Bamberger Maßeinheiten

Maßeinheiten vor 1811

Die Bamberger Maßeinheiten galten in der Stadt und Teilen des Hochstifts Bamberg bis 1811, als sie von den bayerischen Maßeinheiten abgelöst wurden. Teilweise wurden sie jedoch bis zur Einführung des metrischen Systems 1872 weiter verwendet.

Das Grabmal des Papstes Clemens II. im Bamberger Dom misst 712 × 234 × 214 pedes Bambergenses (Bamberger Fuß, entspricht ca. 200 × 73 × 60 cm).[1]

Längenmaße

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Kunigundenschuh am Bamberger Dom

Die mittelalterlichen Maße Klafter („Kunigungenklafter“), Elle und Schuh (Werkschuh, „Kunigungenschuh“) sind bis heute am Bamberger Dom abgebildet. Sie sollen den Körpermaßen der Heiligen Kunigunde von Luxemburg entsprochen haben.[2]

Auf Basis des von Schneidern bis ins 19. Jahrhundert verwendete Ellenmaßes lassen sich folgende Einheiten ableiten (mit Abweichungen von ± 1 %):

  • 1 Klafter = 7 Schuh = 1,87 m
  • 1 Elle = 212 Schuh = 66,77 cm
  • 1 Schuh = 12 Zoll = 26,7 cm
 
Grundriss des Drudenhauses mit einem Maßstab von 100 Schuh (= 26,7 Meter)

Die Bamberger Elle wurde zeitgenössisch meistens mit 40:39 zur Nürnberger Elle bewertet[3][4], empirisch liegt der Wert bei ca. 1,017 Nürnberger oder 0,801 Bayerischen Ellen.[5]

Im Bauwesen wurde seit der frühen Neuzeit der Nürnberger Schuh verwendet:[6]

  • 1 Schuh = 12 Zoll ≈ 30,4 cm

In der Vermessung galt im 18. Jahrhundert der Feldschuh (11113 Nürnberger Zoll). Für Wiesen, Felder und Wälder wurden je eigene Ruten (auch Gerten genannt) verwendet:[7]

  • 1 Feldschuh = 10 Feldzoll = 28,04 cm
  • 1 Wiesenrute = 19 Feldschuh = 190 Feldzoll = 5,328 m
  • 1 Feldrute = 20 Feldschuh = 200 Feldzoll = 5,608 m
  • 1 Waldrute = 21 Feldschuh = 210 Feldzoll = 5,888 m
  • 1 Wegstunde = 15.000 Feldschuh = 4.206 m[8]

Flächenmaße

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Für Wiesen und Weiden:

  • 1 Tagwerk = 150 Quadrat-Wiesenruten à 361 Quadrat-Feldschuh = 54.150 Quadrat-Feldschuh = 42,575 a

Für Felder:

  • 1 Morgen = 2 Strichen = 150 Quadrat-Feldruten à 400 Quadrat-Feldschuh = 60.000 Quadrat-Feldschuh = 47,174 a

Für Wälder und Weinberge:

  • 1 Acker = 150 Quadrat-Waldruten à 441 Quadrat-Feldschuh = 66.150 Quadrat-Feldschuh = 52,010 a

Grubenmaß

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Das Grubenmaß wurde in den Bergwerken Bad Bleibergs (Kärnten) noch bis 1959 verwendet. Es war ein Prisma, dessen horizontale Grundfläche aus 8 Schnüren Breite und 3 Schnüren Höhe zu je 7 Klaftern bemessen wurde, die Länge war unbestimmt.[9]

  • 1 Grubenmaß (Grundfläche) = 56 Klafter × 21 Klafter = 1.176 Quadrat-Klafter = 4.112,4 m²

Volumenmaße

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Flüssigkeitsmaße

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Das künische Maß (Königsmaß, auch Kunigunden-Maß oder St. Kunigundis-Maß[10]) war das Volumenmaß für Flüssigkeiten. Das Maß existierte neben der Stadtmaß und wurde in Visiermaß (Maßeinheit) und Schenkmaß (in der Gastronomie) unterschieden.

