Börde-Brauerei

ehemalige Bierbrauerei in Magdeburg

Die Börde-Brauerei war eine Bierbrauerei in Magdeburg. Sie war die älteste Brauerei Magdeburgs, lag an der Sieverstorstraße im Stadtteil Alte Neustadt und wurde 1994 geschlossen.

Geschichte

Bearbeiten

Brauerei Bodenstein

Bearbeiten

Am 8. August 1823 gründete der Kaufmann und Gutsbesitzer August Leberecht Bodenstein (1798–1877) auf seinem Gutshof, Sieverstorstraße 10, die Brauerei A. Bodenstein. Der Brauherr gehörte zu den ersten in Magdeburg, die eine Dampfmaschine besaßen. Wenig später hatte er auch als Erster in Magdeburg eine Eismaschine erworben, was einen geregelten Kühlbetrieb in der Brauerei ermöglichte. Die Brauerei erreichte damals Bekanntheit durch die Einführung des Lagerbiers, des so genannten „Bayerischen Biers“.

In der Brauerei arbeitete auch Bodensteins Schwager Ernst Schneidewin (1820–1893), der gemeinsam mit seinem neuen Geschäftspartner Hermann Reichardt[1] (1851–1928) 1864 in Buckau die Buckauer Dampf-Bierbrauerei Reichardt & Schneidewin gründete. Diese existierte bis 1914 und ging dann an die Brauerei Bodenstein AG.

Nach dem Tod August Bodensteins führte dessen Sohn Franz Bodenstein (1834–1885)[2] die Brauerei ab 1877 weiter. Dieser hatte ein Studium des Brauwesens in Bayern absolviert und produzierte ab etwa 1880 das in Magdeburg und Umgebung beliebte „Bodensteiner Kulmbacher“. Nach dem frühen Tod von Franz Bodenstein wurde die Brauerei 1886 in eine Aktiengesellschaft mit einem Stammkapital von 1,2 Millionen Mark umgewandelt, deren Aktien weitgehend im Familienbesitz verblieben. Vorsitzender des Aufsichtsrats wurde mit Emil Grünwald (1841–1920) ein Schwiegersohn des Gründers. Ab 1924 firmierte die Brauerei bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Brauerei Bodenstein AG und hatte Zweigniederlassungen u. a. in Calbe (Saale) und Wolmirstedt.[3]

Der Schriftsteller Bert Brennecke hatte ca. 1937 ein Preisausschreiben der konkurrierenden Magdeburger Actien-Brauerei für deren neue Biermarke Diamant mit dem Slogan Stadt und Land trinkt Diamant gewonnen. Der Direktor der Brauerei war so begeistert, dass er Brennecke zusätzlich zum Preisgeld jedes Jahr zu Weihnachten einen Kasten Freibier versprach. Nachdem zwei Jahren später ein neuer Direktor die Lieferung einstellte und zur Privatsache seines Vorgängers erklärte, textete Brennecke für die Brauerei Bodenstein Aber unsereiner trinkt Bodensteiner. Dieser Text wurde an der Eisenbahnbrücke über die Lübecker Straße in Magdeburg-Neustadt angebracht, so dass bei der Fahrt in die Stadt zunächst der Diamant-Spruch und dann wie eine Antwort darauf der Bodenstein-Spruch zu lesen war.[4]

VEB Bördebrauerei Magdeburg

Bearbeiten
 
Etikett des VEB Börde-Brauerei aus den 1950er Jahren

Die Brauerei Bodenstein AG wird im Zuge der Verstaatlichung von Privatvermögen nach dem Zweiten Weltkrieg unter SMAD Befehl enteignet und in die VEB Börde-Brauerei Magdeburg umgewandelt. 1947 wurde der Braubetrieb wieder aufgenommen.[5][6] Ab 1961 wurde die Börde-Brauerei als „Werk II“ Teil des neu gegründeten VEB Vereinigte Brauereien Magdeburg. Zum „Werk I“ wurde die Diamant-Brauerei in der Neuen Neustadt, zum „Werk III“ das Sudenburger Brauhaus im Magdeburger Stadtteil Sudenburg.[7]

1991, kurz nach der Wende, wurde der Braubetrieb auf dem Gelände an der Sieverstorstraße eingestellt. 2006 wurde ein Großteil der unter Denkmalschutz stehenden Brauereigebäude abgerissen, lediglich der Sudturm blieb stehen. In diesem sollten ab 2009 Loftwohnungen entstehen, dieses Projekt wurde aber bis November 2020 noch nicht umgesetzt.[8]

In der Liste der Kulturdenkmale in Alte Neustadt sind die Gebäudereste der Brauerei unter der Erfassungsnummer 09481858 als Baudenkmal verzeichnet.[9]

Revitalisierung der Brauerei Bodenstein

Bearbeiten

Im Jahr 2021 wurde die Marke Brauerei Bodenstein durch direkte Nachfahren der Gründerfamilie wiederbelebt.[10] Am ehemaligen Standort an der Sieverstorstraße in Magdeburg wird die Produktion des Magdeburger Traditionsbiers wieder aufgenommen.[11]

Literatur

Bearbeiten
  • Stefan Harter: Magdeburger Sudturm wird Wohnhaus. In: Volksstimme. 29. November 2019 (volksstimme.de).
  • Stefan Harter: Magdeburger Brauerei wird Wohnquartier. In: Volksstimme. 17. Mai 2018 (volksstimme.de).
  • Christina Bendigs: Magdeburgs älteste Bier-Marke kehrt zurück. In: Volksstimme. 28. Oktober 2022 (volksstimme.de).
Bearbeiten
Commons: Börde-Brauerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Horst-Günther Heinicke: Reichardt, Hermann. In: Guido Heinrich, Gunter Schandera (Hrsg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert. (MBL) Scriptum-Verlag, Magdeburg 2002, ISBN 3-933046-49-1. S. 574.
  2. Horst-Günther Heinicke: Bodenstein, Franz. In: Guido Heinrich, Gunter Schandera (Hrsg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert. (MBL) Scriptum-Verlag, Magdeburg 2002, ISBN 3-933046-49-1. S. 70.
  3. Offizielles Industrie- und Handelsadreßbuch des Mitteldeutschen Wirtschaftsgebietes, 1923, Band 3, Seite 262 & 616
  4. Wolf D. Brennecke: Sehne ich mich zurück?, in: Kleine Bettlektüre für alle, die ihr schönes Magdeburg lieben, Scherz Verlag, ISBN 3-502-39180-7, S. 21
  5. https://brauerei-bodenstein.de/historie/
  6. https://www.industrie-kultur-ost.de/datenbanken/online-ruinen-datenbank/b%C3%B6rde-brauerei-magdeburg/
  7. Historisches Brauereiverzeichnis Deutschland der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen ab ca. 1900 des IBV Internationaler Brauereikultur-Verband e.V. IBV-Eigenverlag, Stuttgart 1995.
  8. Bördebrauerei: Magdeburger Sudturm wird Wohnhaus
  9. Kleine Anfrage und Antwort Olaf Meister (Bündnis 90/Die Grünen), Prof. Dr. Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen), Kultusministerium 19. 03. 2015 Drucksache 6/3905 (KA 6/8670) Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt, Seite 2556.
  10. Brauerei Bodenstein Magdeburg. Abgerufen am 9. November 2022 (deutsch).
  11. Christina Bendigs: Magdeburgs älteste Bier-Marke kehrt zurück. Abgerufen am 9. November 2022.

Koordinaten: 52° 8′ 56,6″ N, 11° 38′ 51,9″ O