Babingtonit
Babingtonit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ca2Fe2+Fe3+[Si5O14OH][2], ist also ein Calcium-Eisen-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Strukturell zählt Babingtonit zu den Ketten- und Bandsilikaten.
Babingtonit | |
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Tafeliger Babingtonit (schwarz) auf Prehnit (grün) aus dem Steinbruch Hongquizhen, Meigu, Sichuan, China (Größe: 4,8 cm × 4,2 cm × 2,8 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Bab[1] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate – Ketten- und Bandsilikate |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VIII/F.27 VIII/F.27-020 9.DK.05 65.04.01.02 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | triklin |
Kristallklasse; Symbol | triklin-pinakoidal; 1 |
Raumgruppe | P1 (Nr. 2)[4] |
Gitterparameter | a = 7,469 Å; b = 12,161 Å; c = 6,675 Å α = 86,09°; β = 93,94°; γ = 112,21°[4] |
Formeleinheiten | Z = 2[4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5,5 bis 6 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,34 bis 3,37; berechnet: 3,26[5] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {001}, gut nach {010} und {100}[5] |
Bruch; Tenazität | uneben; spröde |
Farbe | braun bis schwarz |
Strichfarbe | grünlichgrau[6] |
Transparenz | undurchsichtig bis schwach durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,700 nβ = 1,710 nγ = 1,725[7] |
Doppelbrechung | δ = 0,025[7] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = gemessen: 50°; berechnet: 76°[7] |
Pleochroismus | sehr stark: X = dunkelgrün; Y = braunviolett; Z = hell- bis dunkelbraun[7] |
Da Babingtonit mit Manganbabingtonit (Ca2Mn2+Fe3+[Si5O14OH][8]) eine Mischkristallreihe bildet, wird die Formel für den eisenreichen Babingtonit gelegentlich auch mit Ca2(Fe2+,Mn)Fe3+[Si5O14OH][3] angegeben. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente zweiwertiges Eisen und Mangan können sich dabei in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.
Babingtonit entwickelt meist tafelige bis kurzsäulige Kristalle oder radialstrahlige Mineral-Aggregate von brauner bis schwarzer Farbe bei grünlichgrauer Strichfarbe. Die Oberflächen der undurchsichtigen bis schwach durchscheinenden Kristalle weisen einen glasähnlichen Glanz auf. Mit einer Mohshärte von 5,5 bis 6 gehört Babingtonit zu den mittelharten Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Orthoklas (6) mit einer Stahlfeile ritzen lassen.
Etymologie und Geschichte
BearbeitenErstmals entdeckt wurde Babingtonit in der Umgebung von Arendal in der norwegischen Fylke Aust-Agder und beschrieben 1824 durch Armand Lévy, der das Mineral nach dem britischen Mediziner und Mineralogen William Babington benannte.
Klassifikation
BearbeitenIn der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Babingtonit zur Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Inesit, Lithiomarsturit, Manganbabingtonit, Marsturit, Nambulit, Natronambulit, Rhodonit, Santaclarait und Scandiobabingtonit die „Rhodonit-Reihe“ mit der System-Nr. VIII/F.27 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Babingtonit ebenfalls in die Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Ketten, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 5-periodischen Einfachketten, Si5O15“ zu finden ist, wo es zusammen mit Fowlerit, Lithiomarsturit, Manganbabingtonit, Marsturit, Nambulit, Natronambulit, Rhodonit und Scandiobabingtonit die „Rhodonitgruppe“ mit der System-Nr. 9.DK.05 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Babingtonit in die Abteilung der „Kettensilikatminerale“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Rhodonitgruppe“ mit der System-Nr. 65.04.01 innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Einfache unverzweigte Ketten, W=1 mit Ketten P=5“ zu finden.
Kristallstruktur
BearbeitenBabingtonit kristallisiert triklin in der Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2) mit den Gitterparametern a = 7,469 Å, b = 12,161 Å, c = 6,675 Å, α = 86,09°, β = 93,94° und γ = 112,21° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]
Eigenschaften
BearbeitenVor dem Lötrohr schmilzt Babingtonit leicht zu einer magnetischen Perle.[9]
Bildung und Fundorte
BearbeitenBabingtonit bildet sich hydrothermal granitischen Pegmatiten und Dioriten, aber auch in Hohlräumen mafischer Vulkangesteine, Gneise und Skarne. Er findet sich häufig in Paragenese mit Prehnit, kommt aber auch mit Albit, Calcit, Epidot, Hornblende, Orthoklas, Quarz sowie verschiedenen Granaten und Zeolithen vergesellschaftet vor.
Als eher seltene Mineralbildung kann Babingtonit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand 2013) rund 160 Fundorte.[10] Neben seiner Typlokalität Arendal trat das Mineral in Norwegen noch bei Konnerud (Kommune Drammen) in Buskerud, bei Sølsnes, Tafjord und Stranda in Møre og Romsdal, Tiltvika (Kommune Hamarøy) in Nordland, Framruste (Kommune Skjåk) in Oppland, Fjaler in Sogn og Fjordane, Oppdal in Sør-Trøndelag, Kragerø in Telemark und Ramnes (Kommune Re) in Vestfold auf.
In Deutschland konnte Babintonit bisher am Steinbruch „Artenberg“ bei Steinach (Ortenaukreis) und bei Malsburg-Marzell in Baden-Württemberg, in den Granodiorit-Steinbrüchen bei Stützersdorf (Tittling) in Bayern, bei Niederscheld und Bornberg Seelbach (Herborn) in Hessen, im Andesit-Steinbruch bei Kreimbach-Kaulbach in Rheinland-Pfalz und im Steinbruch Nesselgrund bei Schnellbach (Floh-Seligenthal) in Thüringen gefunden werden.
In Österreich fand man das Mineral unter anderem im Seebachtal in der Ankogelgruppe und am Großen Speikkogel in der Koralpe in Kärnten sowie am Krummer See bei St. Leonhard im Pitztal in Tirol.
Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist ein Gneis-Steinbruch in der Gemeinde Arvigo im Kanton Graubünden.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in der Antarktis, Australien, China, Kanada, Kolumbien, Tschechien, Frankreich, Island, Indien, Italien, Japan, Namibia, Neuseeland, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Spanien, der Ukraine und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[11]
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Armand Lévy: Account of a new mineral substance. In: The Annals of Philosophy. Band 7, 1824, S. 275–277 (rruff.info [PDF; 295 kB; abgerufen am 27. Juli 2017]).
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Nebel Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 245.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 541.
- ↑ a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 647.
- ↑ a b c T. Armbruster: Cation distribution in Mg, Mn-bearing babingtonite from Arvigo, Val Calanca, Grisons, Switzerland. In: Schweizerische Mineralogische und Petrographische Mitteilungen. Band 80, Nr. 3, 2000, S. 279–284 (online verfügbar bei e-periodica.ch [abgerufen am 27. Juli 2017]).
- ↑ a b Babingtonite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 72 kB]).
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
- ↑ a b c d Babingtonite. In: mindat.org. Abgerufen am 21. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 734 (Erstausgabe: 1891).
- ↑ Localities for Babingtonite. In: mindat.org. Abgerufen am 21. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Fundortliste für Babingtonit beim Mineralienatlas und bei Mindat