Zentrische Streckung: Beispiel mit
Für erhält man die identische Abbildung (nichts wird bewegt),
für eine Vergrößerung
für eine Verkleinerung
Zentrische Streckung: Beispiel mit
Für erhält man die Spiegelung am Punkt
Zentrische Streckung einer Pyramide

Eine zentrische Streckung ist in einem euklidischen Raum eine Abbildung mit einem ausgezeichneten Punkt , dem Zentrum, die einem Punkt einen Punkt so zuordnet,[1] dass

für eine feste Zahl ist.

heißt der Streckfaktor. Der Punkt wird dabei auf der Gerade so bewegt, dass der Abstand zum Zentrum mit multipliziert wird. Im Bild ist .

Vektoriell lässt sich eine zentrische Streckung beschreiben durch die Zuordnung

,

wobei die Ortsvektoren von sind.
Für erhält man die identische Abbildung (es wird kein Punkt bewegt), für erhält man die Spiegelung am Punkt und für die zu gehörige Umkehrabbildung.

Die Streckung am Nullpunkt hat die einfache Form:

.

In Koordinaten und in der Ebene:

.

Statt den Faktor vorzugeben, kann man auch den Bildpunkt eines Punktes vorgeben. Wie man dann mit Hilfe der Strahlensätze die Bilder weiterer Punkte konstruiert, wird im Abschnitt Konstruktionen erklärt.

Zentrische Streckungen gibt es in jeder Dimension. Man rechnet leicht nach (siehe unten), dass jede Gerade stets auf eine dazu parallele Gerade abgebildet wird. Damit ist eine zentrische Streckung eine spezielle Dilatation.

Zentrische Streckungen sind spezielle Ähnlichkeitsabbildungen. Sie sind in jedem Smartphone zur Vergrößerung oder Verkleinerung des Bildschirminhalts mit Fingergesten eingebaut. Sie verzerren nicht den Bildinhalt.

In der synthetischen Geometrie nennt man sie auch Homothetien.[2]

Eigenschaften

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Konstruktion des Punktes   mit einem Strahlensatz, wenn die Punkte   vorgegeben sind.

Konstruktionen

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mit dem Strahlensatz

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Ist von einer zentrischen Streckung mit Zentrum   das Bild   eines Punktes   gegeben, so lässt sich das Bild   eines Punktes  , der nicht auf der Gerade   liegt, mit Hilfe des Strahlensatzes zeichnerisch bestimmen (siehe Bild):   ist der Schnittpunkt der Parallele zu   mit der Gerade  . Mit dem Paar   lassen sich dann auch die Bilder von Punkten auf der Gerade   bestimmen.

mit Taschenrechner, Maßband und Lineal

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Im Internet ist die folgende Konstruktion eines Punktes zu finden:

Das Zentrum  , der Streckfaktor   und ein Punkt   sind gegeben. Man misst den Abstand  , multipliziert ihn mit   und trägt das Bild   auf der Gerade   mit dem Maßband auf derselben Seite von   im Abstand   ab. Falls   ist, wird   auf der gegenüber liegenden Seite von   im Abstand   abgetragen.

 
Pantograf
 
Pantograf: Funktionsweise
 
Pantograf

mit dem Pantograf

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Als es noch keine Computer gab, wurde zur Skalierung (zentrische Streckung) von ebenen Kurven im Ingenieur- und Vermessungswesen der zirkelähnliche Pantograf verwendet.
Funktionsweise:

  1. Konstruiere aus 4 Stäben ein in den Ecken bewegliches Parallelogramm mit den Ecken  , wobei die in der Ecke   sich treffenden Seiten am anderen Ende verlängert sind. Wähle den Streckfaktor  .
  2. Markiere, wie im Bild gezeigt, auf den verlängerten Enden die Punkte   so, dass   und   ist. Dies ist der Fall, wenn   ist.(Statt   kann man auch   vorgeben. Dann ist  .)
  3. Befestige das Gestänge im Punkt   drehbar.
  4. Variiere die Lage des Punktes   und markiere jedesmal den Punkt  .

