Bahnstrecke Fier–Vlora

Albanische Bahnstrecke

Die Bahnstrecke Fier–Vlore ist eine 36 Kilometer lange Bahnstrecke in Albanien. Sie verbindet die Städte Fier und Vlora. Die Infrastruktur ist im Besitz des Staates.[4] Die private Bahngesellschaft Albrail transportiert Erdöl auf dieser Strecke.[5]

Fier–Vlora
Strecke der Bahnstrecke Fier–Vlora
Albanisches Streckennetz
Streckenlänge:35,6 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse:C4[1]
Maximale Neigung: 13,6[1] 
Minimaler Radius:540[1] m
Streckengeschwindigkeit:40[1] km/h
Strecke (außer Betrieb)
Bahnstrecke Rrogozhina–Fier von Rrogozhina
Betriebs-/Güterbahnhof Strecke bis hier außer Betrieb
84,100 Fier
Dienststation / Betriebs- oder Güterbahnhof
84,750 Fier Güterbahnhof
Abzweig geradeaus und ehemals nach links
Bahnstrecke Fier–Ballsh nach Ballsh
Abzweig geradeaus und nach linksStrecke von rechts
85,720
StreckeAbzweig geradeaus und ehemals nach links
Kraftwerk Fier
StreckeBetriebs-/Güterbahnhof Streckenende
87,580 Ölverladeanlage Driza
Tunnel
87,625 Tunnel Koshovica (786 m)
ehemaliger Dienststation / Betriebs- oder Güterbahnhof
93,813 Levan (früher Pers.-Halt)
Brücke
Beton-Stelzenbrücke (840 m)
Brücke über Wasserlauf
95,670 Vjosa (Brücke von Mifol, 290 m)
Dienststation / Betriebs- oder Güterbahnhof
100,360 Novosela (Pers.-Halt bis Jan. 1997)
Abzweig geradeaus und ehemals nach links
Industrieanschluss
ehemaliger Dienststation / Betriebs- oder Güterbahnhof
105,890 Skrofotina: Narta-Saline
ehemaliger Haltepunkt / Haltestelle
114,000 Narta (nicht offiziell)
Strecke von linksAbzweig ehemals geradeaus und nach rechts
Betriebs-/Güterbahnhof StreckenendeStrecke (außer Betrieb)
117,800 Ölhafen Vlora
Dienststation / Betriebs- oder Güterbahnhof (Strecke außer Betrieb)
116,269 Narta/Vlora Güterbahnhof
Kopfbahnhof Streckenende (Strecke außer Betrieb)
119,493 Vlora

Quelle:[2][3]

Geschichte

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Vlora erlangte als Industriestandort in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stetig an Bedeutung.[6] Auch der Hafen wurde ausgebaut.[5] Eine Erweiterung des Streckennetzes bis Vlora bot sich an und stellte auch keine größeren Herausforderungen.

Der Bau der Strecke begann 1983 und Jahre erfolgte mit einfachsten Mitteln „wie 40 Jahre zuvor“ (Alqi Gjika: T669.net). Es waren vor allem „Freiwillige“ im Einsatz: Studenten und Schüler in organisierten Arbeitseinsätzen.[5]

Die Bahnstrecke wurde in zwei Abschnitten erbaut. Im Januar 1985 wurde der Abschnitt Fier–Narta fertiggestellt und von Güterzügen befahren. Am 14. Oktober 1985 wurde der kurze Restabschnitt von Narte nach Vlora in Betrieb genommen und die Gesamtstrecke für den Personenverkehr freigegeben.

