Balkenkopf

im Bauwesen das in oder auf einer Wand liegende oder über diese hinausragende Ende eines Balkens

Ein Balkenkopf ist im Bauwesen das in oder auf einer Wand liegende oder über diese hinausragende Ende eines Balkens. Im historischen Holzfachwerkbau (Stockwerksbau) ist der sichtbare Balkenkopf einer Deckenbalkenlage oft durch Profilierung, Schnitzerei und Bemalung verziert.[1]

Drei Balkenköpfe zwischen Rähm und Stockschwelle eines Fachwerkhauses (Göttingen-Geismar, 18. Jahrhundert)

Gestaltung sichtbarer Balkenköpfe

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Wenn Balkenköpfe einer Deckenbalkenlage über Wand oder Mauer hinausragen, zeigen sie oft nicht nur ihre schlichte Hirnholzfläche, sondern sind in der historischen Architektur zur besonderen Verzierung von Fassaden herangezogen worden.

Die formale Gestaltung von sichtbaren Balkenkopfen in einer Fassade hat eine lange Vorgeschichte, die bereits auf die Architektur der griechischen Tempel Einfluss nahm. So gilt die Erinnerung an den Balkenkopf des Holzbaus als Ursprung von Triglyphe und Zahnschnitt der dorischen Ordnung und der ionischen Ordnung.[1][2]

 
Balkenkopf-Verzierungen (Zimmermannslehrbuch von 1893[3])

In der gotischen Architektur schuf man an den Balkenköpfen Verzierungen, die von schlichter Profilierung durch Fase oder Kehle, Wulst und Stab zur Kombination dieser Grundformen bis zur bildhauerischen Schnitzarbeit führten.[4] Die Renaissance übernahm diese Formen und fügte neue hinzu, beispielsweise Perlstab und Eierstab.[4] Die Zierformen sind vielfältig. Regional haben sich spezifische Gestaltungen herausgebildet, wie beispielsweise in und um Quedlinburg im 17. Jahrhundert die sogenannten Pyramidenbalkenköpfe und dort zuvor im 16. Jahrhundert die sogenannten Zylinderbalkenköpfe.[5]

Bei starker Vorkragung im Stockwerksbau wird eine Unterstützung durch Knaggen oder Konsolen erforderlich, die ebenfalls verziert werden kann, oft zusammen mit dem Balkenkopf.

Mit dem Rückgang der Stockwerksbau-Vorkragungen seit dem 18. Jahrhundert nahm auch die gestalterische Betonung der sichtbaren Balkenköpfe ab und endete sich schließlich ganz. Zunächst bildeten die Balkenköpfe im 18. Jahrhundert teilweise mit den Füllhölzern ein durchgehendes Profil, dann wurden sie mit profilierten Brettern oder Bohlen zu einem Gesims verkleidet.[6] Nur im historistischen Fachwerk und beim Technischen Fachwerk um 1900 gab es noch einmal, ein Wiederaufleben verzierter Balkenköpfe.

Hin und wieder werden auch bei modernen Skelettbauten (Stahlbau, Stahlbetonbau) vorgezogene Balkenköpfe zur plastischen Bereicherung von Fassaden verwendet.[4]

Weitere Verwendungen

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Verzierte Balkenköpfe kommen auch bei anderen Holzkonstruktionen vor, etwa bei Pfetten, Sparren, Sattelhölzern, Emporen, Balkonen usw.

Siehe auch

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Commons: Balkenkopf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

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  • Theodor Krauth, Franz Sales Meyer: Die Bau- und Kunstzimmerei: mit besonderer Berücksichtigung der äusseren Form, Band 1: Text. Leipzig 1893, S. 191 ff (Kapitel: Balkenköpfe und Sparrenköpfe). – Digitalisat auf digi.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 4. August 2024.
  • André Peylo: Der Balkenkopf – wie macht man ihn nun richtig? In: Schützen & Erhalten, Heft September 2007, S. 18–21. (Digitalisat)

Einzelnachweise

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  1. a b Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 4. August 2024), S. 44: Balkenkopf.
  2. Vgl. Wolfgang Müller-Wiener: Griechisches Bauwesen in der Antike. C. H. Beck, München 1988, S. 112 f.
  3. Theodor Krauth, Franz Sales Meyer: Die Bau- und Kunstzimmerei: mit besonderer Berücksichtigung der äusseren Form (Band 2): Tafeln. Leipzig 1893, Tafel 11 (Digitalisat). – Der Text dazu in Band 1, S. 191 (Digitalisat).
  4. a b c Lexikon der Kunst, Bd. 1. VEB E. A. Seemann, Leipzig 1987, S. 387: Balkenkopf.
  5. a b Begriffsverwendung bei Hans-Hartmut Schauer, Manfred Paul (Fotos): Quedlinburg, das städtebauliche Denkmal und seine Fachwerkbauten. Verlag für Bauwesen, Berlin 1990, ISBN 978-3-345-00233-5, S. 43, 48, 62 (GoogleBooks).
  6. Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 4. August 2024), S. 44: Balkengsims, Balkenkopf.
  7. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 5,1: Landkreis Göttingen, Stadt Göttingen. Bearbeitet von Ilse Rüttgerodt-Riechmann, Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1982, ISBN 3-528-06203-7, S. 108 (Digitalisat)
  8. Theodor Krauth, Franz Sales Meyer: Die Bau- und Kunstzimmerei: mit besonderer Berücksichtigung der äusseren Form, Band 2: Tafeln. Leipzig 1893, Tafel 13 (Digitalisat); vgl. auch Tafel 14 und Textband S. 190.