-Häuslicher-Pflegedienst, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. März 2017; abgerufen am 22. März 2017.