2011 wurde ein rund anderthalb Kilometer langes Industriegleis von Narta zum italienisch-albanischen Petrolifera-Terminal im Westen von Vlora in Betrieb genommen.[7]

Im Februar 2015 wurden der Personen- und der Güterverkehr auf der Bahnstrecke eingestellt. Einzelne Anschlussgleise für die Industrie waren zu diesem Zeitpunkt schon zurückgebaut.[7]

Mit einem unaufgeforderten Angebot präsentierte die 2016 gegründete Bahngesellschaft Albrail beim Ministerium für Verkehr und Infrastruktur einen Investitionsplan, der dann mit Unterstützung des italienischen Planungsfirma Italferr umgesetzt wurde. Albrail gewann mit ihrem Angebot die Konzession und unterzeichnete am 4. Februar 2016 einen 25-jährigen Vertrag mit dem Gegenstand „Konzession/Public Private Partnership (ROT – Rehabilitation, Operation and Transfer)“ für die Sanierung, den Betrieb und die Übertragung der Infrastruktur der Bahnstrecke mit dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur der Republik Albanien.[4]

Albrail hat nach Vertragsabschluss zwischen 2017 und 2018 fast die komplette Strecke Fier–Vlora sowie die Infrastruktur an den Zwischenstationen und der Raffinerie in Fier saniert. In der Raffinerie wurde eine zweigleisige Verladestation für Kesselwagen gebaut, um den Rohöltransport von Fier zum italienisch-albanischen Petrolifera-Terminal in Vlora zu ermöglichen.

Im Dezember 2018 nahm Albrail den Betrieb in Richtung Vlora auf und steigerte dabei schrittweise das Transportvolumen nach Vorgaben des Kunden Bankers Petroleum Albania auf eine Transportmenge von mehr als 2000 Tonnen pro Tag. In den ersten fünf Jahren verkehrten 4000 Züge auf der Strecke.[8]

Der Strecke verläuft mehrheitlich durch das flache Gelände im Süden der Myzeqe-Ebene. Trotzdem galt es ein paar Hindernisse zu überwinden, so die südlich von Fier verlaufende Ausläufer der Hügel der Mallakastra.

 
Bahnhof Fier frühmorgens

Die Strecke beginnt am Bahnhof Fier am westlichen Stadtrand. Sie setzt den Verlauf der Bahnstrecke Rrogozhina–Fier nach Süden fort, quert zuerst die Straße nach Apollonia und dann den Güterbahnhof von Fier. Danach zweigt zuerst die – ältere – Strecke nach Ballash ab, dann ein Stichgleis zu den Industrieanlagen am Südrand der Stadt. Die in den 1980er Jahren erbaute, 34 Kilometer lange Strecke begann an dieser Abzweigung.

Die Planer haben sich für einen Tunnel durch den Hügelzug entschieden, anstatt diesen westlich zu umfahren, was den Abschnitt nach Levan um mehr als das Dreifache verlängert hätte. Der Koshovica-Tunnel (albanisch Tuneli i Koshovicës) hat eine Länge von 786 Metern.[Anmerkung 1] Der Name leitet sich vom Koshovica-Pass (Qafa e Koshovicës; ca. 75 m ü. A.)[9] ab. Gleich nach dem Tunnel wird die Trasse von der Rruga shtetërore SH8 gequert. Danach zieht sich die Strecke auf rund vier Kilometern nach Westen durch das recht enge Koshovica-Tal gegen Levan, meist direkt neben der Straße oberhalb des Samara-Baches, den sie kurz vor Levan zwei Mal quert. Danach geht es am Nordufer des Baches entlang durchs Ortszentrum.

Am Ortsausgang quert die Strecke den Vjosa-Levan-Fier-Bewässerungskanal und tritt in die Ebene an der Vjosa-Mündung ein. Der Bahnhof Levan befindet sich rund 700 Meter außerhalb des Orts. Gleich davor überführt eine Brücke die SH4. Auf einem fast fünf Kilometer langen Stück führt die Strecke nach Südwesten zum Fluss – parallel zur Nationalstraße, aber im Gegensatz zu dieser auf einem Damm und zwischendurch auf einer 840 Meter langen Brücke mit 126 Stützen.[5] Bahndamm und Brücke ragen beide nur wenig aus der Flussebene hervor. Die lange Brücke wurde so schlecht gebaut, dass die Züge nur mit sehr reduzierter Geschwindigkeit passieren können und starke Schwingungen der Konstruktion auslösen.[5] Nach einer Kurve gegen Süden geht es über die 285 Meter lange Brücke von Mifol. Die Brücke über die Vjosa überführt neben den Gleisen zugleich auch die Nationalstraße.