Wegen   folgt aus dem Strahlensatz: die Punkte   liegen auf einer Gerade und es ist  . Die Zuordnung   ist also eine zentrische Streckung.

Abbildung von Geraden, Strecken, Winkel

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Bei einer zentrischen Streckung geht ein Dreieck in ein dazu ähnliches Dreieck über.

Für eine zentrische Streckung gilt

  • Eine Gerade   wird auf eine dazu parallele Gerade   abgebildet. Damit bleiben Winkel unverändert. Die Abbildung ist also geradentreu und winkeltreu.
  • Das Verhältnis zweier Strecken bleibt erhalten.

Denn, nimmt man an, dass das Zentrum der Streckung der Nullpunkt ist, so hat sie die einfache Beschreibung  . Damit wird eine Gerade   mit der Parameterdarstellung   auf die Punktmenge   mit der Gleichung   abgebildet. Dies ist eine Gerade mit dem gleichen Richtungsvektor  . d. h. Gerade und Bildgerade sind zueinander parallel.
Sind   zwei Punkte, so ist   ihr Abstand und   der Abstand ihrer Bilder. Damit bleibt das Verhältnis (Quotient) zweier Strecken unverändert, denn beim Dividieren fällt ein gemeinsamer Faktor heraus.
Ist das Zentrum nicht der Nullpunkt, verlaufen die Rechnungen analog, nur etwas umfangreicher.
(In der Ebene kann man die Rechnung auch mit der üblichen Beschreibung einer Gerade mit einer Gleichung   und der zentrischen Streckung   durchführen.)

Beispiele: Ein Dreieck geht in ein dazu ähnliches Dreieck, ein Kreis in einen Kreis (siehe Ähnlichkeitspunkte) und eine Ellipse in eine dazu ähnliche Ellipse (die Verhältnisse der Halbachsen sind gleich) über.

  • Bei einer zentrischen Streckung wird der Flächeninhalt mit   und das Volumen mit   multipliziert[3].
 
Die Hintereinanderausführung zweier zentrischer Streckungen mit   ist eine Translation in Richtung  .
 
Die Hintereinanderausführung der zentrischen Streckungen mit Zentren   und   bewirkt:   und ist wieder eine zentrische Streckung mit Zentrum   auf der Gerade durch   mit Streckfaktor  .

Hintereinanderausführungen

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Zwei Streckungen

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  • Die Hintereinanderausführung zweier Streckungen mit demselben Zentrum   ist wieder eine Streckung an   [4]. Die Streckungen mit festem Zentrum bilden eine Gruppe.
  • Die Hintereinanderausführung zweier Streckungen an verschiedenen Zentren   ist eine Streckung mit dem Zentrum   auf der Gerade   oder eine Parallelverschiebung (Translation) in Richtung  .

Herleitung:

Führt man die beiden Punktstreckungen mit den verschiedenen Zentren  

 
 

hintereinander aus, so ergibt sich für das Bild von   bei der Hintereinanderausführung   (zuerst   und dann  ):

 
 .

Im Fall   ist dies eine Parallelverschiebung in Richtung   um den Vektor   (siehe Bild).

Im Fall   ist der Punkt

 
 

ein Fixpunkt (wird nicht bewegt) und die Hintereinanderausführung

 .

ist eine zentrische Streckung am Punkt   mit dem Streckfaktor  . Das neue Zentrum   liegt auf der Gerade  .

Streckung und Translation

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Hintereinanderausführung einer zentrischen Streckung   und einer Translation (Parallelverschiebung)  
  • Die Hindereinanderausführung einer zentrischen Streckung und einer Translation ist eine zentrische Streckung.

Die Hintereinanderausführung der zentrischen Streckung

  und der Translation
  ist
 
 .

Dies ist eine zentrische Streckung mit Zentrum   und Streckfaktor  .

Solche Kombinationen von zentrischen Streckungen und Translationen treten insbesondere bei der Manipulation von Bildschirminhalten von Smartphones mit den Fingern auf. Und zwar Translationen bei der Manipulation mit 1 und Streckungen bei der Verwendung von 2 Fingern.