Die Maßkette war:

  • 1 Fuder = 12 Eimer = 768 Künische Maß (Visiermaß)
  • 1 Eimer = 16 Viertel = 64 Visiermaß = 72 Schenkmaß


  • 1 Künische Maß (Visiermaß) = 74,1503 Pariser Kubikzoll[11]= 1,470876 l
  • 1 Bamberger Stadtmaß = 68 Pariser Kubikzoll = 1,348875 l[12]
  • 12 Bamberger Stadtmaß = 11 Künische Maß = 15 Nürnberger Maß

Getreidemaße

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Getreidemaße waren Schäffel, Simra, Vierling/Metzen und Gaißla/Geisel sowie dessen Bruchteile. Die Maßkette war

  • 1 Schäffel = 4 Simra[13]
  • 1 Simra = 4 Vierlinge = 40 Gaißla
  • 1 Gaißla = 2 Halbe = 3 Drittel = 4 Viertel.[14]

Die Getreidemaße richteten sich nach der Getreideart und -form und so gab es für glattes und raues Getreide verschiedene Maße, die sich auf die abgeleiteten Maße auswirkte. Bei glattem Getreide (Weizen und Roggen) entsprach 1 Gaißla etwa 1,95 Liter, bei rauem Getreide (Gerste und Hafer) etwa 2,4 Liter.[15][16][17] Die Maße waren

für glattes Getreide:

  • 1 Schäffel = 313,292 l
  • 1 Simra = 78,323 l
  • 1 Vierling = 19,58 l
  • 1 Gaißla = 1,958 l

für raues Getreide:

  • 1 Schäffel = 383,432 l
  • 1 Simra = 95,858 l
  • 1 Vierling = 23,96 l
  • 1 Gaißla = 2,396 l

1811 wurde das Korn-Simra mit 2,1171875, das Hafer-Simra mit 2,1197917 bayerischen Metzen bewertet.[13] Der Schäffel wurde im 19. Jahrhundert nicht mehr verwendet.

Holzmaße

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Gemessen wurde in Klafter, auch Lachter genannt. Die Klafter für Rechtholz war um 1 Schuh niedriger als die normale Klafter.:[18]

  • 1 Lachter = 6 Schuh (Breite) × 7 Schuh (Höhe) × 4 Schuh (Scheitlänge) = 168 Kubikschuh = 3,2 rm[19][20]
  • 1 Rechtholz-Klafter = 6 Schuh × 6 Schuh × 4 Schuh = 144 Kubikschuh = 2,63217 rm[19]

Gewichtsmaße

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Es wurde unterschieden zwischen Leicht- und Schwergewicht, wobei das leichte Pfund dem Frankfurter, das schwere dem Nürnberger gleichgesetzt wurde.

Es galt:

  • 1 Zentner = 100 schwere Pfund = 110 leichte Pfund = 51,522 kg[21]
  • 1 Leichtes Pfund = 32 Lot = 468,3 g

Literatur

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  • Anton Wach: Gemeinnütziger Bauratgeber bei allen Arbeits- und Materialberechnungen im Baufach. Friedrich Lempsky, Prag 1863.
  • Christian Noback, Friedrich Eduard Noback: Vollständiges Taschenbuch der Münz-, Maß- und Gewichtsverhältnisse. Band 1, F. A. Brockhaus, Leipzig 1851, S. 80.
  • August Schiebe: Universal-Lexikon der Handelswissenschaften: enthaltend: die Münz-, Maß- und Gewichtskunde. Band 3, Friedrich Fleischer, Leipzig und Gebrüder Schumann, Zwickau 1839, S. 88.
  • Johann Baptist Weigl, Johann Baptist Wandner: Lehrbuch der Arithmetik und Algebra. Band 1, J. E. Seidel’schen Buchhandlung, Sulzbach 1832, S. 145; Sulzbach 1825, S. 594 Digitalisat.
  • Franz Wilhelm Klenner: Handbuch zur topographischen Handelskarte des Österreichischen Kaiserstaates, mit einer Überschreitung der Monarchie-Gränze. k. k. Hof- und Staats-Aerarial-Druckerey, Wien 1833, S. 242.
  • Nicolaus Haas: Geschichte der Pfarrei St. Martin zu Bamberg (etc.), Züberlein, 1845 (books.google.de)
  • Johann Paul Harl (Hrsg.): Allgemeiner Kameral-, Oekonomie-, Forst- und Technologie-Korrespondent für Deutschland. Nr. 144. Palm, Erlangen 3. Dezember 1807, S. 303 (books.google.de).