Der Bahndamm am Südufer des Flusses führt zuerst nach Südosten und dreht vor Novosela nach Südsüdost ab. Der ehemalige Bahnhof befand sich am südöstlichen Dorfrand. Heute besteht wie in Levan hier eine Ausweichstelle. In der Literatur wird noch ein Stichgleis erwähnt, das hier nach Osten abzweigte. Zwischenzeitlich bestanden Pläne, die Schmalspurstrecke von Selenica (Standort von Bitumen-Minen) hier mit dem Eisenbahnnetz zu verbinden. Einen Kilometer weiter beim Dorf Mifol dreht die Strecke nach Südsüdwest ab und kreuzt zugleich die SH8. Eine Brücke, die die Straße über die Gleise führen sollte, wurde nur kurzweilig vom Verkehr genutzt. Die Straße quert die Bahngleise südlich auf einem provisorischen Übergang.[10] Da weder Straße noch Bahnstrecke heute viel Verkehr aufweisen, wird das Provisorium wohl lange Bestand haben.

 
Zug von Albrail auf dem Weg nach Norden bei Skrofotina

Auf der weiteren Strecke nach Süden verläuft die Eisenbahn in der Ebene am Ostufer der Lagune von Narta, während die Nationalstraße weiter östlich dem Hügelfuß folgt und auch in die Hügel hineinführt. Im Gegensatz dazu verläuft die neue Autostrada A3 parallel zur Bahnstrecke. Bei Skrofotina wird das Nordende der Lagune erreicht. Hier befand sich ein Ladegleis der Saline, das dem Autobahnbau geopfert werden musste. Auch von der einstigen Feldbahn der Saline gibt es keine Anzeichen mehr.[11] Nach weiteren sechs Kilometern in der Flachen ebene wird die Autobahn überführt. Am Nordrand von Narta wird ein kleiner Kanal gequert. Das Dorf wird im Westen passiert, die Strecke wendet sich nach Südosten der Stadt Vlora zu.[12][13]

 
Kopfbahnhof Vlora, das Ende der Strecke

Nach der Passage eines kleinen Waldstücks (Pylli i Sodës) zweigt nach Süden das neue Anschlussgleis an den Ölhafen von Vlora ab, das diesen in einer s-förmigen Kurve erreicht. Das nicht sanierte Reststück der Strecke geht in den Güterbahnhof Narta über. Von hier aus war früher eine chemische Fabrik (Uzina e Sodës) angeschlossen. Nach dem Güterbahnhof folgen noch drei Kilometer nach Südwesten bis zum Bahnhof Vlora, dem südlichsten Punkt des albanischen Eisenbahnnetzes. Das recht groß angelegte Bahnhofgebäude am Westrand der Innenstadt liegt heute versteckt hinter Neubauten. Ein Anschluss zum Hafen soll geplant gewesen sein, wurde aber nie erbaut.[11] Hierfür finden sich auch keine Anzeichen.

Infrastruktur

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Sanierte Bahnstrecke bei Narta westlich von Vlora (2018)

Nach der Instandsetzung der Strecke durch Albrail bestehen nun in Fier ein bisher nicht genutzter Personenbahnhof mit zwei Gleisen und ein Güterbahnhof mit vier Gleisen sowie einem eingleisigen Werkstattgebäude. In Vlora wurde ein Güterbahnhof mit zwei Gleisen angelegt, der noch nicht wieder genutzte Personenbahnhof hat zwei Gleise. Der Bahnhof in Novosela mit zwei Gleisen ist für den Personenverkehr vorbereitet.

