Unter Ausbeutungsmissbrauch, auch Preishöhenmissbrauch[1] versteht man im Kartellrecht neben dem Behinderungsmissbrauch und dem Strukturmissbrauch ein Verhalten zur Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung.[2]

Der Ausbeutungsmissbrauch wirkt sich im Gegensatz zum Behinderungsmissbrauch auf die Nachfrageseite aus,[3] indem ein Unternehmen für seine Produkte einen Preis verlangt, „der in keinem angemessenen Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung steht“.[4]

Dabei geht man von der Annahme aus, dass marktbeherrschende Unternehmen ihre Produkte zu einem Preis anbieten können, bei dem ihre Grenzerlöse ihren Grenzkosten entsprechen. Dieser Cournot-Preis ist jedoch höher als der Wettbewerbspreis, bei dem der Preis den Grenzkosten der Produktion entspricht, und die Cournot-Menge ist geringer als die Produktionsmenge zu Wettbewerbspreisen. Der Wettbewerbspreis, der als Maßstab für die Preissetzung verwendet wird, ist aber sehr schwer festzustellen, da ein den Markt dominierendes Unternehmen in der Lage ist, die Preise aktiv zu beeinflussen. Aus diesem Grund wurden folgende Konzepte zur Ermittlung des Wettbewerbspreises entwickelt:[5]

  • anhand der Preise auf Vergleichsmärkten, wobei man zwischen räumlichen, sachlichen und zeitlichen Vergleichmärkten unterscheidet (Vergleichsmarktbetrachtung) sowie
  • anhand einer Kosten- und Gewinnanalyse des Unternehmens (Untersuchung der Preisbildungsfaktoren)

Der Ausbeutungsmissbrauch ist nach Art. 101,[6] 102[7] AEUV und nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB verboten.

Diese Konzepte treten jedoch neuerdings an ihr Grenzen. So wird dem Unternehmen Facebook vom deutschen Bundeskartellamt vorgeworfen, seine Marktmachtstellung missbräuchlich durch Verstöße gegen das Datenschutzrecht zu missbrauchen.[8] Dies soll insbesondere dadurch der Fall sein, dass sich das Unternehmen in seinen Nutzungsbedingungen auch die Möglichkeiten zur Datenverarbeitung außerhalb der Plattform einräumen lässt. Ob allerdings Datenschutzverstöße auch gegen das kartellrechtliche Marktmachtmissbrauchsverbot verstoßen, ist umstritten.[9]

Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. EuGH, Urteil vom 14. Februar 1978, 27/76, Slg. 1978, 207, RdNr. 249 – United Brands
  2. Florian Bien: Europäisches und deutsches Kartellrecht (Memento des Originals vom 7. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.jura.uni-wuerzburg.de Universität Würzburg, Stand: 7. Oktober 2014, S. 57 ff. (Skriptum)
  3. Ausbeutungsmissbrauch Westfälische Wilhelms-Universität Münster/Institut für Genossenschaftswesen, Glossar, abgerufen am 24. Juli 2017
  4. EuGH, Urteil vom 13. November 1975, 26/75, Slg. 1975, 1367, RdNr. 11 f. – General Motors
  5. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 – KVR 51/11 Wasserpreise Calw (zu § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB a.F.)
  6. Art. 101 AEUV (Memento vom 17. Juni 2016 im Internet Archive), abgerufen am 18. April 2024.
  7. Art. 102 AEUV
  8. https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2017/19_12_2017_Facebook.html
  9. https://www.telemedicus.info/uploads/Dokumente/SebastianTelle_KonditionenmissbrauchdurchAusplnderungvonPlattform-Nutzerdaten_WRP2016814.pdf