August Hirsch (Mediziner)

deutscher Arzt und Medizinhistoriker

August Hirsch (geboren als Aron Simon Hirsch; * 4. Oktober 1817 in Danzig; † 28. Januar 1894 in Berlin) war ein deutscher Arzt, Epidemiologe und Medizinhistoriker.

August Hirsch

August Hirsch war der Sohn eines Kaufmanns und begann mit 15 Jahren eine Kaufmannslehre in Berlin. Da er dazu keine Neigung hatte, besuchte er das Gymnasium in Elbing und machte dort Abitur. Ab 1839 studierte er Medizin an den Universitäten Leipzig und Berlin, wo er 1843 promoviert wurde. Danach war er zunächst Arzt in Elbing und ab 1846 in seiner Geburtsstadt Danzig. Nachdem sich seine Pläne einer Tätigkeit als Arzt in Indonesien zerschlugen, wandte er sich wissenschaftlicher Tätigkeit zu und publizierte in Virchows Archiv über Tropen- und Infektionskrankheiten und veröffentlichte schließlich sein umfangreiches, erstmals 1859 bis 1864 in Erlangen herausgegebenes Handbuch der historisch-geographischen Pathologie, das seinen Ruf begründete, insbesondere wegen seines sorgfältigen Literaturstudiums.

Im Jahr 1863 wurde er gegen den Widerstand der Medizinischen Fakultät zum Professor für Pathologie, Geschichte und Literatur der Medizin in Berlin ernannt, womit der von Justus Hecker – dem Begründer der historischen Pathologie – geschaffene Lehrstuhl nach 13-jähriger Vakanz wieder besetzt wurde. Der Berufung ging ein spektakulärer Streit in der Berliner Tagespresse voraus. Um den Ruf annehmen zu können, musste er jedoch zum Christentum konvertieren, was er 1862 in Königsberg tat.

1864 habilitierte sich Hirsch mit einer Arbeit über die Anatomie der Schule des Hippokrates. Im Auftrag der preußischen Regierung untersuchte er 1865 eine in der Provinz Westpreußen ausgebrochene Epidemie von Hirnhautentzündung und schrieb darüber eine Monographie. Mit Max von Pettenkofer gründete er 1873 die deutsche Cholera-Kommission und war deutscher Vertreter bei der Internationalen Cholerakonferenz 1874. Zur Untersuchung der Cholera bereiste er in staatlichem Auftrag Westpreußen und Posen. 1879 reiste er im Auftrag der deutschen Regierung nach Astrachan, um in Südrussland den Ausbruch der Pest im Rahmen einer von ihm geleiteten Expedition zu untersuchen, worüber er 1880 eine Monographie veröffentlichte. 1872 gründete er in Berlin die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege. Er war bis 1885 ihr Vorsitzender und danach Ehrenmitglied. 1892 wurde Hirsch zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[1]

 
Grabstätte

Hirsch galt als namhafter Hygieniker und Medizinhistoriker seiner Zeit. Im Auftrag der Münchener Historischen Kommission verfasste er die Geschichte der medicinischen Wissenschaften in Deutschland (1893). Von bleibender Bedeutung war vor allem das von Hirsch herausgegebene Biographische Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zeiten und Völker (BLÄ) in sechs Bänden (1884–1888, neu aufgelegt 1929–1935, nachgedruckt 1962). Er war zudem Verfasser von Artikeln in der Allgemeinen Deutschen Biographie.

August Hirsch war mit Pauline Friedländer (1827–1908) verheiratet, einer Schwester des Philologen Ludwig Friedländer, der auch als Taufzeuge Hirschs fungierte.[2]

Hirsch und seine Frau wurden auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt. Als nahe ihrem Grab die Gedenkstätte der Sozialisten angelegt wurde, wurde das Grab in die Grabanlage Pergolenweg integriert.

Der Mathematiker Kurt Hirsch war sein Enkel. Auch die 1914 in Berlin geborene Schauspielerin, Dramaturgin und Schriftstellerin Renate Lerbs (Renate Lienau), Ehefrau von Karl Lerbs,[3] gehörte zu seinen Nachfahren.

Schriften (Auswahl)

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Literatur

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  • Julius PagelHirsch, August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 50, Duncker & Humblot, Leipzig 1905, S. 361–363.
  • Hans H. Lauer: Hirsch, August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 212 f. (Digitalisat). (im Wesentlichen inhaltsidentisch mit dem ADB-Text)
  • F. A. Barrett: August Hirsch: as critic of, and contributor to, geographical medicine and medical geography. In: Medical history. Supplement. Nummer 20, 2000, S. 98–117, ISSN 0950-5571. PMID 11769940. PMC 2530992 (freier Volltext).
  • Bernhard vom Brocke: Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie im Kontext der Medizin- und Wissenschaftsgeschichte. In: Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie: Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2001, S. 187–212 (zu Hirsch: S. 200–202).
  • Barbara I. Tshisuaka: Hirsch, August. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 602.
  • Christian Laufer: „Ohne Experiment, ohne Mikroskop, ohne Laboratorium“. August Hirsch (1817–1894) und die Historisch-Geographische Pathologie an der Schwelle zur bakteriologischen Ara. Medizinische Dissertation, Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät Mannheim 2019 (Digitalisat).
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Wikisource: August Hirsch – Quellen und Volltexte
Commons: August Hirsch – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Mitgliedseintrag von August Hirsch bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 25. Februar 2013.
  2. Peter Schneck: Eine Denkschrift Heinrich Haesers an das preußische Kultusministerium aus dem Jahre 1859. In: Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie: Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2001, S. 39–56, hier: S. 49, Anm. 61.
  3. Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 758.