An der neu erbauten Ölverladeanlage Driza können auf zwei Gleisen jeweils zwei Kesselwagen gleichzeitig beladen werden.[14]

Die maximale Zuglänge beträgt 500 Meter.[1]

Es gibt kein modernes Signalsystem. Die Kommunikation innerhalb des Bahnhofs erfolgt über Funk, über längere Streckenabschnitte über Mobiltelefon. Die Weichen in den Bahnhöfen werden manuell gestellt.[1]

Die Strecke wurde bei der Sanierung für den Personenverkehr vorbereitet. Albrail prüft diese zukünftige Möglichkeit noch. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 60 km/h geplant.[1]

Anmerkungen

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  1. Die Längenangaben sind je nach Quelle auch einen oder zwei Meter kürzer. Bei der Angabe auf T669.net dürfte es sich um einen Zahlendreher handeln.
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Commons: Bahnhof Fier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Bahnhof Vlora – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g General techincal data. (PDF) In: albrail.al. Abgerufen am 4. November 2024 (englisch).
  2. Fier–Vlorë. HSH Railway Network – Station and Route List 2004. Abgerufen am 4. November 2024 (englisch).
  3. General Map of Railway Lines. (PDF) In: albrail.al. Abgerufen am 4. November 2024 (englisch).
  4. a b Albrail: Network Statement of The Railway Administrated by The Concessionary Company „Albrail“ L.T.D 2025. Valid starting from 10.12.2024. (PDF) In: albrail.al. 10. August 2024, abgerufen am 31. Oktober 2024 (englisch).
  5. a b c d e Alqi Gjika: Hekurudha Shqiptare. In: T669.net. Abgerufen am 3. November 2024 (albanisch).
  6. Gerhard Gürsch: Mit Bus und Bahn durchs Land der Skipetaren. Bufe-Fachbuch-Verlag, Egglham 1986, S. 78.
  7. a b Romano Mölter: Die vergessene Eisenbahn: Eine Reise in die Geschichte der albanischen Eisenbahnen 1916–2020. Railway-Media-Group, Wien 2020, ISBN 978-3-902894-87-8, S. 128 f.
  8. Five years since the departure of the first train from the Bankers collection station to ‘Petroliofera’. In: Bankers Petroleum. 7. November 2023, abgerufen am 3. November 2024 (englisch).
  9. Offizielle Karte 1:50'000 des militärischen kartographischen Amtes Albaniens, Blatt K-34-112-C „Fieri“, 4. Auflage, Tirana 1984. ↑ Hochspringen nach:a b c d
  10. Gürsch 1986 (S. 106) erwähnt eine Straßenüberführung, die „für unbehinderten Schienenverkehr“ sorge; er bereiste Albanien aber vor Inbetriebnahme der Strecke. Auf der offiziellen Karte 1:50'000 des militärischen kartographischen Amtes Albaniens von 1990 sind Brücke und Umfahrung verzeichnet (Blatt K-34-123-B „Novosela“, 3. Auflage, Tirana 1990). Satellitenaufnahmen auf Google Earth zeigen, dass 2004 und 2007 die Brücke und nicht der Bahnübergang verwendet wurde, 2011 aber der Bahnübergang. Diese Umfahrung wurde im Spätsommer 2023 neu asphaltiert.
  11. a b Romano Mölter: Die vergessene Eisenbahn: Eine Reise in die Geschichte der albanischen Eisenbahnen 1916–2020. Railway-Media-Group, Wien 2020, ISBN 978-3-902894-87-8, S. 62 f.
  12. Gerhard Gürsch: Mit Bus und Bahn durchs Land der Skipetaren. Bufe-Fachbuch-Verlag, Egglham 1986, S. 105 f.
  13. Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte e. V. (Hrsg.): Die Albanischen Eisenbahnen. Ein Statusbericht vom Herbst 1996. Eigenverlag, Karlsruhe 1998, ISBN 3-921700-76-0, Streckenplan, S. 53.
  14. Schematic plan. (PDF) In: albrail.al. Abgerufen am 4. November 2024 (englisch).