Einzelnachweise

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  1. Godefridus Henschenius, Daniel Papebroch: Propylæum ad Acta Sanctorum Maii. apud Michaelem Knobbarum, 1685, S. 186–187 (google.com [abgerufen am 26. September 2024]).
  2. Ernst Zinner: Untersuchungen zur Geschichte der Sternkunde. In: Bericht der naturforschenden Gesellschaft Bamberg. Band 26, S. 47–48 (zobodat.at [PDF]).
  3. Adam Friederich Fuchs: Egerisches Fundamental-Instruction Rechen-Buch. Barbara Beringerin, 1712 (google.com [abgerufen am 19. August 2022]).
  4. Über Gewichte und Maaße in Franken – Wikisource. Abgerufen am 19. August 2022.
  5. Moses Heinemann: Der wohlunterrichtete Contorist und Kaufmann. Schüppel, 1834 (google.at [abgerufen am 19. August 2022]).
  6. Peter Engerisser: Wo stand das Bamberger Malefiz- oder Trudenhaus? (PDF; 1,91 MB) 2008, abgerufen am 19. August 2022.
  7. Johann Baptista Georg ROPPELT: Practischer Entwurf eines neu zu errichtenden Urbariums, Saal- oder Lager-Buchs. 1792 (google.com [abgerufen am 19. August 2022]).
  8. Johann Baptist Roppelt: Praktische Abhandlung von den Gränz-Zeichen sammt einer geometrischen Unterweisung zum Nutzen der ... Banzischen Märker: Mit Kupfern. Ahl, 1775 (google.at [abgerufen am 19. August 2022]).
  9. Carinthia: Zeitschrift für Vaterlandskunde, Belehrung und Unterhaltung. Druck von F. v. Kleinmayr., 1873, S. 226–227 (google.com [abgerufen am 28. August 2024]).
  10. Bernhard Woerner: Der letzte Altreuß: eine Bamberger Stadtgeschichte. Verlag der Neuen Augsburger Zeitung, Augsburg 1860, S. 36 (Fußnote).[1]
  11. Joseph Salomon: Metrologische Tafeln über die Maße, Gewichte und Münzen verschiedener Staaten. Verlag der Geistinger’schen Buchhandlung, Wien 1823, S. 81.[2]
  12. Georg Thomas Flügel: Cours-Zettel: fortgeführt als Handbuch der Münz-, Maß- u. Gewichtskunde etc. Jäger’sche Buchhandlung, Frankfurt a. Main 1846, S. 29. (books.google.de)
  13. a b Bruno Hildebrand, Johannes Conrad, Edgar Loening, Ludwig Elster, Wilhelm Hector Richard Albrecht Lexis: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. G. Fischer Verlag, 1895 (google.at [abgerufen am 19. August 2022]).
  14. Franz Huberti: Vergleichung der Hochfürstlich-Wirzburgischen, und mehrern andern fremdherrischen Fruchtmaaße gegen das Wirzburgische Stadtmaaß. 1777, S. 42 (google.at [abgerufen am 11. April 2021]).
  15. C. L. W. Aldefeld: Die Maße und Gewichte der deutschen Zoll-Vereins-Staaten und vieler anderer Länder und Handelsplätze in ihren gegenseitigen Verhältnissen. Verlag J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart/Tübingen 1838, S. 25.
  16. Ernst Winkelmann: Erklärung von 20 000 Fremdwörtern und technischen Ausdrücken welche in der deutschen Sprache gebräuchlich sind. Paul Neff, Stuttgart 1863, S. 360.
  17. Johann Christian Nelkenbrecher, J. S. Otto: Taschenbuch der Münz-, Maß- und Gewichtskunde für Kaufleute. Sandersche Buchhandlung, Berlin 1815, S. 32.
  18. Felix von Blocken: Die neuen Maße und Gewichte in Tabellen und bildlicher Darstellung mit sämmtlichen für Bayern gesetzlichen Bestimmungen, zusammengestellt von Felix von Blocken. Forchthammer, 1871, S. 118 (google.at [abgerufen am 19. August 2022]).
  19. a b Georg Ferdinand Döllinger: Repertorium der Staats-Verwaltung des Königreichs Baiern: Sammlung der im Königreich Bayern bestehenden Forst- und Jagdverordnungen : zweiter Band. 16. 1831, S. 250 (google.at [abgerufen am 19. August 2022]).
  20. Wilhelm Jucht: Geschichte der Holzzoll- und Holzhandels-Gesetzgebung in Bayern. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-40129-3, S. 38, Fn. 84 (google.at [abgerufen am 19. August 2022]).
  21. Moses Heinemann: Der wohlunterrichtete contorist und kaufmann: oder, Theoretisch-praktische anleitung zu regelrechter anfertigung der höheren contor-arbeiten, abschliessung von handelsverträgen aller art, societäts-contracten, regulirung von fallimenten [et]c: nebst einer vollständigen gewichts- und maasskunde aller europäischen und aussereuropäischen handelsplätze. Ein nützliches handbuch für kaufleute, banquiers und jeden gebildeten geschäftsmann, nach den neuesten und zuverlässigsten quellen. Schüppel, 1834 (google.at [abgerufen am 19. August 2022]).