Konstruktionen

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  1. Zunächst konstruiert man durch Hintereinanderausführung das Bild   von  .
  2. Im Fall   ist das Zentrum   der Schnittpunkt der beiden Geraden  . Das Bild eines weiteren Punktes wird dann wie oben in Konstruktion beschrieben direkt mit Hilfe der bekannten Punkte   konstruiert.
  3. Im Fall   wird auch zunächst   bestimmt. Das Bild   eines weiteren Punktes   entsteht durch Verschiebung von   um den Vektor  .

Verschiedene Lagen des Zentrums

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Verschiedene Lagen des Zentrums und  

In homogenen Koordinaten

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Die zentrische Streckung   lässt sich so in eine Streckung am Nullpunkt und eine Translation zerlegen:

 .

Ist  , so wird   in homogenen Koordinaten durch die folgende Matrix beschrieben (siehe homogene Koordinaten):

 .

Verallgemeinerungen

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  • Die zentrische Streckung ist ein Beispiel für eine Dilatation. In der axiomatisch aufgebauten affinen Geometrie wird dieser Begriff mithilfe der Parallelität definiert.
  • Die zentrische Streckung ist der Spezialfall einer Drehstreckung mit Drehwinkel 0.
  • An Stelle des affinen 2- bzw. 3-dimensionalen Raumes über den reellen Zahlen, kann man zentrische Streckungen auch allgemeiner in jedem endlichdimensionalen affinen Raum über einem beliebigen Körper und sogar über einem beliebigen Schiefkörper definieren. Die „vektorielle“ Darstellung ist die Gleiche wie im reellen Fall, allerdings bilden die Parallelverschiebungen, die von einem Zentrum aus gestreckt werden, im Allgemeinen nur noch einen Linksvektorraum über dem Koordinatenschiefkörper.
  • Im ebenen, zweidimensionalen Fall wird noch etwas allgemeiner auch noch dann von einer zentrischen Streckung gesprochen, wenn die Parallelverschiebungen (als Koordinaten-„Vektoren“) einer affinen Translationsebene über einem Quasikörper mit einem „Skalar“ aus dem Kern des Quasikörpers gestreckt werden.

In den beiden zuletzt genannten Fällen kann man im Allgemeinen weder von Winkel- noch von Längenverhältnistreue sprechen, da weder ein Winkelmaß noch ein Längenmaß existieren muss. Auch hier gehören die zentrischen Streckungen aber stets zu den Dilatationen und den Affinitäten und für Fixpunkte und Fixgeraden gilt das Gleiche wie im reellen Fall.

Literatur

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  • Streckung. In: Schülerduden – Mathematik II. Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus, 2004, ISBN 3-411-04275-3, S. 433–435.
  • Hans Schupp: Elementargeometrie. UTB Schöningh, Paderborn 1977, ISBN 3-506-99189-2, S. 126–133.
  • Susanne Müller-Philipp, Hans-Joachim Gorski: Leitfaden Geometrie. 5., erweiterte Auflage. Vieweg+Teubner, 2012, S. 208–218.
  • Ilka Agricola, Thomas Friedrich: Elementargeometrie. 2., überarbeitete Auflage. Vieweg+Teubner, 2009, S. 88–94.
  • H.S.M. Coxeter, „Introduction to geometry“, Wiley, 1961, S. 94
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Einzelnachweise

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  1. Susanne Müller-Philipp, Hans-Joachim Gorski: Leitfaden Geometrie: Für Studierende der Lehrämter. Springer-Verlag, 2009, ISBN 978-3-8348-9230-0, S. 181.
  2. Wilhelm Klingenberg: Lineare Algebra und Geometrie. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-77646-5, S. 208.
  3. dtv-Atlas zur Mathematik, dtv-Verlag, 1974, ISBN 3-423-03007-0, S. 157
  4. dtv-Atlas zur Mathematik, dtv-Verlag, 1974, ISBN 3-423-03007-0, S. 157