Arsanilsäure

organische Arsen-Verbindung

Arsanilsäure, genauer p-Arsanilsäure (früherer Markenname Atoxyl), ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der organischen Arsensäurederivate (genauer der Derivate der Phenylarsonsäure). Ihre Ester und Salze werden als Arsanilate bezeichnet.

Strukturformel
Strukturformel von Arsanilsäure
Allgemeines
Name Arsanilsäure
Andere Namen
  • (4-Aminophenyl)arsonsäure (IUPAC)
  • p-Arsanilsäure
Summenformel
  • C6H10AsNO3
  • C6H9AsNNaO3 (Natriumhydrogenarsanilat)
Kurzbeschreibung

kristallines Pulver (Natriumhydrogenarsanilat)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 202-674-3
ECHA-InfoCard 100.002.432
PubChem 7389
ChemSpider 7111
DrugBank DB03006
Wikidata Q704203
Eigenschaften
Molare Masse 217,05 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

> 300 °C[2]

Löslichkeit
  • gering löslich in Wasser[2]
  • löslich in Wasser, unlöslich in Chloroform und Ether (Natriumhydrogenarsanilat)[1]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​331​‐​410
P: 261​‐​273​‐​301+310​‐​311​‐​501[2]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Eigenschaften

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Arsanilsäure ist ein Derivat der Phenylarsonsäure mit einer Aminogruppe in der 4-Position. Sie existiert als Zwitterion, H3N+C6H4AsO3H, obwohl sie in der Regel mit der nicht zwitterionischen Formel beschrieben wird.

 
Tautomerengleichgewicht für Arsanilsäure

Geschichte

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Arsanilsäure wurde erstmals 1863 von Antoine Béchamp durch Reaktion von Anilin mit Arsensäure dargestellt.[4]

 

Béchamp wählte für sein arsensaures Anilid den Namen Atoxyl, um auf die im Vergleich zum Arsen geringere Toxizität hinzuweisen. Zunächst wurde Atoxyl nur äußerlich gegen Hauterkrankungen eingesetzt.

Im Jahr 1906 erkannte der deutsche Mediziner und Nobelpreisträger Robert Koch auf einer Afrikaexpedition, dass Atoxyl auch die gefährliche Schlafkrankheit günstig beeinflussen kann. Die Wirkung war aber nicht sehr ausgeprägt, beziehungsweise die erforderliche Dosierung so hoch, dass toxische Nebenwirkungen des Arsenpräparates, die zur Erblindung und sogar zum Tode führten, überwogen.[5]

Dennoch war diese Entdeckung später für den Bakteriologen Paul Ehrlich eine wichtige Grundlage zur Entwicklung des Arsphenamins, dem ersten modernen Medikament zur Behandlung der durch Spirochäten verursachten Syphilis. Ehrlich hatte das Atoxyl, beeinflusst von den Arbeiten Paul Uhlenhuths und anderer Wissenschaftler, als Medikament gegen Syphilis getestet, erkannte aber bald seine Falscheinschätzung[6] der chemischen Struktur des Präparates.[7]

Atoxyl kann bei der Behandlung der Schlafkrankheit als Vorläufer von Germanin betrachtet werden.

Natrium-4-aminophenylhydrogenarsonat

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Strukturformel von Atoxyl

Das Natriumsalz der Arsanilsäure, Natrium-4-aminophenylhydrogenarsonat, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als Wirkstoff auf Arsenbasis erprobt.[8]

Siehe auch

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Historische Literatur

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  • Atoxyl. In: Naturarzt. Band 37, 1909, S. 268.

Einzelnachweise

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  1. a b c Eintrag zu Sodium 4-Aminophenylarsonate bei TCI Europe, abgerufen am 27. Juni 2011.
  2. a b c d e Datenblatt p-Arsanilic acid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. November 2016 (PDF).
  3. Nicht explizit in Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP) gelistet, fällt aber mit der angegebenen Kennzeichnung unter den Gruppeneintrag Arsenverbindungen, mit Ausnahme der namentlich in diesem Anhang bezeichneten im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. A. Béchamp: De l'action de la chaleur sur l'arséniate d'aniline et la formation d'une anilide de l'acide arsénique. In: Comptes rendus des séances de l'Académie des sciences. Band 56, 1863, S. 1172–1175.
  5. Wolfgang U Eckart: Illustrierte Geschichte der Medizin. Springer, 2010, ISBN 978-3-642-12609-3 (Seite 308 in der Google-Buchsuche).
  6. Steven Riethmiller: From Atoxyl to Salvarsan. Searching for the magic bullet. In: Chemotherapy. Band 51, 2005, S. 234–242, hier: S. 239.
  7. Florian G. Mildenberger: Kein Heil durch Arsen? Die Salvarsandebatte und ihre Konsequenzen. In: Fachprosaforschung - Grenzüberschreitungen 8/9, 2012/2013, S. 327–390, hier: S. 332 f.
  8. Lutz Heuer: Meilenstein der pharmazeutischen Industrie - Das Bayer-Werk in Elberfeld bis 1923 Deutsche Apotheker Zeitung 2018, Nr. 11, S. 82, 15. März 2018.